In Richtung der Fraktion DIE LINKE darf ich sagen: Im Laufe der Beratung hat sich gezeigt, dass die angeblich unzureichende Wohnortnähe in Brandenburg kein real existierendes Problem ist. Im Gegenteil, die Wegezeiten erfüllen gerade im Flächenland Brandenburg die vorgegebenen Standards.
Auch die gebotene Pluralität und die hohen Qualitätsstandards werden sowohl in der allgemeinen Schwangerschafts- und Familienberatung, in der Familienplanung, in der Sexualaufklärung als auch in der Konfliktberatung mit einem gut ausgebauten Netz gewährleistet.
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, warum Sie dann in der Begründung eine Wegezeit von acht Stunden - hin und zurück - ausdrücklich als zumutbar bezeichnen?
Das ist ganz einfach: Die Wegezeiten werden vom entsprechenden Bundesgesetz vorgegeben und bilden sozusagen die Obergrenze, die zu berücksichtigen ist. Diese Vorgabe wird in Brandenburg bei weitem erfüllt.
Es ist unstrittig, dass sich Brandenburg auf diesem Gebiet schon sehr früh eine verlässliche Basis geschaffen hat. Das Land hat - unter Beachtung der Bundesgesetzgebung - schon in den 90er Jahren ein wohnortnahes und plurales Beratungsstellennetz geschaffen, das damals wie heute den Anforderungen des Schwangerschaftskonfliktgesetzes nach einer weltanschaulich vielfältigen, wohnortnahen Beratung entspricht. Wir nutzen dafür die Angebote freier Träger, die für ihre Sach- und Personalkosten öffentliche Förderung beantragen können. Notwendige Voraussetzungen dafür sind schon jetzt Wohnortnähe und Pluralität.
Gegenwärtig sind insgesamt 48 Einrichtungen am Beratungssystem beteiligt, zum Teil mit Außenstellen. Gefördert werden 64 Kräfte in Vollzeit. Das ist ganz im Sinne des vorgeschriebenen Versorgungsschlüssels. Das Netz ist an den Regionen der Landesplanung ausgerichtet und so auf das Land verteilt, dass in jedem Versorgungsbereich zwischen verschiedenen Trägern gewählt werden kann, keine langen Wegezeiten anfallen und die notwendigen Angebote nach dem Gesetz gesichert sind. Dieses Beratungsnetz werden wir erhalten und die Schwangerschafts- und Schwangerschaftskonfliktberatung auch künftig auf hohem Niveau gewährleisten.
Die Qualitätskriterien bleiben, wie vorhin von Frau Abgeordneter Lehmann dargestellt, in der Anerkennungsrichtlinie geregelt, die inhaltlich unverändert weitergelten soll. Es wird allerdings eine formale Anpassung an die neue Gesetzeslage erfolgen müssen.
Ich stelle noch einmal fest: Bei den qualitativen Voraussetzungen hinsichtlich Personal und sächlicher Ausstattung sind keinerlei Einschränkungen beabsichtigt.
Meine Damen und Herren! Da inzwischen Anbieter über die bestehende Angebotspalette hinaus Anspruch auf Förderung geltend machen, stellen wir mit dem neuen Landesgesetz Auswahlkriterien auf, um die Auswahl zwischen den Anbietern zu erleichtern. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verpflichtet uns, bei überschüssigem Angebot solche Kriterien gesetzlich festzulegen, aber die geforderte Vielfalt und Wohnortnähe zu wahren.
Ein weiteres Ziel des Gesetzes ist die Neuregelung der Grundsätze des Förderverfahrens, um das Verfahren auf jährlich pauschale Festbeträge umstellen zu können.
Gesetzlich verankert wird ebenso - auch hier folgen wir der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung - die mindestens 80%ige Förderung der angemessenen Sach- und Personalkosten.
Nun ist es wichtig, die im Einvernehmen mit dem Finanzministerium erstellte Förderrechtsverordnung so auszugestalten, dass die Träger ihre Beratungsleistungen weiterhin in hoher Qualität anbieten können.
Zusammenfassend ist festzustellen: Wir sichern ein qualitativ hochwertiges Angebot für beide Beratungsleistungen nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz. Wohnortnähe und weltanschauliche Vielfalt bleiben gewahrt. Wir haben künftig mehr Instrumente in der Hand, das Beratungsstellennetz weiter zu qualifizieren. Alles in allem tun wir mit dem Gesetz alles Notwendige, was uns als Land möglich ist, um durch Aufklärung und Information Schwangerschaftskonflikte möglichst frühzeitig zu entschärfen und Lösungen anzubieten. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Debatte, und ich stelle die vorliegenden Anträge zur Abstimmung. Wir beginnen mit dem Änderungsantrag in Drucksache 4/4814 der Fraktion DIE LINKE, betreffend Änderungen im § 2. Wer diesem Antrag folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dieser Änderungsantrag ist damit ohne Enthaltungen mehrheitlich abgelehnt.
Der Änderungsantrag der DVU-Fraktion, Drucksache 4/4788, betrifft Änderungen in § 3. Wer dem Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Dieser Änderungsantrag ist ohne Enthaltungen mit übergroßer Mehrheit abgelehnt.
Ich stelle die Beschlussempfehlung des zuständigen Ausschusses, Drucksache 4/4699, zur Abstimmung. Wer dem Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist bei einer Reihe von Enthaltungen mit knapper Mehrheit angenommen.
Ich habe die Anmeldung einiger persönlicher Erklärungen zum Abstimmungsverhalten nach § 71 unserer Geschäftsordnung vorliegen. Wir beginnen mit der persönlichen Erklärung des Abgeordneten Dombrowski.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte an dieser Stelle eine persönliche Erklärung abgeben, weshalb ich gegen das vorliegende Gesetz gestimmt habe. Ich bin enttäuscht darüber, dass mit dem Gesetz die Beratungsstellen des Caritasverbandes definitiv von der Förderung ausgeschlossen werden. Es gab ohnehin nur vier Beratungsstellen der Caritas im Land, in denen jährlich mehr als 1 000 Beratungen durchgeführt wur
den. Frauen, die die Caritasberatungsstellen aufgesucht haben, waren sich bewusst, dass keine Beratungsbescheinigung ausgestellt wird. Ich sehe allerdings das vordergründige Ziel der Schwangerschaftskonfliktberatung auch nicht darin, dass den Frauen dieser Schein ausgestellt wird.
Ich möchte auch darauf hinweisen, dass die Caritas über ein weitgefächertes Beratungsangebot wie beispielsweise Familienberatung, Erziehungsberatung, Schuldnerberatung etc. in Verbindung mit der Schwangerschaftskonfliktberatung verfügt und es anbietet. Gerade dieses komplexe Angebot ist für diejenigen, die Rat suchen, von Bedeutung. In erster Linie sollen der werdenden Mutter Wege aufgezeigt werden, das Kind auf die Welt zu bringen.
Es wird niemand in Abrede stellen wollen, dass in den Beratungsstellen des Caritasverbandes eine einfühlsame und kompetente Beratung erfolgte, in der vielfältige Hilfen aufgezeigt wurden. In anderen Bundesländern - im Saarland, in Hessen, in Niedersachsen - ist es ohnehin üblich und möglich, dass auch Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen, die nur die sogenannte allgemeine Schwangerschaftskonfliktberatung anbieten, an der öffentlichen Förderung im Interesse von werdenden Müttern partizipieren können. Wenn ich mir die in Brandenburg anerkannten Träger anschaue, stelle ich mir bei dem einen oder anderen schon die Frage, was diese Einrichtungen mehr befähigt, ratsuchende Frauen zu unterstützen, als es der Caritasverband vermag.
Ich habe insbesondere drei Bedenken bei dem Gesetz, das heute beschlossen wurde. Erstens: Ich glaube, dass ein ausreichendes weltanschauliches, plurales Angebot nicht gegeben ist. Zweitens: Ich glaube auch, dass die Ausstellung des Beratungsscheins nicht charakteristisch sein kann für den Inhalt des Bundesgesetzes durch unser Landesgesetz. Drittens: Ich glaube, dass Qualitätsstandards sicherlich notwendig sind, wie Frau Kollegin Lehmann ausgeführt hat. Aber ein Qualitätsstandard, der sich daran festmacht, dass am Ende einer Beratung der entscheidende Beratungsschein steht, der zum Abbruch berechtigt, ist für mich nicht ausreichend.
Ich hoffe, dass die katholische Kirche von der Möglichkeit Gebrauch macht, gegen diesen Beschluss des Landtags, des Gesetzgebers, zu klagen. Ich bin optimistisch, dass die katholische Kirche damit erfolgreich sein wird. - Danke schön.
Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe dem Gesetz zugestimmt, um den Koalitionsfrieden nicht infrage zu stellen. Das ist mir schwergefallen. Ich glaube aber, dass Bundesrecht und Landesrecht, wie wir es heute beschlossen haben, nicht stimmig sind und es Konsequenzen geben wird, wie Herr Dombrowski ausgeführt hat. Ich hätte es als Größe empfunden, wenn das Land Brandenburg ganz bewusst die Caritas mit einbezogen hätte, weil ich der Meinung bin,
dass wir als Land ein gutes Signal aussenden würden, wenn wir um jedes, auch um ungeborenes Leben kämpfen würden. Danke.
Wir sind damit am Ende dieses Tagesordnungspunktes. Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 und rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihnen liegt das Dritte Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes und weiterer Gesetze zur Beratung vor. Den Kern des Änderungsgesetzes macht die Novellierung des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes aus.
Die Notwendigkeit von vielfältigen Änderungen im Brandenburgischen Datenschutzgesetz ergibt sich unter anderem aus nachfolgenden Erwägungen: Mit der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr sind Mindeststandards für den Schutz der Grundrechte und der Grundfreiheiten geschaffen worden. Die derzeitige Fassung des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes geht teilweise über diese Bestimmungen hinaus. Bestehende und zugleich entbehrliche Standards sollen in Umsetzung des § 5 Abs. 5 des Landesorganisationsgesetzes abgebaut, aber zugleich soll auch den hohen Anforderungen des Artikels 11 der Landesverfassung entsprochen werden. Hierbei finden zahlreich zugleich die Mindestvorgaben der EU-Datenschutzrichtlinie Beachtung.
Mit der vorliegenden Novelle soll vor allem die Eigenverantwortung der datenverarbeitenden Stellen gestärkt werden. Ich lege großen Wert darauf: Wir wollen die Eigenverantwortung der datenverarbeitenden Stellen stärken, da die in den vergangenen Jahren dort erworbene hohe datenschutzrechtliche Kompetenz eine weitestgehende Befreiung von Genehmigungs- und
Anzeigeerfordernissen rechtfertigt. Dies führt im Ergebnis zu einer Entlastung der Landes- und Kommunalverwaltung.
Lassen Sie mich beispielhaft dazu Folgendes erwähnen: Besondere Rechtsgrundlagen für die Einrichtung automatisierter Abrufverfahren im öffentlichen Bereich sollen künftig entfallen. Das Zustimmungserfordernis für die Beauftragung privater Stellen bei der Datenverarbeitung im Auftrag von Kommunen und in nachgeordneten Bereichen der Ressorts soll gestrichen werden.
Meine Damen und Herren, wir wollen insgesamt erreichen, dass wir die EU-Datenschutzrichtlinie umsetzen, Artikel 11 der Landesverfassung beachten und gleichzeitig vor Ort mehr Handlungsspielraum einräumen, damit vor Ort entschieden werden kann. Zugleich soll mit der Novelle des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes eine ausdrückliche und klarstellende Anpassung an die EG-Datenschutzrichtlinie hinsichtlich der Vorabkontrolle automatisierter Datenverarbeitung und der Informationspflichten bei der Datenerhebung ohne Kenntnis des Betroffenen vorgenommen werden. Insgesamt wird im Sinne des umfassenden Bürokratieabbaus das Brandenburgische Datenschutzgesetz gestrafft und hinsichtlich Lesbarkeit und Anwenderfreundlichkeit verbessert.
Die Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes im Jahr 2001 erfordert ebenfalls eine Anpassung bzw. Streichung einzelner Bestimmungen im Brandenburgischen Datenschutzgesetz, um weiterhin eine funktionierende Verbindung bzw. Harmonisierung zu erhalten. Hierbei wurde immer wieder auch - wenn ich das so sagen darf - der Pendelblick hin zu bestehenden Bestimmungen im Berliner Datenschutzgesetz geführt, um der Rechtsangleichung mit Berlin gleichfalls entsprechen zu können.
Neben weiteren kleineren Anpassungsänderungen in anderen Gesetzen wie dem Gleichstellungsgesetz und dem Verfassungsschutzgesetz ist vor allem auf die Änderung des Brandenburgischen Schulgesetzes hinzuweisen. Die Einführung eines § 65a zur Errichtung einer automatisierten Schülerdatei und von Schülerlaufbahnstatistiken soll unter anderem dem Ziel dienen, statistisch gesicherte Daten für die Entwicklung von politischen und administrativen Daten zu erhalten und zugleich auch deren Wirksamkeit beurteilen zu können. Mit den Daten in der zentralen Schülerdatei soll unter anderem eine ausnahmslose Teilnahme an schulärztlichen Untersuchungen und die Durchführung von Schulanmeldungen und Schulwechseln sichergestellt werden. Dieses Instrument soll vor allem der effektiven Kontrolle und Durchsetzung entsprechender Handlungspflichten der Schülerinnen und Schüler sowie ihrer Eltern dienen.
Zweck der landeseindeutigen und damit landeseinheitlichen Schülernummern für die von dem für Schulen zuständigen Ministerium zu erstellenden Schülerlaufbahnstatistiken ist es, statistisch gesicherte Daten als zuverlässige Grundlage für die Beobachtung, Entwicklung und Umsetzung von politischen und administrativen Maßnahmen zu gewinnen. Damit können wir auch Ländervergleiche anstellen bis hin zu EU-Benchmarks. Damit soll die allgemeine Überprüfung bildungspolitischer Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin ermöglicht werden. Hierbei kommt dem Erfordernis der strikten Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung eine hohe Bedeutung zu. Schon aus diesem Grund muss die Datenverarbeitung hohen Sicherheitsansprüchen genügen.
Im Bewusstsein, dass neben den zusätzlichen Gewinnen statistisch belastbarer Aussagen für eine effektive bildungspolitische Steuerung möglicherweise ein erhöhter Verwaltungsaufwand entsteht, soll diese Norm nach dem Willen der Landesregierung einer Evaluierung unterzogen werden. Die Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht sowie die kommunalen Spitzenverbände sind beteiligt worden. Zahlreiche Hinweise und Anregungen von ihnen fanden Eingang in den Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes und weiterer Gesetze.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich bei Ihnen für die Zusammenarbeit zu bedanken. Ich bitte Sie, diesen Gesetzentwurf an den zuständigen Ausschuss für Inneres zu überweisen. Danke sehr.
Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Es spricht der Abgeordnete Dr. Scharfenberg.