Es wurde vereinbart, hierzu keine Debatte zu führen. Wer der Beschlussempfehlung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall.
Damit schließe ich Tagesordnungspunkt 3 und rufe die Mittagspause auf, in die ich Sie bis 13 Uhr entlasse.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen nach der Mittagspause mit der Abarbeitung der Tagesordnung fortfahren.
Verhinderung einer genehmigten Demonstration in Halbe am 12. November 2005 durch eine rechtswidrige Blockadeaktion/Antwort der Landesregierung (Drs. 4/2324) auf die Kleine Anfrage Nr. 883 des Abgeordneten Sigmar-Peter Schuldt (DVU) - Drs. 4/2189
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Rechtsfreier Raum Brandenburg - dieser Eindruck überkommt einen unwillkürlich, wenn man sich die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 18 unserer Fraktion der DVU ansieht: Ein Konglomerat nichtssagender Phrasen, soweit sich Ihr Ministerium nicht überhaupt …
Der Innenminister ist bei dieser wichtigen Diskussion gar nicht anwesend. Frau Präsidentin, hat sich der Innenminister entschuldigt?
Wenn Herr Minister Schönbohm hier wäre, dann würde ich ihm gern Folgendes sagen: In Artikel 8 Abs. 1 unseres Grundgesetzes steht geschrieben - darüber sollten vielleicht auch Sie, Herr Schulze, noch einmal nachdenken -:
„Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“
Dieses Recht schließt die Verpflichtung der dem Innenminister unterstellten Sicherheitskräfte ein, die Durchführung einer solchen Versammlung zu gewährleisten.
In den Vorbemerkungen zu meiner Kleinen Anfrage 883 vom 23.11.2005, auf die sich die Beantwortung der Fragen 1, 2, 3 und 5 der vorliegenden Anfrage bezieht, steht wörtlich:
„Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit gewährleistet ein Stück ursprünglicher, ungebändigter, unmittelbarer Demokratie und enthält eine herausragende Bedeutung dadurch, dass andere Formen unmittelbarer Demokratie im Grundgesetz und in den Landesverfassungen kaum vorgesehen sind.“
Besondere Aufgabe aller staatlichen Gewalt ist es deshalb, mit ihren wirksamen Maßnahmen zu einer möglichst optimalen Verwirklichung dieser verfassungsrechtlichen Wertentscheidung beizutragen.
Die Staatsorgane haben also nach Ihren eigenen Aussagen alles zu unternehmen, um das Demonstrationsrecht durchzusetzen.
Das tat die Polizei in Halbe am 12. November 2005 aber eben nicht. Nein, der Herr Innenminister, die Polizei ließ bis heute im Übrigen ungestraft zu, dass ca. 2 000 Gegendemonstranten - diese Zahl wurde in den Medien genannt, aber sie war wohl kleiner - durch eine stundenlange Blockade den Demonstrationsweg an der Lindenstraße in Halbe, die zum Friedhof führt, blockierten und damit die weitere nationale Demonstration verhinderten.
Wie wir alle aus vorangegangenen Demonstrationen wissen, etwa von Sitzblockaden vor USA-Kasernen, sind solche Verhaltensweisen als Nötigung und Landfriedensbruch zu bestrafen.
Strafverfahren hat es in der Vergangenheit insoweit zur Genüge gegeben. Dass sich unter den Rechtsbrechern führende SPDund PDS-Politiker befanden, macht die Angelegenheit noch schlimmer.
Wenn sich der Innenminister in der Beantwortung unserer Großen Anfrage bezüglich der Untätigkeit der Polizei hinter dem so genannten Deeskalationsgebot des so genannten BrokdorfUrteils des Bundesverfassungsgerichts verschanzt, dann muss er sich vorhalten lassen, dass ein Grundrecht hier ja wohl vorgeht.
Die Polizei hätte in Halbe am 12. November 2005 im Gegensatz zu Ihrer falschen Darstellung - das geht an den Minister - sehr wohl die Mittel und auch die Pflicht gehabt, das Demonstrationsrecht des nationalen Schweigemarsches durchzusetzen.
Das Grundgesetz und die geltenden Gesetze lassen eben keine Abwägungsprozesse zwischen der Durchführung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit einerseits und der so genannten Rechte von vorsätzlich kriminellen Rechtsbrechern zu.
Dass es anders geht, hat die Brandenburger Polizei am 11. März dieses Jahres in Halbe selbst unter Beweis gestellt und damit indirekt eingestanden, dass das polizeiliche Verhalten am 12. November rechtswidrig war. - Ich bedanke mich vorerst.
(Vietze [Die Linkspartei.PDS]: Er sagt jetzt, dass die Po- lizei richtig gehandelt hat! - Gegenruf der Abgeordneten Alter [SPD]: Genau!)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir, eingangs daran zu erinnern, dass Halbe mit 20 000 Opfern des Krieges und anderen Opfern von Unterdrückung und Diktatur gleichsam eines der größten Mahnmale, einer der größten Friedhöfe hier in Deutschland ist. Gestatten Sie mir außerdem, daran zu erinnern, wer die Demonstration angemeldet hat. Es war jemand, der in Deutschland und über Deutschland hinaus als Rechtsextremist einschlägig bekannt ist und der diese Demonstration unter dem Motto angemeldet hat: Ruhm und Ehre den deutschen Frontsoldaten und den europäischen Freiwilligen. Dass sich einem die Haare zu Berge stellen, wenn an einem Ort, an dem Zehntausende Opfer der Weltkriege und andere Opfer begraben liegen, eine Demonstration unter einem solchen Motto angemeldet wird, dafür sollten wir Verständnis haben. Herr Kollege Schuldt, ich hätte mir gewünscht, dass Sie zunächst einmal auf diesen Punkt, das heißt, darauf hingewiesen hätten, worum es in dieser Diskussion, worum es bei dem Ort Halbe eigentlich geht.
An diesem Tag hatte noch eine zweite Gruppe eine Demonstration angemeldet, nämlich das Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, und zwar unter dem Motto: Tag des Gedenkens und der Versöhnung.
Ich meine, es ist nachvollziehbar und sogar notwendig, dass dann, wenn ein europaweit bekannter Rechtsextremist eine Demonstration unter dem genannten Motto anmeldet, Menschen sagen: Wir lassen nicht zu, dass auf Kosten der Toten von Weltkriegen, auf Kosten der Opfer von Unterdrückung jemand sein rechtsextremes Spiel spielt, dass er die Opfer sozusagen noch einmal mit Füßen tritt, um damit seine rechtsextreme Gesinnung nach außen hin zu dokumentieren.
Insofern, so glaube ich, haben wir dort ein rechtliches Problem, das sich aber ganz einfach daraus erklären lässt, dass jemand den Versuch unternommen hat, auf Kosten der Opfer seine rechtsextreme Gesinnung noch einmal nach außen hin zu demonstrieren.