„Die Verwendung von Informationen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit für Zwecke der Prüfung von Personen auf eine mögliche Mitarbeit ist auf einen Zeitraum von 15 Jahren begrenzt. Es besteht keine Veranlassung, diese Frist zu verändern, also insbesondere zu verkürzen. Allerdings sind die öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen gehalten, vor der Entscheidung über eine Anfrage bei der Bundesbeauftragten für die StasiUnterlagen sorgfältiger als bisher zu prüfen, inwiefern eine Überprüfung von Personen auf eine mögliche frühere Zusammenarbeit mit dem MfS auch im elften Jahr nach der deutschen Einigung noch erforderlich ist. Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Dabei spielen insbesondere auch Fragen der Bedeutung der jeweiligen Tätigkeiten und des jeweiligen Amtsverhältnisses eine Rolle. Das Stasi-Unterlagen-Gesetz begründet jedenfalls keine Verpflichtung, pauschal bestimmte Personenkreise durch Anfrage bei der Bundesbeauftragten zu überprüfen. Die anfrageberechtigten Stellen sollten bei der Ausübung ihres Ermessens schon vor dem 1. Januar 2007 die bisher verstrichene Zeit berücksichtigen. Auch soweit es sich nicht um so genannte Jugendsünden handelt, die nach dem geltenden Stasi-Unterlagen-Gesetz ohnehin außer Betracht zu bleiben haben, sollte zunehmend das Verhalten der zu überprüfenden Personen unter der Geltung des Grundgesetzes in den Vordergrund treten.“
Dem ist nur wenig hinzuzufügen. Bei der Lektüre Ihres Antrags habe ich ein anderes politisches Ziel herausgelesen. Wenn Sie von vollständiger Aufklärung reden und auf aktuelle Diskussionen Bezug nehmen, erreichen Sie mit diesem Antrag nicht, was Sie eigentlich wollen und was in Polen für gehörige Unruhe und Hexenjagd sorgte, nämlich die Veröffentlichung von Namen aller Geheimdienstmitarbeiter, die so genannte Wildstein-Liste.
Wollen Sie nach jeder Richterwahlausschusssitzung mit Inhalten aus Personalunterlagen hausieren gehen? Es ist ein Gebot der Stunde, differenziert und sachlich mit unterschiedlichen Biografien umzugehen, eben weil das Stasi-Unterlagen-Gesetz 15 Jahre in Kraft ist. Diese Frage zu stellen heißt nicht, die Opfer der Staatssicherheit hinter die Debatte über eine Behandlung ehemaliger IMs zurücktreten zu lassen. Der Landtag hat hierzu in den ersten beiden Wahlperioden, zu erinnern ist hier an die Debatte vom 19. Januar 1995, oft beraten. In Brandenburg gab es daher die Resolution „Mit menschlichem Maß die Vergangenheit bewerten“. Das sollten wir nicht vergessen, Herr Werner.
Ihm ist auch ein Jahrzehnt später noch zuzustimmen. Wir lehnen daher den Antrag der DVU-Fraktion ab und geben noch einen kurzen, sachdienlichen Hinweis. Herr Schulze, das StasiUnterlagen-Gesetz, wenn Sie einfach mal hineinschauen würden in die Materien, die Sie bearbeiten, verlangt das Einverständnis des Überprüften nicht. Auch die Unterlagen eines Stadtverordneten in irgendeiner Stadt dieses Landes oder in einer Gemeindevertretung können zur Überprüfung eingereicht werden. Die Konsequenz eines Mandatsverlustes allerdings regelt sich allein und abschließend nach dem Kommunalwahlgesetz. Darin finden Sie keinen Bezug auf das Stasi-Unterlagen-Gesetz. - Danke.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat Redeverzicht angekündigt, sodass das Wort noch einmal an den Abgeordneten Schulze geht.
„Ich würde mir sehr wünschen, dass prominente Politiker sich mehr als bisher den alten Stasi-Kadern in den Weg stellen, dass sie die Diktatur Diktatur nennen, die Täter Täter und die Opfer Opfer.“
Dies erklärte vor einigen Tagen wörtlich Frau Marianne Birthler in ihrer Eigenschaft als Bundesbeauftragte für die StasiUnterlagen. Sie sagte weiter, sie vermisse eine eindeutige Reaktion deutscher Spitzenpolitiker auf das zunehmend
selbstbewusste öffentliche Auftreten ehemaliger Stasi-Offiziere. Erst kürzlich waren bekanntlich ehemalige Stasi-Offiziere bei einer Veranstaltung in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen aufgetreten und hatten frühere Stasi-Opfer verhöhnt. Frau Birthler dazu wörtlich:
Wir als DVU-Fraktion auch. Da können Sie, Herr Sarrach, von der SED-Nachfolgepartei so viele unqualifizierte Äußerungen von sich geben, wie Sie wollen, und Sie, Herr Werner, hundertmal erklären, dass unser vorliegender Antrag nicht gebraucht würde. Durch ständiges Wiederholen Ihrer Sprechblasen werden diese nicht wahrer.
Im Übrigen befinden wir uns mit unserer Forderung nach Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes mit dem Ziel einer weiteren Überprüfung öffentlich Bediensteter auch über das Jahr 2006 hinaus in bester Gesellschaft. So erklärte im April dieses Jahres der Thüringer CDU-Generalsekretär Mohring gegenüber der Presse:
„Deshalb muss das Stasi-Unterlagen-Gesetz geändert werden, dass ein Parlament oder eine Verwaltung sich auch in Zukunft für eine Überprüfung entscheiden kann.“
Also, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, schließen Sie sich Ihrem Parteifreund und Thüringer CDU-Generalsekretär an und stimmen Sie unserem Antrag zu! Auch die Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt will die Stasi-Überprüfung von Abgeordneten und Staatsbediensteten in sensiblen Bereichen verlängern. Die Bundestagsvizepräsidentin gegenüber der Zeitung „Thüringer Allgemeine“:
Was sagen Sie, Herr Ministerpräsident Platzeck, als ehemaliger DDR-Bürgerrechtler - leider ist er nicht hier - zu diesen Aussagen Ihrer ehemaligen Mitstreiterin? Eigentlich müsste er zustimmen. Doch warum tut er es nicht? Hat er etwa Angst vor den roten Seilschaften innerhalb und außerhalb seines heutigen politischen Lagers?
Ich fordere Sie, meine Damen und Herren der beiden anderen Fraktionen dieses Landtages, hiermit noch einmal ausdrücklich auf: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Die Opfer und die breite Masse unserer Bevölkerung werden es Ihnen danken.
Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt. Die DVU-Fraktion hat
Währenddessen begrüße ich unsere Gäste von der Frauenunion Elbe-Elster. Herzlich willkommen bei uns im Landtag Brandenburg!
Bundesratsinitiative zur Änderung des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) in der Fassung der Bekanntmachung zum 11. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3427), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Verfahrensvorschriften zur Wahl und Berufung ehrenamtlicher Richter vom 21.12.2004 (BGBl. I S. 3599) - JGG
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer Wahlmündigkeit und volle zivilrechtliche Geschäftsfähigkeit besitzt, soll auch bei der Verübung von Straftaten wie ein Erwachsener behandelt werden können. Ein 18- bis 20jähriger Mörder, Totschläger oder Vergewaltiger kann sich nach heutiger Strafrechtspraxis bequem zurücklehnen, da er prozessual zumeist wie ein 14jähriger behandelt wird.
Verbindungen des Jugendstrafrechts zum Sanktionssystem des allgemeinen Strafrechts existieren auch bei der Anwendung auf Heranwachsende nicht. Auch bei schweren Straftaten kann nicht auf das allgemeine Strafrecht zurückgegriffen werden. Zwar gibt es hier grundsätzlich eine Konkurrenz zwischen Jugend- und Erwachsenenstrafrecht, aber die Indikation für die Anwendung des Jugendstrafrechts - Reifeverzögerung bzw. typische Jugendverfehlung lassen die rechtliche Ausnahme zur praktischen Regel werden.
Die Anwendung von Erziehungsmaßregeln, Zuchtmitteln und Jugendstrafe auf Heranwachsende kann heute dem größten Teil
der Bevölkerung Deutschlands nicht mehr vermittelt werden. Gerade die eklatanten Fälle lassen die Öffentlichkeit immer wieder aufhorchen.
Notorische Straftäter im Alter zwischen 18 und 21 Jahren wissen genau, was sie letztlich von der Justiz zu erwarten haben. Vor allem im Bereich der Bandenkriminalität sowie der Teilnahmedelikte werden Heranwachsende oftmals als unmittelbare Täter eingesetzt, weil deren Sanktionsrisiko am geringsten ist.
Das einschlägige Urteil der Jugendkammer des Landgerichts zu Berlin in der Mordsache Sürücü, ein Fall so genannter Ehrenmorde, wonach letztlich nur ein Täter verurteilt wurde, und das nach Jugendstrafrecht, ist ein aktuelles Beispiel, denke ich. Ein Heranwachsender schlachtet auf offener Straße die eigene Schwester ab. Den Hintermännern wird nichts nachgewiesen und übrig bleibt eine Jugendstrafe.