Protocol of the Session on April 13, 2005

Auch die PDS hat sich bereitwillig in dieses Boot gesetzt und mitgetan. Die PDS wollte diesen Antrag, den wir erarbeitet haben, mit unterzeichnen. Muten Sie uns das bitte nicht zu. Sie haben immer noch Gruppierungen wie die Kommunistische Plattform in Ihren Reihen, die offen und unverblümt die freiheitlich-demokratische Grundordnung und damit die Selbstbestimmung des Einzelnen infrage stellt und noch immer keine klare Distanz zur zweiten deutschen Diktatur der DDR hat.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir wissen, dass mit dem Antrag die Probleme nicht gelöst sind. Der Antrag ist ein Appell an die

Bürger unseres Landes, dem Rechtsextremismus die Stirn zu bieten. Er ist eine klare Standortbestimmung des Landtages Brandenburg. Die Arbeit gegen den Extremismus findet allerdings vor Ort statt, und zwar mit den Betroffenen. Wir müssen gerade junge Menschen vom Wert der Freiheit überzeugen, vom Wert der Demokratie, von der Würde und der Achtung vor jedem Einzelnen, vom Wert der Selbstbestimmung. Das ist die Aufgabe, der sich jeder einzelne Bürger stellen muss, jeder Politiker, jeder Unternehmer, jeder Verantwortungsträger in Kirche, Gesellschaft oder wo auch immer. Dieser Aufgabe werden wir uns stellen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Der Abgeordnete Schippel hat eine Kurzintervention begehrt. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Lunacek, ich hätte mir gewünscht, Sie wären bei Ihrer Maxime geblieben, dieses Thema nicht zur parteipolitischen Profilierung zu nutzen.

(Beifall bei der PDS und vereinzelt bei der SPD)

Ich bedanke mich beim Landtagspräsidenten, der die Aufgabe übernommen hat, die allen drei Landtagsfraktionen zukommt, und der diesen Antrag eingebracht hat, gemeinsam etwas zu tun. Ich bedanke mich bei meinem Fraktionsvorsitzenden Günter Baaske, der die Adressaten genannt hat, die der Präsident eventuell aus übergeordneten Gründen nicht nennen konnte, nämlich die dort rechts sitzende DVU.

(Beifall bei SPD und PDS)

Ich bedanke mich bei Ihnen, Frau Enkelmann, die Sie die Analyse der Geschichte, die ich vollauf teile, hier noch einmal dargestellt haben.

Herr Schönbohm, auch von Ihnen als Parteivorsitzendem hätte ich mir etwas gewünscht. Wir haben uns oft über die Aufgabe unterhalten, die Sie hatten, als es darum ging, die NVA in eine demokratische Armee zu überführen. Sie mussten damals Vorbehalte beiseite lassen, denn Sie hatten es mit Menschen zu tun, die dem DDR-System viel näher standen als diejenigen, die heute da rechts sitzen, zumindest teilweise. Sie haben im Interesse unseres deutschen Vaterlandes Größe bewiesen, indem Sie die Vorbehalte abgebaut haben. Weil es auch um unser deutsches Vaterland geht, wenn man sich mit Rechtsextremismus befasst, hätte ich mir gewünscht, dass Sie Ihre Kollegen überzeugt hätten, diese Vorbehalte nicht neu aufzubauen.

(Beifall bei SPD und PDS)

Das war eine Kurzintervention. - Herr Lunacek, Sie haben die Möglichkeit, darauf zu antworten.

(Lunacek [CDU]: Ich überlege mir das!)

- Sie überlegen sich das.

Dann fahren wir in der Rednerliste fort und ich erteile der Abgeordneten Hesselbarth das Wort.

(Dr. Klocksin [SPD], an die Abgeordnete Hesselbarth ge- wandt: Sie können auch verzichten!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bessere Werbung für die DVU in diesem Hause habe ich selten gesehen.

(Beifall bei der DVU)

Mit Anträgen wie diesem stellen Sie nämlich sicher, dass wir auch weiterhin Wahlerfolge feiern werden. Das liegt nicht nur daran, dass einige in diesem hohen Hause die SED-Nachfolgeorganisation mit einer demokratischen Partei verwechseln;

(Beifall bei der DVU)

es liegt auch nicht an dem Unsinn, den Ihr Phrasengenerator in diesen Antrag hineingeschrieben hat. Ich nehme Ihnen nicht übel, dass Sie es nicht gemerkt haben, lieber Kollege Baaske; um zu wissen, wie man demokratische Werte vermittelt, müssten Sie schon Demokratie leben.

(Beifall bei der DVU - Vereinzelt Lachen bei der SPD)

Ich wende mich jetzt ausdrücklich an die beiden anderen demokratischen Parteien in diesem hohen Hause. Wenn Sie bzw. die von Ihnen getragenen Regierungen die Massenarbeitslosigkeit erfolgreich bekämpften, dann könnten Anträge wie der hier vorliegende sinnvoll sein. Wenn wir in Brandenburg nicht fast 270 000 Arbeitslose hätten, dann könnte man über diesen Antrag nämlich reden. Wenn das Brandenburger Bildungssystem nicht so katastrophal schlecht wäre, dass immer mehr Jugendliche die Schule verlassen, ohne ausbildungsfähig zu sein, dann hätte ein besser formulierter derartiger Antrag positive Reaktionen hervorgerufen.

(Zuruf des Abgeordneten Schulze [SPD])

Wenn Herr Ministerpräsident Platzeck nicht gerade sein neues Leitbild für Brandenburg verkündet und damit ganze Regionen unseres Landes in schreckliche Zukunftsangst gestürzt hätte, könnte man einen solchen Antrag wohlwollend zur Kenntnis nehmen. Aber so, meine Damen und Herren, ist dieser Antrag ein Schlag ins Gesicht der Arbeitslosen, der Jugendlichen ohne Ausbildungschancen, der Rentner ohne Zugang zu sozialen und kulturellen Einrichtungen, ein Fußtritt für all diejenigen, die unter der Politik der Regierungen zu leiden haben.

(Beifall bei der DVU)

Am 31. März wurde bekannt gegeben, dass im März 269 599 Brandenburger arbeitslos waren. Die beiden Brandenburger Regierungsparteien besitzen die Frechheit, am Tag danach einen Antrag gegen Rechtsextremismus einzubringen. Besser konnten Sie Ihre Ignoranz gegenüber den Interessen der Bürger nicht demonstrieren. Als Volksvertreter erwartet man, dass Sie sich um die Belange des Volkes kümmern, dass Sie nach Lösungen für die drängenden Probleme suchen.

(Zuruf von der SPD: Sie sind das Problem!)

Stattdessen versuchen Sie, von den eigentlichen Problemen abzulenken, und widmen sich lieber irgendwelchen Hobbys. Machen Sie ruhig weiter so; dann dürfen Sie sich auf meine Kollegen und mich in diesem Landtag auch in den nächsten Jahrzehnten freuen.

(Vereinzelt Beifall bei der DVU)

Wenn jeder zehnte Brandenburger arbeitslos ist, dann sollten Sie sich endlich um den Abbau der Massenarbeitslosigkeit kümmern. Blasen Sie nicht einen Popanz auf, sondern machen Sie endlich die Arbeit, für die Sie von den Bürgern engagiert wurden.

(Beifall bei der DVU)

Wir helfen Ihnen gern dabei. - 260 Anträge und Gesetzentwürfe sind wohl nichts, Herr Baaske?

(Unruhe im Saal)

Deswegen haben wir auch zu dem vorliegenden Antrag einen Änderungsantrag erarbeitet. Wie Sie gesehen haben, haben wir nicht sehr viel geändert. Viele Absätze können mit minimalen Korrekturen weiterverwendet werden - denn so schlecht sind die Formulierungen gar nicht -, aber bei einigen Absätzen waren leider Totaloperationen notwendig.

(Unruhe im Saal)

Eines möchte ich hier klipp und klar und deutlich betonen: Die Partei DVU seit ihrer Gründung und diese Landtagsfraktion haben sich und werden sich stets gegen jede Art von Gewalt erklären.

(Beifall bei der DVU)

Das traurige Schicksal von Noël Martin oder die Untaten von Frank Schmökel sind nur zwei Beispiele von vielen. Auch sie sind Ausdruck einer verfehlten Regierungspolitik.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu. Nehmen Sie Stellung zu den drängendsten Problemen der Brandenburger. Gehen Sie diese Selbstverpflichtung ein, den nachhaltigen Abbau der Massenarbeitslosigkeit mit aller Kraft und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu betreiben. Falls das Wohl Ihrer Mitmenschen für Sie keinen ausreichenden Anreiz bieten sollte, habe ich noch ein Motivationsbonbon für Sie: Erinnern Sie sich an das Versprechen von Bundeskanzler Gerhard Schröder, er werde die Arbeitslosigkeit halbieren? Hätte er dieses Versprechen gehalten, dann stünde ich heute nicht hier. Wenn Sie die DVU-Fraktion loswerden wollen, dann gibt es für Sie nur ein Mittel: Machen Sie endlich Politik für Brandenburg! Wir zeigen Ihnen heute wieder, wie das geht.

(Beifall bei der DVU)

Ich erteile der Landesregierung das Wort. Herr Ministerpräsident, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau

Hesselbarth, wenn Sie hier der Gewalt abschwören, wie Sie es eben gesagt haben, dann straft Sie Ihr eigener Fernsehspot zu den Landtagswahlen in Brandenburg - vielleicht haben Sie sich ihn nicht einmal angetan - komplett Lügen. Dieser Fernsehspot ist ein relativ unverhüllter Aufruf zur Gewalt, und zwar zur Gewalt in diesem Lande.

(Beifall bei SPD, CDU und PDS)

Diesen Fernsehspot sollten Sie sich einmal anschauen.

Ich schließe mich dem Dank an den Präsidenten des Landtages Brandenburg an, dass er den vorliegenden Antrag eingebracht hat. Der Antrag kommt - leider - zur rechten Zeit. Frau Enkelmann hat schon darauf hingewiesen: Wir haben uns mit einer steigenden Zahl von rechtsextremistischen Gewaltdelikten auch hier in Brandenburg auseinander zu setzen. Die Zahlen für 2004 machen nicht nur, aber auch in Brandenburg betroffen.

Dieses Jahr 2005 ist auch der 60. Jahrestag des Endes von Krieg und Gewaltherrschaft, den wir in diesen Tagen und Wochen an den unterschiedlichsten Orten gerade hier in Brandenburg begehen, um der Opfer zu gedenken, der Opfer des Hitlerregimes, der Opfer in den Konzentrationslagern und auch der Opfer auf den Schlachtfeldern. Dieses Gedenken schließt ein ganz klares Bekenntnis zu einem „Nie wieder!“ ein.

Das Wiedererstarken rechtsextremen Gedankenguts muss mit allen - ich sage wirklich: mit allen - zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen und demokratischen Mitteln bekämpft werden. Ich bin den Mitarbeitern des Innenministeriums dankbar dafür, dass dazu gerade gestern ein wichtiger Beitrag geleistet worden ist.