Protocol of the Session on January 24, 2007

Von der Landesregierung kann man meines Erachtens erwarten, dass derartige Informationen zumindest aufgrund der allgemeinen vertraglichen Nebenpflichten abgefragt und ausgewertet werden. Dem Controlling kommt für die Qualitätssicherung, insbesondere im Zuge der Privatisierung der Deutschen Bahn AG in Zukunft tatsächlich eine immer größer werdende Bedeutung zu. Genau das mahnen wir als DVU-Fraktion an.

(Beifall bei der DVU)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält der Abgeordnete Schrey.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach langwierigen Verhandlungen hat sich die Große Koalition in Berlin im Herbst vergangenen Jahres auf die Eckpunkte der Privatisierung der Deutschen Bahn AG geeinigt. Danach soll das Bundesverkehrsministerium bis zum 31.03. einen Gesetzentwurf vorlegen. Erst danach kann mit Sicherheit gesagt werden, wohin die Fahrt geht und was dies für Brandenburg bedeutet. Deshalb kommt die Große Anfrage meines Erachtens zu früh, um detaillierte und belastbare Ergebnisse abzufragen.

Lassen Sie mich hier ein paar grundsätzliche Dinge zur Privatisierung der DB AG sagen. Es ist sicherlich kein Geheimnis, dass ich eher eine strikte Trennung von Netz und Betrieb befürworte. Leider ist dies im Moment aber nicht durchsetzbar, obwohl sich die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD durchaus darauf hätten verständigen können. Das Ministerium von Minister Tiefensee war allerdings nicht bereit, diesen Schritt mitzugehen. Meiner Ansicht nach wäre nur mit einer wirklichen Trennung ein echter Wettbewerb möglich gewesen. So aber werden es private Bahnanbieter vermutlich weiterhin schwer haben, eine echte Konkurrenz zur Bahn AG aufzubauen. Am Börsengang der Telekom kann man gut erkennen, wie viele Konflikte es geben kann, wenn Netz und Betrieb in einer Hand bleiben. Es wird immer wieder Klagen von Wettbewerbern oder vonseiten der EU geben.

Im Sinne eines fairen Wettbewerbs halte ich es für unerlässlich, dass bei dem geplanten Börsengang der Deutschen Bahn AG eine Trennung von Netz und Verkehr stattfindet. Nur so können andere Anbieter einen freien Zugang zum Schienennetz in Deutschland finden. Durch einen gesunden Wettbewerb würden auch die Bahnverträge für die Länder und den Bund günstiger ausfallen. Das würde mit Sicherheit auch unser Land betreffen. Was langfristige Verträge mit der DB angeht, mussten wir bei den Kürzungen der Regulierungsmittel bitter erfahren, dass diese durchaus problematisch sein können.

Es gibt aber auch Kürzungsängste bei der Bahnprivatisierung. Die Bahngewerkschaft drohte bei einer Trennung beider Bereiche mit einer Blockade. Das ist ihr gutes Recht. Aber auch die Gewerkschaft muss sich der Realität stellen, denn mehr Wettbewerb bedeutet auch mehr Service und günstigere Fahrpreise für die Bahnbenutzer. Im Übrigen müssen ausländische Unternehmen, die sich am deutschen Bahnnetz beteiligen wollen, das deutsche Recht und somit die Rechte der deutschen Arbeitnehmer beachten. Ich halte es aber für wenig sinnvoll, in einem laufenden Diskussionsprozess einen solchen „Alles oder nichts“Kurs zu fahren.

Bei dem geplanten Börsengang der Deutschen Bahn AG muss es das Ziel aller Akteure sein, durch mehr Wettbewerb auf der Schiene die Kosten zu senken. Deshalb ist für mich ein diskriminierungsfreier Netzzugang unerlässlich. Ich hoffe, dass der auf Bundesebene gefundene Kompromiss zur Privatisierung der Deutschen Bahn AG dem Ziel gerecht wird.

Wie sieht das aus, und welche Auswirkungen hat das auf Brandenburg? - Die erste Frage kann man schnell beantworten. Aus den Eckpunkten geht hervor, dass die Infrastruktur künftig im alleinigen Eigentum des Bundes bleibt. Die DB AG soll die Infrastruktur auf eine begrenzte Zeit bewirtschaften und die Möglichkeit erhalten, die Infrastruktur zu bilanzieren. Wichtig ist hierbei - da unterstütze ich meine Kollegen im Bundestag -, dass der Bund über das Eigentum verfügen soll. Wir wollen, dass weiterhin keine Streckenstilllegungen ohne Zustimmung des Bundes erfolgen. Wir wollen keinen Verkauf von Grundstücken ohne Zustimmung des Bundes. Wenn Erlöse anfallen, wollen wir, dass diese als Mittel des Bundes wieder ans Netz fließen und nicht für eine Lkw-Flotte in den USA ausgegeben werden. Wir wollen keine Schuldenaufnahme in Bezug auf das Netz ohne Zustimmung des Bundes. Wir wollen außerdem eine Mitsprache des Bundes bei der Verwendung der Mittel, die der Bund jährlich zahlen soll. Es geht also nicht darum, der Deutschen Bahn AG global irgendwelche Milliardenbeträge zu verschaffen; es stehen 2,5 Milliarden Euro zur Diskussion. Wir wollen vielmehr, dass darauf geachtet wird, wo das Geld bleibt. Außerdem halte ich es für unerlässlich, dass die Bewirtschaftung des Netzes durch die DB begrenzt ist. Dabei muss dieser Zeitraum zu den Finanzierungs- und Leistungsvereinbarungen passen. Kurzum: Die Steuermittel dürfen in Bezug auf die DB AG nur für die Mobilität in Deutschland ausgegeben werden.

Was die Frage zu den möglichen Auswirkungen der Bahnprivatisierung auf Brandenburg angeht, so ist eine Beantwortung um einiges schwieriger. Da keiner von uns hellseherische Fähigkeiten hat, auch hier im Saal niemand, möchte ich an dieser Stelle nur auf einige grundsätzliche Dinge eingehen. Für die Bestandsaufnahme in Brandenburg ist ein unabhängiger Netzzustandsbericht notwendig. Deshalb ist er im Eckpunktepapier verankert. Erst wenn dieser vorliegt, kann gehandelt werden. Durch einen freieren Zugang privater Zuganbieter erhoffen wir uns einen fairen Wettbewerb, der dann auch Auswirkungen auf unsere Strecken haben wird. Erst wenn das beste Angebot im wahrsten Sinne des Wortes zum Zuge kommt, können wir mit einem besseren Service und hoffentlich auch günstigeren Konditionen für das Land und für die Bahnnutzer in Brandenburg rechnen.

Eines muss aber klar sein: Die Bahn bzw. DB Regio muss weiterhin dazu angehalten werden, die notwendigen Investitio

nen zu tätigen. Deshalb ist ein Verbleib des Netzes beim Bund auch für Brandenburg die beste Lösung. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Abgeordneter. - Das Wort erhält Minister Dellmann. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Tack, ich möchte mich zunächst sehr herzlich bei Ihnen persönlich bzw. bei der PDS-Fraktion dafür bedanken, dass Sie es ermöglicht haben, dass die Große Anfrage später beantwortet werden konnte, da wir gemeinsam die Hoffnung hatten, dass die Positionierung des Bundes, insbesondere des Bundestages, deutlich eher vorliegt. Ich will ganz klar sagen, dass ich in meinen folgenden Ausführungen auf die Positionierung des Bundestages von Ende November eingehe.

Als ich mir die Beiträge von den drei Fraktionen PDS, SPD und CDU anhörte, stellte ich fest: Es gibt höchstens in Nuancen Unterschiede in der Bewertung der gesamten Situation. In den Grundpositionen ist man sich einig. Das heißt, was die Eisenbahninfrastruktur anbelangt, muss der wesentliche Einfluss bei der öffentlichen Hand verbleiben, sprich: beim Bund und gegebenenfalls auch bei den Ländern.

Frau Tack stellt oft die Frage - das trifft übrigens auch für Landespolitiker insgesamt, also auch für die aus den anderen Fraktionen zu -, welche Positionierung die Landesregierung einnimmt. Bei der Positionierung muss man immer überlegen, auf welche Art und Weise man das tut, ob es in Bezug auf die Gesamtfrage gut ist, wenn man sich einseitig zu einem einzigen Modell positioniert, für das man im Übrigen nicht zuständig ist, oder ob man sich mit seinen fachlich-inhaltlichen Positionen einbringen soll. Die Landesregierung hat sich sowohl in die Bundestagsfraktionen als auch in die Verkehrsministerkonferenz eingebracht. Insbesondere auch von den Kollegen Dr. Klocksin und Schrey weiß ich, dass sie im Rahmen ihrer Beratungen mit den anderen verkehrspolitischen Sprechern sehr darauf geachtet haben, dass sich Grundpositionen des Landes Brandenburg auch in den Beschlüssen des Bundestages wiederfinden.

Das heißt, Frau Tack, es ist nicht entscheidend, ob die DB AG privatisiert wird, sondern es ist entscheidend, wie dies geschieht, und vor allen Dingen, in welchem Umfang diese Privatisierung durchgeführt wird. Ich persönlich bin auch nicht der Auffassung, dass eine generelle Privatisierung der DB AG als Ganzes das angemessene Instrument ist. Ich glaube, dass die Bundestagsfraktionen mit ihrem Beschluss vom 21.11.2006 zunächst einen guten Rahmen gesetzt haben, indem sie ausdrücklich auf den Artikel 87 e des Grundgesetzes verwiesen haben, nach dem der Bund gewährleistet, dass dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, beim Ausbau und Erhalt der Schieneninfrastruktur sowie bei den Verkehrsangeboten auf dem Schienennetz Rechnung getragen wird.

Wenn man sich die Situation hier in Brandenburg ansieht, stellt man fest, dass der Regionalverkehr in Berlin und Brandenburg

in seiner Gesamtheit seit 1990 eine absolute Erfolgsgeschichte ist und auch in Deutschland seinesgleichen sucht. Wir sind uns einig, dass bei einer Teil- oder Gesamtprivatisierung der DB AG das Eigentum an der Infrastruktur unbedingt bei der öffentlichen Hand verbleiben muss, denn es ist steuerfinanziert. Man wird auf Dauer nur zum einen über Trassennutzungsentgelte und zum anderen durch Zuschüsse der öffentlichen Hand, hier des Bundes, in der Lage sein, die gute Infrastruktur im Bereich der Eisenbahn auch tatsächlich zu erhalten. Aus unserer Sicht ist die Infrastruktur nicht geeignet, einen Mehrwert, egal, in welcher Form, direkt zu erzielen, gerade nicht für private Investoren.

Die andere Frage ist: Wie wird ein Netz tatsächlich bewirtschaftet? Bei der Frage der Bewirtschaftung von Netzen kann man durchaus auf privates Know-how abstellen. Entscheidend ist aber, dass das Geld, das durch die öffentliche Hand zur Verfügung gestellt wird, dann auch unter der Kontrolle der öffentlichen Hand ist.

Der Bundestag fordert die Bundesregierung im Punkt 1 auf, an der DB AG noch in dieser Legislaturperiode private Investoren zu beteiligen. Er spricht nicht davon, in welchem Umfang und in welchen Segmenten das geschehen soll. Ich glaube, wir müssen auch ganz klar mit in den Blick nehmen, dass die DB AG einen großen Teil ihrer Aktivitäten inzwischen nicht mehr nur in Deutschland hat, sondern auf dem internationalen Markt. Eine Frage, die aus meiner Sicht viel zu selten gestellt wird, ist: Warum muss der Bund eigentlich auf Dauer an einem international agierenden Logistikunternehmen beteiligt sein? In Bezug auf die Aktivitäten in China, in Russland, in Westeuropa und in den USA frage ich mich, warum in diesen Cargound Logistikbereichen - das sind Bereiche, bei denen ich mir vorstellen kann, dass sie zu einem Zeitpunkt x sogar zu 100 % privatisiert werden -, der Bund quasi auch das Risiko mittragen muss.

Ich will ausdrücklich die sehr gute Zusammenarbeit hier in Berlin und Brandenburg mit der DB Regio würdigen. Dies ist auch ein Bereich, der aus unserer Sicht voll wettbewerbsfähig ist. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an die Unternehmen, nämlich DB Regio und die Privaten wie die PEG, die Odeg oder die NEB, die wirklich zu einem erheblichen Leistungsschub hier in Brandenburg geführt haben.

Noch einmal: Die Infrastrukturverantwortung muss umfassend durch den Bund gesichert werden.

Das Kernproblem ist - das ist der Streitpunkt, der im Moment besteht - der Punkt 5 in der Beschlussfassung des Bundestages, die Aufforderung an die Bundesregierung: Die DB AG erhält die Möglichkeit, Schienenverkehr und Infrastruktur in einer wirtschaftlichen Einheit zu betreiben und zu bilanzieren. - Ich sage ganz deutlich: Ich weiß nicht, wie das funktionieren soll. Es gehen jetzt erste Entwürfe durch die Medien, die aus dem Bundesverkehrsministerium stammen sollen. Ich selbst kenne sie noch nicht und werde mich deshalb nicht dazu äußern. Aber ich kann mir nicht vorstellen, wie das tatsächlich funktionieren wird. Ich gebe Ihnen Recht, Frau Tack, und auch Ihnen, Herr Dr. Klocksin: Wir werden genau auf die Ausformulierung achten müssen; denn es darf nicht passieren, dass die verkehrspolitischen Zielstellungen durch die Hintertür konterkariert werden. Im Mittelpunkt müssen verkehrspolitische Zielstellungen stehen.

Dazu gehört im Übrigen auch das Thema Arbeitsmarkt. Natürlich haben wir ein großes Interesse daran, dass möglichst viele moderne Arbeitsplätze auch im Bereich Eisenbahnverkehr geschaffen werden bzw. erhalten bleiben. Aber wenn sie durch öffentliche Gelder, zum Beispiel durch Regionalisierungsmittel oder Mittel für die Infrastruktur, finanziert werden, sollen diese Mittel auch im Bereich der Bundesrepublik Deutschland zum Einsatz kommen. Wir halten wenig davon, dass Transfermittel aus unterschiedlichen Konzernbereichen für internationale Aktivitäten eingesetzt werden. Wir sagen: Wenn Gewinne erzielt werden, zum Beispiel im Bereich Regionalverkehr, dann sollen diese bitte in Deutschland reinvestiert werden. Es gehört natürlich als zwingende Voraussetzung dazu, dass ein diskriminierungsfreier Netzzugang für alle Segmente gewährt wird. Das betrifft den Cargobereich - da gibt es positive Entwicklungen -, aber insbesondere auch den Regionalbahnverkehr. Zu Letzterem habe ich mich schon geäußert. Mit dem Wettbewerb im Regionalbahnbereich haben wir in Brandenburg durchaus positive Erfahrungen gemacht.

Es wird klarer Abmachungen mit der DB Station und Service und der DB Netz AG bedürfen, beispielsweise über die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen. Darin muss ganz klar geregelt sein, welche Standards bestehen und ob es BonusMalus-Regelungen gibt, da 2,5 Milliarden Euro jährlich, die in der Diskussion zum Einsatz für die Infrastruktur sind, natürlich einer starken Kontrolle bedürfen. Ich glaube, da sind wir uns auch einig.

Wir haben uns übrigens immer dazu positioniert, Frau Tack. Vielleicht haben Sie die Materialien der Landesregierung oder unseres Hauses nicht so im Detail studiert, wie Sie es sonst immer tun. Ich will einfach noch einmal aus dem Integrierten Verkehrskonzept des Landes Brandenburg vom Jahr 2002 zitieren, das Sie eigentlich gut kennen müssten.

„Um die Voraussetzungen für den Wettbewerb im SPNV zu verbessern, schließt sich das Land Brandenburg der Forderung des Schlussberichts vom September 2000 der von Dr. Pällmann geleiteten Kommission Verkehrsinfrastrukturfinanzierung nach echter Trennung von Bahnnetz und Schienenverkehrsbetrieb und einer Regionalisierung des Schienennetzes an.“

Wir haben hier nicht gesagt, wie Lösungen im Detail aussehen sollen, aber wir haben eine sehr klare Grundorientierung gegeben.

Ich will noch einen Satz zum Thema der regionalen Netze sagen. Ich glaube, dass sie eine Chance haben können und sollten. Es gibt diesbezüglich Aktivitäten, zum Beispiel auch in Rheinland-Pfalz und Hessen, bei denen wir uns vorstellen können, dass es eine stärkere regionale Verantwortung gibt. Das würde natürlich bedeuten, dass ähnlich wie bei der Übertragung der Regionalisierungsmittel auch Mittel für die Infrastruktur übertragen werden müssten. Das kann nur ein Gesamtpaket sein. Im Bereich von regionalen Netzen könnte die Stärkung einer unteren Ebene erfolgen. Das muss nicht alles aus dem Bundesverkehrsministerium heraus erfolgen.

Wir werden die Diskussion, die sich in den nächsten Wochen noch einmal zuspitzen wird, sehr aufmerksam verfolgen. Ich nehme aus der heutigen Diskussion mit, dass für den gesamten Landtag die verkehrspolitische Dimension im Mittelpunkt der

Diskussion steht. Ich nehme auch mit, dass die Koalitionsfraktionen einer Teilprivatisierung oder einer Privatisierung bestimmter Elemente nicht entgegenstehen, dass es um eine sinnvolle Beteiligung geht, dass aber der Kern zur Lösung des Problems ist, dass die Infrastrukturverantwortung bei der öffentlichen Hand, sprich: beim Bund, gegebenenfalls auch unter Beteiligung der Länder, liegen muss.

Deshalb sehe ich zum Schluss, liebe Frau Tack, durchaus einen Konsens in diesem Raum zu den Grundfragen der Fortführung der Eisenbahnreform. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Schrey [CDU])

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Das Wort erhält noch einmal der Abgeordnete Dr. Klocksin.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Tat, der Herr Minister hat zu Recht darauf hingewiesen, dass uns die Diskussion in der nahen Zukunft auch innerhalb des Fachausschusses sehr beschäftigen sollte. Wir alle haben übereinstimmend darauf hingewiesen, welche Bedeutung die Neustrukturierung der DB AG für uns hat. Ich hatte eben versucht, deutlich zu machen - um noch einmal Verständnis für meine Intervention hervorrufen zu wollen, Frau Tack -, dass nicht alle Misslichkeiten, die mit der DB AG zu tun haben, auch ihr zuzurechnen sind, dass gleichzeitig aber die Erwartungen an sie als Infrastrukturunternehmen und als Flächenbediener hin und wieder sehr ausgeprägt sind.

Grundsätzlich gilt - so sieht es unsere Verfassung auch nach wie vor vor -, dass die Deutsche Bahn auch eine Aufgabe der Daseinsvorsorge in der Fläche des Landes hat. Dies ist in allen Flächenländern gleichermaßen von zentraler Bedeutung, egal, ob sie Niedersachsen oder Brandenburg heißen. Wir haben das Interesse - ich hatte es vorhin erwähnt -, dieses auch künftig zu gewährleisten. Vermögen wir das nicht bzw. nehmen keinen Einfluss auf die Gestaltung eines solchen Transportmediums, bekommen wir große Probleme.

Daseinsfürsorge ist vielleicht kein zeitgemäßer Begriff mehr; wir sind eher dafür, von Vorsorge zu sprechen. Insofern: Die Vorsorge vor der Landflucht wird beispielsweise ein operatives Ziel sein, das wir mit dem Erhalt qualifizierter Mobilität unterstützen wollen. Deshalb ist die Frage nach der Privatisierung eher zweitrangig. Die Frage lautet erst einmal: Ist das operative Ziel zu erfüllen oder nicht? - Es verwundert nicht, dass selbst Finanz- und Haushaltspolitiker auch innerhalb der Bundestagsfraktionen über die Koalition hinaus große Vorbehalte haben, zumal bekannt ist - der Minister hat darauf hingewiesen -, dass die laufenden Kosten mit 2,5 Milliarden Euro jährlich über zehn Jahre finanziert werden sollen; das sind 25 Milliarden Euro. Das zu tun, ohne zu wissen, ob es eine Steuerung des Umgangs mit diesen Mitteln gibt, wäre in der Tat unverantwortlich, und es wäre mit Blick auf die Verfügbarkeit öffentlicher Mittel ebenso wenig zeitgemäß.

Ich hatte auf den Stand des Referentenentwurfs hingewiesen. Wir haben eine Situation, in der noch nicht erkennbar ist - Frau

Tack, wenn Sie mir noch einen Moment Gehör schenken wollen -, welche Ausformung dieser Entwurf haben soll. Herr Kollege Schrey hat deutlich gemacht, dass die Koalition sehr klare Anforderungen formuliert hat. Wir haben derzeit eher den Eindruck, dass das Eigentumssicherungsmodell präferiert wird. Das heißt konkret:

Erstens: Die DB AG überträgt das zivilrechtliche Eigentum an den Infrastrukturunternehmen lediglich zu Sicherungszwecken auf den Bund und bleibt Sicherungstreugeber der Anteile.

Zweitens: Die DB AG hält wirtschaftlich sämtliche Geschäftsanteile an den alten Bahninfrastrukturunternehmen. Insbesondere stehen ihr Gewinnansprüche zu, und sie übt auf der Grundlage einer Stimmrechtsvollmacht die Stimmrechte in den Gesellschafterversammlungen der Eisenbahninfrastrukturunternehmen aus.

Drittens: Das zivilrechtliche Eigentum des Bundes wird zeitlich befristet. Die DB AG erhält einen Herausgabeanspruch gegen den Bund für den Fall, dass der Sicherungszweck entfällt.

Diese Konstruktion ist rechtlich zu unterlegen und sicherlich nicht unkompliziert, sondern ausgesprochen komplex. Ich sehe derzeit nicht, wie sich das realisieren lassen wird. Ich glaube, unsere Aufmerksamkeit wird in dem Moment gefragt sein, in dem ein Referentenentwurf auf dem Tisch liegt. Es tut wohl auch gut, wenn wir versuchen, uns nicht nur innerhalb unserer parteilichen Zusammenhänge, sondern auch im Zusammenhang ähnlich strukturierter Bundesländer zusammenzutun, um unsere Interessen auch an der Stelle - da, verzeihen Sie mir, überschreite ich gerne Parteigrenzen - als Länder gegenüber dem Bund geltend zu machen. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das Wort erhält noch einmal die Abgeordnete Tack.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich ausdrücklich für den Versuch einer sachbezogenen Diskussion. Ich gebe Ihnen Recht, dass es ein sehr dynamischer Prozess ist und dass es zu politischen Entscheidungen kommen wird, die für die Zukunft des Bahnverkehrs auch im Land Brandenburg gravierende Einschnitte zur Folge haben werden.

Ich warne Sie davor, weiterhin so blauäugig zu sein und zu sagen: Ja, die Bahn soll privatisiert werden, aber alle unsere Vorstellungen werden künftig Berücksichtigung finden. - Mitnichten wird es so sein. Sie wissen es ganz genau. Mit der Privatisierung oder Teilprivatisierung der Bahn, angefangen mit 24,9 % oder wie auch immer - das Gesetz ist ja noch nicht ausgestaltet, es gibt noch keinen Gesetzentwurf -, werden Kapitalmarktinteressen und nicht die Interessen der Fahrgäste und auch nicht die Daseinsvorsorge mit Bahnverkehr im Mittelpunkt stehen. Deshalb warne ich Sie davor, weiterhin so blauäugig zu sein. Daher haben wir diese Diskussion eingefordert, damit wir uns darüber verständigen, was wir gemeinsam für die Zukunft der Bahn erwarten. Dabei will ich über die Nuancen reden. - Herr Kollege, bitte lenken Sie doch den Verkehrsminister nicht ab; er weiß sonst später nicht, was ich ausgeführt habe und sagt

dann wieder: Wir haben einen gemeinsamen Grundkonsens. Den haben wir, und der besteht darin, dass wir künftig eine Eisenbahn haben wollen, die Daseinsvorsorge erfüllen soll. Aber dann hört es schon auf mit dem Grundkonsens.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)