Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Verlaub, Herr Kollege Schulze, als ich von dem Antrag gehört habe, habe ich mir die Frage gestellt: Was ist denn wohl der Anlass, einen solchen Antrag in dieses Haus einzubringen? Dann fiel mir ein: Der 4. Oktober eines jeden Jahres ist Welttierschutztag. Das ist wahrscheinlich der Anlass für diesen Antrag der DVU-Fraktion. Es ist einfach chic, glaube ich, einmal darüber zu reden.
Meine Damen! Meine Herren! In Brandenburg werden rund 560 000 Rinder und 814 000 Schweine tierartgerecht gehalten tierartgerecht! Dafür sorgen im Wesentlichen drei Dinge: Erstens die Einstellung der Landwirte zu den Lebewesen, zweitens die bereits bestehenden Gesetze und Verordnungen und nicht zuletzt die Erfordernisse der Wirtschaftlichkeit.
Zum Ersten ist zu sagen: Kein Landwirt wird Tierhaltungsverfahren befürworten oder anwenden, bei denen die Tiere gequält werden und die nicht den natürlichen Verhaltensweisen der Tiere entsprechen. Die Grundbedürfnisse der Tiere, wie richtige Ernährung, ausreichende Bewegung und auch die Möglichkeiten des Sozialverhaltens sowie der Schutz vor Witterungsunbilden, werden von den Bauernfamilien sehr genau beachtet und bei der Haltung und dem Stallbau berücksichtigt. Darüber hinaus ist Tierschutz ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung.
Zum Zweiten ist festzustellen, dass in den vergangenen Jahren die Gesetze für Stallbauten, Haltungsbedingungen, den Tierschutz, die Fütterung erheblich verändert wurden, um den Bedürfnissen der Tiere Rechnung zu tragen. In diese Gesetze und Verordnungen flossen selbstverständlich neue wissenschaftliche Erkenntnisse ein. Ich erinnere nur an das erst im Jahre 2006 verabschiedete Gesetz zum Verbot der Käfighaltung von Legehennen.
Mit dem neuen Gesetz wird dem Tierschutz und der artgerechten Tierhaltung Rechnung getragen. Mit dem Verbot der Käfighaltung und der Umstellung auf Kleingruppen sowie auf Boden- und Freilandhaltung ist Deutschland somit Vorreiter in der Europäischen Union, ja Vorreiter in der Welt.
Nicht übersehen werden sollte dabei auch, dass für die Anpassung an die neuen Normen Investitionen in Höhe von ca. 70 Millionen Euro allein in Brandenburg notwendig werden. 2,4 Millionen Legehennenplätze sind damit zu versorgen. Auch die Normen für den Platzbedarf von Schweinen wurden nach oben gesetzt. Erinnert sei auch daran, dass in der Schweinehaltungsverordnung ausreichende Beschäftigungsmöglichkeiten für die Tiere gesetzlich vorgeschrieben werden.
Vielleicht noch kurz ein Wort zur Anbindehaltung in der Rinderproduktion. Diese ist zumindest in Deutschland und damit auch in Brandenburg die absolute Ausnahme und wird kaum noch praktiziert; ich meine, in Brandenburg wird sie gar nicht mehr praktiziert.
Ich komme zum dritten Punkt: Kein Unternehmen, das wirtschaftlich arbeiten muss, kann es sich leisten, die Produktionsfaktoren zu vergeuden, das heißt, die Tiere durch Nichtbeachtung des Tierschutzes und der artgerechten Haltung zu schädigen; denn es ist wissenschaftlich erwiesen, Herr Schulze, dass ein enger Zusammenhang zwischen artgerechter Tierhaltung und Leistungsvermögen der Tiere besteht. Kranke Tiere, die unter Stress leiden und die nicht artgerecht gehalten werden, sind für das Unternehmen nicht wirtschaftlich und stellen ein erhebliches Risiko dar. Nur Tiere, die sich wohlfühlen, die gesund sind, erbringen die gewünschten Leistungen und liefern gesunde Produkte. Der Landwirt weiß das und handelt entsprechend.
Mehr will ich dazu gar nicht sagen. Ich lehne daher für die Koalition den Antrag der DVU-Fraktion und auch eine Überweisung an den Ausschuss ab. Das brauchen wir uns an der Stelle gar nicht anzutun.
Wir haben in den vergangenen Jahren in Sachen artgerechter Nutztierhaltung Erhebliches geleistet und inzwischen ein sehr hohes Niveau erreicht. Hier und da mögen durchaus noch Korrekturen angebracht sein. Diese erreichen wir jedoch nicht durch eine Bundesratsinitiative. Eine Bundesratsinitiative ist daher unangebracht und unangemessen, zumal die artgerechte Tierhaltung bereits jetzt zum Beispiel in der EU-Tierhaltungsrichtlinie und in den nationalen Tierschutznutztierhaltungsverordnungen präsent ist.
Im Übrigen - auch das sei noch erwähnt - handelt es sich bei der Tierschutznutztierhaltungsverordnung um eine Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, die der Zustimmung durch den Bundesrat bedarf. Der Bundestag ist in deren Erlass nicht involviert.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend noch Folgendes sagen: Wir sollten als verantwortungsvolle Politiker viel mehr an die Verbraucher, an die Mitbürger appellieren, das existierende Informationsangebot der Landwirte zur Haltung der Nutztiere anzunehmen und den nutztierhaltenden Landwirten am Agrarstandort Brandenburg bzw. am Agrarstandort Deutschland durch ihre Kaufentscheidung für Eier, Milch und Fleisch aus heimischer Produktion Mut zu machen. Gerade die Ferkelerzeuger, die Schweinemäster und die Rinderhalter befinden sich gegenwärtig in einer äußerst schwierigen wirt
schaftlichen Situation. Auch das wollte ich hier noch einmal gesagt haben. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wieder einmal versucht sich die DVU als Tierschutzpartei zu profilieren. Das hat sie in der Vergangenheit mehrfach versucht - nur ohne Erfolg.
Diesmal geht es um die Nutztierhaltung. Man könnte die Intention dieses Antrags auch so zusammenfassen: Die DVU fordert freie Bewegungsmöglichkeiten für alle Tiere - also das, was sie längst nicht allen Menschen zubilligt.
In welch verdrehter Vorstellungswelt bewegen Sie sich eigentlich? Die Tierschutznutztierhaltungsverordnung wurde zuletzt im November 2006, also vor nicht einmal einem Jahr, geändert. Dort ist für Kälber, Schweine, Legehennen und Pelztiere in 34 Paragrafen all das geregelt, was Sie ansprechen. Wenn Sie mit der einen oder anderen speziellen Regelung nicht einverstanden sind, sollten Sie sich schon die Mühe machen, uns konkret mitzuteilen, welche das ist.
In § 4 Abs. 1 Nr. 4 ist geregelt, dass alle Tiere täglich entsprechend ihrem Bedarf mit Futter und Wasser in ausreichender Menge und Qualität zu versorgen sind. § 6 Abs. 2 Nr. 1 legt fest, dass Kälber ungehindert liegen, aufstehen, sich hinlegen, eine natürliche Körperhaltung einnehmen, sich putzen sowie ungehindert Futter und Wasser aufnehmen können. In § 13 Abs. 2 Nr. 2 wird gefordert, dass Haltungseinrichtungen so ausgestaltet sind, dass alle Legehennen artgemäß fressen, trinken, ruhen, staubbaden sowie ein Nest aufsuchen können.
Ich empfehle Ihnen also, zunächst einmal - erstens - die entsprechende Verordnung aufmerksam zu studieren, statt uns hier mit überflüssigen Pauschalforderungen zu überhäufen, und zweitens - sich einmal Ihre eigenen Forderungen etwas genauer anzusehen. Im Radio muss wohl gerade Helge Schneiders Lied vom Katzeklo gespielt worden sein, als Sie Ihren Punkt 5 formulierten,
in dem Sie von Rindern, Schweinen und Geflügel fordern, Exkremente an dafür vorgesehenen geeigneten Stellen abzusetzen.
Mindestens genauso dusselig ist Ihre Forderung in Punkt 7 nach ungestörtem Fortpflanzungsverhalten, also dem ungestörten Eierlegen bei Vögeln.
Vielleicht folgte dem Lied von Helge Schneider an dem Tag, als Sie Ihren Antrag schrieben, im Radio das Lied „Ich wollt', ich wär' ein Huhn...“.
Verehrte Damen und Herren! Tierschutz ist eine wichtige Angelegenheit. Nicht ohne Grund ist er Bestandteil der Brandenburger Landesverfassung und wurde später auch in das Grundgesetz aufgenommen. Der Tierschutz ist aber zu schade, als Vehikel für unqualifizierte Anträge der DVU zu dienen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Würden Sie sich um das Wohl der Tiere oder zumindest der Ihnen anvertrauten Menschen hier in Brandenburg kümmern, so wären Ihnen Ihre Äußerungen zu unserem sachlich fundierten und den Forderungen des Deutschen Tierschutzbundes entsprechenden Antrag buchstäblich im Halse stecken geblieben; denn gerade Sie, Frau Wehlan, von der gewendeten SED und Ihre Links-Genossen haben schon zu DDR-Zeiten zur Genüge bewiesen, dass sie von Lebens-, Umwelt- und Tierschutz nicht das Geringste halten.
Uns hingegen geht es darum, unsere Mitgeschöpfe, die Tiere, artgerecht zu behandeln, damit Tierkrankheiten und Missbildungen aller Art vorzubeugen und so den Verbraucher hier in Brandenburg vor dem Genuss minderwertiger oder sogar krankmachender Lebensmittel zu schützen.
Intensiv- und Massentierhaltung beeinträchtigt nicht nur die Gesundheit der Tiere, sondern nachweislich auch die der Tierbetreuer und -konsumenten. Intensive Tierhaltung ermöglicht zwar die Bereitstellung großer Mengen billigen Fleisches und trägt dadurch natürlich zu einem hohen Fleischkonsum bei; die nicht artgerechte Haltung großer Tierzahlen auf engem Raum reduziert jedoch die Widerstandsfähigkeit der Tiere und fördert die Ausbreitung von Krankheiten. Der präventive Einsatz von Tierarzneimitteln ist daher gängige Praxis. Dies wiederum führt zu einer steigenden Belastung von tierischen Lebensmitteln mit Arzneimittelrückständen.
Ein anderer Punkt ist die Lebensmittelqualität. Lebensmittel sollen gut schmecken, physiologisch wertvoll und frei von Schadstoffen sein. Die moderne Massentierhaltung dagegen läuft fast allen diesen Qualitätsanforderungen zuwider. Das beste Fleisch wird nach wie vor von langsamer wachsenden Tieren bei ausgewogener Fütterung und ausreichender Bewegung an frischer Luft gewonnen.
duziertem Fleisch ist die geringe Stressbelastung der Tiere. Kontakte zur Außenwelt und kürzere Transportwege tragen wesentlich zur Reduktion von sogenannten stressbedingten Fleischfehlern - zum Beispiel wässriges, blaues Schweinefleisch - bei.
Gerade in Zeiten zunehmender Gammel- und Ekelfleischskandale, die inzwischen bekanntlich auch das Bundeslandwirtschaftsministerium beschäftigen, sollte auch Ihnen, meine Damen und Herren der anderen hier vertretenen Fraktionen, dies doch zumindest zu denken geben.
Aus all den genannten Gründen fordere ich Sie noch einmal auf: Stimmen Sie unserem Antrag im Interesse von Mensch und Tier zu!
Meine Damen und Herren! Die DVU-Fraktion beantragt die Überweisung des Antrags in Drucksache 4/5181 an den Ausschuss für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz. Wer dem Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ohne Stimmenthaltungen ist der Antrag mit übergroßer Mehrheit abgelehnt.
Ich stelle den Antrag in Drucksache 4/5181 - 2. Neudruck - zur Abstimmung in der Sache. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag ohne Stimmenthaltungen mit übergroßer Mehrheit abgelehnt.
Die Debatte wird mit dem Beitrag des Abgeordneten Görke für die Fraktion DIE LINKE eröffnet. Bitte sehr!