Protocol of the Session on December 15, 2005

(Vietze [Die Linkspartei.PDS]: Ich höre zu!)

„Voraussetzung einer lebendigen Demokratie und eines toleranten Zusammenlebens ist ein ausreichender Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum der Kommune. Daher gilt es, die Eigenverantwortlichkeit unserer Landkreise, Städte und Gemeinden zu erhalten und möglichst auszubauen. Gemeindeordnung, Amtsordnung und Kreisordnung müssen mit diesem Ziel novelliert werden. Auch Reibungsverluste zwischen Verwaltung und Mandatsträgern müssen abgebaut und klare Verantwortungsstrukturen als Voraussetzung für erkennbare Verantwortungen nach außen geschaffen werden.“

In dem Zusammenhang haben wir das beschlossen, was hier vorgetragen wurde. Darum sagen wir: Sie wollen jetzt das, was zusammengehört, trennen nach dem Motto: Hier machen wir einmal eine kleine schnelle Nummer

(Heiterkeit und Beifall bei SPD und CDU)

und zeigen, wer marschiert. - Nein, dann marschieren Sie nicht, sondern Sie schreiben unsere Koalitionsvereinbarung ab, gehen nach vorn und sagen: Das ist unsere Idee. - Herzlich willkommen! Für den nächsten Antrag gebe ich Ihnen andere Texte aus der Koalitionsvereinbarung. Dieser Antrag ist abzulehnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD - Klein [SPD]: Ich weiß nicht, ob das stenografiert werden muss!)

Ich gehe davon aus, es war keine unsittliche Bemerkung, und bedanke mich bei dem Innenminister. - Für die Linkspartei.PDS-Fraktion erhält Herr Dr. Scharfenberg das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestern hieß es in diesem Haus noch vom Ministerpräsidenten: Ein Ruck geht

durch das Land! - Heute erleben wir in einer Schmierenkomödie,

(Zuruf von der SPD: Na, na!)

wie sich diese Koalition eigentlich bewegt. Die Koalitionspartner bremsen sich wieder gegenseitig aus.

(Zuruf des Abgeordneten Schulze [SPD])

Wenn Frau Stark zum Mittel der Gleichstellung der Anträge der PDS-Fraktion mit dem DVU-Antrag greifen muss, muss ich Ihnen sagen,

(Zuruf der Abgeordneten Stark [SPD])

ist das ein Zeichen dafür, dass Sie in Erklärungsnöten sind. Das ist weit unter der Gürtellinie.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Jetzt argumentieren Sie wieder damit, dass eine grundsätzliche Novellierung der Kommunalverfassung das leisten soll, was Sie bisher versäumt haben und worauf Sie sich bisher nicht einigen konnten.

Diese grundsätzliche Novellierung der Kommunalverfassung wurde bereits mehrfach angekündigt; es hat sie nur nicht gegeben. Sie stellen eine Komplexität her, die Sie nicht beherrschen werden. Das sage ich Ihnen jetzt schon voraus. Die Streitpunkte sind absehbar und Sie versuchen, dieses wichtige Anliegen damit auf die lange Bank zu schieben.

Ich sage Ihnen noch einmal: Die Direktwahl der Landräte ist nicht zuletzt deswegen wichtig - das ist unser Ansatzpunkt -, weil die Landräte in ihrer Position als Vertreter der Kommunen ihres Gebietsverbandes gestärkt werden sollen. Ich denke, wenn wir das Einschlagen dieses Wegs erreichen, dann ist das ein ganz wichtiges Signal; dafür setzen wir uns ein. Wir werden nicht zulassen, dass das auf die lange Bank geschoben wird. Wir werden uns dafür einsetzen, dass es die Direktwahl der Landräte gibt. Sie, meine Damen und Herren, werden sich an dem messen lassen müssen, was Sie heute hier verkündet haben.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herzlichen Dank. - Wir kommen zur Abstimmung. Die Fraktion der Linkspartei.PDS beantragt die Überweisung des Antrags in Drucksache 4/2221 zur federführenden Beratung an den Hauptausschuss sowie an den Ausschuss für Inneres. Wer dieser Überweisung zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen zur direkten Abstimmung. Wer dem Antrag in Drucksache 4/2221 zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 3 und rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Direktwahl der Landräte im Land Brandenburg

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 4/2258

Der Abgeordnete Schulze von der DVU-Fraktion hat das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Rahmen der öffentlichen Diskussion wurden viele Argumente gegeneinander abgewogen. Das hat schon die Debatte zum PDS-Antrag gezeigt, zu dem ich mich nicht mehr äußern möchte. Da die Argumente zur Einführung der Landratsdirektwahl in unserem vorliegenden Antrag ausreichend begründet sind, will ich mich darauf beschränken, die wesentlichen Gegenargumente der allgemeinen Diskussion zu diesem Thema zu entkräften.

Ein oft gehörtes Argument ist, dass der Landrat wegen der Doppelfunktion der Landratsämter auch Vertreter des Staates sei. Das zieht nicht, denn das trifft auch auf die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte zu, die ebenfalls direkt gewählt werden. Die Verstärkung direkter demokratischer Elemente hingegen ist geeignet, ein Stück Vertrauen des Bürgers in die öffentliche Verwaltung zurückzugewinnen. Wenn das Volk selbst verstärkt in Sachfragen und bei der Auswahl politischen Personals mitwirkt, kann dem Phänomen der so genannten Politikverdrossenheit gerade im Hinblick auf die Doppelfunktion der Landkreisverwaltung begegnet werden.

Wir als DVU-Fraktion haben uns in der Vergangenheit immer für ein Mehr an direkter Demokratie eingesetzt. Das zeigen unsere Anträge zur Änderung des Volksabstimmungsgesetzes, zur Einführung direkter demokratischer Elemente in das Grundgesetz usw. Das entspricht auch unserem Demokratieverständnis. In diesen Kontext gehört natürlich auch unsere Forderung nach der Einführung der Direktwahl der Landräte in Brandenburg.

(Beifall bei der DVU)

Meine Damen und Herren, Kommunalwahlen sind im Wesentlichen Persönlichkeitswahlen. Gerade im Bereich der Kommunen spielt die Bürgernähe der Akteure eine wichtige Rolle. Bei direkt gewählten Landräten kommt es mehr auf die Persönlichkeit und weniger auf die Parteizugehörigkeit an. Auch für die Landratswahl gilt: Sichere Landratsposten gibt es nicht; man muss insbesondere wegen des direkten Bürgerbezuges Mehrheitsparteikandidaten finden, die die Wähler überzeugen.

Vielfach wird das Kostenargument vorgebracht. Aufgrund der Größe der Landkreise würde die Landratswahl zu teuer werden bzw. müssten sich die Kandidaten allzu stark in die Abhängigkeit wirtschaftlicher Interessen begeben. Auch dieses Argument ist unzutreffend; denn wer allzu sehr mit lokalen Interessen verwoben ist, wird bei den Wählern weniger Chancen haben, gewählt zu werden, als ein Kandidat, der unbefangen und von allgemeinen Verfilzungen mit kommunalen Lobbys unabhängig ist.

Die Erfahrung mit der Direktwahl von Landräten in anderen Bundesländern hat gezeigt, dass schon ein allzu aufwändiger

Wahlkampf Kandidaten in den Augen der Wähler verdächtig macht, auch dann, wenn die Sponsoren nicht sichtbar sind.

Des Weiteren wird gegen die Direktwahl auch oft angeführt, dass so genannte Populisten und Freibierlandräte, die markige Worte daherreden könnten und bei jedem Vereinsfest mit von der Partie wären, bessere Chancen hätten. Wir als Fraktion, die sich als Anwalt des Bürgers gegenüber Behördenfilz und zunehmender Korruption auf allen Ebenen der Verwaltung versteht, finden das geradezu positiv; denn es zeigt die besondere Bürgernähe dieser Personen und ein bevorzugtes Potenzial zur Erringung von mehr Akzeptanz der öffentlichen Verwaltung beim Bürger sowie eine bessere Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Landkreis.

Unser Antrag trägt daher auch den berechtigten Anliegen der Bürgerinnen und Bürger nach mehr Demokratie Rechnung. Ich bitte daher um Ihre Zustimmung. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Die SPD und die CDU haben Redeverzicht angezeigt. Die Linkspartei.PDS verzichtet ebenfalls auf einen Redebeitrag. Auch die Landesregierung hat Verzicht signalisiert. Ich rufe deshalb noch einmal den Abgeordneten Schulze von der DVUFraktion auf.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn ich die Reaktion auf unseren Antrag sehe, frage ich mich schon, welches Demokratieverständnis die Vertreter der anderen Landtagsfraktionen haben.

(Beifall bei der DVU)

Die entscheidende Frage ist doch, ob die Volkswahl des Landrates die Chancen für qualifizierte Bewerber, die unabhängig, programmatisch, profiliert und durchsetzungsfähig sind, verbessern würde. Wir als DVU-Fraktion sind der Überzeugung, dass dem so ist. Schließlich hat die Mehrzahl der anderen Bundesländer in dieser Beziehung hinzugelernt und diesen Weg beschritten. Wieso sollte Brandenburg nicht die gleiche Lernfähigkeit besitzen? Bei den Bürgerinnen und Bürgern Brandenburgs jedenfalls habe ich da keine Zweifel.

Die Gegner der Direktwahl der Landräte kommen stets aus den etablierten Parteien, sie sind namentlich in den Kommunalparlamenten vertreten. Im Gegensatz zur Bevölkerung eines Landkreises haben in der Regel die von diesen Parteien stammenden Kreistagsabgeordneten ein starkes Interesse an schwachen Landräten, nicht nur, weil die Machtverteilung zwischen den Organen ein Nullsummenspiel ist. Was der eine gewinnt, geht auf Kosten des anderen.

Zudem gibt es ein handfestes Interesse der Bürgermeisterriege in den Kreistagen. Schließlich übt das Landratsamt über die kreisangehörigen Gemeinden die Kommunalaufsicht aus. Die Wahl des Landrates durch den Kreistag wie bisher macht den Amtsinhaber von den Bürgermeistern abhängig. Das möchte ich hier nur noch einmal betonen.

Zuletzt möchte ich noch die Damen unter den Anwesenden ansprechen. Die Einführung einer Direktwahl für Landräte wäre endlich eine Chance, mehr weibliche Kandidaten in eine dieser Führungspositionen zu lancieren, die unter den gegebenen Verhältnissen, nämlich der indirekten Einsetzung über die Kreistage, nach wie vor unterrepräsentiert sind.

Insgesamt, meine Damen und Herren, bitte ich Sie daher, unserem Antrag zuzustimmen.

Bezüglich des Antrags der PDS-Fraktion, die sich jetzt Linkspartei nennt, bitte ich zu bedenken, dass unser Antrag im Gegensatz zu Ihrem begründet ist. Unabhängig davon, ob Sie damit leben können, hat er letztlich das gleiche Ziel wie der Ihrige mit der Drucksachennummer 4/2221. Deswegen müssten auch Sie im Interesse Ihrer eigenen politischen Glaubwürdigkeit unserem Antrag zustimmen und wir könnten zumindest in dieser Sachfrage alle zufrieden nach Hause gehen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Nachdem nun die Redezeit erschöpft ist, kommen wir zur Abstimmung. Die Fraktion der DVU beantragt die Überweisung des Antrags in Drucksache 4/2258 an den Hauptausschuss zur federführenden Beratung und an den Ausschuss für Inneres. Wer dieser Überweisung zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Im Fall der Ablehnung des Überweisungsantrags hat die Fraktion der DVU namentliche Abstimmung über den Antrag in Drucksache 4/2258 beantragt. Ich bitte die Schriftführer, mit dem Namensaufruf zu beginnen.

(Namentliche Abstimmung)