Protocol of the Session on September 14, 2006

Gemäß § 2 Abs. 3, 5 und 7 des vorliegenden Entwurfs sind darüber hinaus Kreditermächtigungen von zusammengenommen noch einmal 330 Millionen Euro möglich, wodurch die Milliardengrenze fast erreicht ist. Zu den 2,3 Milliarden Euro an Verpflichtungen kommen außerdem nochmals sage und schreibe 992 Millionen Euro an Bürgschafts- und Garantievolumen hinzu - von solider Haushaltsführung also keine Spur!

Wir von der DVU-Fraktion halten das für ein haushaltspolitisches Fantasiegebilde, über das man hier überhaupt nicht zu diskutieren bräuchte.

(Beifall bei der DVU)

Sieht man sich dann den Einzelplan 20 - Allgemeine Finanzverwaltung - mit einem dicken Plus von 311 Millionen Euro Mehreinnahmen aus Steuern an, merkt man erst, wie unsolide dieses Zahlenwerk ist und wie viel Fantasie dieser Finanzminister hat. Sowohl bei der Lohnsteuer, der Körperschaftssteuer, der Einfuhrumsatzsteuer, der Gewerbesteuerumlage, der Kraftfahrzeugsteuer sowie im Grunde genommen allen weiteren geschätzten Steuereinnahmen hat der Finanzminister, wie alle Jahre wieder, einmal kräftig nach oben geschätzt, um nicht zu sagen: sich verschätzt! Heute Morgen meinte er, er würde eine Punktlandung machen. Da bin ich mal gespannt! Das kennen wir auch aus allen Jahren zuvor, das ist wirklich nichts Neues.

Reichlich makaber wird es dann allerdings, wenn der Finanzminister die zu erwartenden Mehreinnahmen infolge der von der Bundesregierung beschlossenen unseligen Mehrwertsteuererhöhung ab 01.01.2007 stillschweigend in den Haushalt einstellt, anstatt damit den Schuldenabbau zu beschleunigen.

(Beifall bei der DVU)

Apropos Schulden! Deckte die Nettoneuverschuldung im Haushaltsjahr 2006 die Zinsen des Landes gerade noch annähernd, so klafft im Haushaltsjahr 2007 zwischen der Nettoneuverschuldung und der jährlichen Zinslast eine Lücke von 200 Millionen Euro. Anders ausgedrückt bedeutet das, dass die gesamte Nettoneuverschuldung nicht einmal mehr 75 % des Kapitaldienstes des Landes ausmacht.

(Zuruf der Abgeordneten Funck [CDU])

Sie führen also Ihre unsolide Haushaltspolitik fort, nur mit äußerlich leicht gebremstem Tempo, und das stört Sie überhaupt nicht, Frau Funck.

(Frau Funck [CDU]: Das stört mich schon; aber nicht das, was Sie sagen!)

Dabei gibt der Minister im vorliegenden Finanzplan bis 2010 unumwunden zu, dass bis dahin der Schuldenstand des Landes rund 20 Milliarden Euro oder - und jetzt hören Sie hin! - 7 816 Euro pro Kopf der Bevölkerung dieses Landes betragen wird. Das ist beträchtlich, oder? Ob und was Sie dagegen zu tun gedenken ist Ihrem Bericht natürlich nicht zu entnehmen.

Allein durch die im Jahre 2007 anfallende Neuverschuldung kommen zusätzlich über 30 Millionen Euro an Zinsen auf den Landeshaushalt zu. Brandenburg droht zum Sanierungsfall zu werden. Und da kann man die zu erwartenden Mehreinnahmen nicht einfach so „verputzen“.

Betriebe die Landesregierung eine seriöse Haushaltspolitik, würde sie den Schuldenberg von über 18 Milliarden Euro im Jahre 2007 zumindest nur um 350 Millionen Euro statt um 650 Millionen Euro vergrößern und die Deckung dafür aus den zu erwartenden Mehrwertsteuereinnahmen nehmen.

(Zuruf der Abgeordneten Funck [CDU])

Da Sie uns kennen, Frau Funck, können Sie gewiss sein, dass wir Sie mit einem Paket von Änderungsanträgen konfrontieren und Ihnen eine solide Haushaltsplanung vorlegen werden, wie die Jahre zuvor auch.

(Lachen des Abgeordneten Schippel [SPD] - Beifall bei der DVU)

Sehen wir uns einige Eckpunkte des vorliegenden Papierberges an, so soll im Einzelplan 07 - Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie - eine Mittelkürzung von 292 Millionen Euro erfolgen - trotz rapide steigender Massenarbeitslosigkeit! Ich weiß nicht, woher Herr Baaske die Zahl hat, dass die Arbeitslosigkeit im Land Brandenburg um 10 % gesunken sei. Das müsste er uns vielleicht einmal erklären.

(Zuruf des Abgeordneten Holzschuher [SPD])

Wir haben seit Jahren Langzeitarbeitslose, und dann kürzt man bei den Arbeitsmarktmitteln nochmals um 5 Millionen Euro unbegreiflich! Im Einzelplan 20 sind 312 Millionen Euro an die Kommunen für Hartz-IV-Opfer eingestellt. Dass das ausreicht, wage ich zu bezweifeln.

Ganz düster, meine Damen und Herren, sieht es im Einzelplan 08 - Ministerium für Wirtschaft - aus. Fast 82 Millionen Euro sol

len dort neuerlich eingespart werden. Ich greife nur einige Punkte heraus: Coaching für Existenzgründer: eingestellte Mittel - Fehlanzeige; das Programm wurde eingestellt. Bei den Zuführungen an die verschiedenen Fonds des Landes findet man nur Nulltitel. Für Existenzförderungsprogramme sind läppische 490 000 Euro vorgesehen. Die GA-Förderung soll um 36 Millionen Euro und die EFRE-Mittel sollen bei Betrachtung des alten und des neuen Operationellen Programms um 75 Millionen Euro zusammengestrichen werden. Dabei betrug der Abfluss der GA-Mittel bereits im Jahre 2005 54 Millionen Euro und bei EFRE 68 Millionen Euro.

Zum Stichtag 30.06.2006 mussten der Finanzminister und der Staatssekretär des Wirtschaftsministeriums zugeben, dass der Mittelabfluss bei den Investitionsausgaben mit 23,4 % geradezu katastrophal war.

(Zuruf des Abgeordneten Domres [Die Linkspartei.PDS])

Bis Ende August waren nach Aussagen der zuständigen Ministerien nicht wesentlich mehr Mittel abgeflossen. Im Bereich des Ministeriums für Wirtschaft betrug der Investitionsmittelabfluss der Hauptgruppe 8 per 30.06. etwas über 84 Millionen Euro. Bewilligt wurden aber knapp 506 Millionen Euro. Das entspricht einer Quote von 16 %. Hochgerechnet auf den 31.12. dürften daher nicht mehr als 170 Millionen Euro abfließen, also lediglich ein Drittel. Wenn das, meine Damen und Herren von der Regierungsbank, Ihre Wirtschaftsförderung ist, leben wir auf einem anderen Planeten, muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen.

(Beifall bei der DVU)

Im Bereich des Infrastrukturressorts sieht es mit einer Kürzung von 31,5 Millionen Euro nicht besser aus: 28 Millionen Euro Kürzungen beim Wohnungswesen sowie 25 Millionen Euro Kürzungen beim ÖPNV, dazu die bereits erwähnte Deckungslücke von 25,8 Millionen Euro.

(Holzschuher [SPD]: Wo bleibt denn Ihr Schuldenabbau- programm?)

Doch Wohnungsbaupolitik wird von Ihnen seit Jahren mit der Abrissbirne gemacht und Verkehrspolitik mit dem Rotstift.

Ein eigenes Kapitel bilden die Risiken, die sich aus dem Landeswohnungsbauvermögen in Höhe von rund 4,8 Milliarden Euro ergeben. Hier betrugen die ausfallgefährdeten Engagements zum 30.06.2006 rund 360,1 Millionen Euro, und diese werden sich aufgrund der aktuellen Wohnungsmarktsituation so sehr steigern, dass spätestens 2010 sozusagen die große Blase platzt, was zur Zahlungsunfähigkeit des Landes führen dürfte. Dass die Landesregierung dafür keine Vorsorge getroffen hat, brauche ich überhaupt nicht zu erwähnen, denn das passt genau ins Bild. Nicht gespart hat man natürlich bei der üppigen Abgeordnetenversorgung, beim Verfassungsschutz, dem so genannten Programm „Tolerantes Brandenburg“ und der unsinnigen Landeszentrale für politische Bildung.

(Beifall bei der DVU - Minister Speer: Wenn man Ihnen zuhört, weiß man: Das ist wichtiger denn je!)

Zum Schluss, Herr Finanzminister, noch einige Ausführungen zur mittelfristigen Finanzplanung, denn dazu haben Sie sich

hier auch geäußert. Die Steuereinnahmen werden von Ihnen, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, bis 2010 schöngerechnet und hochgeschätzt.

Sie wissen genau, dass die Mittel aus Länderfinanzausgleich und Bundesergänzungszuweisungen sowie die Einnahmen von der EU in den nächsten Jahren drastisch sinken werden. Daher soll das Haushaltsvolumen bis zum Jahre 2010 nach Ihren Berechnungen gegenüber heute um 602 Millionen Euro gesenkt werden, und das trotz der erwähnten Haushaltsrisiken und angesichts der Inflationsrate. Eine Milchmädchenrechnung!

(Schulze [SPD]: Sie wissen doch gar nicht, was eine Milchmädchenrechnung ist!)

- Herr Schulze, die Personalausgaben werden trotz der Stellenkürzungen nicht wirklich sinken, und die Sachausgaben, der Schuldendienst sowie die Mittel für den kommunalen Finanzausgleich werden steigen. Auf der anderen Seite werden die GA- und EFRE-Mittel bis 2010 drastisch sinken. Obwohl Sie dies alles ganz genau wissen, sparen Sie dort, wo Sie auf keinen Fall sparen dürfen - weil dieser Schuss nämlich buchstäblich nach hinten losgeht -: bei den Investitionskosten.

Eine Senkung der Investitionsausgaben bis zum Jahre 2010 und der Investitionsquote auf dann gerade noch 17,3 % wird sich auf die weitere Entwicklung des Landes, seiner Bürger, des Arbeitsmarktes und der Sozialstruktur, der Infrastruktur und der Bildung, aber insbesondere auf die Wirtschaft, welche schließlich Arbeitsplätze schaffen und Steuern zahlen soll, geradezu katastrophal auswirken. Die bekannte Spirale „weniger Investitionen - weniger Aufträge - weniger Umsatz - weniger Arbeitsplätze - weniger Steuern“ wird sich in Zukunft noch schneller drehen und das Land endgültig in den Ruin treiben. Aus dem wird es dann wohl kein Zurück geben.

Dass jährliche Deckungslücken - als globale Minderausgaben beschönigt - bis zum Jahre 2010 wieder auf 476 Millionen Euro steigen sollen, passt ebenfalls völlig ins Bild. Hier wäre ich wieder am Anfang meiner Ausführungen.

Wenn Sie also weitermachen wie gehabt und der vorliegende Papierberg wieder einmal bestätigt wird, knipst in diesem Land spätestens 2010 der Letzte das Licht aus. Dass wir als DVUFraktion dieses Spiel nicht mitspielen werden, versteht sich von selbst.

(Beifall bei der DVU)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält nun der Abgeordnete Lunacek, der für die CDU-Fraktion spricht. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Haushalt 2007 wird genau in der Mitte der Wahlperiode wirksam. Das ist ein guter Anlass, einmal zu schauen, wo wir stehen, was wir - auch als Koalition - erreicht haben und was wir in den nächsten drei Jahren noch erreichen können.

Im Unterschied zur PDS - zur Linkspartei.PDS - oder zur DVU müssen wir von den Regierungsfraktionen dabei realistisch

sein. Wir stehen für das Machbare, ohne Visionen aus dem Auge zu verlieren. Ich habe in den letzten Wochen immer wieder „medial gelesen“, Frau Kaiser, was die PDS so alles mehr fordert. Sie fordert mehr bei Schulen - 300 Stellen -, sie fordert mehr bei Universitäten. Herr Vietze kritisiert, dass die Wirtschaftsförderung nicht steigt.

(Zuruf des Abgeordneten Vietze [Die Linkspartei.PDS])

Das ist schon bemerkenswert. Sie von der PDS - übrigens auch Sie von der DVU - bieten scheinbar einfache Lösungen an. Nur: Man kann Geld eben nicht beschließen. Man kann dem Bürger nur das versprechen, was man auch halten kann. Alles andere ist unrealistisch.

(Zurufe von der Linkspartei.PDS)

Deshalb müssen wir ehrlich und realistisch sein - und das sind wir von der Koalition auch.

(Oh! bei der Linkspartei.PDS)

Die Bürger werden dies erkennen. Deshalb werden die Menschen in Mecklenburg der Linkspartei.PDS am Sonntag wahrscheinlich eine klare Absage erteilen

(Vereinzelt Gelächter bei der Linkspartei.PDS)

und so wählen, dass Mecklenburg-Vorpommern eine neue Regierung aus SPD und CDU bekommt. Sie von der PDS haben dort abgewirtschaftet.