Protocol of the Session on December 15, 2006

- Das war nicht ganz ernst gemeint. - Die Schülerinnen und Schüler sind von unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern empfangen worden, und es gab ein einstündiges, sehr sachliches und angeregtes Gespräch, in dem den Schülern klargemacht wurde, dass der Adressat des Protestes zu diesem Zeitpunkt nicht das Ministerium war. Inzwischen war nicht mehr ich Herr des Verfahrens, sondern der Souverän.

(Dr. Klocksin [SPD]: Der Kollege kommt gleich!)

Die Resolution, die wir dort erhalten haben, habe ich pflichtgemäß, wie es in der Zeitung angekündigt wurde, am darauf folgenden Tag den Fraktionen übergeben.

Liebe Frau Große, in dem Gespräch ist noch etwas anderes angesprochen worden, und erstaunlicherweise fand es Verständnis bei den Schülerinnen und Schülern, nämlich das Thema Unterrichtsausfall. Ich kann mich sehr gut daran erinnern, wie oft ich hier mit einem nicht akzeptablen Unterrichtsausfall an unseren Schulen konfrontiert worden bin. Wir wollen alles dafür tun, dass das in Zukunft besser wird. Dazu gehört auch, dass Schülerinnen und Schüler die Schulpflicht ernst nehmen und ihre Demonstrationen - wenn sie es möchten, jederzeit außerhalb der Schule, außerhalb der Unterrichtszeit stattfinden lassen. - Vielen Dank.

Es gibt noch Fragen. Die Fragestellerin zuerst; Frau Große bitte.

Ich habe drei Nachfragen.

Erstens: Sie räumen den Schülerinnen und Schülern also nicht das Recht ein, während der Unterrichtszeit zu demonstrieren. Polizisten, Lehrerinnen und Lehrer und Justizbeamte haben am Tag unserer letzten Landtagssitzung während ihrer Dienst- und Kernarbeitszeit hier demonstriert. Ich frage Sie: Inwiefern sehen Sie hier einen Unterschied zu den Schülerinnen und Schülern?

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Zweitens: Können Sie sich vorstellen, dass das bei dieser friedlichen Demonstration Erfahrene und auch zu Papier Gebrachte

als Unterricht in anderer Form gewertet werden kann und eben nicht als unentschuldigte Fehlzeit eingetragen werden muss?

Drittens: Wir wollen das Netz von Ganztagsschulen ausweiten. Wann wollen Sie die Schüler denn demonstrieren lassen, wenn sie bis 16 Uhr Unterricht haben?

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Zur ersten Frage: Ich halte es nicht für eine positive Vorbildwirkung, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer während ihrer Arbeitszeit protestieren. Auch da gäbe es andere Möglichkeiten.

(Widerspruch bei der Linkspartei.PDS)

Es steht mir nicht zu, das abschließend zu bewerten. Ich bin für einen Bereich zuständig, in dem es klare Regeln gibt. Wir haben eine klare Schulpflicht. Es gibt auch repräsentative Vorfälle mit entsprechenden Gerichtsurteilen, die die Schulpflicht ganz klar über das Recht auf Demonstrationsfreiheit von Schülern gestellt haben. Ich stehe dazu: Schülerinnen und Schüler können demonstrieren, wo immer und wann immer sie wollen, aber nicht während der Unterrichtszeit. Das ist meine Meinung.

(Beifall bei SPD, CDU und DVU)

Zum Thema Unterricht in anderer Form: Ich bin sehr daran interessiert, dass Schüler außerhalb der Schule Unterricht in anderer Form absolvieren, weil dabei deutlich mehr herauskommt als bei schlechtem Unterricht in der Schule. Aber Unterricht heißt immer Verpflichtung. Wie Sie wissen, habe ich gerade eine kleine Auseinandersetzung mit einem Herren, der in Guben sehr aktiv ist. Da geht es auch darum. Vom Unterricht kann sich niemand befreien. Von einer Demonstration, die freiwillig ist, muss sich doch wohl jeder befreien können. Also kann doch kein Lehrer sagen: Diese Demonstration ist für uns Unterricht, und ihr nehmt alle daran teil!“ - Das wäre ja die logische Folgerung. Also Ablehnung meinerseits.

Zum Thema Ganztagsschule: Frau Große, unsere Schülerinnen und Schüler sind sehr kreativ. Ich glaube, die finden immer Möglichkeiten zu demonstrieren. Beispielsweise ist der Samstag unterrichtsfrei. Es gibt wunderbare Möglichkeiten, an einem schönen Samstagvormittag zu demonstrieren. Warum nicht?

Es gibt weitere Fragen. Bitte, Herr Abgeordneter Jürgens.

Herr Minister, Sie haben in Ihrer ersten Antwort gesagt, dass die Schülerinnen und Schüler ihre Demos nicht während der Schulzeit abhalten müssen. Meine Frage: Müssen sie nur nicht oder dürfen sie nicht? Das ist eine ganz klare rechtliche Frage.

Die zweite Frage: Ein Stück weit sind Sie darauf eingegangen, aber vielleicht können Sie es noch einmal konkretisieren. Wir haben mit einem zunehmenden Desinteresse von jungen Men

schen an Politik zu kämpfen. Die letzte Shell-Studie hat das noch einmal bestätigt. Deswegen meine Frage: Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund die Tatsache, dass sich junge Menschen politisch engagieren, sich mit einem Gesetzentwurf befassen, Änderungsvorschläge einbringen, Meinungen dazu bilden und diese dann auch noch der Regierung bzw. dem Landtag kundtun wollen?

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Zur ersten Frage eine ganz klare Antwort: Schülerinnen und Schüler dürfen ihre Demonstrationen nicht während der Unterrichtszeit abhalten. Dagegen spricht die Schulpflicht, und ich bin derjenige, der dafür zu sorgen hat, dass sie durchgesetzt wird.

Zum Thema Desinteresse an politischen Prozessen: Ich weiß nicht, ob Sie am Anfang meines Beitrags richtig zugehört haben. Ich habe mich ganz klar dazu geäußert, dass ich es sehr begrüße, wenn sich Schülerinnen und Schüler in politische Prozesse einbringen. Aber die Demonstration - das hat zum Beispiel Herr Brunzlow in den „PNN“ ziemlich treffend in einem Gesamtfazit der Demonstration festgestellt - kam zu spät. Das muss ich einmal kritisch an unsere Schülerinnen und Schüler adressieren:

(Zurufe von der Linkspartei.PDS)

- Wir werden nachher noch darüber reden.

Wir sind mit dem Schulgesetz landauf, landab präsent gewesen. Ich war auf etlichen öffentlichen Veranstaltungen. Die Schüler waren dort sehr unterrepräsentiert. Niemand hat Schüler daran gehindert, dort in der Öffentlichkeit ihre Meinung kundzutun. Aber jetzt sage ich einmal - und das ist ein bisschen böse, das weiß ich -: Diese Veranstaltungen fanden gewöhnlich abends statt.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Es gibt weitere Fragen. - Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Niekisch.

Herr Minister, ist es richtig, dass minderjährige Schüler nur dann an einer Demonstration während der Schulzeit teilnehmen können, wenn sie eine schriftliche Befreiung oder Entschuldigung von einem Erziehungsberechtigten haben?

Zweite Frage: Was können das Ministerium, die Schulverwaltung und die Schule dagegen tun, dass Schülerinnen und Schüler durch Demonstranten und Schülersprecher zu einer Demonstration genötigt werden, obwohl sie noch nicht einmal wissen, ob sie das dürfen bzw. was in der Schulgesetznovelle überhaupt steht?

Zur ersten Frage: Minderjährige können durch ihre Eltern vom Unterricht nicht mit der Begründung, dass sie an einer Demons

tration während der Unterrichtszeit teilnehmen, befreit werden. Das ist auch vom Schulamt klargestellt worden. Ebenso können sich volljährige Schüler nicht mit einem Zettel befreien, auf den sie schreiben: Ich komme heute nicht zum Unterricht, weil ich an einer Demonstration teilnehme. - Das wird als unentschuldigtes Fehlen gewertet.

Zum Thema Nötigung: Wir haben das Beispiel aus dem Einstein-Gymnasium gehört. Ein Schulleiter ist Hausherr, er hat das Hausrecht, und dieser Kollege hat sich offensichtlich darum bemüht - aber war im Gegensatz zum Leiter des Helmholtz-Gymnasiums offensichtlich nicht erfolgreich -, dass keine Demonstranten die Schule betreten, um andere Schüler zur Demonstration aufzufordern. Ich weiß nicht, wie es abgelaufen ist. Denn unser Problem ist, Frau Große: Ich war nicht dabei, Sie waren offensichtlich die ganze Zeit dabei. Ich habe in der Zeit gearbeitet.

(Heiterkeit und Beifall bei SPD, CDU und DVU - Zurufe von der Linkspartei.PDS)

Ich hatte keine Chance, an der Demonstration teilzunehmen. Deshalb kann ich die Vorfälle auch nicht aus eigenem Erleben schildern. - Danke.

(Beifall bei SPD und CDU - Widerspruch bei der Links- partei.PDS)

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um etwas mehr Ruhe! Wir freuen uns natürlich über jeden Minister, der arbeitet.

Ich rufe die Frage 972 (Schließung Flughafen Tempelhof) auf, die der Abgeordnete Klocksin stellen wird.

Bei meiner Frage geht es um Tempelhof, um einen Flughafen in einem Nachbarbundesland.

Die Landesregierung wird dazu gefragt: Wie bewertet sie die zurzeit in der Öffentlichkeit diskutierten Überlegungen zur teilweisen Offenhaltung von Tempelhof auch mit Blick auf die Landesplanung und die Planfeststellung für den BBI?

Darauf antwortet Minister Dellmann für die Landesregierung.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Klocksin, die Berliner Luftfahrtbehörde hat mit Bescheid vom 28. August 2006 ihre frühere Entscheidung aus dem Jahre 2004 bekräftigt und die Betriebsgenehmigung für den Flughafen Berlin-Tempelhof mit Wirkung vom 31.10.2007 widerrufen. Daher gibt es Einigkeit zwischen den beiden Bundesländern Berlin und Brandenburg.

Es ist notwendig, den Flughafen Berlin-Tempelhof zu schließen, weil ganz eindeutig die Situation so ist, dass der Planfeststellungsbeschluss als Voraussetzung für die Schaffung des BBI die Schließung der Flughäfen Tempelhof und Tegel vor

sieht. Das ist also eine zwingende Voraussetzung dafür. Wenn wir dem nicht nachkämen, würde das bedeuten, die höchstrichterlich anerkannte Basis der Ausbaugenehmigung für den BBI zu verlassen. Es ist ganz klar festzustellen, dass auch die eindeutige Regelung, die im Konsensbeschluss zwischen dem Bund, Berlin und dem Land Brandenburg getroffen worden ist, auch dies mit zur Basis hat.

Was uns allerdings ausgesprochen verwundert sind Meinungsäußerungen, wie sie insbesondere von Herrn Diepgen und Herrn Wissmann getroffen worden sind. Ich darf aus der „Berliner Zeitung“ vom 6. Dezember 2006 zitieren:

„,Man kann sich nicht auf den Konsensbeschluss berufen, wenn man Tempelhof für den gesamten Luftverkehr schließen will‘, sagte der ehemalige Regierende Bürgermeister. Denn darin ist ausdrücklich nur von einer Schließung des Verkehrsflughafens Tempelhof die Rede, also von einer Beendigung des Linienverkehrs.‘“

Ich würde auch denen, die damals daran beteiligt waren Herrn Wissmann und Herrn Diepgen - deutlich empfehlen, einmal nachzulesen, was tatsächlich im Konsensbeschluss steht, und zwar im Gesamtzusammenhang. Es steht erstens darin Herr Christoffers kennt diesen Beschluss auch sehr genau -:

„Schließung von Tempelhof. Nach Vorliegen der gerichtlich überprüften und rechtskräftigen Planfeststellung für den Singlestandort Schönefeld wird der Verkehrsflughafen Tempelhof geschlossen.“

Aber - und es ist auch gut, wenn die Herren das noch einmal nachlesen -: