Unklar ist auch die weitere Finanzierung durch die Mitgliedsstaaten. Deutschland und fünf weitere Nettozahler fordern, 1 % des Bruttosozialprodukts als Beitrag an die EU zu zahlen. Avisiert von der EU sind 1,14 %, in dieser Höhe jedoch wahrscheinlich nicht realisierbar. Die 0,14 % Differenz entsprechen einer Summe von 14 Milliarden Euro. Es ist angedacht, sie ab 2007 zur Finanzierung der ländlichen Räume zu verwenden. Je nach Einigung über die Beitragshöhe ist jetzt schon relativ sicher, dass diese 14 Milliarden Euro für die Entwicklung des ländlichen Raumes anteilig auch in Brandenburg nicht mehr im bisherigen Maße zur Verfügung stehen werden.
Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die neue EUAgrarförderung einen Strukturwandel beschleunigt. Es ist in erster Linie ein Aussteigerprogramm zur Reduzierung der Überproduktion. Die Anforderungen an das unternehmerische Handeln werden enorm steigen. Die Devise „Weiter so wie bisher!“ ist nicht mehr erfolgreich. Es gibt keinen Weg mehr für alle, aber für alle einen Weg. Der verordnete Ausstieg bzw. die Reduzierung der Produktion kann einer dieser Wege sein. Er wird gerade in Brandenburg aufgrund der Standortfaktoren das Ergebnis mit allen damit verbundenen Konsequenzen für den Arbeitsmarkt und die Lebensfähigkeit der ländlichen Räume sein. Visionen von einer Steigerung der Tierbestände und der Veredlungsproduktion, Herr Minister Dr. Woidke, sind zwar wünschenswert; sie sind aber noch im dichten Nebel.
zukünftige Agrarpolitik in Kombination mit dem Haushalt ein verantwortungsbewusstes Handeln des Parlaments mit seinem Fachausschuss und den berufsständischen Vertretungen voraussetzt. Bisher ist es uns gelungen; ich kann nur hoffen, dass es so bleibt. Viele Probleme - es wurde bereits angesprochen - haben wir noch zu lösen. Demzufolge stimmen wir dem Einzelplan 10 zu.
Ein Wort sei mir persönlich hinsichtlich der Vorgänge in Elsterwerda bei der Demo von Milchbauern vor der Molkerei noch erlaubt, da sie indirekt auch das Ergebnis der aktuellen Agrarpolitik sind. Das Pro und Kontra der Organisation und des Polizeieinsatzes kann und will ich nicht bewerten. Dies bedarf einer sachlichen Klärung. Ich mache nur darauf aufmerksam, dass sich aufgrund der Kombination der aktuellen Agrarpolitik mit anderen negativen Entwicklungen, die nicht im Handeln der Landwirte begründet sind, unter ihnen, besonders unter den Milchbauern, zunehmend eine Stimmung breit macht, die ich mit einem Satz charakterisiere: Des Landwirts Seele kocht.
Ein sehr sensibles Handeln ist notwendig, sowohl bei der Nachbesserung der Agrarförderanträge und deren Kontrolle als auch bei möglichen Protestaktionen. Das geht sowohl an die Adresse unseres Agrar- als auch unseres Innenministeriums. Wenn viele Landwirte, die ihrerseits härter als viele andere Berufsgruppen arbeiten müssen, dann noch feststellen, dass sie durch die Preissituation um die Früchte ihrer Arbeit gebracht werden, und den Verlust ihres Eigentums vor Augen haben, ist es nicht verwunderlich, wenn sie darüber nachdenken, mit welchen Mitteln man auf diese Situation reagiert und die Gesellschaft zum Nachdenken zwingt. Wie würden Sie reagieren, wenn zum Beispiel anstatt einer Demo einmal das Tagesgemelk von unseren 175 000 Kühen im Land, rund 4,5 Millionen Liter Milch, nicht in der Molkerei, sondern auf der Straße landeten? Sie ist ja nichts mehr wert, weniger als Mineralwasser; so gesehen ist das kein großer Verlust. In Frankreich wäre das längst passiert.
Ich kann nur hoffen, dass die Vorgänge in Elsterwerda das Ende und nicht der Anfang derartiger Aktionen sind. Mitwirken können wir dabei alle und vor allem stehen wir dazu in der politischen Pflicht. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Helm. - Wir setzen mit dem Beitrag der DVU-Fraktion fort. Der Abgeordnete Norbert Schulze spricht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Platzeck-Plan vertreibt Kommunen aus Brandenburg“, so oder ähnlich war es vor kurzem in vielen Zeitungen zu lesen. Aufgrund Ihrer so genannten neuen Leitlinien, Herr Ministerpräsident Platzeck, werden die Randregionen Brandenburgs immer mehr abgeschrieben. Sie sollen weniger Fördergelder bekommen, die Infrastruktur soll abgebaut bzw. nicht mehr erneuert werden. Daher gibt es an der Landesgrenze Überlegungen, Brandenburg
den Rücken zu kehren und stattdessen den Wechsel nach Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern zu erwägen.
So erkundigte sich Sprembergs Bürgermeister bereits, wie ein Wechsel von Brandenburg nach Sachsen funktioniert, denn das Thema wird von den Sprembergern heftig diskutiert. Spremberg befürchtet, dass es den Status als Mittelzentrum verliert, wogegen sich die Bürger verständlicherweise wehren. In Putlitz in der Prignitz - um ein weiteres Beispiel zu nennen - werden die Rufe nach einem Länderwechsel in Richtung MecklenburgVorpommern lauter. Auch andere Kommunen in der Prignitz wollen sich anschließen.
Als Grund dafür wird angegeben, dass kein Ort in der Prignitz nach der neuen Landesplanung Wachstumskern werden soll.
Brandenburg muss sich also etwas einfallen lassen, wenn sich die ländlichen Regionen an den Landesgrenzen jetzt schon überlegen, dem Land den Rücken zu kehren. Da können Sie, meine Damen und Herren von der Landesregierung, lange von Standortförderung oder davon faseln, die Randregionen seien nicht vergessen. Wenn die dortigen Kommunen vergeblich auf weniger Bürokratie und mehr Fördermittel warten, müssen sie am Ende doch selbst sehen, wo sie bleiben. Da helfen beschwichtigende Ministerworte nicht weiter.
Wenn sie schon so weit denken, in ein anderes Bundesland zu wechseln, dann muss die Not in diesen ländlichen Regionen an den Landesgrenzen recht groß sein, denn ein solches Prozedere erfordert viel Ausdauer und Nerven. Aber wenn das Geld fehlt, ist es den Kommunen letztendlich egal, woher die langfristige Besserung ihrer Finanzlage kommt, denn für Lokalpatriotismus können sie sich nun einmal nichts kaufen.
Herr Ministerpräsident Platzeck und meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, ein schlechteres Zeugnis Ihrer politischen Unfähigkeit und Unwilligkeit, die Probleme gerade in den ländlichen Regionen Brandenburgs zu lösen, konnten Sie sich überhaupt nicht ausstellen, als durch Ihre neuen Pläne, mit denen Sie inzwischen nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern sogar die Kommunen in den Randregionen aus Brandenburg vertreiben.
Die lange Zeit vernachlässigten demografischen Fragen sind dadurch - das ist das durchaus Positive dabei - wieder ins Zentrum des politischen Interesses gerückt. Eng verknüpft damit sind raumordnerische, strukturpolitische und ökologische Fragen, denn insbesondere der ländliche Raum wird in noch stärkerem Maße als jetzt schon unter dem Damoklesschwert des Ausblutens und eines weitgehenden Verlustes insbesondere seiner jungen und besser qualifizierten Menschen leben müssen.
Wir von der DVU-Fraktion wollen und werden jedoch eine derartige Entwicklung nicht fatalistisch hinnehmen, die darauf zielt, die berlinfernen Regionen Brandenburgs bevölkerungsmäßig gezielt auszubluten und veröden zu lassen, und die Sie mit Ihrer kurzfristigen „Clusterpolitik“ im Speckgürtel rund um Berlin auch noch zu forcieren versuchen.
Bei der Schaffung beruflicher Perspektiven in den dünn besiedelten Räumen unseres Landes spielt die Landwirtschaft nach wie vor eine große Rolle. Es ist für uns vor diesem Hintergrund daher nicht nachvollziehbar, dass im Einzelplan 10 des Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz die Gesamtausgaben der nächsten beiden Jahre um die irrsinnige Summe von 65 712 000 Euro gekürzt werden sollen, allein die Ausgaben für Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen um fast 50 Millionen Euro. Auch der Abbau von 313 Stellen insbesondere im Bereich der Forstwirtschaft wirkt nicht gerade arbeitsmarktfördernd.
Dabei geht es der Landwirtschaft in Brandenburg schlecht. Wie aus dem Agrarbericht 2004 hervorgeht, befinden sich die landwirtschaftlichen Betriebe in Brandenburg in einer miserablen wirtschaftlichen Lage. Die Preise landwirtschaftlicher Produkte sanken vor allem bei Milch und Fleisch um insgesamt 4,8 %, während die Kosten für Energie, Treibstoff, Berufsgenossenschaft usw. massiv anstiegen und weiter ansteigen.
In aller Munde sind inzwischen die geradezu ruinösen Milchpreise, die besonders von Lebensmitteldiscountern erzwungen wurden. Landauf, landab protestierten und protestieren Brandenburger Landwirte vor Discountgeschäften und Verbrauchermärkten. In Elsterwerda wurde eine Bauerndemonstration vor dem Campina-Milchwerk kürzlich sogar mit brutaler Polizeigewalt aufgelöst.
Niedrige Erzeugerpreise vernichten Arbeitsplätze und verhindern Investitionen. Bei Kosten von 30 bis 34 Cent je Liter Milch bekommen Landwirte derzeit nur 26 Cent je Liter als Grundpreis von den Molkereien. Hier drängt sich einem unweigerlich die Frage auf, inwieweit es sich dabei um gezielte Existenzvernichtung unserer Bauern handelt. Unter den heutigen Bedingungen verwundert es nicht, dass sogar große landwirtschaftliche Betriebe mittlerweile Insolvenz anmelden. So verkaufte im Dezember 2004 die Prötzeler Landwirtschaftsgesellschaft bei Strausberg ihre Kühe mitsamt der Milchquote.
Viele Milchbauern im Oderland befürchten ein ähnliches Schicksal. Der Vorsitzende der Agrargenossenschaft Oderbruch in Zechlin, Herr Roberto Thiele, erklärte:
„Wir mussten Kredite aufnehmen, um unsere Milchviehanlagen zu modernisieren. Jetzt haben wir Spitzenmilcherträge, können aber selbst damit kaum rentabel produzieren.“
Andererseits soll nun, wenn es nach Ihnen geht, Herr Minister Woidke, für stillgelegte Agrarflächen weniger Prämie gezahlt werden. Einerseits treibt man also die Landwirte systematisch über die Preise sowie eine ruinöse Bürokratie auf EU- und Landesebene in den Ruin, und dann zahlt man ihnen, wenn sie Flächen stilllegen oder ganz aufgeben, sogar noch ein Almosen.
letzten Jahr laut Agrarbericht gut 150 Millionen Euro an Ertragsausfällen zu verkraften. Der Landesbauernverband war bei seinen Kalkulationen sogar von 250 Millionen Euro Verlusten ausgegangen. Bei einer Anzahl von 6 709 Betrieben ergibt dies einen durchschnittlichen Verlust von 22 400 Euro pro Hektar oder umgerechnet auf ca. 39 000 landwirtschaftliche Arbeitskräfte durchschnittlich 3 900 Euro je Arbeitskraft und Jahr.
Obwohl von Bund und Land wegen des Hochwassers 2002 und der Dürre 2003 rund 29 Millionen Euro zur Existenzsicherung ausgegeben wurden, gaben allein im letzten Jahr ca. 200 landwirtschaftliche Betriebe oder 3 % aller landwirtschaftlichen Betriebe auf. In diesem Jahr wird es nicht besser. In der Landwirtschaft drohen wegen des überraschenden Kälteeinbruchs seit April erhebliche Frostschäden. In der Uckermark sind etwa 90 % des Rapses geschädigt. Auch Zuckerrüben und Gerste weisen zum Teil erhebliche Frostschäden auf. Betroffen ist vor allem das Gebiet entlang der Oder. Aber auch aus der Lausitz und dem Spreewald wurden Schäden gemeldet. In anderen Regionen unseres Landes sind beispielsweise das Getreide und sogar der Spargel betroffen.
Hilfe ist daher für die landwirtschaftlichen Betriebe in Brandenburg mehr als erforderlich. Das sind die Fakten, das belegen die Zahlen. Daher wurde von unserer Fraktion der Antrag gestellt, die Schuldendiensthilfen für landwirtschaftliche Unternehmen mit dem Titel 26 210 im Kapitel 10 032 mit 1 Million Euro aufzufüllen, um damit zumindest den geschädigten Landwirten den Zugang zu zinsgünstigen Darlehen zu ermöglichen.
Dass es angesichts der Lage auf dem Milch- wie auf dem Fleischmarkt für viele Betriebe notwendig ist, neue wirtschaftliche Nischen zu suchen, dürfte Ihnen, meine Damen und Herren, eigentlich auch klar sein. Eine solche Nische ist die Entwicklung nachwachsender Rohstoffe, die angesichts des dramatischen Anstiegs der Energiekosten allerorten in Zukunft sogar zu einem energiepolitischen Generalthema werden dürfte. Mit einem Änderungsantrag fordern wir daher, die Zuschüsse zur Entwicklung innovativer Produktionstechnologien „Nachwachsende Rohstoffe“ mit 200 000 Euro auszustatten, damit hier landwirtschaftlich umsetzbare Pionierarbeit geleistet werden kann. Diese Mittel sind hier besser angelegt als bei der Verbandsförderung.
Den Einzelplan 10 des Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz lehnen wir aufgrund der von mir aufgezeigten Mängel selbstverständlich in Gänze ab. Ich bedanke mich.
Ich möchte mich als Mitglied dieses Parlaments dagegen verwahren, dass in der politischen Debatte zu einem Haushalt des Landes Brandenburg mit Begriffen wie „Volk ohne Raum“ ge
arbeitet wird. Die Assoziation dieses Begriffs und die Verbindung, die damit hergestellt wird, weise ich als politische Unkultur zurück. Aus meiner Sicht macht er auch ein ahistorisches Verständnis deutlich.
Nach unserer Geschäftsordnung hat der Redner die Möglichkeit, hierauf zu reagieren oder es sein zu lassen.
Sie hätten besser zuhören müssen. Sie haben es genau umgekehrt formuliert. In meiner Rede ging es um den „Raum ohne Volk“.