Es sind wiederum Redezeiten von fünf Minuten vereinbart worden. Der Abgeordnete Jürgens beginnt für die Fraktion der Linkspartei.PDS.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich gleich vorweg sagen: Die Fraktion der Linkspartei.PDS steht einer Öffnungsklausel im Brandenburgischen Hochschulgesetz nicht im Wege. Die Rechtsform ist unserer Meinung nach ein eher untergeordnetes Thema. Von zentraler Bedeutung ist dagegen die Frage, ob die Hochschulen eine qualitativ hochwertige Forschung und Lehre gewährleisten können. Wenn dies durch die Änderung der Rechtsform erreicht werden kann, dann sollte man sich dem nicht verschließen. Allerdings muss das Ziel einer Änderung der Rechtsform - das bleibt die Begründung zu dem Gesetzentwurf leider schuldig - klar festgelegt werden.
Auch wenn über die konkrete Ausgestaltung einer jeden beantragten Änderung noch der Gesetzgeber zu entscheiden hat, so wäre die Formulierung einiger Grundprinzipien doch wünschenswert gewesen. So muss nach unserer Auffassung jede Hochschule unabhängig von der Rechtsform zum Beispiel garantieren können, dass so viele junge Menschen wie möglich unabhängig vom Geldbeutel der Eltern ein Studium absolvieren können. Jede Hochschule muss unabhängig von der Rechtsform den Prinzipien der Selbstverwaltung und der Demokratie Rechnung tragen, eine breite Meinungsfindung zulassen und Entscheidungen partizipativ und transparent fällen und sie muss unabhängig von der Rechtsform die Freiheit der Wissenschaft bewahren und fördern.
Diese Grundprinzipien sind es auch, die hinsichtlich der Öffnungsklausel einige Bedenken hervorrufen. Nicht ohne Grund sind Hochschulen über Jahrzehnte hinweg fast ausschließlich als Körperschaften des öffentlichen Rechts mit all den daraus folgenden Rechten und Pflichten organisiert. Diese Körperschaften sind Teil der öffentlichen Gewalt und verdeutlichen somit, dass auch Bildung im Hochschulbereich eine originäre staatliche Aufgabe ist. Für uns gilt weiterhin die Maxime, dass die akademische Bildung junger Menschen Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge ist.
Nun gilt auch weiterhin für Hochschulen in anderen Rechtsformen das Hochschulgesetz, aber zumindest die Tür hin zu einer Privatisierung des Hochschulsektors ist damit geöffnet. Sicherlich nicht ohne Grund will die Landesregierung laut der Begründung zu dem Gesetzentwurf innovativen Vorschlägen offen begegnen.
Des Weiteren besitzen Körperschaften das Recht der Selbstverwaltung durch ihre Mitglieder. Darin eingebettet sind unter anderem die Kollektivgremien wie der Senat, die Fakultätsräte und die autonome Studierendenschaft. Diese haben für ihre jeweiligen Bereiche teils umfangreiche Regelungshoheiten. Um die Hochschule als demokratische Institution zu erhalten, dürfen diese Kollektivgremien mit ihren Regelungshoheiten nicht durch externe Gremien entmachtet werden. Einige Erfahrungen aus Niedersachsen beispielsweise mit den dortigen Stiftungshochschulen zeigen aber leider diesen Trend. Es ist also durchaus eine Abwägung nötig, um den Fortbestand dieser und anderer Rechte von Körperschaften wie das der Abgabenhoheit oder der Satzungshoheit zu garantieren.
Nicht ganz unwichtig ist auch das Verfahren des Antrags. Obwohl es in dem Gesetzentwurf nur lapidar „auf Antrag der Hochschule“ heißt, hat Frau Ministerin Wanka in der letzten Woche im Wissenschaftsausschuss mehrfach betont, dass für den Antrag auf Änderung der Rechtsform eine breite Unterstützung in der Hochschule nötig sei. Insofern wäre es ein Leichtes gewesen, das Antragsverfahren konkreter zu fassen und die Zustimmung beispielsweise des Senats mit einem bestimmten Quorum festzuschreiben.
Die Gesetzesänderung kann im besten Fall einen Innovationsund Qualitätsschub in der Wissenschaftslandschaft Brandenburgs auslösen. Im schlimmsten Fall ist er ein Einfallstor für die Privatisierung und damit für die Einschränkung von akademischer Bildung.
Die Fraktion der Linkspartei.PDS steht angesichts dessen der Entwicklung kritisch, aber offen gegenüber. Die jeweiligen Anträge der Hochschule und die daraus resultierenden Gesetze werden wir jedenfalls sehr genau beleuchten und anhand der dargelegten Grundsätze hinterfragen.
Trotz unserer grundlegenden Bedenken werden wir nicht gegen den Gesetzentwurf stimmen; vielmehr wird sich die Mehrheit meiner Fraktion bei der Abstimmung der Stimme enthalten. Wir sind hinsichtlich der Ideen der Hochschulen zu Rechtsformen und der daraus hoffentlich resultierenden Entwicklung optimistisch und halten es ansonsten mit Mao Tsetung, der gesagt hat: Kritik soll zur rechten Zeit erfolgen, nicht erst, wenn das Unheil passiert ist. - Danke schön.
Vielen Dank für die chinesische Weisheit. - Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Bitte, Frau Dr. Münch.
„Beabsichtigt ist, die Voraussetzungen zu schaffen, den Hochschulen das Recht zur Berufung von Professorinnen und Professoren zu übertragen und zur Auswahl von Studierenden zu stärken sowie die leistungsorientierte Finanzierung weiter zu qualifizieren. Es ist zu prüfen, den Hochschulen als Pilotprojekt die Bauherreneigenschaft zu übertragen. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Umwandlung einer Hochschule in eine Stiftung werden geschaffen.“
Der vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des Brandenburgischen Hochschulgesetzes setzt diese Aufgabe aus dem Koalitionsvertrag um. Bei dem Gesetz, das wir heute verabschieden wollen, handelt es sich um eine Öffnungsklausel, die es ermöglichen soll, dass Hochschulen in eine andere Rechtsform umgewandelt werden können.
Die eigentliche Umwandlung soll auf Antrag der betroffenen Hochschule mit einem auf die jeweilige Situation zugeschnittenen Errichtungsgesetz erfolgen. Die konkrete inhaltliche und formale Ausgestaltung soll in enger Zusammenarbeit zwischen Hochschule und zuständigem Ministerium erfolgen.
Eine solche Umwandlung, bei der wohl hauptsächlich die Umwandlung in ein Stiftungsmodell infrage kommt, unterstützt das Bestreben des Gesetzgebers, die Hochschulautonomie konsequent zu stärken und weiterzuentwickeln.
Die Formulierung zum Antragsverfahren ist nicht lapidar, Herr Jürgens, sondern ist bewusst allgemein gehalten, um die Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten nicht unnötig einzuschränken und keine überflüssigen bürokratischen Hürden aufzubauen.
Die Formulierung „auf Antrag der Hochschule“ impliziert, dass die zuständigen Entscheidungsgremien der Hochschule, sprich: Präsidentin oder Präsident und Senat, diesen Antrag natürlich gemeinsam stellen. Das beinhaltet notwendigerweise eine qualifizierte Mehrheit der Senatsmitglieder. Aus dem Antrag sollte erkennbar werden, weshalb die Hochschule diese Rechtsformänderung anstrebt und welche Vorteile sie im Vergleich zur aktuellen Rechtsform erwartet.
Warum diese Öffnungsklausel? Der Gesetzgeber möchte es ohne einengende Vorbedingungen ermöglichen, dass sich Hochschulen nach eigener Entscheidung und aufgrund nachvollziehbarer, wichtiger Gründe in eine andere Rechtsform umwandeln können. Das Gesetz ermöglicht den Hochschulen mehr Autonomie bezüglich der Gestaltung der Hochschule selbst, aber auch bezüglich des Einwerbens von Spenden und Zustiftungen. Das bedeutet mehr Freiheit für die Hochschule, aber auch mehr Verantwortung, und es geht um das Gelingen der Balance zwischen dieser Freiheit und der Verantwortung. Dieses Mehr an Freiheit ist für eine zukunftsorientierte Entwicklung unserer Hochschulen notwendig und gewollt. Es be
deutet allerdings auch, dass der Landesregierung, die die Rechtsaufsicht über die Hochschule behält, gegenüber Rechenschaft abgelegt wird. Keinesfalls ist seitens des Gesetzgebers beabsichtigt, der Landesregierung ein weitreichendes Vetorecht bezüglich gestalterischer und inhaltlicher Vorhaben der Hochschule einzuräumen. Das würde dem Ziel von mehr Autonomie und Verantwortung frontal zuwiderlaufen.
In diesem Zusammenhang beobachten wir mit Sorge, dass es, wie auch der Presse von gestern zu entnehmen ist, zu einer gewissen Verhärtung der Positionen zwischen der derzeit betroffenen Hochschule Viadrina und dem Wissenschaftsministerium gekommen ist. Die Hochschule soll weitgehende Autonomie erhalten. Dass die Landesregierung berechtigterweise einen Anspruch auf Mitsprache über die Ziele und Aufgaben der Hochschule bzw. die Abrechenbarkeit der verwendeten öffentlichen Mittel hat, versteht sich von selbst. Beide Anliegen müssen miteinander in Einklang gebracht werden. Das kann zum Beispiel durch konkrete Zielvereinbarungen und auch durch das auf die jeweilige Hochschule zugeschnittene Errichtungsgesetz für die neue Rechtsform gelingen. Möglich wird das aber nur in einem gedeihlichen Miteinander und in einem von Vertrauen und wechselseitigem Respekt geprägten Dialog zwischen Hochschule und Ministerium. Nur ein auf diese Weise entstandenes Errichtungsgesetz ist für den Gesetzgeber letztlich auch zustimmungsfähig.
Wir hoffen, dass durch die Öffnungsklausel im Hochschulgesetz, über das wir heute abstimmen, eine unbürokratische und praktikable Möglichkeit eröffnet wird, unsere Hochschulen zukunftsfähig zu machen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Finanzierung der Hochschulen ist eine Investition in die Zukunft. Die DVUFraktion fordert nicht erst seit heute Bund und Landesregierung auf, die Schwerpunkte in den Haushalten so zu setzen, dass ausreichend Mittel für die Hochschulen zur Verfügung stehen. Die Förderung von Wissenschaft, Forschung und Lehre an Brandenburgs Hochschulen muss zu den politischen Schwerpunkten dieser Landesregierung gehören.
Die DVU-Fraktion hat schon mehrfach auf die prekäre Lage der Brandenburger Hochschulen hingewiesen. Es ist nicht länger hinzunehmen, dass Brandenburg seit Jahren zu den bundesdeutschen Schlusslichtern bei den Hochschulausgaben gehört. Den Brandenburger Hochschulen gehört jegliche Form der Unterstützung für mehr Autonomie, Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit zuerkannt. Damit sollten auch zusätzlich zur Grundfinanzierung neue Wege und Quellen der Hochschulfinanzierung erschlossen werden.
Mit dem vorliegenden Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Hochschulgesetzes will die Landesregierung nun die Möglichkeit eröffnen, staatliche Hochschulen auch in anderer Rechtsform zu führen. Bisher sind die Hochschu
len Körperschaften öffentlichen Rechts und zugleich staatliche Einrichtungen. Aufgrund der angespannten Haushaltslage und der notwendigen Stärkung der Hochschulautonomie wird von der DVU-Fraktion generell die Schaffung der Möglichkeit, Hochschulen in anderen Rechtsformen zu betreiben, begrüßt.
Mit dieser Änderung des Hochschulgesetzes sollen also die Voraussetzungen für die Anwendung anderer Rechtsformen geschaffen werden. Die Landesregierung zielt dabei insbesondere auf ein Stiftungsmodell als Stiftung öffentlichen Rechts. Aber auch andere Modelle und Rechtsformen werden für denkbar gehalten. Letztlich wird es auf die Ausgestaltung und Kontrollmöglichkeiten der entsprechenden Gesetze - hierbei insbesondere des beabsichtigten Stiftungserrichtungsgesetzes - ankommen.
Unabdingbar wird es auch weiterhin notwendig sein, die langfristige Finanzierung der Stiftungshochschulen bzw. -universitäten aus staatlichen Mitteln zu sichern, weil das Stiftungsvermögen zu geringe Erträge abwirft. Natürlich bleibt auch die Hoffnung auf potenzielle Spender und Zustifter. Entscheidend für die Stiftungshochschulen und deren potenzielle Förderer wird allerdings sein, dass die zusätzlichen Mittel nicht auf die staatliche Förderung angerechnet werden. Die Landesregierung sollte dabei beachten, dass gerade potenzielle Zustifter bzw. auch die interessierten Hochschulen wissen wollen, welche Dauerhaftigkeit die Stiftungen öffentlichen Rechts haben. Interessant dürfte auch sein, welche Lösungsmöglichkeiten angedacht werden, um eine Kontrolle der bestimmungsmäßigen, wirtschaftlichen und sparsamsten Verwendung öffentlicher Mittel sicherzustellen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Jürgens, dass bei der Frage, was originär staatliche Aufgaben sind, oder bei der Frage, ob durch private Stiftungshochschulen das Privileg, zu studieren und Bildung zu akquirieren, möglicherweise eingeschränkt wird, unsere Meinungen auseinander gehen, will ich ja noch eingestehen. Aber dass Sie im Jahre 2005 in einem frei gewählten, demokratischen Parlament, Mao Tsetung, einen der großen Schlächter und Massenmörder des 20. Jahrhunderts, zitieren, kann ich jedenfalls nicht hinnehmen, und ich möchte das hier einmal ausdrücklich festgehalten wissen.
Das gehört für uns immer dazu, wenn Sie von „demokratischer Partei“ reden und sich dazu zählen: Genau das heute, am 9. November 2005, von Ihnen Geäußerte fällt uns dann ein, wenn Sie dies für sich in Anspruch nehmen.
Meine Damen und Herren, es geht um einen scheinbar eher nüchternen und trockenen Gegenstand, nämlich darum, dass wir zum zweiten Mal das Brandenburgische Hochschulgesetz ändern. Bisher war es so, dass Hochschulen nach § 58 des
Hochschulrahmengesetzes des Bundes in der Regel Körperschaften des öffentlichen Rechts, also staatliche Einrichtungen, waren. Das Land Brandenburg hat das mit seinem Hochschulgesetz noch relativ enger gefasst. Möglichkeiten gab es auf Bundesebene. Bei uns gilt bisher nur der Regelfall, dass Hochschulen Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. Ausnahmen gibt es nur noch in enger gefasster Richtung, zum Beispiel dergestalt, dass die Fachhochschule der Polizei oder die Fachhochschule der Finanzen gemäß Landesorganisationsgesetz Einrichtungen des Landes sind.
Das wollen wir jetzt ändern. Wir wollen aufgrund der sich verschlechternden Haushaltslage und auch aufgrund eines aktuellen Beispiels, einer aktuellen Bemühung aus Richtung Frankfurt an der Oder, das Gesetz erweitern und die Möglichkeit schaffen, andere Organisationsformen zu finden. Das aktuelle Beispiel betrifft die Umwandlung der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) in eine deutsch-polnisch-französische Stiftungsuniversität, was nicht ganz leicht ist. Aber die gesetzlichen Voraussetzungen dafür müssen wir schaffen.
Die Grundlagen, denen wir uns zu stellen haben, die veränderten Rahmenbedingungen der öffentlichen Haushalte und vor allen Dingen das Bestreben, die Autonomie, also die Selbstverwaltung der Hochschulen, zu stärken, sind der Hintergrund dafür. Ältere Bundesländer haben damit Erfahrungen gemacht und gesetzliche Voraussetzungen in ihren Hochschulgesetzen verankert - Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und das Saarland -, aber die neuen Bundesländer sind bisher kaum oder noch nicht diesen Weg gegangen. Also sind wir die Ersten, und ich denke, das ist gut und auch zu begrüßen.
Der erste Schritt, der gegangen wird, ist natürlich der, dass staatliche Hochschulen von der herkömmlichen Rechtsform in eine Stiftung des öffentlichen Rechts umgewandelt werden. Aber auch dabei kann man sich noch anderes vorstellen. Deswegen wird die Öffnungsklausel, die wir in Abschnitt 1 § 2 vornehmen wollen, sehr allgemein sein, damit wir auch noch andere Möglichkeiten schaffen, Hochschulen und Universitäten zu organisieren.
Eingebracht werden muss dieses Anliegen selbstverständlich von der Präsidentin oder dem Präsidenten einer Hochschule. Es sollte gut formuliert sein und sich auch auf eine ausreichende Mehrheit des Senats stützen.
Ich denke, dass es auch finanziell interessante Möglichkeiten gibt, die man in Betracht ziehen muss. Es geht zum Beispiel um die Zustiftung und darum, dass man Immobilien oder Grundstücke übertragen kann, die bei Steuermodellen oder Erstattungen natürlich auch in Anschlag gebracht werden können, oder dass es zum Beispiel Steuermodelle für diejenigen, die stiften und zustiften wollen, die sich so für die Hochschulen engagieren, gibt.