Protocol of the Session on June 22, 2006

Ich jedenfalls kann mich an nichts Gegenteiliges erinnern. Deswegen brauchen wir heute nicht zu beschließen, das, was wir in der Vergangenheit immer getan haben, auch in Zukunft zu tun; das ist selbstverständlich. Ihr Antrag ist - das gestehe ich Ihnen gern zu - gut gemeint, aber völlig unnötig und daher überflüssig. Wir weisen ihn seitens der Regierungskoalition zurück. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Wir setzen mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Es spricht der Wirtschaftsminister Junghanns.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Arbeit im Ziel-3-Gebiet ist eine intensive. Kritisch möchte ich die Art und Weise, in der der Antrag verfasst ist, anmerken. Frau Stobrawa, Sie wissen, worüber wir reden. Es wird der Eindruck erweckt, als lägen wir gegenwärtig auf diesem Gebiet weit hinter der Entwicklung zurück. Das ist weit gefehlt.

Ausgelöst durch die Erfahrungen der letzten Jahre, gibt es, wie Sie wissen, ein intensives Miteinander der Verantwortlichen in den Euroregionen für die Programmgestaltung in dem vor uns liegenden Zeitraum. Sie wissen, dass die inhaltliche Diskussion gegenwärtig deshalb erschwert und gebremst ist, weil wir uns - das ist der internationalen und überregionalen Ausrichtung dieser Programme geschuldet - verhakt haben. Die Verantwortlichkeiten müssen geklärt werden, bevor man mit dem notwendigen Vertrauen die Inhalte der Programme voranbringt. Wir arbeiten intensiv daran, diesen gordischen Knoten zu durchschlagen.

Wie vorhin schon gesagt wurde, ist es mir nicht möglich, die Ergebnisse der Auseinandersetzung, die wir gegenwärtig füh

ren, hier auf den Tisch zu legen. Nur so viel sei gesagt: Das gehört zur Lage, in der wir uns zurzeit befinden. Wir verhandeln so, wie wir verhandeln. Unter Punkt 7 argumentieren Sie gegen überflüssige Zentralisation, aber es passiert, dass wir an irgendeiner Stelle eine dezidiert andere Auffassung als unser Partner haben. Gerade das macht es so schwer, uns an dieser Stelle zu einigen.

(Frau Stobrawa [Die Linkspartei.PDS]: Wir sprechen von der deutschen und der polnischen Seite - auch von der deutschen Seite!)

- Eben! Wir zentralisieren das nicht. Ich werde mir in der Programmumsetzung große Mühe geben, die Erfahrungen anderer Euroregionen im Norden Ostdeutschlands auszuwerten und die Kompetenzen zu stärken. Es wird höchstwahrscheinlich sogar eine Schlüsselargumentation sein, um die Struktur der Verantwortlichkeit auf den Weg zu bringen. Das halte ich für notwendig, weil die Entscheidungswege verkürzt und versachlicht werden müssen.

Ich komme nun auf den Inhalt zu sprechen. Sie wissen, wie die inhaltliche Strukturierung des Programms entsteht. Es gibt Vorgaben der Europäischen Union und ein ganz klares Verfahren, an dem alle möglichen Partner beteiligt werden. Bei dem Ziel-3-Programm ist es von besonderer Bedeutung, dass alle Beteiligten diesseits und jenseits der Oder das Gefühl haben, in einem transparenten Verfahren ihre Position einbringen zu können, ohne dass es einen Wettbewerb der Positionierung durch Autoritäten - sprich: durch die Landesparlamente - gibt.

Ich halte in dieser Situation den Antrag für problematisch, denn Sie wissen, dass in diesem Jahr in den Woiwodschaften Wahlen anstehen. Eine Beschlussfassung durch den Landtag in dieser prägenden Form würde in einer Art und Weise eine Gegenpositionierung hervorrufen, die ich nicht überschaue, die ich aber auch nicht für notwendig erachte. Das Verfahren zur Erstellung des Operationellen Programms ist festgelegt, und alle Beteiligten dürfen sicher sein, sich einbringen zu können. Ich lade Sie herzlich ein, sich an dieser Diskussion zu beteiligen.

Zur Verhandlungsstruktur möchte ich hier ausdrücklich sagen: Ich nähere mich solchen inhaltlichen Fragen aufgeschlossen und völlig unvoreingenommen. Im internationalen Geschäft kann man nicht danach fragen, ob die Themen „oppositionsaffin“ sind oder nicht, denn das ist eine völlig sekundäre Frage. Wenn man diese Themen gemeinsam mit den vor Ort Tätigen in das geordnete Verfahren einbringt, befindet man sich in der Situation, dass man unwahrscheinlich unter Zeitdruck steht. Das empfinde ich genauso. Die Zeit für die Erstellung des Programms droht unwahrscheinlich eng zu werden, obwohl ich bereits mit meinem Kollegen Edward Fedko touristische und wirtschaftliche Fragen bespreche und wir uns in inhaltlichen Fragen annähern. Ich meine, es ist besser, auf diesem Weg zu einem Ergebnis zu kommen. Ich lade Sie ein, sich nach Klärung der Verantwortlichkeiten an dem hier anlaufenden Verfahren aktiv zu beteiligen - aber innerhalb des Verfahrens, das im Rahmen der Programmerstellung vorgesehen ist. Dann werden wir zu anderen Ergebnissen kommen.

Ich möchte einen weiteren kritischen Punkt anmerken. Ich bin nicht der Ansicht, dass die Verlagerung von mehr Kompetenzen in die Regionen damit einhergehen muss, die politische Vertretung von Landtags- oder Woiwodschaftsabgeordneten zu

verstärken, um dadurch die Qualität des Hinterlandes zu verbessern. Ich hege Zweifel daran, weil ich mehrere Male in verschiedenen Projekten mitbekommen habe, wie schwierig es ist, sinnvolle Projekte auf den Weg zu bringen, wenn sie zu sehr politisch autorisiert und überladen sind.

Wir müssen andere Wege finden, beispielsweise ständige Konsultationen mit den Verantwortlichen der Woiwodschaften. Es gibt das Angebot, einen gegenseitigen Austausch zwischen den Ausschüssen des Landesparlaments und der Woiwodschaft durchzuführen. Ich halte es für außerordentlich kritikwürdig, Entscheidungsgremien, die auch für und gegen Menschen zu entscheiden haben, von vornherein politisch zu überladen. Ich gebe Ihnen auf, sich das zu überlegen. Damit ist das Gespräch zu diesem Thema noch nicht beendet, aber ich wollte Ihnen ganz offen und ehrlich meine Meinung dazu sagen. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält für dreieinhalb Minuten noch einmal die antragstellende Fraktion und damit der Abgeordnete Hammer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Junghanns, Sie akzeptieren die hier aufgeschriebenen Punkte. Sie sind offen für sie, aber Sie wollen keinen Fahrplan. Zur gleichen Zeit wird im Sejmik über die gleichen Themen diskutiert. Auch die polnische Seite ist für diese Themen offen. Wir gießen nichts in Beton, sondern beschreiben mit der inhaltlichen Richtung den Weg, den wir gehen wollen.

Die Reise nach Brüssel war für uns sehr interessant, weil wir nach der so genannten Denkpause in Brüssel waren. Wir hatten insbesondere bei der Kommission den Eindruck, dass die Denkpause in Brüssel insbesondere dort, wo es um das Regionale geht, produktiv genutzt worden ist. Dort heißt es, dass Europa künftig viel stärker als bisher in den Regionen erlebbar sein müsse. Vor diesem Hintergrund kann es durchaus sein, dass die Förderprogramme flexibler als in der Vergangenheit gestaltet werden.

Wenn gerade in den Grenzräumen Ziel 3 dazu dienen soll, sozusagen die Hochzeit zu beschleunigen, wenn man bedenkt, dass Ziel 1 in der Zwischenzeit auf beiden Seiten der Oder gilt und dass auch andere Programme auf beiden Seiten der Oder flexibler eingesetzt werden könnten, kann man voraussetzen - so waren auch die Aussagen in Brüssel -, dass das zusätzlich unterstützt wird. Wie wir erfahren haben, kann eine Region, die sich als Modellregion herausstellt, über die Landeszuschüsse hinaus zusätzliche Forderungen aus Brüssel in Anspruch nehmen.

Vor diesem Hintergrund haben wir in Brüssel sehr intensiv den „Erlebnisraum Oder-Neiße“ diskutiert. Wir haben mit polnischen Vertretern gesprochen. Wir waren im Berliner Büro und in der Landesvertretung. Auf diese Weise verdichtete sich immer mehr ein Projekt, das wir „Erlebnisraum Oder-Neiße“ nennen wollen. Es könnte beispielsweise eine touristische, eine wirtschaftliche oder eine infrastrukturelle Dimension haben.

Das Tourismuskonzept des Landes würde sehr gut dazu passen ebenso wie die KMU-Förderung und - für meine Region gesprochen - die Wachstumskerne Frankfurt (Oder) bzw. Eisenhüttenstadt.

Voraussetzung dazu wäre, dass wir die Flexibilität, die anscheinend in Brüssel eingezogen ist, landespolitisch nutzen und selbst flexibler werden. Der Kollegin Richstein möchte ich erwidern: Wir wollen nichts beschleunigen, sondern wir wollen einen Mentalitätswechsel. Der Mentalitätswechsel könnte darin bestehen, in Brandenburg zu sagen: Mit dem, was wir hier tun, machen wir europäische Innenpolitik. - Danke schön.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Damit sind wir am Ende der Rednerliste für diesen Tagesordnungspunkt.

Ich stelle den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS in der Drucksache 4/3030 zur Abstimmung. Wer dem Antrag folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 12 und rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Ablehnung des SGB-II-Fortentwicklungsgesetzes im Bundesrat

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS

Es wurde vereinbart, hierüber keine Debatte zu führen, dafür aber eine namentliche Abstimmung durchzuführen.

Ich eröffne die Abstimmung und bitte die Schriftführer um das Verlesen der Namen.

(Namentliche Abstimmung)

Hatte jemand der Anwesenden keine Gelegenheit, seine Stimme abzugeben?

(Die Abgeordneten Frau Große, Frau Mächtig und Dr. Scharfenberg [Die Linkspartei.PDS] geben ihr Votum ab.)

Ich schließe die Abstimmung und bitte um ein wenig Geduld für die Auszählung.

Ich gebe Ihnen das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den von der Fraktion der Linkspartei.PDS eingebrachten Antrag - Drucksache 4/3032 (Neudruck) - bekannt: Für diesen Antrag stimmten 32 Abgeordnete, dagegen 37 Abgeordnete. Damit ist der Antrag mit knapper Mehrheit abgelehnt worden.

(Abstimmungslisten siehe Anlage S. 2388)

Ich schließe Tagesordnungspunkt 13 und rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Weiterentwicklung des Kindertagesstättengesetzes

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion der CDU

Drucksache 4/3045

Die Debatte eröffnet die Abgeordnete Lehmann für die SPDFraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr verehrte Kollegen, mit dem Haushaltsstrukturgesetz haben wir zum 1. Juli 2000 den konditionierten Rechtsanspruch in der Kita-Betreuung eingeführt. Das heißt, dass für Kinder unter drei Jahren ein entsprechender Rechtsanspruch besteht, wenn die familiäre Situation dies erfordert. Die soziale, familiäre Situation wird vor allem an folgenden Kriterien festgemacht: an der Erwerbstätigkeit der Familie - die häusliche Abwesenheit wegen der Suche nach einer Erwerbstätigkeit könnte hierfür ein Beispiel sein -, an der Aus- und Fortbildung der Eltern; ein weiteres Kriterium ist der Erziehungsbedarf der Familie.

Die Einführung des konditionierten Rechtsanspruchs war erforderlich, und zwar ganz entscheidend begründet in der finanziellen Situation des Landeshaushalts. Es war wichtig und erforderlich - das gilt immer noch -, den Landeshaushalt zu konsolidieren. Aber der Landesgesetzgeber wollte damals auch die Familien stärker in die Verantwortung nehmen, soweit es um die Frage der Kinderbetreuung geht.

Wenn wir Ihnen, meine Damen und Herren, heute einen Antrag vorlegen, mit dem der Bestandsschutz beim Rechtsanspruch, den ich Ihnen gerade definiert habe, aufgenommen und die Landesregierung aufgefordert wird, diesen Bestandsschutz zu prüfen, dann ist natürlich festzustellen, dass sich die Haushaltssituation im Land Brandenburg nicht geändert hat. Nach wie vor ist die Situation, jedenfalls die finanzielle, sehr prekär, und nach wie vor sind wir aufgefordert, den Landeshaushalt zu konsolidieren.

Aber im Laufe der Jahre haben wir mit dem konditionierten Rechtsanspruch Erfahrungen sammeln können und auch sammeln müssen. Nunmehr liegt uns der Qualitätsentwicklungsbericht in der Kinderbetreuung im Land Brandenburg vor. Zudem haben Antworten auf Kleine Anfragen deutlich gemacht, dass die Handhabung des konditionierten Rechtsanspruchs im Lande recht unterschiedlich ist. Das betrifft zwar nicht die Masse der Kinder, aber es wurde in all den Antworten auf die Kleinen Anfragen deutlich, dass die Herangehensweise und die Umsetzung des Rechtsanspruchs in den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten recht unterschiedlich sind. Das war ein Grund dafür, dass wir gesagt haben: Hier ist in der Tat zu prüfen, ob wir insofern Abhilfe schaffen können. - Wir denken, dass dies mit der Einführung des Bestandsschutzes möglich sein müsste.

Zum anderen hat sich natürlich die Arbeitswelt in den letzten Jahren insbesondere mit der Einführung der Arbeitsmarktre

form ein Stück weit geändert. Das Thema Hartz IV/Arbeitslosengeld-II-Empfänger hatten wir heute bereits. Die Arbeitsuchenden müssen kurzfristig jederzeit dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und in der Lage sein, kurzfristig Arbeit aufzunehmen. Die Arbeitsaufnahme ist in aller Regel auf sechs Monate, neun Monate oder längstens zwölf Monate befristet. Wenn wir diesen Rechtsanspruch nicht änderten, hätte das auf diesen konditionierten Rechtsanspruch und auf den Umgang mit den Kindern in den Kindertagesstätten erhebliche Auswirkungen. Das ist eben ein weiterer Grund, warum wir diesen Bestandsschutz heute bei der Landesregierung in Auftrag geben.

Des Weiteren - auch das ist uns allen klar - wirkt sich das ständige Herausnehmen der Kinder aus der Kindertageseinrichtung natürlich negativ auf sie aus. Insbesondere bei kleinen Kindern sind Stabilität und Kontinuität der Betreuung äußerst wichtig. Kleine Kinder bauen durch die behutsame Eingewöhnung langsam eine Bindung zu den Erzieherinnen und den anderen Kindern auf. Es ist einfach nicht zuträglich, dass diese Beziehungen immer wieder unterbunden oder abgebrochen werden.

Ich hatte schon gesagt, dass es um eine - so sind jedenfalls die Schätzungen - relativ kleine Anzahl von Kindern und Familien gehen wird. Wir schätzen, dass es etwa 1,5 % aller Kinder sind, die derzeit in den Kinderkrippen - also Kinder von 0 bis 3 Jahren - betreut werden. In diesem Bereich betreuen wir derzeit 22 000 Kinder. Insofern gehen wir davon aus, dass von dieser Regelung möglicherweise 330 Kinder profitieren können.