Protocol of the Session on June 9, 2005

Bei den Veranstaltungen in Neuruppin am 2. Juni 2005 und in Cottbus am 3. Juni 2005 wurde den regional zuständigen Abgeordneten der PDS-Fraktion der Zutritt zu diesen Veranstaltungen verwehrt. Nach Zeitungsberichten vom 7. Juni sei dem Abgeordneten Thomas Domres der Zutritt sogar durch den Ministerpräsidenten höchstpersönlich verweigert worden.

Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie diesen skandalösen Umgang mit demokratisch legitimierten Volksvertretern?

Es antwortet der stellvertretende Ministerpräsident, Herr Schönbohm.

Herr Präsident, ich darf die Frage von Frau Mächtig gleich mit beantworten.

Frau Kollegin Enkelmann und Frau Kollegin Mächtig, zu den Standortkonferenzen hat die Landesregierung bewusst einen relativ kleinen Kreis von Teilnehmern eingeladen. Diese Konferenzen dienen der Urteilsbildung der Landesregierung. Insoweit sind sie verwaltungsinterne Vorgänge. Diese Konferenzen setzen sich aus den Vorständen der jeweiligen regionalen Planungsgemeinschaften, den Vertretern der IHK, der Handwerkskammer, des Unternehmerverbandes, des Bauernverbandes, des DGB sowie der örtlichen Tourismusverbände zusammen. Der Landesregierung geht es dabei neben Informationen über den Stand ihrer konzeptionellen Überlegungen zur Neuausrichtung der Förderpolitik um einen offenen Dialog mit den unmittelbar Betroffenen.

Die positiven Erfahrungen der bisherigen Konferenzen haben gezeigt, dass das persönliche Gespräch - alle Konferenzteilnehmer haben die Chance, zu Wort zu kommen - in diesem Rahmen sinnvoll geführt werden kann. Wir werden daher die beiden ausstehenden Konferenzen in Kleinmachnow und Beeskow in dieser Form beibehalten.

(Zurufe von der PDS)

Ich weiß, dass man das auch anders sehen kann, aber wir haben uns im Kabinett auf diesen Weg geeinigt und werden das Vorgehen auch gemeinsam vertreten.

Wir gehen aber davon aus - es handelt sich nicht um eine geheime Kommandosache, sondern es dient der Vorbereitung der Urteilsbildung der Landesregierung -, dass die Kreistage bzw. Stadtverordnetenversammlungen von den jeweiligen Verwaltungsspitzen in die weitere Erörterung einbezogen werden, wie sie sie mit den Verbandsvertretern in einer breiten Diskussion in den jeweiligen Verbänden erwarten.

Die Landtagsabgeordneten werden durch die Landesregierung fortlaufend und vorrangig auf dem üblichen Weg informiert. Ich möchte diesbezüglich nur auf die aktuelle Debatte des 2. Demografieberichts hinweisen. Dem Kollegen Domres wurde der Zutritt zu der Standortentwicklungskonferenz in Neuruppin verwehrt, weil er - wie er wusste - dazu nicht eingeladen war. In dieser Gleichbehandlung mit den anderen Landtagsabgeordneten vermag die Landesregierung keinen skandalösen Umgang mit demokratisch legitimierten Vertretern zu sehen. Die Beteiligung der Bürgermeister wie auch der Landtagsabgeordneten am weiteren Diskussionsprozess muss gesichert werden. Der begonnene Meinungsbildungsprozess wird fortgeführt und zwar - aufgrund der jetzt gesammelten Erkenntnisse gemeinsam mit den Bürgermeistern und den Mitgliedern des Landtags.

Danke. - Es gibt eine Reihe von Nachfragen. Es wurden mir fünf Wortmeldungen angezeigt und ich bitte Sie, sich kurz zu fassen. Frau Dr. Enkelmann als Erste, bitte.

Herr Innenminister, Sie haben gesagt, es sei keine geheime Kommandosache. Es interessiert mich doch: Welche Geheimnisse sind denn auf diesen Standortentwicklungskonferenzen gelüftet worden, die den Abgeordneten des Parlaments sozusagen vorenthalten werden sollten?

Zweitens haben Sie gesagt, dass diese Konferenzen der Urteilsbildung der Landesregierung dienen. Meinen Sie nicht, dass sich auch der Gesetzgeber dieses Landes, also das Parlament rechtzeitig ein Urteil bilden sollte?

Wir schließen die Frage von Herrn Domres gleich an.

Herr Minister, ich habe zwei Nachfragen.

Erste Frage: Die Standortentwicklungskonferenzen sind fast gelaufen. Wie wird die Landesregierung künftig die - mehrfach angekündigte - offene und transparente Diskussion organisieren, damit Bürgermeister, das heißt die Kommunalebene, die Landtagsabgeordneten und die Landesregierung gemeinsam diskutieren können?

Zweite Frage: Können Sie nachvollziehen, dass sich Abgeordnete nicht ausreichend durch die Landesregierung informiert

fühlen, weil sie ständig nur Informationen aus Materialen bekommen, die auf Pressekonferenzen verteilt werden?

Wir sollten eine Antwortrunde einschieben. Danach können die drei nächsten Fragen gestellt werden.

Bei uns gilt die Gewaltenteilung. Sie kann relativ einfach beschrieben werden; das ist schon bei Montesquieu nachzulesen. Dort ist vom Gesetzgeber - das sind Sie - und von uns, der Exekutive, die Rede. Die Exekutive ist dabei, Vorschläge für eine Entscheidung vorzubereiten. Das muss auch einmal intern möglich sein. Lesen Sie Montesquieu, das hilft unheimlich!

(Jürgens [PDS]: Ja, genau! Er meint eine strikte Trennung und kein und/oder!)

Herr Jürgens, Sie sind nicht dran.

(Zuruf von der PDS: Wir haben gebildete Leute!)

Ich weiß, dass wir gebildete und gewählte Leute unter uns haben; aber gewählt sind sie alle.

(Heiterkeit bei der SPD - Oh! bei der PDS )

Wenn Sie mir diesen Vorwurf machen, dann nehme ich ihn auf. Ich darf die Frage beantworten: Auch ich halte in meinem Haus viele Besprechungen ab, ohne dass ich Abgeordnete dazubitte. Das ist ein normaler Vorgang.

(Zuruf von der PDS: Sie sind doch selbst Abgeordneter!)

- Ja, ja!

Wenn es in die Entscheidungsphase übergeht, werden Ihnen die Unterlagen zur Verfügung gestellt. Sie werden genügend Zeit, Raum und Möglichkeiten haben, sich ein sachkundiges Urteil aufgrund Ihrer breit gefächerten, nach unterschiedlichen Regionen geordneten Erfahrung zu bilden. Dann werden wir hier darüber debattieren. Ob Bernau oder Strausberg - alles wird dann auf den Tisch kommen. Gleiches gilt für Kleinmachnow, Stahnsdorf und Teltow.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Wir nehmen Sie beim Wort!)

Von daher verstehe ich die Aufregung nicht. Der Grund scheint zu sein, dass ein gewählter Abgeordneter an einer Veranstaltung teilnehmen wollte, zu der er nicht eingeladen war. Deshalb ist er gebeten worden, nicht daran teilzunehmen. Das ist ein normaler Vorgang. Man kann doch nur dann teilnehmen, wenn man eingeladen worden ist.

(Beifall des Abgeordneten Schulze [SPD])

Es sei denn, Sie haben ein anderes Verständnis von Parlament und Regierung. Dann müssen wir darüber noch einmal diskutieren.

(Schulze [SPD]: Und keine Kinderstube!)

Ich habe es vorgetragen: Es geht um eine Urteilsbildung der Landesregierung. Da ist nichts geheim. Es ist aber erst im Werden. Sie können sich parallel dazu Ihr Urteil bilden und dann eine Kontroverse beginnen. Das macht Ihnen doch viel mehr Spaß, so wie ich Sie kenne.

Herr Domres, Entscheidungen stehen im Augenblick nicht an. Wenn sie anstehen, werden Sie rechtzeitig eingebunden. Dann werden wir gemeinsam diskutieren.

Es folgen die nächsten drei Fragen. Herr Abgeordneter Otto beginnt.

Herr Minister, wäre es für die „Urteilsbildung“, wie Sie es bezeichnet haben, nicht günstiger gewesen, wenn auch die Bürgermeister eingeladen worden wären? Ich weiß, dass sich der Bürgermeister von Spremberg bemüht hatte, an der Beratung teilzunehmen; er wurde ausgeladen. Ich hatte ebenfalls das „Glück“, ausgeladen zu werden.

Vor dem Hintergrund der von Ihnen genannte Gewaltenteilung und der Beurteilung von Entscheidungen der Verwaltung durch die Abgeordneten halte ich es für günstig, die Abgeordneten einzubeziehen, damit sie den Gedankengang der Verwaltung nachvollziehen können. Wie stehen Sie dazu?

Die nächste Frage stellt Frau Tack.

Herr Minister, wir sind weniger aufgeregt. Ich will Sie nur daran erinnern, dass sich auch die Kollegen Ihrer Fraktion über die Presse - ich glaube, von Frau Funck habe ich etwas gelesen über diese Verfahrensweise sehr gewundert und ihr Recht eingefordert haben, teilzunehmen.

(Klein [SPD]: Die wurden aber auch ausgeladen!)

- Das ist peinlich genug.

Sie hat doch gar nicht teilgenommen. Frau Funck geht nur dorthin, wohin sie eingeladen worden ist; sie ist eine Dame.

Meine erste Frage lautet: Wie wollen Sie in diesem Prozess die vom Ministerpräsidenten kürzlich auf dem 1. DemografieKongress eingeforderte Kommunikation und Transparenz herstellen und die Akzeptanz der gewählten Regionalräte vor Ort in den Standortentwicklungskonferenzen sichern, wenn sie

nicht eingeladen sind? Ich will daran erinnern, dass es im Land Brandenburg eine kommunal verfasste Regionalplanung gibt, das heißt, die Regionalräte - Bürgermeister, kommunale Abgeordnete und andere Experten - sind gewählt. Wie wollen Sie Transparenz, Kommunikation und Akzeptanz herstellen?

Ich habe eine zweite Frage. Sie haben vorhin gesagt, das Parlament werde informiert. Auf welche Art und Weise wollen Sie das Parlament informieren? Wird für jede Standortentwicklungskonferenz, die stattgefunden hat, ein schriftlicher Bericht vorgelegt? Wie soll das aussehen? Wir hätten ein großes Interesse an diesem Material.

Herr Sarrach stellt die letzte Frage zu diesem Thema.

Herr Minister Schönbohm, es gibt eine Vielzahl von Veranstaltungen, die mehr oder weniger offiziell oder halboffiziell, mit schriftlicher oder ohne schriftliche Einladung im Raum stehen. Gerade über die Standortkonferenzen ist auch durch Leiter von Planungsgemeinschaften informiert worden. Habe ich Sie recht verstanden, dass der Personenkreis, der auf den Standortkonferenzen zusammenkommt, nicht jenen innerdienstlichen Charakter trägt, der im Übrigen bei Dienstberatungen in Ihrem Hause zu vermerken ist, und dass - zweitens - durch die Informationen, zuletzt heute in diesem Hause, zu den beiden noch ausstehenden Konferenzen die Abgeordneten aus diesem Bereich jetzt Kenntnis von diesem Termin haben, dass ihnen aber, wenn sie dort erscheinen, im Sinne der Gleichberechtigung der Zutritt verwehrt wird, weil die übrigen deswegen nicht erschienen sind, weil sie zu diesem Termin nicht erscheinen wollten?

Kollege Sarrach, die letzte Frage war so kompliziert, dass ich damit beginnen möchte. Wenn ich Ihre Frage recht verstanden habe, möchten Sie wissen, ob wir im Rahmen des Gleichheitsgrundsatzes dabei bleiben, zu den beiden noch ausstehenden Standortkonferenzen die Kollegen nicht einzuladen. Ich habe mich bemüht, bereits in meiner Antwort auf die Mündliche Anfrage zu verdeutlichen, dass dies aus den von mir genannten Gründen nicht vorgesehen ist. Ich habe mich um eine kurze Antwort bemüht; ich wusste nicht, dass ich hier so lange stehen würde; dann hätte ich auch länger reden können.