„Um international wettbewerbsfähig zu bleiben, bedarf die deutsche Wissenschaft eines verlässlichen und einheitlichen Rahmens. Ansonsten droht der Rückfall in die Kleinstaaterei, verbunden mit bürokratischem Mehraufwand und ineffizienten Doppelstrukturen. Unerlässlich ist die Aufnahme einer Regelung, die es dem Bund weiterhin erlaubt, die Hochschulen im Bedarfsfall mit Sonderprogrammen zu unterstützen.“
Wenn Sie von der Koalition schon unsere Kritik und unsere Bedenken nicht hören und nicht akzeptieren wollen, so folgen Sie wenigstens den von mir zitierten Kritikern. Der Ministerpräsident hat angekündigt, es soll noch Aufweichungen im Bildungsbereich geben können. Ich bin gespannt, was da kommen soll und wie er das erreichen will. Wiederholen Sie nicht Ihren Fehler vom letzten Mal und stimmen Sie diesmal unserem Antrag zu. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wiederholung ist nur manchmal ein Genuss, Herr Kollege Jür
gens. Aber Sie zwingen mich auch zu wiederholen, was meine Vorrednerinnen und Vorredner bereits gesagt haben: Wir wollen eine Föderalismusreform und halten sie für unser Land für zwingend notwendig, auch wenn wir sehen, dass wir gezwungen sind, den einen oder anderen Abstrich zu machen, um dieses Ziel zu erreichen. Wir teilen durchaus einzelne Bedenken. Aber unsere Vorstellungen vom Weg und vom Ziel unterscheiden sich offensichtlich. Wir stellen nicht die Föderalismusreform grundsätzlich in Frage, sondern wir versuchen auszuloten, was derzeit möglich ist. Denn wir sind einer Politik des Machbaren und keiner Politik des reinen Wunschdenkens verpflichtet. Das kann sich höchstens eine Opposition leisten.
Die entscheidende Frage, die sich stellt, ist, ob es möglich sein wird, noch Veränderungen am Föderalismuspaket vorzunehmen, ohne den Gesamtkompromiss zu gefährden. Die Chancen für kleinere Veränderungen, deren Notwendigkeit ja auch heute nochmals hinreichend beschrieben wurde, sind derzeit nicht aussichtslos. Ich appelliere hiermit vor allen Dingen an die CDU-regierten Länder, den Widerstand wenigstens in diesen Punkten aufzugeben, damit wir in einem einheitlichen Bundesstaat vergleichbare Bildungsmöglichkeiten haben werden.
Um all dies im Konsens mit unseren Bundestagsabgeordneten zu befürworten, brauchen wir allerdings nicht den Antrag der Linkspartei.PDS. Daher werden wir diesen auch ablehnen.
Lassen Sie mich noch einmal kurz skizzieren, um welche Knackpunkte es beim Thema Hochschule geht. Es geht erstens darum, dass das in Artikel 104 b vorgesehene Kooperationsverbot von Bund und Ländern bei Schule und Hochschule den Bildungsstandort Deutschland gefährdet. Mit diesem Kooperationsverbot wären wichtige Maßnahmen wie Ganztagsschulprogramm, Förderprogramme für Frauen oder auch Hochschulsonderprogramme verfassungsrechtlich unzulässig, selbst wenn sich alle Akteure über Sinn und Form desselben einig wären. Geradezu grotesk wäre dann die Tatsache, dass etwa die EU den Ländern alle möglichen Angebote im Bereich Schule und Hochschule machen kann, dem Bund aber Vergleichbares untersagt wäre.
Zweitens führt die Aufgabe der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau zu einer unterschiedlichen Lastenverteilung und zu einem Nachteil für finanzschwache Bundesländer. Die bestehenden West-Ost- und Nord-Süd-Gefälle würden zementiert. Auch hierzu wurde bereits einiges gesagt.
Drittens gefährdet die Aufgabe der Rahmenkompetenz des Bundes die Einheitlichkeit des deutschen Hochschulraums. Die vorgesehene Bundeskompetenz für Zulassung und Abschlüsse im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung ist keine hinreichende Kompensation für den Verlust der Rahmenkompetenz. Die Autonomie der Hochschulen bei der Zulassung sowie die zunehmende Europäisierung der Abschlüsse im Rahmen des Bologna-Prozesses führen Abweichungsrechte der Länder geradezu ad absurdum. Eine weitere Zersplitterung der Hochschullandschaft ist aber angesichts des Trends zur Internationalisierung bzw. Europäisierung mit Sicherheit der falsche Weg.
Viertens ist der Erhalt der exekutiven Aufgaben der Bund-Länder-Kommission notwendig, damit die Entwicklung und Durchsetzung nationaler Bildungsstandards gesichert werden
kann. Besonders wichtig ist die Funktion des Forschungsausschusses für Entscheidungen über die gemeinsame Forschungsförderung.
Die Neufassung des Artikels 91 b beschränkt die gemeinsame Forschungsförderung von Bund und Ländern auf Vorhaben von überregionaler Bedeutung. Unklar ist, ob der Bund sich an Forschungsprogrammen für Fachhochschulen beteiligen darf, da deren Vorhaben in der Regel regional ausgerichtet sind.
Was also kann man tun? Brandenburgische Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion haben bereits Lösungsmöglichkeiten für die aufgezählten Probleme erarbeitet, die auch von zahlreichen Hochschulexperten befürwortet werden und die unsere Fraktion ausdrücklich unterstützt.
Ich würde gern zu Ende sprechen; vielleicht hat sich die Frage dann erübrigt. - Es sind drei kurze Punkte. Erstens: Nötig sind die Streichung des Kooperationsverbotes in Artikel 104 b und die Durchsetzung einer Klarstellung hinsichtlich der Projektförderung des Bundes in der Gesetzesbegründung. Zweitens: Die Abweichungsmöglichkeiten der Länder bei Hochschulzulassung und Hochschulabschlüssen in Artikel 72 Abs. 3 müssen gestrichen werden. Drittens soll in Artikel 91 b eine allgemeine Kann-Kooperationsformel eingefügt werden, damit weiterhin im 17:0-Konsens Sonderprogramme für Schulen, Fachhochschulen und Hochschulen möglich bleiben.
Die notwendigen Änderungen sind weniger umfangreich als von vielen befürchtet und lassen den Bundesländern noch genügend Spielraum, das Hochschulwesen eigenständig zu gestalten. Daher geht nochmals unser Appell an die Reihen des Koalitionspartners, auch auf Bundesebene diese Änderungen mitzutragen; denn sie sind wichtig für Brandenburg und richtig für Deutschland. - Danke schön.
Frau Dr. Münch, würden Sie mir zustimmen, dass es sich bei den von Ihnen gerade genannten Punkten, die zwingend geändert werden müssen, im Wesentlichen um die Punkte handelt, die in unserem Antrag stehen und die Sie meiner Meinung nach wunderbar begründet haben?
Herr Jürgens, ich wiederhole: Einen Zwang zur Notwendigkeit gibt es nicht. Es gibt einen Zwang, die Föderalismusreform zu beschließen. Wir sind dabei, das auszuloten, was derzeit möglich ist. Der Ministerpräsident hat darauf hingewiesen, dass es
derzeit im Rahmen der Gespräche zwischen den Koalitionspartnern durchaus Signale gibt, Änderungen in diesen drei Punkten zuzustimmen. Wir setzen darauf, dass der Bundesgesetzgeber diese Dinge durchsetzt. Wir wären aber niemals bereit, dafür die gesamte Föderalismusreform zu gefährden. Deshalb ist Ihr Antrag nicht zustimmungsfähig. - Danke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Linksfraktion.PDS kritisiert die Föderalismusreform auch bezüglich der Kompetenz für die Hochschulen, und zwar sowohl hinsichtlich der Verantwortung für die Zulassung zum Studium und die Ausgestaltung des Studiums als auch und vor allen Dingen für den Hochschulbau. Nach ihrer Ansicht könnten ärmere Bundesländer durch die Reform benachteiligt werden. Gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland werde es nicht geben. Ferner werde vor allen Dingen die wichtige Forschung zweitrangig. Die ostdeutschen Länder würden beim Hochschulneubau stärker benachteiligt. Ich will versuchen, mit wenigen Argumenten zu belegen, dass Ihre Behauptungen zum größten Teil nicht zutreffen.
Die Föderalismusreform bedeutet einen Paradigmenwechsel. Kompetenzen werden verlagert, manchmal - Gott sei Dank! auch auf die Landesebene; denn dorthin gehören sie. Die Entscheidungen sollten möglichst dort getroffen werden, wo sowieso schon die Aufgaben wahrgenommen werden.
Der Bund hat künftig nur noch das Recht, den Zugang und die Abschlüsse zu regeln. Das andere verbleibt den Ländern. Beim Aus- und Neubau von Hochschulen wird nach einer Übergangszeit die Landesverantwortung die einzig wichtige sein. Es gibt keine Hochschulsonderprogramme mehr. Was den Hochschulbau betrifft, so ist besonders wichtig, dass 70 % der bisherigen Mittel - immerhin 700 Millionen Euro - zweckgebunden und nach einem neuen Verteilungsschlüssel an die Länder gegeben werden. 30 % bleiben für bedeutende überregionale Fördermaßnahmen beim Bund. Die Länder werden bis zum Jahre 2013 entsprechend ausgezahlt.
Die Mittelzuweisung errechnet sich aus dem Durchschnitt der Mittel, die die Länder in den Jahren 2000 bis 2003 bekommen und auch ausgegeben haben. Jene Länder, die insoweit engagiert waren, das heißt viel gebaut und entwickelt haben, ziehen daraus durchaus Vorteile. Auch Brandenburg gehört dazu. Wir erhalten laut Koalitionsvertrag des Bundes etwa 3,2 % oder 22,4 Millionen Euro. Das ist nicht schlecht. Es gibt also gewichtige Gründe, weswegen wir den Antrag ablehnen. Die staatlichen Aufgaben werden sinnvoll neu verteilt. Bund und Länder bekommen erweiterte Spielräume für ihre eigenen Schwerpunkte. Brandenburg kann mit den Veränderungen gut leben, weil sich keine finanziellen Nachteile, sondern eher Vorteile einstellen. Es ist nicht sinnvoll, das Paket gänzlich neu aufzuschnüren. Frau Kollegin Dr. Münch hat schon darauf hingewiesen, dass es entscheidend ist, überregionale, auch inter
Wenn ich in die Statistik blicke, finde ich Ihre Prognose, ärmere Bundesländer, vor allem die ostdeutschen, würden beim Hochschulneubau benachteiligt, nicht bestätigt. Ich habe es schon gesagt: Es gibt einen neuen Verteilungsschlüssel, der sich darauf bezieht, was das Land in den Jahren 2000 bis 2003 durchschnittlich aufgewendet, verbaut oder sonstwie investiert hat. Verglichen mit dem Königssteiner Schlüssel, der Steueraufkommen und Bevölkerungszahl berücksichtigt, bekommt Brandenburg geringfügig mehr, immerhin 330 000 Euro. Die Gewinner sind Sachsen, Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Bremen, das Saarland, Hamburg und Berlin, also auch alle neuen Länder. Nordrhein-Westfalen, Hessen, Niedersachsen, RheinlandPfalz und Schleswig-Holstein bekommen weniger. Unter den Letztgenannten ist kein neues Bundesland. Nach dem neuen Verteilungsschlüssel, der auch die Studentenzahlen berücksichtigt, bekommt Brandenburg sogar 9 Millionen Euro, also 1,3 % mehr. Das ist für uns wichtig, weil die Studentenzahlen in Brandenburg steigen. Unsere Hochschulen werden attraktiv. Die Landesregierung und wir als Parlament haben in den letzten Jahren viel getan. Dennoch ist im Hinblick auf Brandenburg als Hochschul- und Universitätsstandort noch etwas auszugleichen und nachzuholen, weil hier insoweit traditionell, seit Jahrhunderten, Defizite bestanden haben.
Kurz und gut: Die Föderalismusreform ist in großen Teilen ein guter Weg. Das, was Sie von der Linkspartei.PDS gerade für Brandenburg prognostizieren oder gar an die Wand malen, wird nicht eintreten. - Danke schön.
Herr Dr. Niekisch, recht herzlichen Dank. - Wir sind damit am Ende der Rednerliste angekommen. Ich stelle den Antrag der Linkspartei.PDS - Föderalismusreform: Hochschule -, Drucksache 4/2685, zur Abstimmung. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Land Brandenburg wird es in Kürze kein Umweltrecht mehr geben - zugegeben eine gewagte und bewusst provokante These. Betrach
ten wir aber die Intention der Föderalismusreform auf Bundesebene - hier im Land spielt das Thema in der Koalition offenbar keine große Rolle - und vergleichen diese mit den politischen Zielen auf Landesebene, liegt dieser Schluss nahe. Der Bund beabsichtigt, die Gesetzgebungskompetenz vollständig auf die Länder zu übertragen. Die Koalition in Brandenburg hat sich zum Ziel gesetzt, keine über bundesrechtliche Vorgaben hinausgehenden Regelungen zu treffen. Was bleibt da übrig?
Einen Vorgeschmack auf den Abbau des Umweltrechts haben wir mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung zum so genannten Bürokratieabbaugesetz erhalten. Die Beteiligung der Umweltverbände wird zum Teil gestrichen und die Gebührensysteme der Abfallzweckverbände brauchen zukünftig nicht mehr auf Abfallvermeidung ausgerichtet zu sein. Der Wettbewerb der Länder um die niedrigsten Umweltstandards ist somit eröffnet.
Meine Damen und Herren, wer meint, die Wirtschaft mit dem Abbau von Umweltstandards flottmachen zu können, irrt.
Dies ist ebenso ein Irrtum wie die neoliberale Auffassung, mit dem Abbau sozialer Standards wirtschaftlichen Aufschwung erzeugen zu können.
Lassen Sie mich auf die Gefahren hinweisen, die sich aus dem beabsichtigten Flickenteppich ergeben. Wird nicht die Zersplitterung des Umweltrechts zu einem für die Unternehmen nicht mehr tragbaren bürokratischen Aufwand führen? Eigentlich sollte doch längst ein Umweltgesetzbuch eingeführt worden sein, eine Idee, die die Unterstützung der Linkspartei findet. Gerade in der Vereinheitlichung der Normen und Standards und in der adäquaten Umsetzung der europäischen Vorgaben besteht doch die Chance, Umweltrecht zu vereinfachen, zu standardisieren und unbürokratischer zu handhaben. Das Umweltgesetzbuch macht aber keinen Sinn, wenn es von den Ländern gleich wieder außer Kraft gesetzt werden kann.
Denken wir an den Hochwasserschutz, ein durchaus aktuelles Thema. Wollen wir wirklich zulassen, dass es bei solchen Katastrophen 16 verschiedene Standards gibt? Soll es unterschiedliche Standards und unterschiedliche Deiche geben? Der Kerngedanke der Wasserrahmenrichtlinie besteht gerade darin, die natürlichen Flusseinzugsgebiete zum Maßstab, statt politische Grenzen zu Regelungsgrenzen zu machen.
Wir wollen ein Umweltgesetzbuch, das im Kern gut für die Umwelt und gut für die mittelständische Wirtschaft in dieser Republik ist.