wir wollen therapieren. Ansonsten bekennt man sich nicht zum Maßregelvollzug. Ich weiß, dass es eine Gratwanderung ist und eine Gratwanderung bleiben wird. Das liegt in der Natur der Sache. Damit muss man leben. Ansonsten kann man auch ganz deutlich sagen, dass man vom Boden des Grundgesetzes gern mal ein bisschen abweicht. Das unterstelle ich natürlich niemandem in diesem Hause.
Ich werbe noch einmal wie mein Vorgänger von der SPD-Fraktion für meine Fraktion für Ihre Zustimmung. Ich bin der Auffassung, es sind sehr viel Gehirnschmalz, sehr viel Kritik und sehr viel Verantwortung für dieses Gesetz verwandt worden, bis wir an dieser Stelle waren. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Dr. Wagner. - Ich gebe das Wort der Landesregierung, Herrn Minister Baaske.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist wirklich nicht mehr viel zu sagen außer einem herzlichen Dank an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen und an den Rechtsausschuss. Sie haben sich sehr intensiv mit der Materie beschäftigt. Es ist zweifelsohne kein ganz einfaches Gesetz - das gebe ich gern zu - und es ist besonders wichtig, weil es auch um Interessen von Menschen geht, die im Einzelfall ganz konkret betroffen sind, dass man sich sehr intensiv darum bemüht. Das haben wir als Ministerium getan. Auch dem Justizministerium herzlichen Dank. Ich meine aber, beide Ausschüsse haben es sich wirklich nicht leicht gemacht, diese Angelegenheit zu überprüfen.
Wir haben festgestellt, dass es durchaus möglich ist, die Durchführung der Aufgabe an private Dritte zu übertragen. Das bedarf - das habe ich schon bei der Einbringung des Gesetzes gesagt - natürlich immer wieder der Überprüfung im Einzelfall. Auch das ist, glaube ich, deutlich geworden. Wir werden als Landesregierung selbstverständlich nicht aus der Verantwortung für den Maßregelvollzug entlassen - das haben die Anhörungen ergeben -; da können wir machen, was wir wollen. Ob das nachher von den Kommunen oder von privaten Dritten getragen wird, auf jeden Fall bleibt die Verantwortung in der Landesregierung. Dagegen will sie sich auch gar nicht sträuben und diese Angelegenheit werden wir auch weiterhin verfolgen.
Ich will noch deutlich machen, dass ich vor einigen Wochen Anfang Mai - die Schlüsselübergabe im Maßregelvollzug in
Eberswalde vollzogen habe. Damit sind wir durch beim Maßregelvollzug. Alle Gebäude sind saniert. Sie sind auf dem neuesten, dem modernsten Stand der Wissenschaft. Auch therapeutisch können wir, denke ich, alles anbieten, was die moderne Therapie in der Forensik benötigt. Wir haben in den Einrichtungen auch einen modernen Sicherheitsstandard, der sich sehen lassen kann. Ich würde mich freuen, wenn es im Maßregelvollzug so weiterginge, wie es in den letzten Jahren der Fall war.
Es wurde schon deutlich gesagt, dass es nachher nicht darauf ankommt, wer die Trägerschaft hat. Wir müssen uns nur bei der Auswahl der Träger große Mühe geben. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht jeden x-Beliebigen heranholen, sondern dass wir jemanden holen, der Erfahrung in diesem Bereich hat und der die Aufgabe auch mit der Psychiatrie, die in der Regel vor Ort verankert ist, verknüpft. - Danke.
Ich danke Herrn Minister Baaske. - Wir sind am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt angekommen. Wir kommen zur Abstimmung.
Ich rufe zur Abstimmung die Beschlussempfehlung einschließlich des Korrekturblattes auf, die Ihnen in der Drucksache 3/7317 vorliegt. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Beschlussempfehlung mehrheitlich angenommen und das Zweite Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Psychisch-Kranken-Gesetzes verabschiedet.
2. Lesung des Gesetzes zur Umsetzung des Elften Buches Sozialgesetzbuch (Landespflegegesetz - LPflegeG)
Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und gebe der Abgeordneten Bednarsky das Wort. Sie spricht für die Fraktion der PDS.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Entwurf des Landespflegegesetzes ist am 4. März an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen überwiesen worden. Trotz der kurzen Frist von zwei Monaten ist er - auch aufgrund einer Anhörung - sachlich und gründlich beraten worden.
Die PDS-Fraktion hat sich während der Beratung bemüht, den Gesetzentwurf an mehreren Stellen zu korrigieren. Erwartungsgemäß ist das an der fehlenden Mehrheit gescheitert. Genauso erwartungsgemäß wird meine Fraktion daher an der Ablehnung des Gesetzentwurfs festhalten. Lassen Sie mich die Einwände noch einmal kurz darlegen.
Von zentraler Bedeutung ist die Tatsache, dass das Gesetz den Grundsatz „ambulant vor stationär“ zwar benennt, aber keinerlei Möglichkeiten und Instrumente bereitstellt, mit denen dieser Grundsatz umgesetzt werden könnte. Im Gegenteil: Im Unterschied zur jetzigen Rechtslage werden ambulante Versorgungsstrukturen gänzlich aus dem Regelungsbereich des Gesetzes herausgenommen. Wir bleiben in der fatalen Lage, dass für stationäre und für ambulante Angebote unterschiedliche Träger zuständig sind: zum einen das Land und zum anderen die Kreise. Solange nicht wenigstens Anreize dafür geboten werden, ambulante Strukturen zu stärken, wird es dabei bleiben, dass Pflegebedürftige auch dort, wo dies weder gewünscht noch notwendig ist, auf stationäre Plätze verwiesen werden.
Ich will noch einen zweiten Punkt ansprechen. Das Gesetz räumt den örtlichen Sozialhilfeträgern ein Belegungsrecht für öffentlich geförderte stationäre Plätze ein. Anders formuliert: Der Kreis soll die Plätze, die wegen der investiven Förderung weniger kosten als nicht geförderte, mit Personen belegen dürfen, für die er ansonsten finanziell einspringen müsste. Diese Überlegung ist zwar nicht frei von rechtlichen Bedenken, aber sie ist durchaus nachvollziehbar. Praktisch sind diese Plätze durch die öffentliche Förderung billiger geworden als frei finanzierte. Also soll dies die Sozialhilfe - sozusagen als Gegenleistung - auch als Entlastung spüren.
Die Einkommensgrenze, bis zu der ein Pflegebedürftiger für einen geförderten Platz infrage kommen soll, setzen Sie auf 12 000 Euro jährlich fest. Das klingt unheimlich großzügig und sozial. Was aber ist die Konsequenz? Ich hatte in der 1. Lesung schon einmal die Relation zwischen geförderten und nicht geförderten Plätzen in Brandenburg benannt. Sie wird nach Fertigstellung der letzten geförderten Heime etwa bei halbe-halbe liegen und sich künftig zwangsläufig zugunsten der nicht geförderten verschieben. Der Kreis der Anspruchsberechtigten ist bei einer Einkommensgrenze von 12 000 Euro relativ groß. Immerhin liegt der durchschnittliche Rentenzahlbetrag für Männer in Brandenburg knapp über 1 000 Euro, für Frauen auch etwas darunter. Es ist demzufolge abzusehen, dass praktisch jeder geförderte Platz vom Sozialamt belegt werden wird. Dann haben wir genau die Situation, die Sie eigentlich nicht wollen: zwei Klassen von Heimen mit zwei Klassen von Bewohnern. Wer mit seiner Rente knapp über 1 000 Euro liegt, hat dann unter Umständen überhaupt keine Chance mehr, einen Platz in Wohnortnähe oder in der Nähe seiner Verwandten zu bekommen.
Bezüglich des Belegungsrechts und der Einkommensgrenze wird so getan, als sei dies eine besondere soziale Wohltat für die Ärmeren. Praktisch ist es aber immer noch so, dass es dem nicht so gut betuchten Pflegebedürftigen egal ist, ob er einen Platz nicht bezahlen kann, der 600 Euro kostet, oder ob er einen Platz nicht bezahlen kann, der 1 200 Euro kostet. Den Fehlbetrag übernimmt die Sozialhilfe. Jedenfalls ist das heute so, wobei ich natürlich nicht weiß, was künftig noch an sozialen Leistungen gestrichen wird. Deshalb sollten wir ehrlich da
mit umgehen und sagen, dass es um Einsparungen für die Sozialhilfeträger geht, was im Übrigen auch gar nicht so ehrenrührig ist.
Ähnlich verhält es sich mit der Regelung, dass Sie auf geförderte Plätze nur Brandenburger lassen wollen. Das klingt auch sehr sozial und patriotisch. Aber erstens sind diese Fördermittel im Hauptteil Bundesmittel, sodass dies moralisch mindestens zweifelhaft ist. Zweitens ist eine solche Abschottungspolitik auch nicht so recht zeitgemäß. Drittens ist die praktische Bedeutung viel geringer, als unterstellt wird. Es dürfte sich letztlich zwischen den Bundesländern auch einigermaßen ausgleichen. Eher ist damit zu rechnen, dass junge Menschen, die aus Brandenburg abgewandert sind, früher oder später ihre pflegebedürftigen Eltern nachholen. Wenn dann - viertens - andere Bundesländer die Brandenburger Abschottungspolitik mit- oder nachmachen, wird aus dem gewollten Vorteil schnell ein Nachteil. - Danke.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Bednarsky. - Das Wort erhält die Fraktion der SPD, Frau Abgeordnete Konzack.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Bednarsky hat es schon gesagt: Am 4. März hatten wir die 1. Lesung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf und auch eine Anhörung dazu. Heute steht dieses Gesetz, das es möglich macht, die für den Ausbau der Pflegeheime und der sozial abgesicherten Pflegeplätze geflossenen Fördergelder tatsächlich den Bedürftigen zur Verfügung zu stellen, zur Abstimmung. Das heißt, es geht um die Belegung der geförderten Heime. Ich wollte dies einmal so deutlich sagen, weil die Sprache in diesen Gesetzen recht kompliziert ist.
Ich sage hier klar, dass wir den Forderungen der PDS, die bereits in der März-Sitzung andiskutiert worden sind, nicht nachgeben konnten. Wenn keine Einkommensgrenze festgelegt worden wäre - wobei das keinen zusätzlichen Aufwand für die Behörden bedeutet, weil die gleiche Grenze wie beim sozialen Wohnungsbau gewählt wurde -, wäre der Kreis der Bedürftigen wesentlich eingeschränkter und würde tatsächlich die Sozialkassen belasten. Auch der Vorschlag der PDS, das Vermögen der zu Pflegenden in die Berechnung einzubeziehen, hätte diesen Kreis noch eingeschränkt.
Ich möchte von der Anhörung berichten. Wenn der Landkreistag in der Anhörung die so genannte Landeskinderregelung ohne Ausnahmen wünschte, was Frau Bednarsky gerade umgekehrt dargelegt hat, so meine ich doch, dass gerade Ausnahmeregelungen - Frau Bednarsky, das muss ich noch einmal sagen möglich sind, sodass nicht nur Landeskinder in diesen Heimen untergebracht werden können. Wenn Kinder aus anderen Bundesländern ihre pflegebedürftigen Eltern im Land Brandenburg unterbringen wollen, ist das selbstverständlich möglich.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen, dass wir es zum Ende der Legislaturperiode geschafft haben, die pflegerische Versorgungsstruktur flächendeckend zu sanieren und da
mit einen der heutigen Zeit angepassten Stand zu erreichen. Wir können davon ausgehen, dass jeder Pflegebedürftige einen Pflegeheimplatz bekommen wird. Es wird keine Unzumutbarkeiten geben, dass zum Beispiel jemand seinen Platz wechseln muss, weil er verarmt ist oder Ähnliches, wie es der Bundesverband der privaten Anbieter in der Anhörung vermutete. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Ich bin der Meinung, mit dem vorliegenden Gesetz haben wir auch dazu beigetragen, dass Menschen ohne Angst alt werden können.
Die Vergabe der Plätze erfolgt bereits vor Ort und funktioniert im Großen und Ganzen sehr gut. Wenn es an einer Stelle noch nicht funktioniert, dann ist darauf einzuwirken, dass die Ämter mit den Trägern entsprechend zusammenarbeiten. Ich habe mir aus Cottbus die Information geholt, dass es dort einwandfrei klappt und dass die Belegung sehr zeitnah mit dem Sozialamt abgestimmt wird. Hier kann man nur an die Kooperationsbereitschaft aller Beteiligten appellieren.
Auch in Zukunft werden wir dieses Gesetz den jeweiligen Gegebenheiten immer wieder anpassen müssen. Dafür sollten stets aktuelle Zahlen aus dem Land zur Verfügung stehen. Dann können wir uns auch dem Pflegemarkt anpassen und alle Horrorszenarien, die von Frau Bednarsky aufgezeigt worden sind, ad absurdum führen.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und bitte um Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Konzack, und erteile der Fraktion der DVU das Wort. Frau Abgeordnete Fechner, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Worum geht es? Mit dem Abschluss des Investitionsprogramms Pflege, kurz IVP genannt, ist eine Neuordnung des Landespflegegesetzes zur Umsetzung des Elften Buches Sozialgesetzbuch erforderlich, und diese liegt uns nun vor.
Wir debattieren heute bereits in 2. Lesung über diesen Gesetzentwurf. Zwischenzeitlich wurde diese Problematik im zuständigen Ausschuss behandelt. Eine öffentliche Anhörung hat dazu ebenfalls stattgefunden. Bereits bei der 1. Lesung dieses Gesetzes wurden kritische Stimmen laut. So wurde zum Beispiel kritisiert, dass im § 8 Abs. 1 als Zielgruppe Personen benannt werden, die ihren Wohnsitz vor Heimaufnahme im Land Brandenburg haben. „In begründeten Fällen“, so heißt es etwas später in diesem Absatz, „können auch Personen aus anderen Bundesländern aufgenommen werden.“
Das lässt sich nach Meinung mancher Kritiker nicht so ganz mit Artikel 11 Abs. 1 des Grundgesetzes vereinbaren, in dem es heißt:
Natürlich stimmten wir damals Herrn Sozialminister Baaske zu, dass es sinnvoll und gerecht erscheint, wenn in Pflegehei
men, die mit Brandenburger Steuergeldern errichtet wurden, vorrangig pflege- und unterstützungsbedürftige Brandenburger untergebracht werden.
Genauso sinnvoll und gerecht erschiene es uns aber auch, wenn das aus deutschen Steuergeldern aufgebrachte Kindergeld nur für deutsche Kinder gezahlt würde.
Es gab noch weitere Kritik an diesen knapp 12 Paragraphen: Im § 11 Abs. 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch heißt es unter der Überschrift „Rechte und Pflichten der Pflegeeinrichtungen“:
„Bei der Durchführung dieses Buches sind die Vielfalt der Träger von Pflegeeinrichtungen zu wahren sowie deren Selbstständigkeit, Selbstverständnis und Unabhängigkeit zu achten. Dem Auftrag kirchlicher und sonstiger Träger der freien Wohlfahrtspflege, kranke, gebrechliche und pflegebedürftige Menschen zu pflegen, zu betreuen, zu trösten und sie im Sterben zu begleiten, ist Rechnung zu tragen. Freigemeinnützige und private Träger haben Vorrang gegenüber öffentlichen Trägern.“
Lässt es sich mit dieser übergeordneten Bestimmung tatsächlich vereinbaren, wenn in § 9 des Gesetzentwurfs der Landesregierung den Landkreisen und kreisfreien Städten ein Belegungsrecht eingeräumt wird? Wird damit wirklich die Unabhängigkeit der Träger der Pflegeeinrichtungen geachtet? Auf all die Fragen gaben die Anzuhörenden während der öffentlichen Anhörung Antwort.
Frau Schiffer-Werneburg vom Landkreistag begrüßte das Gesetz. Allerdings wurden die §§ 8 und 9 kritisiert. Ihrer Meinung nach sind diese nicht geeignet, das Belegungsrecht effektiv auszulegen. Auch der § 11 wird bemängelt. Herr Mauel vom Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V. kritisierte ebenfalls § 9. Allerdings kritisierte er, dass überhaupt ein Belegungsrecht eingeführt wird. Herr Haftenberger von der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege begrüßte das verankerte Belegungsrecht im § 9, allerdings hielt er wichtige Ergänzungen für notwendig. Dringenden Nachbesserungsbedarf sah er auch in den §§ 10 und 11. Auch Herr Berger vom Caritasverband für das Erzbistum Berlin e. V. kritisierte das im § 9 verankerte Belegungsrecht. Herr Trantow von der Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Pflegekassen ist ebenfalls mit der Fassung des § 9 nicht einverstanden usw. usf. Keiner der Befragten hatte nichts zu bemängeln.