Der Wirtschaftsminister war heute begeistert, wie toll der ressortübergreifende Dialog in der Debatte über die Regionalen Wachstumskerne funktioniert hat. Ich bitte Sie! Schon Ministerin Hildebrandt hat gesagt, dass wir gerade bei der Frauen- und Gleichstellungspolitik ein ressortübergreifendes Herangehen brauchen. Frau Ministerin, ich kann es Ihnen nicht ersparen festzustellen: Wir haben hier drei Jahre versäumt.
gesagt, hier sei alles gut - egal, ob ich nachgefragt habe, was uns die Frauenministerkonferenz vorigen Sommer beschert hat, ob wir darüber geredet haben, welche Kompetenzen eine Gleichstellungsbeauftragte haben soll, oder ob wir über die Kommunalverfassung, über die Stellung der wenigen hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten, die wir im Land noch haben, über Hartz IV und über Armut gesprochen haben.
Jetzt wundere ich mich weiter, denn wir hatten im Januar 2007 bereits eine Gliederung im Ausschuss für einen Bericht zu Lebenslagen im Land Brandenburg, in dem die Lebenslagen im Zusammenhang mit Armut von Familien und Frauen eine Rolle gespielt haben. Im Herbst vorigen Jahres hat uns dann der Staatssekretär gesagt: Tut uns leid, müssen wir neu ausschreiben, wird 2008 kommen. - Jetzt erklären Sie mir das wenigstens, weil die Landesregierung, im Übrigen von Ihnen immer unterstützt, gegen jede überflüssige und Parallelberichterstattung eintritt, die angeblich alle Verwaltungen in diesem Lande lahmlegt: In welchem Verhältnis steht denn nun der Inhalt dieses Lebenslagenberichts, den wir irgendwann bekommen, zur Weiterentwicklung der Gleichstellungspolitik? - Dann möge dies wenigstens abgestimmt sein. Ich sehe es im Augenblick nicht.
Wenn es um demografische Veränderungen geht, möchte ich an dieser Stelle darauf verweisen, dass die Frauen aus dem Land weggehen, weil Brandenburg kein Frauenland ist. Stefan Heym hat darüber eine vergnügliche Geschichte mit dem Titel „Immer sind die Weiber weg“ geschrieben. So vergnüglich liest sich das für Brandenburg nicht. Dazu wurde vom Hauptausschuss eine Studie in Auftrag gegeben, die im vorigen Jahr auf der Tagesordnung stand. Damit wurde uns die nackte Wahrheit auf den Tisch geknallt, die besagt: Brandenburg wird älter, männlicher und dümmer.
Die in den brandenburgischen Randgebieten verbliebenen Männer können dort Wölfe und Bären jagen und in der kontrolliert verwilderten Natur romantisch als Dauercamper leben. Aber die demografischen Prozesse sind problematisch, und Folgendes dürfte die Märker ins Mark treffen - ich zitiere eine offizielle Angabe -:
Dazu sage ich: Schauen wir einmal in andere Bundesländer, ich empfehle Sachsen-Anhalt, und zwar in die Untersuchung des Gender-Instituts in Halle, wo es heißt: Um eine wirksame, richtige Gleichstellungspolitik zu machen, um zu gucken, was es denn für Faktoren sind, die die Frauen aus dem Land treiben, brauchen wir eine Erweiterung der Wissensbasis. - Okay, wir machen einen Bericht. Wir brauchen Maßnahmen am Schnittpunkt Ausbildung, Maßnahmen am Schnittpunkt Berufseinstieg, Maßnahmen im Bereich Lebensumfeldakzeptanz.
Ich sage Ihnen noch einmal: Das alles hätten wir seit drei Jahren machen können. Wir haben die Zeit versäumt. Wir werden es jetzt tun, aber es ist schade drum. Ich kann nur hoffen, dass
wir und vor allem die Landesregierung dann besser als bisher auch mit dem Netzwerk der Frauenorganisationen im Land, mit dem Frauenpolitischen Rat gemeinsam daran arbeiten und dass es nicht bei einer Schaufensterveranstaltung bleibt. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um Verständnis dafür, dass ich, wenn die Redner ihre Redezeit schon überziehen und die Großzügigkeit des Präsidenten dies zulässt, nicht zusätzlich auch noch Zwischenfragen zulasse.
würde ich sagen, ist es umso legitimer, dass wir dieses Thema auf die Agenda setzen. Vor dem Hintergrund unseres Koalitionsvertrages und auch der Entwicklungen, die sich im Land vollziehen, die Sie gerade äußerst kritisch bewertet haben, ist es umso besser, dass wir einen solchen Bericht bekommen, und zwar explizit auf Frauen bezogen. Es ist doch genau das Richtige, was wir dann tun. Daher kann ich nicht nachvollziehen, wogegen sich Ihre Schimpfkanonade hier gerichtet hat. Ich meine, es ist ein guter Ansatz, den wir gewählt haben. Heute ist auch ein guter Tag für diesen Antrag vor dem Hintergrund der Aktion, die heute stattgefunden hat.
Deshalb bin ich der Meinung, es ist gut, dass wir diesen Antrag formuliert haben. Wir werden, meine ich, dann sehr kritisch miteinander diskutieren, auch mit den Frauenverbänden im Land. Ich hoffe, dass wir dabei zu konstruktiven Dingen kommen, die Situation und das, was sich entwickelt hat, in den Blick nehmen, dies kritisch würdigen und daraus unsere Schlüsse ziehen. Ich meine, das ist ein guter Ansatz. Lassen Sie es uns einfach machen! Ich erwarte einen aussagekräftigen Bericht der Landesregierung. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung soll dem Landtag bis Juni dieses Jahres einen Bericht zur Weiterentwicklung der Gleichstellungspolitik vorlegen. Denn so steht es in der Begründung:
„Chancengleichheit ist auch nach Abschluss des Europäischen Jahres der Chancengleichheit in Brandenburg noch nicht in einem zufriedenstellenden Umfang hergestellt.“
In der Vergangenheit wurden dem Landtag mehrfach sogenannte Landesgleichstellungsberichte vorgelegt, zuletzt im Januar 2000. Doch wie das oft der Fall ist - Papier ist ja sehr geduldig -: Diesen Berichten konnte man so gut wie nichts Wesentliches entnehmen. Deshalb haben sich die Koalitionsfraktionen gedacht: Wir fordern jetzt einmal einen Bericht, der sechs Themenfelder vorrangig beleuchten soll. Themenfelder, die mit Sicherheit einer gewissen Aufmerksamkeit bedürfen, so zum Beispiel die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Entscheidungsprozessen in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik oder die Situation von Frauen in Ausbildung und Berufsleben unter dem Gesichtspunkt der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Doch was nützt so ein Bericht, der keinerlei Schlussfolgerungen enthält? Sicherlich, wir als Legislative könnten unsere eigenen Schlussfolgerungen daraus ziehen. Aber ich bin ehrlich: Ich würde es besser finden, wenn die Landesregierung uns gleich in dem Bericht mitteilen würde, welche Schlussfolgerungen sie zieht und welche Handlungsansätze sie hat. Aus diesem Grunde werden wir auch dem Änderungsantrag der LINKEN zustimmen und uns bei dem vorliegenden Antrag der Koalitionsfraktionen enthalten.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es liegt ein Antrag der Regierungsfraktionen vor, den ich sehr begrüße. Natürlich haben wir gleichstellungspolitisch einiges in unserem Land erreicht und auch wichtige Hürden genommen. Aber wir wissen, dass dies auch im Hinblick auf die künftigen Entwicklungen nicht genug sein kann. Gemeinsam müssen wir permanent engagiert am Ball bleiben, damit tatsächlich für alle gleiche Chancen gelten. Deshalb finde ich es richtig und wichtig, dass wir bis Mitte Juni einen Bericht über die Lebenssituation von Frauen in unserem Land vorlegen, der natürlich nicht nur den Stand ermittelt, sondern auch Perspektiven aufzeigt. Das ist ja wohl logisch.
Die Ausgangslage dafür ist gut, denn wir können mit unseren gleichstellungspolitischen Aktivitäten eine positive Bilanz ziehen. Unser Arbeitsmarktprogramm zielt auf Chancengleichheit und orientiert sich an den Lebensumständen und Potenzialen der Frauen. Verglichen mit anderen Bundesländern ist die Erwerbsbeteiligung von Frauen bei uns sehr hoch. Die Hochschulen haben die Frauenförderung sehr wohl im Blick. Wir haben mehr weibliche Professoren, als im Bundesdurchschnitt vorhanden. Kollegin Wanka hat sogar gesagt, dass wir damit einen Spitzenplatz in der Bundesrepublik Deutschland belegen. Wir haben - das kann man, glaube ich, auf allen Gebieten feststellen - in unserem Land sehr hoch motivierte und gut gebildete Frauen. Ich bin es leid, mir ständig etwas anzuhören, was irgendwelche Institute erhoben haben, was den Wegzug junger Frauen angeht. Gerade weil wir so viele Aktivitäten entwickelt haben, um junge Frauen in unserem Land zu halten, ist es kontraproduktiv, auch für eine Oppositionsfraktion, uns ständig
nur die Negativschlagzeilen vorzulesen. Das motiviert junge Frauen nicht, hierzubleiben. Das muss man Ihnen einmal ganz deutlich sagen.
Wir haben von den Wachstumskernen gesprochen, und Wittenberge/Karstädt/Perleberg wurde von allen Seiten als sehr positives Beispiel genannt, auch in Bezug auf den Anteil junger Frauen, da beispielsweise in Wittenberge der Anteil junger Frauen höher ist als der der Männer. Es gibt also immer auch einen Beleg für das Gegenteil dessen, was immer allgemein gesagt wird. Das liegt in diesem Fall vielleicht auch daran, dass dort bisher gute Politik betrieben worden ist, und es liegt an sehr vielen anderen Rahmenbedingungen, die wir auch bei diesem Bericht untersuchen werden.
Unsere Gesundheitsberichterstattung - darauf ist die Abgeordnete Lehmann schon eingegangen - berücksichtigt auch bundesweit einmalig die unterschiedlichen Gesundheitsanforderungen von Frauen und Männern. Unser Landesaktionsplan „Keine Gewalt gegen Frauen“ wird ständig aktualisiert. Wir kooperieren mit allen wichtigen Akteuren in unserem Land. Die heutige Aktion war auch ein tolles Beispiel dafür, wie der Landtag und die Regierung dazu stehen.
Das alles geht einher mit einer Genderpolitik auch im politischen Raum. So haben wir uns verpflichtet, jede Vorlage und jede Rechtsverordnung, die durch das Kabinett beschlossen werden, dahin gehend zu prüfen, wie sie sich auf die Gleichstellung von Frauen und Männern auswirken.
Alle Ressorts der Landesregierung führen Pilotprojekte zur Erprobung von Gender-Mainstreaming durch. Mit diesen Aktivitäten setzen wir wichtige Handlungshinweise der EU zur Gleichstellung von Frauen und Männern um. Wir nehmen auch die Strategie auf, bei allen politischen Entscheidungen den Aspekt der Chancengleichheit zu berücksichtigen und spezielle Frauenfördermaßnahmen anzustoßen.
Meine Damen und Herren, das ist eine ganze Menge, doch bis zur tatsächlichen Chancengleichheit ist es noch ein weiter Weg. Darüber sind wir uns im Klaren. Wir sind noch längst nicht an dem Ziel, dass alle Menschen gleiche Lebenschancen haben. Einige Fakten verdeutlichen das. Trotz hohen Bildungs- und Ausbildungsniveaus von Frauen sind in den Chefetagen von Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung Frauen nach wie vor unterrepräsentiert. Frauen sind häufiger teilzeit- oder geringfügig beschäftigt und haben weniger Chancen der eigenständigen Existenzsicherung oder des beruflichen Aufstiegs. Erziehung, Familie, Pflege - das alles liegt vorwiegend in der Verantwortung der Frauen. Frauen, vor allem alleinerziehende und ältere, sind stärker von Armut bedroht. Von häuslicher Gewalt und Menschenhandel sind überwiegend Frauen betroffen. Das alles wissen wir, und das wird nicht geleugnet. Wir arbeiten daran, diese Erscheinungen Stück für Stück abzuschaffen. Das waren nur einige Beispiele für das Ungleichgewicht zwischen Frauen und Männern. Wir haben also allen Grund, solche strukturellen Benachteiligungen energischer aufzuzeigen und abzubauen. Das ist ein wichtiges Ziel der Landesregierung. Deshalb unterstützen wir den vorliegenden Antrag sehr.
Der Bericht wird genau das tun: Perspektiven für die weitere Entwicklung der Gleichstellungspolitik aufzeigen. Er soll die
Lebensrealitäten von Frauen in Brandenburg konkret beschreiben, bewerten und daraus gegebenenfalls Handlungsbedarf ableiten.
Ich will noch einmal auf die Konferenz der Frauen- und Gleichstellungsministerinnen und -senatorinnen eingehen, die im vergangenen Jahr in Potsdam stattgefunden hat. Dort haben wir auf der Grundlage eines Antrags von Brandenburg beschlossen, Gender-Indikatoren zu entwickeln, weil im Moment niemand genau sagen kann, woran zu messen ist, ob Gleichstellung - das Wort ist immer schön und schnell gesagt - erreicht ist oder nicht. Diese Aufgabe haben sich alle Länder gestellt. Auch wir werden ihr sehr ernsthaft nachkommen.
Ich bin mir sicher, dass wir ein gemeinsames Interesse daran haben, mehr Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern herzustellen, ihnen neue Wege zu ebnen sowie Männer und Frauen gleichermaßen an gesellschaftlichen Ressourcen teilhaben zu lassen. Dafür müssen Geschlechterrollen aufgebrochen werden. Das hat in der Familie, der Kita, der Schule und der Berufsbildung stattzufinden. Durch einen einfachen Beschluss der Koalition ist das nicht zu erreichen. Das Anliegen muss in das gesellschaftliche Leben hineingetragen werden.
Ich füge abschließend hinzu: Am Rande von Debatten über dieses Thema - auch hier im Landtag; die Fraktion DIE LINKE schließe ich ein - kann man immer wieder ein reges Geplauder verzeichnen. - Vielen Dank.
Ich stelle als Erstes den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 4/5783 zur Abstimmung. Wer ihm folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Der Änderungsantrag ist ohne Stimmenthaltungen mehrheitlich abgelehnt worden.
Ich stelle den Antrag der Koalitionsfraktionen in der Drucksache 4/5742 zur Abstimmung. Wer ihm folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Bei einer merklichen Anzahl von Stimmenthaltungen ist der Antrag ohne Gegenstimmen angenommen worden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass Sie von unserem Antrag zur Durchführung eines Volksentscheides über die Änderung der Europäischen Verträge nicht sonderlich überrascht sind. Die LINKE hat nicht nur im Landtag Brandenburg in dieser Richtung eine gewisse Traditionslinie aufgebaut.