Protocol of the Session on April 9, 2008

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren ich zitiere Herrn Domres, der heute bereits sehr viele Menschen zum Zitat herangezogen hat - „über Ziele, Zukunft und eingeschlagene Wege“ bei der Konversion.

(Heiterkeit bei der Fraktion DIE LINKE)

Keine Frage: Das Land Brandenburg und auch die Bundesrepublik Deutschland haben im Jahr 1989 eine Unmenge an Altlasten übernommen. Ich erinnere an Industeriebrachen und an Abwasser- und Wasseranlagen, aber insbesondere an die Hinterlassenschaften der abgezogenen Sowjetarmee. Erst damit wurde richtig klar, was der Kalte Krieg tatsächlich hinterlassen hat, und zwar auf 93 000 Hektar. Zum Vergleich: Das ist zehnmal mehr als die Fläche des Nationalparks Unteres Odertal bzw. der Stadt Berlin. Etwa 93 000 Hektar wurden - zum Teil in einem jämmerlichen Zustand - hinterlassen.

Die Erfolgsgeschichte der Konversion kann sich jedoch im Land Brandenburg eindeutig sehen lassen. Ich nenne einmal zwei große Gewinner dieser Konversion. Der erste große Gewinner ist - keine Frage - die Natur. Viele dieser Flächen sind heute Naturschutzgebiete und nicht mehr belastet mit Hinterlassenschaften dessen, was früher dort geschehen ist. Zahlreiche Sachen wurden aufgearbeitet, Boden wurde ausgetauscht und vieles andere mehr.

Der zweite große Gewinner sind mit Sicherheit die Gemeinden, die zum Teil Brachen im innerstädtischen Bereich oder im nahen städtischen Bereich aufwiesen, die aufgearbeitet worden sind. 85 % - Kollege Dombrowski hat es bereits erwähnt sind inzwischen verwertet, saniert, renaturiert, veräußert oder dem Naturschutz übergeben worden. Im Ergebnis: 20 Millionen Euro wurden durch die Gesellschaft erwirtschaftet.

Im Regal - ich sage dies etwas plastisch - liegen derzeit noch die Ladenhüter. Etwa 15 % dieser Flächen sind aus heutiger Sicht nicht sofort und auch in absehbarer Zeit nur schwer zu veräußern bzw. in irgendeiner Form wieder auf den Markt zu bringen. Wenn man nicht jetzt dazu übergeht, eine Schlussrechnung aufzustellen, gerät man in die Gefahr - wenn eine Gesellschaft damit beauftragt wird, diese Ladenhüter weiterhin in Obhut zu behalten -, sogar diese erwirtschafteten 20 Millionen Euro Überschuss zu verlieren oder eventuell sogar ins Minus rutschen zu lassen.

Gegen eine Verlängerung des WGT-Gesetzes, wie sie die Fraktion DIE LINKE hier beantragt, sprechen drei Punkte. Ich sage es einmal spitz: Erstens: Dies ist kein geldschöpfender Vorgang. Zweitens: Professionelle Verwertung in der Liegenschaftsverwaltung wird es weiterhin geben. Ich denke, dass die Experten unseres Finanzministeriums diesbezüglich sehr gute und weitreichende Erfahrungen im Umgang mit derartigen Flächen wie auch mit vielen anderen Flächen im Land Brandenburg haben. Drittens: Die Förderrichtlinie Konversion gilt bis zum Jahr 2010.

Ich werde nicht Marie Curie und auch nicht Albert Einstein zitieren, sondern den Kollegen Domres,

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Oh!)

der gesagt hat, die Konversion sei eine...

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE - Zuruf des Abge- ordneten Domres [DIE LINKE]: Danke!)

- Bitte. Den Applaus genießen Sie bitte.

... Erfolgsgeschichte. Ich finde, das sollten wir einfach so stehen lassen.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

Ich sage Ihnen aber auch ganz offen: Dann sollten Sie nicht den Passus im Bürokratieabbaugesetz streichen und damit eine Rolle rückwärts machen. Wir müssen eine Schlussrechnung für die Kommunen erstellen, um sie nicht ins Minus rutschen zu lassen. Ich denke, es ist keine Zeit mehr zu verlieren, damit die Kosten dort in der entsprechenden Form abgebildet werden können.

Sie haben von Einstein das Zitat von der Zeit und den verworrenen Zielen gebracht. Ich bin mir nicht sicher, ob es sinnvoll ist, nach einer erledigten Aufgabe an ihr festzuhalten und nicht bei 15 % Restbestand einen neuen Weg, eine neue Etappe einzuleiten und auf das stolz zu sein, was hier aus einer Hinterlassenschaft des Zweiten Weltkrieges, des Kalten Krieges und im Übrigen auch aus einer Zeit der Deutschen Demokratischen Republik aufgearbeitet wurde. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Bischoff. - Für die Landesregierung spricht jetzt Finanzminister Speer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE will suggerieren, dass es notwendig sei, zur Konversion das WGT-Gesetz fortzuführen. Das ist ein Irrtum, das heißt, diese Suggestion ist falsch. Für die Konversion braucht man kein WGT-Gesetz, sondern im Wesentlichen Geld. Das WGT-Gesetz ist kein geldschöpfender Vorgang. Mit dem Verkauf der Liegenschaften sollte zumindest ein Teil dessen, was man braucht, um diese Hinterlassenschaften wieder ein Stück weit nutzbar zu machen, finanziert werden. Das ist gelungen.

Wir haben unter dem Begriff „Konversion“ eine ganze Menge zu verstehen. Was die innerstädtischen Bereiche betrifft, geht es sicherlich um die Nutzbarmachung von ehemaligen Kasernen für Wohn- und Verwaltungszwecke sowie für Gewerbeansiedlungen. Bei Liegenschaften, die Ortsteile voneinander trennen, sind auch Fragen der Stadtentwicklung berührt. All dies macht innerhalb von Ortschaften Sinn.

Außerhalb von Ortschaften muss man das differenzierter betrachten. In unserem Bestand sind jetzt noch Liegenschaften von ungefähr 12 000 Hektar. Wir gehen davon aus, dass nur die Hälfte davon so weit entwickelbar bzw. verwertbar ist, dass sich Nutzungsmöglichkeiten für die Forstwirtschaft, die Jagd oder Ähnliches ergeben. All dies spielt bei den Kaufverträgen,

die wir in den letzten Jahren abgeschlossen haben, eine Rolle. Es ist, wie gesagt, nicht mehr viel. Wir sind in Verhandlungen mit dem Bund über die Liegenschaft Sperenberg.

Wir haben die Möglichkeit, 0,8 % der Flächen abzuwählen, also von uns aus zu entscheiden, dass wir diese Flächen nicht wollen. Das sind dann die „schwierigeren“ Liegenschaften, die mit einer Umweltbelastung versehen sind und deren Sanierung im Detail natürlich teuer ist. Auch solche Flächen sind im Land noch vorhanden. Sie sind zum Teil mit erheblichen Mitteln rückgebaut worden. Es sind Bodensäuberungen vorgenommen worden. Aber ein Teil ist noch da.

Wenn es keine akuten Gefährdungen für die Umwelt gibt, ist es auch kein Problem, die Fläche liegenzulassen. Es macht keinen Sinn, den Versuch zu unternehmen, jede Kugel Munition aus Wäldern herauszuholen, von denen man der Auffassung ist, dass man sie zum Totalreservat erklären kann. Dann ist die Fläche eben ein Totalreservat, und sie bleibt es auch. Dass ab und zu ein Stück Munition in die Luft geht, ist das Schlimmste, was passieren kann. Eine Gefährdung für Leib und Leben oder eine Gefahr für die Volkswirtschaft geht von solchen Liegenschaften jedoch nicht aus. Ist das allerdings der Fall, muss sie angegangen werden.

Wir werden die Schlussrechnung vorlegen. Es ist veranlasst, dass sie von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer quergelesen und dass ein Testat abgegeben wird, damit Zweifel an der Richtigkeit, so weit es geht, zerstreut werden. Es ist aber klar, dass wir einen Teil des Geldes, das in der Zwischenzeit eingesammelt wurde, auch für die weitere Sicherung der Liegenschaften brauchen, zumindest bei denen, die wir auf absehbare Zeit nicht verwerten können.

Die Kyritz-Ruppiner Heide unterliegt nicht dem Verwaltungsabkommen, Herr Domres. Das ist vom Bund weiter genutzter Grund und Boden - ob rechtmäßig oder nicht, darüber besteht ein Streit, wie wir alle wissen. Da diese Fläche nicht dem Verwaltungsabkommen unterliegt, gibt es auch keinen Anspruch des Landes, sie in die eigene Verwertung zu bekommen. Diese Begründung können Sie aus Ihrem Antrag streichen, weil sie mit dem Verwaltungsabkommen und dem ursprünglichen Gesetz nicht in Übereinstimmung zu bringen ist.

Ich bedanke mich noch einmal für die Einschätzung der Arbeitsweise der BBG und in diesem Zusammenhang, was die Konversion betrifft, auch für die Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsministerium. Wir werden die Schlussrechnung wie gewünscht erstellen und von einem Wirtschaftsprüfer prüfen lassen. Ich hoffe dann auch auf das Verständnis der Kommunen - wenn der Nachweis erbracht ist, dass wir einen Teil des Geldes noch brauchen, um die Verkehrssicherheit für die Zukunft zu gewährleisten -, dass da keine großen Beträge für die Kämmerer dieses Landes herauskommen werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Finanzminister. - Damit erhält noch einmal die Fraktion DIE LINKE das Wort. Der Kollege Domres wird uns noch ein paar Zitate aus der Kernphysik und der theoretischen Physik liefern, wie ich annehme.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren hier über zwei parlamentarische Initiativen, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Meine Fraktion hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die bestehenden gesetzlichen Regelungen derart ändern soll, dass die weitere Konversion im Land Brandenburg bis zum Ende der EU-Strukturförderperiode gesichert wird. Das ist also ein klares Bekenntnis für eine Fortsetzung der Konversion. Dagegen hat die Koalition auf Initiative der CDU-Fraktion ihren Antrag vorgelegt, der die Landesregierung auffordert, eine bestehende gesetzliche Regelung einzuhalten und bis zum 31. August 2008 die Schlussrechnung zum WGT-Liegenschaftsvermögen zu erstellen.

Nun bin ich der Letzte, der nicht bereit wäre, bestehende Gesetze anzuwenden bzw. einzuhalten. Aber, wo waren Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, eigentlich in der Zeit um den 31. Dezember 2004? Zu diesem Stichtag erfolgte die Auflösung des damaligen Sondervermögens „Grundstücksfonds Brandenburg“ respektive die Überführung in den Landeshaushalt. Zu diesem Tag, so steht es auch in dem von Ihnen bemühten § 8 Abs. 2 des WGT-Gesetzes, sollte eine Zwischenrechnung zur Auflösung des Sondervermögens erstellt werden. Diese hat den Landtag leider bis heute nicht erreicht, was von Ihnen bisher auch nicht moniert wurde.

Deshalb kann ich beim besten Willen zum einen den Aktionismus dieses Antrages nicht verstehen. Zum anderen sollte das Parlament nicht dazu dienen, die Landesregierung an den Vollzug bestehender Gesetze zu erinnern bzw. dazu aufzufordern. Es handelt sich ja nicht um den ersten Antrag der Koalition, der die Landesregierung zu etwas auffordert, was eigentlich schon beschlossen bzw. geregelt ist. Aber doppelt hält ja bekanntlich besser. Nur in diesem Fall habe ich so meine Zweifel. Oder, um mit Mark Twain zu sprechen:

„Kaum verloren wir das Ziel aus den Augen, verdoppelten wir unsere Anstrengungen.“

Meine Damen und Herren, der Anspruch der Fraktion DIE LINKE ist es, hier im Landtag politisch zu gestalten. Das haben wir mit unserem Gesetzentwurf getan. Einen politischen Anspruch Ihrerseits kann ich bei diesem Antrag nicht erkennen. Im Gegenteil, er könnte sogar das Aus für die Konversion bedeuten. Da Sie sich über die Konsequenzen Ihres Antrages anscheinend überhaupt nicht im Klaren sind, möchte ich Ihnen an dieser Stelle einige Dinge verdeutlichen:

Bereits im Dezember vergangenen Jahres versuchte meine Fraktion im Wirtschaftsausschuss, sich mit einem entsprechenden Antrag hinsichtlich der Folgen des damaligen Entwurfs der Konversionsrichtlinie im Parlament Gehör zu verschaffen. Obwohl Sie, wie eigentlich immer auf Durchzug geschaltet und unsere parlamentarische Initiative abgelehnt haben, wurde die Konversionsrichtlinie von der Exekutive dahin gehend korrigiert. Mit der vorgenommenen Änderung wurde erreicht, dass die kommunalen Eigenanteile zur Kofinanzierung von EFREMitteln von insgesamt 21 Millionen Euro auch zukünftig weiterhin aus dem Sondervermögen finanziert werden können. Die Landesregierung hatte jedenfalls eine Einsicht, und die Erkenntnis des Wirtchaftsministers, dass Mehrheiten keine Wahrheiten ersetzen können, hat sich einmal mehr durchgesetzt.

Meine Damen und Herren, nur wenig später kommen nun Sie von der Koalition und nehmen der Konversion im Land Brandenburg - bzw. den betroffenen Kommunen - mit diesem Antrag auf Schlussrechnung ein wesentliches finanzielles Standbein weg. Alle Achtung vor Ihrem Mut, so einen Antrag in einem Jahr einzubringen, in dem Kommunalwahlen in Brandenburg stattfinden. Einfalt möchte ich Ihnen an dieser Stelle nicht unterstellen, schließlich ist es ja der einzige Antrag heute und morgen, zu dem sich die Koalition durchringen konnte. Bei aller politischen Fairness: Eines weiteren Beweises des politischen Stillstands hier im Land bedarf es von der Regierungskoalition wirklich nicht mehr.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Aber zurück zum Antrag auf Erstellung der Schlussrechnung! In der letzten Sitzung des Beirates zur Beratung des Finanzministers in Fragen des WGT-Vermögens haben wir sehr intensiv über die angekündigte Schlussrechnung diskutiert. Vielleicht hätte es der CDU-Fraktion und Herrn Dombrowski etwas genützt, wenn sie ab und zu einmal im Beirat der BBG vorbeigekommen wären. Sie hätten neue Erkenntnisse gewinnen können.

Kollege Domres, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Herr Bischoff, bitte.

Herr Kollege Domres, Sie lesen jetzt im zweiten Teil noch einmal etwas vor. Wenn wir das WGT-Gesetz verlängern würden, bekämen die Kommunen möglicherweise mehr Geld; Sie haben die zeitliche Nähe zu den Kommunalwahlen erwähnt. Würden Sie meine Einschätzung bestätigen, dass mit den 15 % der Flächen, die schon seit 17 oder 18 Jahren nicht verkauft werden konnten, kein Geld zu verdienen ist, sondern, wenn man noch länger wartet, sehr wahrscheinlich Geld verloren geht?

Nein, das kann ich überhaupt nicht bestätigen, weil das durch die Titelgruppe 65 im WGT-Gesetz geregelt ist. Sie haben sicherlich Verständnis dafür, dass unser Vertrauen in Ihre Arbeit nicht sonderlich ausgeprägt ist.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Von daher möchten wir, dass die Titelgruppe 65 erhalten bleibt.

Die Frage hinsichtlich der Schlussrechnung beantwortete Herr Baesecke dahin gehend, dass derzeit eine Schlussrechnung, basierend auf den Ergebnissen per 31. Dezember 2007, einschließlich der Risikoanalyse, was Zeit brauche, erstellt werde. Bezüglich des Zeitpunktes der Vorlage der Schlussrechnung verständige man sich noch. Möglicherweise werde sie im III. Quartal vorgelegt. So die Aussagen des MdF am 10. März dieses

Jahres. Dann kam der Antrag der Koalition. Das erinnert doch sehr an die Geschichte von Hase und Igel.

Aber zurück zu der bereits erwähnten Sitzung des Beirates! Es wurde nämlich weiter ausgeführt, dass mit der Schlussrechnung die Risiken jedoch nicht vom Tisch seien. Aufgrund dieser werde angenommen, dass es kein besonders positives Ergebnis geben werde, sondern eher mit negativen Zahlen gerechnet werden müsse. Der Finanzminister hat es eben gesagt. Ich glaube, dass Herr Dombrowski dort größere Geldmengen für die Kommunen erwartet.

Gestatten Sie mir, noch einmal die vier Risikopositionen in Erinnerung zu rufen: erstens, durch wirksame Kaufverträge eingegangene Verpflichtungen; zweitens, Verpflichtungen durch öffentlich-rechtliche Verträge und Vereinbarungen; drittens, in wirksamen Kaufverträgen ruhende Risiken; viertens, in den Liegenschaften selbst ruhende Risiken und Belastungen.

Ich möchte aber auch auf die Sitzung des Wirtschaftsausschusses im Februar verweisen, in der auf Initiative der CDU-Fraktion die BBG ihr Portfolio darstellte. Im Protokoll ist nachzulesen:

„Herr Holland-Nell, Geschäftsführer der Brandenburger Bodengesellschaft, machte anschließend Ausführungen zur Schlussrechnung des WGT-Gesetzes. Bei vielen Grundstücken seien umfangreiche Altlastensäuberungen notwendig. Wichtig sei, im nächsten Jahr darüber nachzudenken, was eigentlich mit den Mitteln passieren solle. Jährlich würden umfangreiche Mittel für die Sicherung und Erhaltung denkmalgeschützter Objekte ausgegeben. An diesem Thema müsse gearbeitet und das Ziel der Konversion eindeutig definiert werden.“