Protocol of the Session on November 14, 2007

Man wird außerdem feststellen müssen, dass die steigende Inanspruchnahme der Sozialgerichte nicht etwa die Folge der Gebührenfreiheit, sondern vorrangig Ausdruck des sich verschärfenden sozialen Klimas in unserem Lande ist. Nicht die fehlen

de Gerichtsgebühr, sondern Hartz IV hat die Sozialgerichte in Bedrängnis gebracht.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Außerdem ist die Zulässigkeitsprüfung einer Klage der richtige Ort, an dem Missbräuche deutlich werden und Klagen abzuweisen sind. Mit einer Verfahrensgebühr hat dies überhaupt nichts zu tun, und dennoch - das ist unser Standpunkt, die Landesregierung hat einen anderen -: Meine Fraktion und ich haben erwartet, dass die Regierung sich zu ihrer Sicht der Dinge zumindest eine belastbare Tatsachengrundlage verschafft, dass sie über Zahlen oder zumindest über intelligente Schätzungen zu dem von ihr angenommenen Missbrauch verfügt, bevor sie im Bundesrat ihre Stimme einem Gesetz gibt, das Hunderttausenden Brandenburger Leistungsempfängern den Weg zu ihrem Recht erschwert. Dazu stellten wir der Landesregierung die Frage 50:

„Über welche gesicherten Erkenntnisse verfügt die Landesregierung zu der im Entwurf behaupteten missbräuchlichen Inanspruchnahme der Sozialgerichtsbarkeit?“

Auch die vollständige Antwort zu den „gesicherten Erkenntnissen“ möchte ich Ihnen vortragen:

„Die Landesregierung beobachtet mit Sorge die in den vergangenen Jahren gestiegenen Eingänge bei den Sozialgerichten, die nicht nur vorübergehender Natur sind. Diese höhere Belastung ist nur zum Teil auf Gesetzesänderungen, beispielsweise in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitssuchende, zurückzuführen.“

Meine Fraktion und ich beobachten mit Sorge, wie ernst die Landesregierung das parlamentarische Fragerecht nimmt, wenn sie nach gesicherten Erkenntnissen gefragt wird. Wenn der Landesregierung keine gesicherten Erkenntnisse zu Missbräuchen vorliegen, hätte sie dies auch einräumen müssen. Dann hätte sie vor allem dem Entwurf im Bundesrat niemals zustimmen dürfen, und doch hat sie das getan, obwohl es um die Rechte der absolut Ärmsten in unserem Land geht. Das bietet uns Grund zu echter Sorge.

Die Antworten der Landesregierung auf unsere Fragen sind weitschweifig, widersprüchlich und ungenau. Wer so antwortet, der hat im Grunde genommen nichts zu berichten, der beschönigt nur Missstände, deckelt die Pannen und pflegt im Übrigen den Status quo. Der Art der Beantwortung ist damit mittelbar zu entnehmen, dass die Landesregierung über kein wirkliches rechtspolitisches Konzept verfügt, über keine echten Absichten zur Gestaltung des Justizwesens, die über Sparüberlegungen und einige Schlagwörter hinauskommen. Es ist leider eine Tatsache, dass sie dabei von der Mehrheit dieses Hauses vorerst auch keine störenden Anregungen zu erwarten hat.

Das könnte auch anders sein. Wir haben vor nicht langer Zeit hier zum Beispiel einen Antrag vorgelegt, mit dem der Landtag der Landesregierung für einen wichtigen justiziellen Bereich ein echtes Konzept abverlangen sollte, nämlich für die Struktur der Amtsgerichte der Zukunft. Sie haben diesen Antrag mehrheitlich abgelehnt. In Auswertung der verlangten Konzeption hätten wir aber klären können, welchen Wert wir den Amtsgerichten im Rahmen des Justizgewähranspruchs zumessen und was wir als Parlamentarier tun wollen, um diese Rolle zu stär

ken. Nun warten wir gemeinsam mit den Fachverbänden, den Beschäftigten, den Richtern und den betroffenen Kommunen noch immer auf ein Konzept.

Gut wäre es, wenn wir die Justiz in diesem Hohen Haus zuallererst nicht länger als Stiefkind des Haushalts, sondern als eine tragende Säule der sozialen Demokratie ansehen würden. Wir müssen uns darum kümmern, dass überlange Verfahrensdauern von fünf Jahren und mehr nicht vorkommen - die Aufstellung in der Anlage IV ist ernüchternd. Wir müssen dafür sorgen, dass Behinderungen und Benachteiligungen beim Zugang zu Gericht für sozial Schlechtergestellte entfallen. Wir müssen alles daransetzen, dass auch steigende Fallzahlen vor den Gerichten zu bewältigen sind, ohne dabei rechtsstaatliche Standards zu mindern. Wir müssen Festlegungen treffen für die maximal zumutbaren Entfernungen zwischen den Gerichtsstandorten in einem Flächenland wie Brandenburg. Wir müssen ein Personalentwicklungskonzept für die Justiz erstellen, das auf die Altersstruktur Rücksicht nimmt, um Erfahrungsverluste zu vermeiden, und das uns gleichzeitig die besten der jungen Köpfe sichert, indem zum Beispiel die drei besten Auszubildenden eines Jahrgangs im Beruf der Justizfachangestellten in den mittleren Justizdienst übernommen werden und drei sehr guten Mitarbeitern der Aufstieg in den gehobenen Dienst ermöglicht wird. Wir müssen, gemeinsam mit den öffentlichen und freien Trägern, dafür sorgen, dass unsere Gefängnisse Straftäter tatsächlich resozialisieren und in Anbetracht der knappen Mittel nicht gezwungen sind, sie lediglich zu verwahren.

Fragen Sie zu diesen Thesen die Fachverbände, fragen Sie die Richter, die Staatsanwälte, fragen Sie die Bediensteten des Strafvollzugs, die Beschäftigten in den Gerichten und Staatsanwaltschaften, die Rechtspfleger und die Bewährungshelfer. Man wird Ihnen sicher nicht sagen, dass DIE LINKE mit ihren Ideen und Vorschlägen immer Recht hat, aber man wird Ihnen ganz sicher sagen, dass der Zustand des Justizwesens nach frischen Ideen verlangt, die Arbeit in weiten Teilen schon heute nicht mehr zu bewältigen ist und in der Zukunft zusammenzubrechen droht.

Ich sagte zu Beginn, dass die Antworten auf die Große Anfrage zum Ausgangspunkt fruchtbarer Diskussionen werden könnten. Trotz Ihrer dürftigen Beantwortung kann unsere Große Anfrage dies leisten; denn sie wirft viele der dringenden Fragen auf, die wir hier in diesem Haus diskutieren müssen und diskutieren werden. Darauf können Sie sich verlassen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Während für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Holzschuher ans Rednerpult tritt, begrüße ich Gäste aus dem Pückler-Gymnasium Cottbus. - Herzlich willkommen! Einen interessanten Nachmittag für euch!

(Allgemeiner Beifall)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In seiner ScienceFiction-Satire „Per Anhalter durch die Galaxis“ lässt Douglas Adams seine Helden auf die Suche nach dem Leben, nach dem Universum und überhaupt nach allem gehen. Um diesen Fra

gen nachgehen zu können, bauen die Helden einen Computer, der dann Millionen von Jahren rechnet und nach diesen Millionen von Jahren auch die Antwort liefert. Diese berühmt gewordene und in die Weltliteratur eingegangene Antwort auf die Frage nach dem Leben, dem Universum und überhaupt allem lautet: 42. - Den verdutzten Helden stellt sich die Frage, was diese Antwort bedeuten soll. Herr Sarrach, vielleicht hätten auch Sie Ihre Fragen anders formulieren sollen, wenn Sie, wie Sie jetzt sagen, mit den Antworten unzufrieden sind.

An dieses Stück Weltliteratur wurde ich also gerade erinnert, als Sie sich, Herr Kollege Sarrach, mit den Antworten auf Ihre Große Anfrage auseinandersetzten. Ursprünglich habe ich den Grundansatz der Großen Anfrage durchaus gelobt, was ich übrigens auch weiterhin tun werde. Dass man einmal im Zusammenhang Fragen zur Justiz im Lande Brandenburg stellt, ist in der Tat sehr sinnvoll. Ich gebe Ihnen auch Recht, dass das schon viel früher hätte passieren müssen. Insoweit möchte ich Sie also unterstützen.

Die Antworten, die auf Ihre Fragen gegeben worden sind, sind für mich aber keineswegs ein Anlass für eine grundsätzliche Kritik am Justizministerium bzw. an dem, was in den Antworten steht; im Gegenteil: Das ist für mich durchaus ein sehr informativer Text geworden. Dort, wo die Antworten zugegebenermaßen nicht so ganz die Informationstiefe und -breite besitzen, mag das eben auch daran liegen, dass auf vage Fragen auch nur vage Antworten bzw. manchmal auch nur lyrisch ausformulierte Antworten gegeben werden können.

Jedenfalls sollten wir uns die Mühe machen, uns mit den Fragen auseinanderzusetzen, wie die Justiz im Lande Brandenburg aufgestellt ist und welche Lehren aus den vorliegenden Antworten möglicherweise zu ziehen sind.

Ich denke, die Justiz im Land Brandenburg steht gut da. Wir brauchen uns im Land Brandenburg mit unserer Justiz in keiner Weise zu verstecken. Das geht nicht nur aus den Antworten hervor, die Sie bekommen haben, sondern das ist auch etwas, was wir alle in der Praxis erleben, wenn wir zu den Gerichten, zu den Staatsanwaltschaften, in die Justizvollzugsanstalten gehen, dort mit den Leuten reden und fragen, wie die aktuelle Situation ist. Die aktuelle Situation ist weiß Gott nicht so, dass wir uns da verstecken müssten.

Die bauliche Situation ist hervorragend. Wir haben fast alle Justizvollzugsanstalten im Lande Brandenburg auf einen modernen Stand gebracht. Dabei handelt es sich überwiegend um Neubauten. Die Justizvollzugsanstalt Brandenburg an der Havel wird als letzte Anstalt in den nächsten Jahren grundlegend modernisiert. Dann werden wir bundesweit den modernsten Standard bei den Justizvollzugsanstalten haben.

Überall im Lande gibt es neue oder auf hervorragende Weise sanierte Gerichtsgebäude.

Gewiss ist die technische Ausstattung unserer Justiz nicht ideal, aber sie ist im Bundesvergleich überdurchschnittlich gut, wenn es auch einzelne Bereiche gibt - Sie hatten etwa die Sozialen Dienste angesprochen -, in denen sicherlich noch mehr Verbesserungen möglich und nötig sind.

Wir brauchen uns in den genannten Bereichen also in keiner Weise zu verstecken.

Auch hinsichtlich der personellen Situation in der Justiz gibt es derzeit keinen Grund für eine grundsätzliche Kritik. Das sage ich nicht nur deshalb, weil ich Vertreter einer Regierungsfraktion bin, sondern auch deshalb, weil das meiner Meinung nach die objektive Lage ist. Die Zahlen, die wir auf Ihre Anfrage hin bekommen haben, lassen den Schluss zu, dass wir in den meisten Teilen der Justiz - ich komme gleich zu den Ausnahmen jedenfalls im Wesentlichen im Bundesdurchschnitt liegen, was die Personalausstattung, was die Erledigungszahlen angeht. Es gibt also, wie gesagt, in den meisten Bereichen der Justiz keinen Anlass zu grundsätzlicher Kritik; derzeit, füge ich hinzu.

Hinsichtlich der Erledigungszahlen - das können Sie den Tabellen entnehmen - liegen wir - einmal abgesehen von Ausreißern - im Wesentlichen durchweg im Bundesdurchschnitt. Zugegebenermaßen haben wir zurzeit im Bereich der Amtsgerichte, wie ich übrigens mit einer gewissen Überraschung gesehen habe, die längsten Verfahrenslaufzeiten bundesweit, was Zivilsachen angeht. Mit durchschnittlich 5,4 Monaten ist das aber immer noch eine Zahl, die rechtsstaatlich allemal verträglich ist. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang noch an die Situation Anfang der 90er Jahre, als man von solchen Verfahrenslaufzeiten nur träumen konnte. In anderen Bereichen, auch in dem sehr wichtigen Bereich des Strafrechts, sind wir zum Teil unterdurchschnittlich, was die Verfahrenslaufzeiten im Vergleich zum Bundesdurchschnitt anbetrifft, wobei es in vielen Ländern wesentlich längere Verfahren, eine schlechtere Situation gibt und auch die personelle Ausstattung dort schlechter ist.

Es gibt - auch das erfahren wir aufgrund Ihrer Anfrage sehr detailliert -, was die Situation an den Gerichten angeht, zwei Ausnahmen, die nicht akzeptabel sind. Dabei handelt es sich zum einen um die Sozialgerichtsbarkeit, die in den letzten Jahren durch eine Fülle von Aufgaben - Hartz IV war eines Ihrer Stichworte - in hohem Maße zusätzlich belastet worden ist. Dadurch sind die Verfahrenslaufzeiten dort in die Höhe geschnellt und nicht mehr akzeptabel. Da müssen wir gegensteuern. Dies ist aber wohl schon erkannt worden, wie sich meines Erachtens auch aus den Antworten aus dem Justizministerium ergibt.

In diesem Zusammenhang möchte ich einen zweiten Bereich ansprechen, nämlich die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Situation in diesem Bereich ist in der Tat desaströs. Anders kann man das nicht ausdrücken. Seit 2002 hat Brandenburg in diesem Bereich in Deutschland die rote Laterne, sprich: die längsten Verfahrenslaufzeiten bei Hauptsacheverfahren erster Instanz. Die durchschnittliche Verfahrenslaufzeit ist von 1998, als es auch schon 16,5 Monate waren, bis zum Jahre 2006 auf 34,5 Monate gestiegen. Die durchschnittliche Verfahrenslaufzeit bei Hauptsacheverfahren in der ersten Instanz beträgt also rund drei Jahre. Das ist das mit Abstand schlechteste Ergebnis in Deutschland. In Rheinland-Pfalz beträgt die durchschnittliche Verfahrenslaufzeit 4,5 Monate. Wir schaffen hier 30 Monate länger, und zwar im Durchschnitt, was ja bedeutet, dass es Verfahren gibt, die in erster Instanz länger als drei Jahre dauern. Das ist rechtsstaatlich nicht mehr akzeptabel.

Leider ist es aber so - das erkennt man, wenn man die weiteren sehr detaillierten Antworten liest -, dass dies kein Problem der Personalausstattung ist. Die Zahl der Eingänge bei den Verwaltungsgerichten ist von 13 300 im Jahre 2002 auf 7 900 zurückgegangen. Die Zahl der Erledigungen lag seither zum Glück immer über der der Eingänge, wobei diese Zahl ebenfalls zu

rückgegangen ist, und zwar von 14 000 auf 10 000 im Jahr. Gleichzeitig ist die Personalausstattung gleich geblieben, gegenüber dem letzten Jahr sogar gestiegen. Daran sehen wir, dass das kein Problem der Personalausstattung ist. Vielmehr ist das ein Problem - das kann man hier einmal ansprechen - der Arbeitsweise bei den Verwaltungsrichtern. Dieses Problem haben Fachleute erkannt. Das können wir - richterliche Unabhängigkeit ist ein hohes Gut - nicht per Gesetz lösen, auch nicht durch personelle Maßnahmen, aber ansprechen müssen wir es dürfen; denn drei Jahre durchschnittliche Verfahrenslaufzeit in der ersten Instanz sind rechtsstaatlich nicht mehr akzeptabel. Wir kommen damit in einen Bereich, in dem eine verfassungswidrige Situation zu konstatieren ist. Wenn das irgendwann einmal durch ein Gericht festgestellt wird, dann fällt es uns allen auf die Füße. Ich hoffe, dass sich die Verwaltungsrichter dieser Verantwortung bewusst sind.

Das ist der eine Aspekt, den ich ansprechen wollte. Dabei möchte ich erwähnen, dass es hierzu sehr detaillierte Antworten gegeben hat. Ich finde es gut, dass wir das einmal so zusammengefasst erfahren.

Ich möchte einen weiteren Aspekt ansprechen, an dem Sie heftige Kritik geübt haben, nämlich die Zusammenarbeit mit Berlin. Dabei will ich nicht die Antwort kommentieren. Ich verweise dazu noch einmal auf das, was ich eingangs gesagt habe, nämlich dass detailliertere Fragen hätten gestellt werden können.

Für mich stellt die Zusammenarbeit mit Berlin ein sehr erfolgreiches Modell dar. Aus meiner Sicht ging es dabei übrigens nicht in erster Linie darum, Kosten zu sparen - das war nicht das Wichtigste dabei -, sondern darum, in der Region BerlinBrandenburg eine einheitliche Rechtsprechung zu ermöglichen. Das ist ein Wert an sich. Dass sich Kosteneinsparungen in diesem Bereich erst im Laufe der Jahre, vielleicht sogar erst im Laufe der Jahrzehnte ergeben werden, sollte allen klar gewesen sein. In der Situation konnten die Richterstellen nun einmal nicht einfach abgebaut werden.

Die Zusammenarbeit als solche ist - fragen Sie einmal den Oberlandesgerichtspräsidenten! - in den letzten Jahren so intensiv geworden, dass wir an sich einen einheitlichen Rechtsraum haben. Wir können gern darüber streiten, ob das gut oder schlecht ist. Ich persönlich finde das gut, weil wir in dieser Region, unabhängig davon, ob es sich hier um zwei Bundesländer oder um ein Bundesland handelt, darauf angewiesen sind, gemeinsam zu arbeiten und zu leben. Ein gemeinsamer Rechtsraum ist ein Wert an sich. Wir sind dabei, diesen Rechtsraum zu schaffen, soweit dies bundesgesetzlich irgend möglich ist. Das funktioniert, wenn auch, wie ich weiß, nicht überall.

Es gibt einen gemeinsamen Richterwahlausschuss, der nicht funktioniert - danach haben Sie nicht gefragt -, wie wir alle oft genug erleben. Das sind Reibungsverluste, die auftreten, wie sie auch bei der Gründung der Gerichte entstanden sind. Die unerfreulichen Geschichten im Zusammenhang mit der Weigerung Berliner Richter, zum Finanzgericht nach Cottbus zu wechseln, haben wir noch in Erinnerung. Auch das ist nicht akzeptabel, aber das ist kein Grund, die Zusammenarbeit mit Berlin insgesamt infrage zu stellen.

Aus meiner Sicht ist es so, dass dort, wo wir gemeinsame Gerichte haben, diese hervorragend arbeiten und damit einen ein

heitlichen Rechtsraum Berlin-Brandenburg schaffen, was in meinen Augen ein Wert an sich ist.

Einen Aspekt, den Sie nicht erfragt haben, will ich hier dennoch kurz ansprechen. Ich habe vorhin bereits betont, dass die derzeitige personelle Ausstattung der Justiz recht gut ist. Dennoch hat auch die SPD-Fraktion Sorgen, was die künftige Entwicklung angeht; das verkenne ich nicht. Die mittelfristige Personalentwicklungsplanung sieht in allen Bereichen eine Reduzierung der Zahl der Stellen vor. Das ist voraussichtlich nicht überall ohne Qualitätsverluste möglich. Wir werden darüber nicht nur im Rahmen der Haushaltsberatungen, sondern vielleicht auch in anderem Zusammenhang zu debattieren haben. Wir müssen uns Gedanken machen, ob die derzeit geplante Altersstruktur des Justizvollzugsdienstes sinnvoll ist. Ferner ist die Frage, ob wir in den nächsten Jahren neue Richter brauchen, auch unter dem Aspekt zu betrachten, ob ein Land ohne Proberichter auf Dauer noch eine flexible Justiz haben kann. Das ist bisher nicht hinreichend beleuchtet worden. Über all diese Fragen, die wir sehr wohl mit Sorge sehen, werden wir auch über die Haushaltsberatungen hinaus - noch intensiv zu diskutieren haben. Obwohl Sie zu dieser Thematik keine Fragen gestellt haben, will ich Sie darauf hinweisen, dass wir dranbleiben.

Einen weiteren Bereich wollten Sie intensiv beleuchtet haben; ich gebe zu, dass nicht alle Antworten erschöpfend ausgefallen sind. Insbesondere die Auskunft zu den Sozialen Diensten ist für mich kein besonders leuchtendes Beispiel einer umfassenden Antwort. Ich will an dieser Stelle sagen: Auf die Sozialen Dienste in unserem Land können wir stolz sein. Sie sind in der von uns geschaffenen Struktur bundesweit ein Erfolgsmodell, an dem wir nicht rütteln, sondern das wir eher ausbauen sollten.

Sie haben vielleicht vernommen, dass die SPD-Fraktion dabei ist, über neue Strukturen nachzudenken, was den Übergang von der Haft in die Freiheit angeht. Dazu haben Sie einige Fragen gestellt. Es sind einige Antworten gegeben worden, die, wie Sie zu Recht sagen, Anlass zu weiteren Nachfragen und Überlegungen geben werden. Im Bereich der Resozialisierung gibt es nicht nur in Brandenburg, sondern deutschlandweit mit Sicherheit noch Verbesserungsmöglichkeiten. Das wird auch in den kommenden Jahren ein Thema sein. Möglicherweise braucht man andere gesetzliche Regelungen - nicht nur, um die Arbeit der Sozialen Dienste zu verbessern, sondern auch und insbesondere, um die Wiedereingliederung Straffälliger zu erleichtern.

Wenn wir alles zusammen betrachten, dann haben wir trotz allem keinen Grund, an dieser Stelle in Trübsinn zu verfallen. Justiz im Land Brandenburg - das ist ein moderner, mit hochkarätigen Personen besetzter Apparat, die in aller Regel mehr leisten, als sie leisten müssten, weil sie von ihrer Arbeit begeistert sind. Wir haben eine Landesregierung, die über all die Jahre seit 1990 bemüht war und ist, die Justiz zu stärken. Insofern sollte jetzt nicht behauptet werden, die Antwort offenbare ein Desaster, wie ich es vorhin herausgehört habe. Die von uns angesprochenen Probleme werden wir gemeinsam in Ruhe lösen können. Brandenburg wird auch in zehn und in 20 Jahren noch ein leistungsfähiges, modernes, funktionsfähiges, gutes Justizsystem haben. Daran habe ich keinen Zweifel, jedenfalls dann nicht, wenn die Landesregierung so weiterarbeitet wie bisher. Danke schön.

(Beifall bei SPD und CDU)

Wir setzen mit dem Beitrag der DVU-Fraktion fort. Es spricht der Abgeordnete Claus.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Einigkeit und Recht und Freiheit - diese hohen Werte besingt auch die Landesregierung in der dritten Strophe des Deutschlandliedes. Doch in Brandenburg wird dieser Gesang mehr und mehr zum Abgesang. Diesen Eindruck kann man bekommen; denn wie niedrig speziell das Recht und seine Pflege bei Ihnen im Kurs stehen, davon zeugt Ihr Bericht zur Situation der Justiz im Land Brandenburg, meine Damen und Herren. Wie anders ist es zu erklären, dass Brandenburg allein schon bei der Dauer seiner Gerichtsverfahren den meisten anderen Ländern hinterherhinkt, und das auf breiter Front, im Zivilverfahren genauso wie beim Familienrechtsstreit? Unser Land ist teilweise sogar Spitzenreiter im Hinauszögern, so etwa bei Verfahren vor der Allgemeinkammer, vor den Asylkammern der Verwaltungsgerichte.

Die Folgen sind natürlich verheerend. Wenn Rechtsschutz Jahre dauert, verschreckt dies Bürger und Investoren und steht damit der Schaffung von Arbeitsplätzen als massive Hürde im Weg.

Was kann allerdings noch erwartet werden, wenn bereits die Ausbildung der zukünftigen Juristen nicht richtig funktioniert? Wenn allein im Ersten Juristischen Staatsexamen sage und schreibe ein Drittel der Bewerber völlig durchfällt, dann kann man wohl nur schwer behaupten, die Brandenburger Studenten seien weniger gescheit als die anderer Bundesländer. Wenn dann von denen, die das Erste Juristische Staatsexamen immerhin geschafft haben, noch einmal 25 % im Zweiten Juristischen Staatsexamen scheitern, dann sind nicht die Referendare unfähig, sondern das Land, das eine ungenügende Ausbildung anbietet.

Man muss also feststellen: Die Brandenburger Justiz ist schon jetzt ganz hinten angekommen. Aber sie wird noch weiter an Boden verlieren, wenn sie den Nachwuchs weiterhin so vernachlässigt.

Meine Damen und Herren! Unsere Fraktion setzt sich seit nunmehr acht Jahren für Recht und Gerechtigkeit in Brandenburg ein; denn wir wollen, dass sich die Bürger in unserem Land sicher fühlen, dass „Recht haben“ und „Recht bekommen“ keine Gegensätze sind und dass der Mensch nicht zum Spielball unverantwortlicher Sparpolitik in Brandenburg wird.