Protocol of the Session on June 16, 2004

sondern die Chancen nutzen. Lassen Sie uns deshalb bitte auch mit diesem neuen ÖPNV-Gesetz die Chancen nutzen! Motivieren wir die Aufgabenträger, jetzt wirklich intelligent das Mehr an Geld für das Wohl der Brandenburger Bevölkerung und vor allen Dingen für die ÖPNV-Nutzer einzusetzen! - Vielen herzlichen Dank.

(Zuruf der Abgeordneten Tack [PDS] - Beifall bei SPD und CDU)

Das Wort erhält die DVU-Fraktion. Für sie spricht die Abgeordnete Hesselbarth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Steigen Sie doch einmal in einen Bus. Dann werden Sie sehen, wie weit Sie in Brandenburg kommen. Sie, Herr Dellmann, nehme ich dabei natürlich aus; Sie machen das nämlich wirklich.

Zur öffentlichen Daseinsvorsorge gehört im dünn besiedelten Brandenburg nach wie vor ein funktionierender ÖPNV. Nach ausführlichen Diskussionen des Zweiten Gesetzes zur Änderung des ÖPNV-Gesetzes in dem von mir geleiteten Ausschuss kann ich feststellen: Sowohl SPD als auch CDU und insbesondere die PDS haben hier um die eigentlichen Probleme völlig herumdebattiert, wobei ich zur Absurdität der PDS-Anträge gleich noch ein paar Worte sagen werde.

Auch wir als DVU sehen die Problematik der völlig konfusen Finanzierung des übrigen ÖPNV mit Regionalisierungsmitteln des Bundes, Mitteln des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes und allgemeinen Haushaltsmitteln einerseits und der Ausreichung teils an die Kommunen, teils unmittelbar vom Land an die Verkehrsunternehmen andererseits.

Natürlich sehen wir auch die negativen Auswirkungen dieses Finanzierungskonstrukts auf die Gestaltungsspielräume der kommunalen Aufgabenträger und auf die Wettbewerbssituation der einzelnen Verkehrsunternehmen. Deswegen begrüßen wir nach erfolgter Anhörung, dass der vorliegende Gesetzentwurf den übrigen ÖPNV als freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe der Landkreise und kreisfreien Städte klarstellt. Aber - darüber dürfen wir uns nicht täuschen lassen - hierbei handelt es sich lediglich um eine rein deklaratorische Regelung und nicht, wie im Gesetzentwurf ausgeführt, um eine gesetzgeberische Ausgestaltung. Von einer wesentlichen Änderung kann hier in keiner Weise gesprochen werden; denn die Freiwilligkeit ist ja bereits gegeben.

Deswegen ist gerade der Änderungsantrag der PDS im Hinblick auf die Streichung von Artikel 1 Nr. 3 Buchstabe b wenig hilfreich; denn dadurch würde der übrige ÖPNV auch nicht zur Pflichtaufgabe. Im Übrigen wäre dies auch nicht wünschenswert; denn wir als DVU-Fraktion sehen in der Freiwilligkeit durchaus eine Chance, aber auch die Notwendigkeit, dass die kommunalen Aufgabenträger zukünftig betriebswirtschaftlich sinnvoll und nachfrageorientiert mit dem bis 2007 immerhin üppigen Investitionsvolumen von 50 Millionen Euro umgehen.

Nahezu lächerlich ist der weitere Antrag der PDS auf eine Einfügung der Beitragsfreiheit für die Schülerbeförderung als Landesaufgabe. Dieser Antrag ist völlig unsystematisch und zeigt, dass die PDS keinerlei Rechtsverständnis besitzt, jedenfalls nicht, wenn es um den ÖPNV geht, Frau Tack. Eine solche Regelung gehört - Herr Dellmann sagte es bereits -, wenn überhaupt, in das Schulgesetz. Darüber kann man schließlich auch mit uns reden.

Das eigentliche Kernproblem ist die Infragestellung der Finanzierung des übrigen ÖPNV durch die Revisionsklausel des § 10 Abs. 2 Satz 1. Daran hat sich offensichtlich - von uns ein

mal abgesehen - keine der übrigen Fraktionen herangewagt. Das Problem, dass nach der bundesseitigen Revision der Regionalisierungsmittel im Jahr 2007 die Finanzierung ab dem Jahr 2008 infrage gestellt ist, wurde immerhin vom Kollegen Senftleben erkannt.

Am Mittwoch, dem 2. Juni, hat sich Herr Senftleben gegenüber der „MOZ“ wie folgt geäußert, übrigens nachdem die DVUFraktion den betreffenden Änderungsantrag eingebracht hat ich zitiere sinngemäß -: Die Landkreise erhalten durch das neue Gesetz jährlich insgesamt 50 Millionen Euro an Zuschüssen vom Land für den ÖPNV. Besonders ab dem Jahr 2007 besteht, so Herr Senftleben, durch veränderte Zuweisung des Bundes die große Gefahr, dass vom Land Abstriche zugelassen werden. Da der ÖPNV in einem Flächenland wie Brandenburg eine große Bedeutung habe, müsse die Förderhöhe auf Dauer geregelt werden.

Deshalb begrüße ich es außerordentlich, Herr Senftleben, dass Sie sich im Ausschuss wenigstens der Stimme enthalten haben. Doch es ist traurig, dass Sie nicht das Rückgrat besessen haben, unserem Antrag auch zuzustimmen. Daher möchte ich Sie, Herr Senftleben, und auch die übrigen Mitglieder Ihrer Fraktion heute nun bitten - ich gebe Ihnen die Chance -, sich hier noch einmal nachhaltig für die Versorgung des Landes mit ÖPNV zu äußern. Ich bitte Sie, unserem Änderungsantrag zuzustimmen.

Der Beschlussempfehlung des Ausschusses und damit dem Gesetzentwurf in der insoweit nicht nachgebesserten Form werden wir jedenfalls unsere Stimme nicht geben. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält die CDU-Fraktion. Herr Senftleben, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Zeit, in der Herr Dellmann wahrscheinlich noch versucht, Frau Tack davon zu überzeugen,

(Zuruf von der PDS)

dass sie doch zustimmen sollte, möchte ich die Gelegenheit nutzen, auch die Sicht der Fraktion der CDU zum neuen ÖPNV-Gesetz, das uns vorliegt, darzustellen.

Die Bedeutung des ÖPNV ist unter uns kaum umstritten. Sie ist auch heute schon beschrieben worden. Deshalb möchte ich mich bei solchen allgemeinen Darstellungen nicht festfahren,

(Zuruf der Abgeordneten Tack [PDS])

sondern möchte eingangs auf die Gesetzesnovelle und die Empfehlung des Ausschusses eingehen.

Hier ist gerade schon richtig gesagt worden, die CDU-Fraktion und ich persönlich haben uns vorgestellt, noch ein paar Veränderungen einzufügen, was einerseits die Standards und andererseits die Frage betrifft, inwieweit das Parlament im Land

Brandenburg Mitspracherecht hat, wenn es zum Beispiel um die Mittelzuteilung, aber auch um den Nahverkehrsplan geht.

An der Stelle gab es keine Verständigung innerhalb der Koalition, was ich bedauere, weil wir letztendlich auch nur Punkte aufgegriffen haben, die in der Anhörung genannt wurden, und damit etwas einbringen wollten, was dem Gesetz mit Sicherheit gut getan hätte. Das ist noch nicht gewollt. Vielleicht eröffnen sich aber in Zukunft andere Möglichkeiten.

Ich begründe noch einmal konkret, warum wir die Änderungsvorschläge gemacht haben. Ich habe es manchmal satt, wenn durchgeknallte Beamte Gesetzesänderungen, die wir im Landtag beschlossen haben und die Entlastung, Vereinfachung und Deregulierung zum Ziel haben, durch Verordnungen und Erlasse konterkarieren und auf diese Weise dazu beitragen, dass das Gegenteil des vom Gesetzgeber Gewollten erreicht wird.

(Beifall des Abgeordneten von Arnim [CDU] - Zuruf von Minister Szymanski)

- Das setze ich nicht voraus, Herr Minister, um Gottes willen! In vielen Gesprächen, die ich in meinem Wahlkreis in den letzten Wochen geführt habe, wurde mir aber immer wieder mitgeteilt: Ihr habt im Landtag wichtige und gute Gesetze beschlossen. Aber die Verordnungen, die hinterher erlassen worden sind, haben das, was wir eigentlich wollten, auf eine andere Ebene gestellt.

(Erneuter Zuruf von Minister Szymanski)

- Solche Verordnungen kommen nicht nur aus Ihrem Haus, Herr Minister. - Unser Antrag ist also als Vorsichtsmaßnahme zu verstehen. Parlament und Ministerium sollten gemeinsam die richtigen Entscheidungen treffen.

Insgesamt überwiegt aber die Zustimmung meiner Fraktion zum Gesetzentwurf; er wird von uns mitgetragen. Die Neuregelungen stärken die Eigenverantwortung der kommunalen Aufgabenträger. Darauf ist heute schon des Öfteren hingewiesen worden. Das Volumen an Finanzmitteln für die Wahrnehmung der Aufgaben des ÖPNV wird aufgestockt.

Wir erwarten - das ist eine klare Ansage -, dass die Aufgabenträger mit den vom Land bereitgestellten 50 Millionen Euro jährlich zur Finanzierung von Investitionen verantwortungsbewusst umgehen. Dieser Betrag ist höher als der in diesem Jahr und sollte dazu genutzt werden, dass die Investitionsquote im Land Brandenburg wieder auf ein vernünftiges Niveau gehoben wird.

Frau Tack, wir, die CDU, folgen - wie unser Koalitionspartner - nicht Ihrem Horrorszenario. Ich weiß nicht, ob Herr Dellmann Sie inzwischen umstimmen konnte. Meine Damen und Herren von der PDS, Sie wollen dem Verkehrsminister hinsichtlich der Ausgestaltung des ÖPNV als freiwillige Aufgabe etwas aufzeigen und entwickeln dazu ein Horrorszenario. Das stimmt weiß Gott nicht. Das ist reine Panikmache, reiner Wahlkampf. Frau Tack, am Ende ist das, was Sie machen, verantwortungslos.

Herr Dellmann hat es gesagt: Frau Tack, Sie sind nicht die Einzige, die im Land Brandenburg mit Leuten redet. Sie werden es kaum für möglich halten: Auch wir sprechen mit den Men

schen vor Ort. Ich kann aus meinen Gesprächen die Ausführungen von Herrn Dellmann nur bestätigen; mittlerweile gibt es eine breite Zustimmung. Sie sollten das akzeptieren und an der Umsetzung mitwirken.

Die Shell-Studie, die Sie erwähnt haben, habe auch ich gelesen. Darin geht es um den PKW-Zuwachs in den nächsten Jahren. Wenn es so einfach wäre - wir weiten den ÖPNV aus und verringern dadurch den PKW-Bestand -, dann hätten wir das schon längst umgesetzt. So einfach ist es aber nicht.

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Schluss Ihres Beitrags!

Ist meine Redezeit schon abgelaufen? - Das ist sehr schade!

Eine Bitte zum Schluss: Parlament und Regierung sollten dafür Sorge tragen, dass auch nach 2007 - dann wird das Regionalisierungsgesetz novelliert - die Aufgaben des ÖPNV in Brandenburg wahrgenommen werden können. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort erhält die Landesregierung. Herr Minister Szymanski , bitte sehr.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Vorbereitung und Beratung der Gesetzesnovelle sind ein gutes Beispiel dafür, wie man über dieses Thema diskutieren sollte. Es hat eine breite Diskussion im Land gegeben - mit den betroffenen Aufgabenträgern, mit den Verkehrsunternehmen, im Verkehrsausschuss, auch im Rahmen der Anhörung.

Die Diskussion entzündete sich an zwei Punkten, die auch heute wieder genannt worden sind: Klarstellung der freiwilligen Selbstverwaltungsaufgabe und Verteilung der 50 Millionen Euro, die jetzt zur Verfügung stehen.

Die Skepsis, die am Anfang herrschte, wurde durch die Diskussion entschärft. Wir verzeichnen mittlerweile eine breite Zustimmung zu dem Gesetz. Darüber freue ich mich.

Die Befürchtungen, insbesondere was die Freiwilligkeit der Aufgabe anbelangt, muss ich noch einmal relativieren. Im Gesetz ist klar formuliert, dass es sich um eine Aufgabe der Daseinsvorsorge handelt. Die Aufgabe muss - unabhängig von ihrer Ausgestaltung als pflichtig oder als freiwillig - aufgrund der Gegebenheiten vor Ort erledigt werden. Die dafür notwendigen Finanzmittel sind zur Verfügung zu stellen. Das Innenministerium hat deutlich zum Ausdruck gebracht, dass dies bei der Bewertung defizitärer Haushalte berücksichtigt wird.

(Frau Tack [PDS]: Wir werden uns wieder sprechen!)

- Das ist die Panikmache, von der schon gesprochen worden ist. Ich stelle fest: Wir haben für dieses Gesetz breite Zustimmung im Land, Frau Tack.

Der Mittelumfang hat sich um 8 Millionen Euro auf 50 Millionen Euro und damit deutlich erhöht. Aufgrund der Pauschalierung nach § 45 a stehen im nächsten Jahr 40 Millionen Euro zur Verfügung. In der Summe können wir den kommunalen Aufgabenträgern und den Verkehrsunternehmen des übrigen ÖPNV im nächsten Jahr 90 Millionen Euro für ihre wichtigen Aufgaben zur Verfügung stellen. Das ist eine gute Botschaft, die wir in das Land hinein verkünden können. Damit wird der Weg frei für einen bedarfsgerechten, kunden- und wettbewerbsorientierten ÖPNV. Eine Erhöhung der Attraktivität ist die Folge. Das MSWV wird diesen Prozess weiterhin intensiv begleiten und unterstützen.

Ich möchte darauf hinweisen, dass es hinsichtlich der Rechtsverordnung zur Verteilung der Landeszuweisungen sowie hinsichtlich der Förderrichtlinie für Investitionen in Großvorhaben des übrigen ÖPNV eine breite Diskussion mit den Beteiligten gegeben hat. Auch das ist positiv zu bewerten. Alle Oberbürgermeister, mit denen ich gesprochen habe, haben das begrüßt.

Mobilität der Menschen sichern, modern, zukunftsorientiert und vor allem effizient sein - das ist das Ziel, das wir mit der Gesetzesnovelle erreichen wollen und erreichen werden, insbesondere vor dem Hintergrund, dass alternative Bedienungsformen, Dienstleistungen und Wettbewerb eine größere Rolle spielen werden.

Ich bedanke mich ausdrücklich für die in den letzten Monaten geführte Diskussion und bitte Sie, der Gesetzesnovelle zuzustimmen, damit wir in den nächsten Jahren Qualität und Attraktivität des ÖPNV verbessern können. - Herzlichen Dank.