Protocol of the Session on April 26, 2007

Die Fraktion der DVU hat zu diesem Tagesordnungspunkt namentliche Abstimmung beantragt. Wir kommen damit zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der DVU in Drucksache 4/4356.

Ich eröffne die Abstimmung und bitte um das Verlesen der Namen.

(Namentliche Abstimmung)

Gibt es Abgeordnete im Plenarsaal, die keine Gelegenheit hatten, Ihre Stimme abzugeben?

(Die Abgeordneten Bochow und Frau Fischer [SPD] so- wie Dr. Niekisch [CDU] geben ihr Votum ab.)

Ich schließe damit die Abstimmung und bitte Sie um etwas Geduld für die Auszählung.

Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt: Sechs Abgeordnete haben mit Ja und 59 Abgeordnete mit Nein gestimmt. - Damit ist dieser Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

(Abstimmungslisten siehe Anlage S. 3520)

Ich schließe Tagesordnungspunkt 10 und rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Forst- und Holzwirtschaft entwickeln

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS

in Verbindung damit:

Berichterstattung zur Forstreform

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion der CDU

Drucksache 4/4447

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält die Abgeordnete Wehlan. Sie spricht für die Fraktion der Linkspartei.PDS. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Forstwirtschaft treibt um, nicht nur draußen, sondern auch hier im Hause. Im Parlament liegen zwei Anträge vor, der unsrige und nun auch der der Koalitionsfraktionen. Um hier keinen Zweifel aufkommen zu lassen: Beide Anträge kennzeichnet eine völlig unterschiedliche Herangehensweise.

Ich kann mich bezüglich des Antrags der Koalitionsfraktionen kurz fassen. Er enthält keine inhaltlichen Vorgaben und verfehlt das in der Begründung selbst angegebene Ziel einer kritischen Begleitung der Forstreform.

Wie kann, so frage ich Sie, ein so einschneidender Vorgang wie der drastische Stellenabbau in der Landesforstverwaltung kritisch begleitet werden, wenn es sich in Ihrem Antrag ausschließlich um die Berichterstattung der Landesregierung zur Umsetzung ihres eigenen Kabinettsbeschlusses handelt? - Keine Vorgabe von politischen Rahmensetzungen. Keine Aussage zur Verhinderung betriebsbedingter Kündigungen. Nichts zur Ausdünnung von Personal in der Fläche. Nichts zur gesetzlichen Sicherung des Landeswaldes und auch nichts zum notwendigen Entwicklungsrahmen der Forst- und Holzwirtschaft immerhin ein Schwerpunkt Ihres Leitbildes.

Im Kern erteilen Sie mit diesem Antrag dem Regierungshandeln Absolution und stehlen sich aus Ihrer Verantwortung der Beschreibung notwendiger Rahmensetzungen. Sie reduzieren Ihr Agieren auf eine Debatte im IV. Quartal, die ausschließlich die von der Landesregierung gelegten Eier ausbrütet, also nur begleitet und keine Veränderungen vorsieht.

Der Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS macht deutlich, dass es auch anders geht. Es ist eben nicht Aufgabe des Parlaments, der Regierung nur den Rücken frei zu halten und sie einfach handeln zu lassen. Wir haben Rahmenbedingungen zu formulieren, die Landesregierung zu kontrollieren und gegebenenfalls zu korrigieren.

Bis zum heutigen Tag gibt es zum Kabinettsbeschluss „Eckpunkte zur Fortschreibung der Reform der Landesforstverwaltung“ keine Rahmensetzungen, keine Zielvorstellungen und keine Aufgabenkritik. Die Reform ist reiner Selbstzweck zur Konsolidierung des Finanzhaushaltes mittels Kürzung des Personalbudgets.

Ich möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass die gerade noch im Aufwind befindliche Biodieselproduktion angesichts der veränderten Steuerpolitik schon wieder von Betriebsschließungen bedroht ist. Sie werden sich jetzt fragen: Was soll das denn hier an dieser Stelle zur Forst- und Holzwirtschaft? - Das möchte ich gern erklären. Wie schnell steht durch falsche politische Rahmensetzung eine ganze Branche infrage? - Wir haben dazu heute in der Fragestunde deutliche Akzente vernehmen können.

Wenn Ähnliches in den holzverarbeitenden Betrieben des Landes vermieden werden soll, müssen wir heute Prioritäten setzen und uns sehr genau ansehen, wie viel Holz nachhaltig zuwächst, welches Aufkommen im Land Brandenburg mobilisiert werden kann und vor allen Dingen wie und für welche Absatzmengen inzwischen Verarbeitungskapazitäten entstanden sind und wie diese dauerhaft gesichert werden können.

In Zahlen gekleidet stellt sich das wie folgt dar: Der Holzabsatz ist insbesondere wegen der Nachfrage im Verarbeitungssektor stärker als erwartet gestiegen. Statt der avisierten über 800 000 Festmeter wurde der nachhaltige Hiebsatz im Landeswald im Jahr 2003 mit 970 000 Festmetern, 2004 und 2005 jeweils mit 1,2 Millionen Festmetern zum Teil erheblich überschritten.

Ganz anders sieht es aus, wenn man den Gesamtwald betrach

tet. Wenn von der maximal nutzbaren Holzmenge von 5,6 Millionen Festmetern heute nur knapp die Hälfte genutzt wird, schlummert in Brandenburgs Wäldern eine mögliche zusätzliche Nutzungsmenge von ca. 3 Millionen Festmetern. 3 Millionen Festmeter, verehrte Kolleginnen und Kollegen, heißt Arbeit und Einkommen im ländlichen Raum.

Ich sage Ihnen nichts Neues. Die Auswertung über Vorräte und Nutzung für die einzelnen Waldbesitzarten zeigt auch Ihnen, dass die größten Potenziale im vorrangig kleinstrukturierten Privatwald liegen. Den 2,5 Millionen Festmetern Einschlag im Land steht ein Holzverbrauch von 5,5 Millionen Festmetern gegenüber, Tendenz steigend. Auch wenn das Defizit durch Holzimport und Altholz geringer ausfällt, wird durch steigende Nachfrage im Energiebereich und durch Ausbau der Verarbeitungskapazitäten bereits heute für 2007 ein Saldo von minus 2,1 Millionen Festmetern prognostiziert.

Diese Gegenüberstellung zeigt deutlich, dass zumindest Überlegungen dringend angeraten sind, wie die entstandenen Holzverarbeitungskapazitäten nachhaltig mit Holz in Brandenburg versorgt werden können. Immerhin sind diese Kapazitäten mit nicht unerheblichen Fördermitteln entwickelt worden. Es wäre mehr als fatal, einen Saldo festzustellen, der zu ganz anderen Problemen im ländlichen Raum führen würde.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

In Ihrer eigenen Broschüre sprechen Sie, Herr Minister, davon: „Die Forstverwaltung kann die Branche nur voranbringen, wenn eine nachhaltige Rohstoffabsicherung als Standortfaktor garantiert wird.“ Ja, aber an keiner Stelle des Kabinettsbeschlusses oder in Verlautbarungen danach finde ich eine ernsthafte Bezugnahme auf die von Ihnen festgestellten Realitäten. Dabei kennen auch Sie diese. Sie alle laufen auf eine Konsequenz hinaus: Es bedarf einer Steigerung der Aktivitäten, und zwar insbesondere im kommunalen Wald und im Privatwald. Selbst im Koalitionsvertrag ist ein entsprechender Passus von Ihnen hinterlegt. Wenn die Landesregierung nun meint, genau das Gegenteil von dem machen zu müssen, was sie selbst einmal vorhatte und was alle Experten empfehlen, ist das kein gutes Zeichen.

Was bewirkt der drastische Stellenabbau in der Landesforst? Er bewirkt mindestens, dass der Einschlag im Landeswald zurückgefahren wird, dass die erforderlichen Aktivitäten für den kleinen Privatwald und den Privatwald nicht im ausreichenden Maße gesichert werden können, dass Einnahmeverluste für die budgetierte Landesforstverwaltung entstehen und sich damit neue Löcher auftun, dass Kapazitäten in der holzverarbeitenden Industrie nicht ausgelastet werden können, dass die Branche der forstlichen Lohnunternehmer schon heute einen Auftragsrückgang aufgrund fehlenden Personals in der Fläche prognostiziert.

Herr Helm ist heute nicht da, aber wir beide waren bei den forstlichen Lohnunternehmern. Genau dort ist diese Sorge zugespitzt vermittelt worden: Wenn die Leute in der Fläche fehlen, die vorher mit guten Kontakten zu dieser Dienstleistungsbranche vorhanden waren, was wird dann aus den Kontakten, die von einem Tag auf den anderen wegfallen, und hier natürlich für die Auftragsvergabe und für die Möglichkeit gesorgt haben, sich den Problemen der forstlichen Dienstunternehmer zuzuwenden? Hinzu kommt, dass all das, was mit den Stichworten der Übernutzung im Wald einschließlich Kahlschlägen

heute schon diskutiert wird, künftig mehr statt weniger möglich sein wird.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, diese Aufzählung klingt so, als hätten wir es mit einer Branche zu tun, die gerade ihre tiefste Krise durchläuft. Dem ist aber nicht so. Die gesamtwirtschaftliche Situation in der Bundesrepublik scheint sich zu erholen. Wir haben es seit Jahren erstmals wieder mit Wachstumsraten zu tun. Leider profitieren die Ostländer im gesamtdeutschen Vergleich weniger davon. Dennoch, die Konjunktur ist angesprungen.

Dies alles geschieht vor dem Hintergrund hoher Weltmarktpreise für fossile Brennstoffe, einer sich zuspitzenden Klimadebatte, des Sturms „Kyrill“ mit seinen Auswirkungen auf die Forstwirtschaft und einer veränderten Agrarpolitik, die nach neuen Standbeinen für die Landwirte sucht. Das Stichwort „Vom Landwirt zum Energiewirt“ soll an dieser Stelle genügen. Eigentlich kann sich also die Forstbranche keine besseren Rahmenbedingungen vorstellen. Zudem zeigt die Holzmarktinformation, dass sich die Preise gut entwickelt haben.

All das begründet unseren Ansatz, Potenziale zu entwickeln und zu nutzen, statt unkritisch Stellen zu streichen, was genau das Gegenteil bewirkt. Deshalb haben wir bereits in der Haushaltsdebatte eine Umverteilung innerhalb des Einzelplans zugunsten der Unterstützung des Kleinprivatwaldes gefordert. Damit befanden wir uns übrigens in inhaltlicher Nähe zu Ihrem eigenen Konzept, Herr Dr. Woidke, für den Kleinprivatwald mit der Möglichkeit - davon sprechen Sie auch in diesem Konzept - von Personalübergängen der Landesforstverwaltung in forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse. Allein die praktische Umsetzung Ihres Konzeptes fehlt, und mit Ihren Personalabbauzahlen setzen Sie es nicht nur nicht um, sondern Sie konterkarieren auch Ihre eigenen Schwerpunktsetzungen zur Entwicklung der Forst- und Holzwirtschaft.

Deshalb fordern wir mit unserem Antrag über den im Januar formulierten Stopp der Forstreform hinaus die inhaltlich fundierte Debatte zur Entwicklung der Brandenburger Forst- und Holzwirtschaft. Lassen Sie uns zum Beispiel einen Blick nach Thüringen werfen. Dort zeichnet sich ein gemeinsames Vorgehen von Landesregierung, Holzindustrie und Beschäftigtenvertretungen ab. Es wird an einem Modell zum gemeinsamen Vorgehen gearbeitet. Um welche Schwerpunkte es dabei geht und auch gehen muss, habe ich hier ansatzweise deutlich gesagt und auch Lösungsansätze aufgezeigt. Themen wie Anschubförderung von Schnellwuchsplantagen bzw. Feldgehölzen, die leidige Wildproblematik, die umstrittene Förderrichtlinie, die aktuellen Erkenntnisse zur Klimaentwicklung und Konsequenzen für zukünftige Baumartenzusammensetzungen sind weitere Sachfragen dazu.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, zusammengefasst geht es also darum: Soll der Landesregierung ein Freibrief zum unqualifizierten Stellenabbau erteilt werden? Oder wollen wir Rahmenbedingungen zur Entwicklung der Forst- und Holzwirtschaft in Brandenburg setzen? - Wir wollen Letzteres. Stimmen Sie deshalb unserem Antrag zu!

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Gregor.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir die Forstreform und die Entwicklung der Forst- und Energiewirtschaft nicht voneinander trennen, dann können wir hier keinen gemeinsamen Nenner finden. Der Wald, eines der wichtigsten Güter unseres Landes, steht seit langem im Fokus der Brandenburger Politik. Er wird als CO2-Speicher einen noch wichtigeren Platz einnehmen müssen - wir hatten gestern die Klimadebatte dazu - und noch mehr in den Brennpunkt des Geschehens rücken.

Die Holzwirtschaft ist anerkannter Branchenschwerpunkt. Es gibt das Clusterholz, den Biomasseaktionsplan, das Brandenburger Aktionsprogramm usw. Ich frage Sie jetzt, obwohl ich weiß, dass Sie eine Vorliebe für Konzepte, Leitlinien und Programme haben:

(Zurufe von der Linkspartei.PDS)

Wozu brauchen wir eine neue Leitlinie, wenn das alles in der Realität bereits gelebt wird, wenn alle diese Pläne, Konzepte und Ideen vorhanden sind, die eigentlich auch dazu geführt haben, dass wir einer der erfolgreichsten Anwender erneuerbarer Energien sind? - Ein Viertel der Gesamtfläche Deutschlands zur Erzeugung von Energiepflanzen liegt in Brandenburg - 60 000 ha.

Wir sind bei der Holzverarbeitung und -vermarktung ein gutes Stück vorangekommen; das haben Sie selbst gesagt. Unsere Wirtschaft boomt in diesem Bereich. Wir haben 15 Heizkraftwerke, 20 Heizwerke, die mit Holz und Altholz arbeiten. Es gibt weitere 30 kleinere Anlagen, die mit Holzhackschnitzeln funktionieren. Auf insgesamt acht Standorten sind zurzeit Energieplantagen in Erprobung. Wohin und wofür sollen dann Leitlinien entwickelt werden, wenn nach Ihrem Antrag schon ein bedenklicher Zustand existiert, nämlich die Nachhaltigkeit verletzt wird? - Ihre Überschrift lautet leider Gottes „Forst- und Holzwirtschaft entwickeln“. Unter „entwickeln“ verstehe ich immer einen weiteren Ausbau. Notwendig ist aber eine nachhaltige Entwicklung.

In den Punkten 1 und 2 geht es eigentlich um den Kern Ihres Antrages. Das ist die Infragestellung der Fortschreibung der Forstreform, und darauf lässt sich alles reduzieren. Denn spätestens ab Punkt 3, der, wie gesagt, eigentlich die Überschrift hätte sein müssen, fordern Sie die Nachhaltigkeit im Gesamtwald. Das würde ich verstehen und unterschreiben.

Ich verweise allerdings in diesem Zusammenhang darauf, dass wir ein Brandenburger Waldprogramm haben. Unter Punkt 7 Waldbewirtschaftung - heißt es dort:

„Nachhaltige Waldwirtschaft ist der Umgang mit Wäldern, der deren biologische Vielfalt, Produktivität, Verjüngungsfähigkeit und Vitalität entsprechend den ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Funktionen (auf lokaler, nationaler und globaler Ebene) erhält. Dem Eigentümer obliegt die Entscheidung zur Bewirtschaftung des Waldes unter Beachtung seiner Bedeutung für die Allgemeinheit.“

Dazu ist nach den Merkmalen der guten fachlichen Praxis zu agieren. Diese kennen wir eigentlich auch alle. Es geht um die Wiederherstellung der natürlichen Standortpotenziale, um den

Vorrang der natürlichen Verjüngung, um Erhalt und Entwicklung gemischter und gestufter Wälder auch vor dem Hintergrund der Klimadynamik, um integrierten Pflanzenschutz, um die Verwendung standorttypischer einheimischer Pflanzen, um den Vorrang regionaler Herkünfte. Es geht um umweltschonenden Technikeinsatz, um dem Ökosystem angepasste Wildbestände, um den Erhalt von Lebensraum. Das alles haben wir uns als Prämissen, als Programm gegeben. Danach handeln wir im Land.