Danke schön. - Wir sind am Ende der Fragestunde angelangt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 2 und entlasse Sie bis 13 Uhr in die Mittagspause. Guten Appetit!
Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Förderung des Mittelstandes im Land Brandenburg - Brandenburgisches Mittelstandsförderungsgesetz (BbgMFG)
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält der Abgeordnete Christoffers für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich äußere mich jetzt zum wiederholten Male zu einem Thema, das uns schon seit mehreren Jahren beschäftigt, nämlich zu der Frage: Wie verfahren wir bei öffentlichen Vergaben? Brauchen wir Regelungen dazu oder nicht?
Noch einmal zur Genesis des heutigen Tagesordnungspunktes. Erstens: Seit 1999 diskutieren wir in Brandenburg darüber, ob wir eine gesetzliche Regelung brauchen, um öffentliche Vergaben im Land Brandenburg an Konditionen binden zu können, die die regionale Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen befördert. Das ist nach EU-Recht möglich. Eine Anzahl von Ländern hat derartige Gesetze erlassen. Seit 1999 geht also die Diskussion darum, ob und, wenn ja, wie und in welcher Form eine derartige Regelung zu treffen ist.
Zweitens: Die Fraktion der PDS - jetzt DIE LINKE - hat insgesamt vier Gesetzentwürfe und drei Anträge zu dieser Thematik eingebracht. Nach einer intensiven politischen Debatte im Landtag hat sich die Koalition entschieden, das Mittelstandsförderungsgesetz zu verändern mit der klaren Maßgabe, auch vergaberechtliche Regelungen in dieses Gesetz aufzunehmen.
Wir haben deswegen zu § 5 des jetzt gültigen Mittelstandsförderungsgesetzes einen Gesetzesvorschlag eingebracht, der heute hier abschließend zur Beratung steht. Warum steht er heute abschließend zur Beratung? Wir haben das politische Vertrauen verloren, dass sich die Koalition in dieser Legislaturperiode auf ein Mittelstandsförderungsgesetz mit einem vergaberechtlichen Teil einigen kann.
Der Entwurf des Wirtschaftsministeriums wurde im Januar 2006 der Landesregierung und im März 2006 den Fraktionen übergeben. Seit diesem Zeitpunkt laufen Konsultationen und Abstimmungsgespräche innerhalb der Landesregierung und auch zwischen den Koalitionspartnern, die bis jetzt offensichtlich nicht zu einem Ergebnis geführt haben.
Mittlerweile ist das Fehlen einer derartigen Regelung aus unserer Sicht ein eindeutiger Standort- und Wettbewerbsnachteil.
Deswegen haben wir um abschließende Beratung unseres Antrages gebeten, um im Falle einer wahrscheinlichen Ablehnung unseres Antrags Sie zur nächsten Sitzung mit einem eigenständigen Vergabegesetz zu konfrontieren. Ein eigenständiges Vergabegesetz deswegen, weil wir den Weg über das Mittelstandsförderungsgesetz immer nur als zweitbeste Lösung betrachtet haben, da hier vergaberechtliche Sachverhalte und andere Problematiken miteinander verknüpft werden sollten und tatsächlich auch verknüpft werden, die dann in der Gesamtdebatte zu einem etwas schwierigen Abstimmungsprozess führen.
Ich darf Ihnen sagen, dass ich den Entwurf des Mittelstandsförderungsgesetzes, der den Fraktionen vorliegt, nicht für geeignet halte, die Problematik der Mittelstandsförderung tatsächlich umfassend anzugehen. Ich halte zum Beispiel Regelungen in einem Paragrafen, die den Minister für Wirtschaft ermächtigen, Förderrichtlinien zu erlassen, schlichtweg für überflüssig, denn das haben wir bereits in eine Reihe anderer Gesetze und Regelungen gefasst. Wenn der Wirtschaftsminister das nicht dürfte, hätten wir seit Jahren keine Wirtschaftsförderpolitik. Insofern halte ich einen Teil der Regelungen im Gesetzentwurf tatsächlich für überflüssig.
Zum anderen hält der vergaberechtliche Teil aus meiner Sicht dem Standard anderer Bundesländer nicht stand. Wir bitten deswegen, heute unseren Gesetzentwurf zum gültigen Mittelstandsförderungsgesetz abschließend zu beraten und darüber zu entscheiden. Wir werden Sie, wie gesagt, in der nächsten Sitzung erneut mit einem Vergabegesetz konfrontieren.
Noch eine abschließende Bemerkung: Es gibt Diskussionen darüber, dass Sanktionsmöglichkeiten fehlen. Diese Debatte wird landauf, landab geführt. Ich möchte Sie daran erinnern, dass in der seit März 2006 gültigen VOB in §§ 8 und 25 eindeutig geregelt ist: Wenn Unterlagen steuerrechtlicher Natur, Lohnunterlagen und Ähnliches, nicht vorliegen, darf das Angebot überhaupt nicht angenommen werden. Wir haben uns, auch im Sonderausschuss, einmal geeinigt, dass man Doppelregelungen möglichst vermeiden sollte. Insofern finde ich, dass mit der bundesgesetzlichen Regelung der VOB hier ausreichend Vorsorge getroffen ist. Man hätte möglicherweise diese Problematik im Ausschuss ansprechen können, da unser Gesetzentwurf bereits seit 2005 im Ausschuss beraten wird. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorab sind drei Thesen zu benennen. Die erste These: Mittelstand ist wichtig. Diesbezüglich herrscht bei uns, glaube ich, Konsens.
Die zweite These, Herr Christoffers, ist: Der Mittelstand ist auf Wachstumskurs. Bilanz 2007: Wir haben eine positive wirtschaftliche Entwicklung, ein Wirtschaftswachstum von 2,8 %. Wir haben, was Handwerksbetriebe betrifft, einen Gründungs
zuwachs von über 700. Auch die Bauwirtschaft, immer so etwas wie unsere Achillesferse, ist im Vergleich mit den anderen ostdeutschen Ländern mit einem Anteil von 5,2 % überdurchschnittlich an der Bruttowertschöpfung beteiligt.
Die dritte These: Wenn man mit Vertretern des Mittelstandes redet, mit den Firmen - ich meine auch unsere Klein- und Kleinstunternehmen -, dann benennen diese drei Probleme: die Fachkräfte, das Kapital und die Bürokratie.
Der Entwurf der PDS, um den es heute geht, bietet nach meiner Auffassung und nach Auffassung meiner Fraktion keine Antwort auf diese Fragen, keine Lösung dieser Probleme. Sie haben gerade gesagt, wir sollten Doppelungen vermeiden. Ich meine, das gilt auch für Sie. In Ihrem Gesetzentwurf heißt es in § 5 Abs. 1, dass die Unternehmen im größtmöglichen Umfang zu beteiligen sind.
§ 97 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB sieht eine „angemessene Beteiligung“ der mittelständischen Unternehmen vor. „Größtmöglich“ ist also der nächste unbestimmte Rechtsbegriff. Man kann darüber streiten, was größtmöglich bedeutet. Jeder Stein, jede Mauer, jedes Geschoss soll jetzt mit Steuermitteln - nicht mit Privatgeld - vergeben werden. Das halte ich für unangemessen, auch für überflüssig.
Der zweite Punkt, auf den ich eingehen möchte, ist folgender: In § 5 Abs. 4 sagen Sie, dass unter Beachtung der wirtschaftlichen Anforderungen die Aufträge in Fach- und Teillose zerlegt werden sollen.
Auch hierzu wieder mein Hinweis auf § 97 GWB, in dem es heißt, dass die entsprechenden Interessen durch Teilung der Aufträge in Fach- und Teillose zu berücksichtigen sind. Das wiederholt sich also, Herr Christoffers.
In § 5 Abs. 5 Ihres Gesetzentwurfs ist dann von Angemessenheit eines Angebotes die Rede. - Damit sind wir bei dem Thema, dass es keinen Wettbewerb über Dumpinglöhne geben soll. Da sind wir übrigens inhaltlich beieinander. Aber auch hierzu kann ich nur auf bestehende Rechtsvorschriften verweisen, hier auf § 25 VOB, der vier Wertungsstufen benennt. Dabei geht es erstens um den formalen Aspekt, zweitens um die Frage, ob das dem Anbieter überhaupt möglich ist, und drittens um die Frage, ob das Angebot angemessen ist. Das bedeutet ganz genau, dass wir kein Dumping wollen.
Sie können jetzt fragen, was hier angemessen ist. Sie schreiben vor, dass 10 % angemessen ist. Es gibt aber eine Rechtsprechung, mit der das eh schon festgelegt und konkretisiert wird. Im Übrigen gibt es hinsichtlich der Prüfung Hinweise aus dem Wirtschaftsministerium, in denen genau beschrieben wird hier geht es ja um die Vergabe von öffentlichen Aufträgen -, wie die kommunalen Vergabestellen diesen unbestimmten Rechtsbegriff auszulegen haben, in der genau das vorgeschrieben ist, nämlich die 10 %.
Insofern kann ich nur Folgendes sagen: Was Sie hier regeln wollen, ist im Kern bereits durch andere Vorschriften geregelt. Wenn hier ein Problem besteht, dann im Vollzug bzw. bei den Mitarbeitern. Wir brauchen meiner Meinung nach keine redundanten Vorschriften.
Frau Kollegin, würden Sie mir darin zustimmen, dass wir hier über zwei verschiedene Rechtssysteme reden, nämlich zum einen über das Haushaltsrecht und zum anderen über das Vergaberecht? Diese Rechtssysteme sind nicht identisch. Wenn die Vergabestellen rechtssicher handeln sollen, dann müssen beide Rechtskreise zusammengeführt werden. Das kann nur dann erreicht werden, wenn durch eine eigenständige gesetzliche Regelung genau diese genannte Sicherheit geschaffen wird. Würden Sie mir also zustimmen, dass es sich in diesem Fall nicht um eine Doppelung handelt, sondern um den Versuch, Vergaberecht und Haushaltsrecht ein Stück weit zusammenzuführen? Das Haushaltsrecht sagt ja, dass der sparsamste Umgang, wie er auch in der Praxis im Regelfall ausgelegt wird, auch hier gepflegt werden muss.
Das ist eine neue Thematik, nämlich quasi die vierte Bewertungsstufe, betreffend das wirtschaftlichste Angebot, was nicht mit dem billigsten Angebot gleichzusetzen ist. Insofern muss ich bei meiner Auffassung bleiben, dass sich das hier wiederholt.
Herr Kollege Christoffers, wir sollten auf unseren Konsens eingehen und festhalten, dass es im kommunalen Bereich Probleme gibt. Das merkt man ja auch, wenn man mit den Unternehmern spricht. Aber da helfen nicht Vorschriften, die ohnehin bereits bundesweit gelten.
Sie haben dann gesagt, dass zum Thema Mittelstandsförderung seitens der Koalition in den letzten Jahren nichts unternommen worden sei. Dem muss ich widersprechen. Es gibt eine sehr ausführliche Broschüre, die sich genau an die Vergabestellen wendet. Im Zusammenhang mit dem BBI gibt es die Stärkung des Unternehmer- und Lieferantenverzeichnisses. Über den Wirtschaftsminister gibt es eine größtmögliche Beteiligung unserer regionalen mittelständischen Wirtschaft. Auf unseren Antrag hin wurden die Wertgrenzen für die freihändigen Vergaben erhöht. Im Zusammenhang mit dem Thema Existenzgründer, das in Brandenburg ebenfalls ein großes Thema ist und dazugehört, gibt es vonseiten des Ministers das Bemühen um Bürokratiekostenmessung. Es ist also schon etwas unternommen worden.
Ihre kritische Anmerkung in dem betreffenden Teil Ihrer Rede möchte ich zum Anlass nehmen, mit Blick auf die Landesregierung zu sagen, dass die Ausgangslage im Jahre 2004 anders war, als es jetzt, im Jahre 2008, der Fall ist. Im Jahre 2004 hatten wir eine schlechtere Wirtschaft, das Wachstum betrug 0,9 %. Jetzt beträgt dieser Wert 2,8 %. Die damalige Arbeitslo
senquote betrug 18,2 %, während es jetzt 13,5 % sind. Außerdem haben wir das größte Infrastrukturprojekt seit 1990, nämlich den BBI, auf den Weg gebracht. Auch das muss man erwähnen.
Vor diesem Hintergrund bitte ich die Landesregierung, in dem laufenden Verfahren einfach einmal zu prüfen, welche Vorschriften aus diesem Entwurf für ein Mittelstandsförderungsgesetz gebraucht werden und welche nicht.
Für Ihren Entwurf, Herr Kollege Christoffers, gilt, dass die faktische Wirkung nach unserer Auffassung gegen null geht. Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht. Aus diesem Grund wird unsere Fraktion Ihren Antrag ablehnen und der Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses zustimmen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit 1999 wird uns vom Wirtschaftsministerium versprochen, das alte, derzeit noch geltende Mittelstandsförderungsgesetz von 1992, welches völlig überholt ist, durch eine den aktuellen Erfordernissen Rechnung tragende Novelle abzulösen.
Nachdem sich jedoch über Jahre nicht das Geringste bewegt hatte, brachte auch die DVU-Fraktion erstmalig am 20.03.2006, also vor fast zwei Jahren, einen eigenen, der aktuellen wirtschaftspolitischen Situation in Brandenburg Rechnung tragenden Gesetzentwurf ein. Nach Ablehnung unseres Gesetzentwurfs durch die „ganz große Koalition“ hier im Hause mit der Begründung, die Landesregierung werde einen eigenen Gesetzentwurf einbringen, passierte wiederum Monate nichts. Wir brachten deshalb den Gesetzentwurf noch einmal ein, und auch diesmal lehnten Sie unseren Gesetzentwurf mit fadenscheinigen Begründungen ab.
Nun, nachdem man mir auf mehrere Kleine Anfragen zu dieser Problematik immer wieder antwortete, dass der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Landesregierung noch nicht abgeschlossen sei, obwohl den Fraktionen bereits vor zig Monaten ein Rohentwurf aus dem Wirtschaftsministerium zugeleitet worden war, erfahren wir aus der Presse, dass das ganze Vorhaben wegen der Forderung von Minister Speer nach einer Tariftreue- und Mindestlohnregelung, die die CDU natürlich nicht mitmachen will, wohl endgültig platzen wird. Das ist ein trauriger wirtschaftspolitischer Offenbarungseid, Herr Minister Junghanns.