Protocol of the Session on May 12, 2004

Ein weiterer kritischer Punkt, der bei der Anhörung einige zur Ablehnung des Entwurfs veranlasste, war, dass es im vorliegenden Entwurf nicht gelungen ist, einen Denkmalfonds zu verankern bzw. eine Haushaltsposition für den Denkmalschutz in einer verlässlichen Größenordnung zu benennen. In der 1. Lesung wurde durch Ministerin Prof. Wanka aber bereits mitgeteilt, dass das Kabinett den Beschluss gefasst hat, privaten Denkmaleigentümern Gelder in Höhe von jährlich 4 Millionen Euro für Ausgleichs- und Entschädigungsleistungen zur Verfügung zu stellen. Vier Minister haben sich bereit erklärt, jährlich einen gewissen Anteil an dieser Summe aufzubringen. Das ist sicherlich keine Ideallösung und stellt durchaus einen - ich möchte sagen - fragwürdigen Kompromiss dar, dessen Umsetzung deshalb unbedingt durch die parlamentarischen Gremien jährlich kontrolliert werden sollte.

Meine Damen und Herren, von den Teilnehmern an der Anhörung, aber auch von weiteren mit dem Denkmalschutz befassten Akteuren...

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Schluss Ihres Beitrages.

... wurden diverse Vorschläge zur Qualifizierung des vorliegenden Entwurfs vorgelegt. Wir haben diese Vorschläge im Arbeitskreis mit den unterschiedlichsten Interessenvertretern ausführlich diskutiert und Ihnen entsprechende Änderungsvorschläge vorgelegt. Ich bitte darum, diesen zuzustimmen. Die SPD-Fraktion wird dem vorliegenden Entwurf mehrheitlich zustimmen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Ich erteile der DVU-Fraktion das Wort, Herrn Abgeordneten Nonninger.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die DVU-Fraktion stellt der Denkmalschutz selbstverständlich eine wichtige Aufgabe dar. Denkmale sind identitätsstiftend und schaffen Zugehörigkeitsgefühl, sie ziehen Touristen an. Die Renovierung von Baudenkmalen setzt in erheblichem Maße andere Investitionen in Gang. Die Denkmalpflege fördert die Wirtschaft; schöne Städte führen zu Bürgerstolz und damit auch zur Bürgergesellschaft.

Die Kehrseite der Medaille sind die finanziellen Hilfen, die ein Land, das Denkmalschutz haben möchte, auch zwangsläufig bereitstellen muss. Denkmalschutz zum Nulltarif gibt es nicht. Bereits bei der 1. Lesung des Gesetzes zur Neuregelung des Denkmalschutzrechts hat unsere DVU-Fraktion eine ganze Reihe von Mängeln benannt. Wir haben insbesondere die neuen Belastungen kritisiert, die auf die Wirtschaft zukommen, sowie die mangelnde Entbürokratisierung und Deregulierung. In der Anhörung am 24. März dieses Jahres wurden diese Vorbehalte durch eine Vielzahl von Verbänden und Institutionen bestätigt. Ein breiter Kreis von Fachleuten äußerte erhebliche Bedenken gegenüber diesem Gesetzentwurf. Und nun wollen Sie, meine Damen und Herren der Koalitionsparteien, diesen Gesetzentwurf mit kleineren Korrekturen im Eiltempo im Parlament verabschieden.

Die DVU-Fraktion wird auch diesem neuen Entwurf ihre Zustimmung verweigern, da die Hauptkritikpunkte nach wie vor nicht beseitigt wurden. Die vielfach geäußerte Kritik am vorgesehenen nachrichtlichen Eintragungsverfahren bleibt weiterhin unberücksichtigt. Die Rechtsposition der Denkmaleigentümer wird dadurch erheblich verschlechtert. Diese Form des Verwaltungshandelns ist zutiefst undemokratisch und bürgerunfreundlich. Um einen gerichtlich überprüfbaren Verwaltungsakt zu erreichen, muss der Denkmaleigentümer einen Antrag auf Feststellung der Denkmaleigenschaft stellen. Dem Normalbürger werden hierbei immense Kosten - unter anderem für Juristen und Gerichte - entstehen. Die Anzahl der Denkmale wird sich in kürzester Zeit von 10 000 auf 30 000 bis 40 000 erhöhen. Die Wirklichkeit sieht jedoch so aus, dass das Land bereits jetzt mit dem qualitativen Erhalt der heute registrierten historisch wichtigen Zeugnisse sichtlich überfordert ist.

Wir halten es aufgrund der katastrophalen Situation des Denkmalschutzes im Land Brandenburg für nötig, die Standards der Denkmalpflege zu prüfen, zu analysieren und im Ergebnis dessen zu senken, zum Beispiel durch Einführung von Denkmalkategorien. Dann könnte zum Beispiel bei nur privat genutzten Wohnhäusern lediglich der äußere Teil unter Schutz gestellt werden.

Wir lehnen § 7 Abs. 4 und 5 - die Beweislast bezüglich der Unzumutbarkeit einer Erhaltungspflicht - in der jetzigen Form ab. Die Experten schätzen ein, dass es wohl keinem Normalbürger gelingen wird, derartige Nachweise zu erbringen. Unzumutbar hohe Kosten für Architekten, Ingenieure und Steuerberater wären zu erwarten.

§ 9 Abs. 4 regelt, dass bestimmte Arbeiten nur von Fachleuten oder unter der Leitung von Sachverständigen, deren Auswahl die Denkmalfachbehörde zustimmen muss, ausgeführt werden dürfen. Das hat mit Entbürokratisierung und Deregulierung nichts zu tun. Dies führt zu einer Einschränkung der Berufsausübung von Architekten und Ingenieuren. Ziel der Landesregierung sollte jedoch sein, Verfahren im Denkmalschutz zu vereinfachen und die Kosten der Sanierung zu senken.

Auch den berechtigten Forderungen der Investoren sollte man besser gerecht werden - siehe dazu auch den Koalitionsvertrag von SPD und CDU. Doch damit wird es wohl nichts. Der jetzige Gesetzentwurf ist vollkommen unausgereift. Es werden keine Erleichterungen geschaffen oder Standards gesenkt. Die Rechtssicherheit wird nicht erhöht, Rechtsstreitigkeiten werden nicht minimiert und das Investitionsklima wird nicht verbessert. Das ist mit der DVU-Fraktion nicht zu machen. Wir lehnen den Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung ab und haben daher drei Änderungsanträge eingebracht. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an die CDU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Dr. Niekisch.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Nachmittag des 12. Mai ist ein guter Nachmittag und der 12. Mai ist ein guter Tag für das Land Brandenburg; denn wir gehen heute daran, das Denkmalschutzgesetz für das Land Brandenburg in wesentlichen Teilen zu reformieren und neu zu fassen. Wir wollen es effizienter und bürgernäher gestalten. Es wird viel bürgernäher, auch wenn von der Opposition das Gegenteil behauptet wird. Es wird vor allem dazu führen, dass viel mehr Denkmale im Land Brandenburg geschützt werden, dass investiert werden kann und Sicherheit herrscht.

(Dr. Trunschke [PDS]: Sie waren doch bei der Anhö- rung!)

Ich möchte mich zunächst bei allen Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen bedanken, die in einem mühevollen, jedoch fruchtbaren Prozess am Zustandekommen der Novelle mitgewirkt haben.

Ich möchte mich vor allen Dingen bei den Parlamentarischen Geschäftsführern von SPD und CDU und den beiden Fraktionsvorsitzenden, Herrn Fritsch und Frau Blechinger, bedanken.

(Vereinzelt Beifall bei CDU und SPD)

Es wurde große Hilfe geleistet, nicht zuletzt vom Ministerium und seinen Mitarbeitern durch nicht ermüdenden Einsatzwillen, Einsatzbereitschaft und Kompromissfähigkeit. Das hat dem Gesetz und damit auch dem Land Brandenburg geholfen.

(Frau Osten [PDS]: Halten Sie heute Ihre Abschiedsre- de? - Dr. Trunschke [PDS]: Hätten Sie mal Experten ein- geladen!)

Wenn wir im Land Brandenburg oder hier im Osten über Denkmalschutz reden, sollten wir immer bedenken, dass Denkmalschutz eine wichtige Aufgabe auch als Folge der zahlreichen verheerenden Ereignisse des 20. Jahrhunderts ist. Wir müssen daran denken, dass der Bombenkrieg von Deutschland in andere europäische Städte getragen wurde und dann nach Deutschland zurückkehrte. Wenn Sie heute Städte wie Wien, Prag, Budapest oder Paris mit Hamburg, Berlin und vor allen Dingen Dresden und Potsdam vergleichen, wissen Sie, wovon ich rede.

Die Zeit nach 1945 hat nicht nur vielen Kirchen, sondern auch Hunderten, Tausenden von Herrenhäusern im Land Brandenburg das Ende bereitet. Die furchtbarste Spitze war wohl der Sommer 1968, als zeitgleich die Universitätskirche in Leipzig und die Garnisonkirche in Potsdam gesprengt wurden. Dies alles muss man bedenken.

Einen Satz aus der Anhörung des Arbeitskreises Historische Kirchen möchte ich gern zitieren:

„Ein Denkmal zu haben ist keine Strafe, sondern ist eine Auszeichnung.“

Es ist ein Wert für unser Land. Wir sind ein Kulturland und die Kultur hat Verfassungsrang in unserem Land.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD - Dr. Trunschke [PDS]: In demselben Kreise wurde gesagt, dass dieses Gesetz bürgerfern ist!)

Diesem Verfassungsrang werden wir mit unserer Gesetzesnovelle gerecht. 1990/91 ist von den damals sehr fleißigen, häufig unter Druck stehenden Parlamentariern der ersten Stunde ein Denkmalschutzgesetz verabschiedet worden. Wie nicht anders zu erwarten, war das Land Nordrhein-Westfalen dabei Vorbild. Dort haben der Landesdenkmalpfleger und die Landesfachbehörde eine sehr starke, zentrale Stellung. Das werden wir mit diesem Gesetz ändern.

Gerade die Umstellung vom so genannten komplizierten konstitutiven Verfahren auf das nachrichtliche - dass der Landeskonservator und die Landesbehörde die Denkmalliste führen führt zu mehr Bürgernähe und zahlreichen praktischen Kompetenzen auf kommunaler Ebene. Ich weiß nicht, warum immer das Gegenteil behauptet wurde. An dieser Stelle hat mich, muss ich ehrlich sagen, der Städte- und Gemeindebund sehr enttäuscht.

(Dr. Trunschke [PDS]: Die anderen doch auch!)

Wie lief das bisherige Verfahren?

(Dr. Trunschke [PDS]: Wer hat Sie denn nicht ent- täuscht?)

Das Landesdenkmalamt hat ein Wertgutachten geschrieben, hat das Denkmal als solches festgestellt. Dann wurde der Vorgang an die unteren Behörden gegeben. Nicht alle haben so viel Geld und so viel Personal eingesetzt und einsetzen können wie die Stadt Brandenburg an der Havel, die vorbildlich war, und zum Teil auch die Stadt Potsdam. Andere Landkreise und kreisfreie Städte haben nur ein Zehntel des Geldes und des Personals dafür. So kommen wir zu der Situation, dass es ungefähr 30 000 Denkmale im Land Brandenburg gibt, von denen

5 000 schon zu DDR-Zeiten unter Denkmalschutz gestellt wurden, wir dies jedoch erst bei reichlich 5 000 geschafft haben. Es harren also noch 20 000 der Unterschutzstellung.

Sachsen hat schon 100 000 Denkmale unter Schutz gestellt; Sachsen ist weder denkmal- noch wirtschaftsfeindlich,

(Dr. Trunschke [PDS]: Mit mehr Geld haben sie es ge- macht!)

in Mecklenburg-Vorpommern sind es 25 000 und in SachsenAnhalt 45 000 Denkmale. Sie haben es alle geschafft. Mit diesem Verfahren, das wir jetzt einführen, entsteht viel mehr Sicherheit nicht nur im Umgang mit den Behörden, sondern auch für diejenigen, die das handhaben; denn ein Denkmal - Herr Nonninger, es wird nicht besser, wenn Sie so etwas behaupten kann man nicht einfach erfinden, sondern es ist da und kann unter Schutz gestellt werden oder auch verkommen. Wenn man es listet und kommentiert, wenn jeder weiß, ob er ein Denkmal hat, kann damit entsprechend umgegangen werden.

(Frau Tack [PDS]: Noch mehr solche Weisheiten, bitte!)

Zum Schluss ein Wort zum Verfahren der Anhörung. Wenn in einer Anhörung alle zustimmen, haben Regierung und Parlament auf jeden Fall etwas falsch gemacht. Wenn es durchwachsen ist, ist das Gesetz meist mittelmäßig. Wenn es eine solch starke Ablehnung gibt wie bei unserem Gesetz, was durchaus der Fall war, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder ist das Gesetz sehr schlecht oder es ist besonders bürgernah und gut;

(Gelächter bei der PDS)

denn ich möchte einmal Herrn Fritsch zitieren: „Wir machen ein Gesetz nicht für die Interessenverbände, sondern für die Bürger und dieses Land.“ So ist dieses Gesetz auch zustande gekommen.

(Schwacher Beifall bei CDU und SPD)

Eine letzte Bemerkung: Wir haben gemeinsam einige gute Änderungsanträge auf die Beine gestellt. Das Wichtigste ist, dass die Verfahren alle auf einen Monat verkürzt werden - auch die letzte „Reißleine“, wenn ein Denkmal abgerissen werden soll und die Ministerin doch noch Einspruch erhebt.

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Schluss.

Wir wollen vor allen Dingen, dass die Denkmale - wie zu DDR-Zeiten - gekennzeichnet werden; denn wer ein Denkmal besitzt und es sachgerecht restauriert hat, soll auch stolz darauf sein und es kennzeichnen dürfen. Deshalb, meine Damen und Herren, bitte ich herzlich um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf. Es ist ein guter Tag für das Land Brandenburg, wenn wir dies heute beschließen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort geht an die Landesregierung. Für sie spricht Frau Minister Wanka.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heutige Diskussion schließt einen Prozess ab, der Monate, eigentlich Jahre gedauert hat; denn schon in der vorigen Legislaturperiode hat mein Vorgänger, Herr Reiche, versucht, das Denkmalschutzgesetz zu novellieren bzw. die ersten Schritte dazu zu unternehmen.

Wir haben ein Denkmalschutzgesetz in Brandenburg, das in verschiedenen Punkten sehr gut ist, aber auch zwei wesentliche Schwachstellen hat. Um diese geht es in der Novellierung besonders.

Die erste Schwachstelle: Es gibt in Brandenburg bezüglich des Denkmals eine relativ große Rechtsunsicherheit. Sie ist größer als in anderen Bundesländern. Dies resultiert zum einen aus dem Fakt, dass sich viele den Auflagen der Behörden ausgeliefert sehen, also nichts dagegensetzen können, wenn gesagt wird: Das und das muss gemacht werden. - Hier haben wir eine gravierende Änderung im Gesetz; denn darin ist definiert: Wann ist eine Auflage oder das, was die Denkmalschutzbehörde verlangt, für den privaten Eigentümer zumutbar? Wenn es nicht zumutbar ist, muss er sich nicht daran halten; dann kann es bis zum Abriss gehen. Das ist ein Prozess, in dem sich die Fachbehörde überlegen muss: Was mutet man jemandem zu? Unter Umständen sehr hohe Forderungen, die nicht erfüllbar bzw. unzumutbar sind, oder Kompromissvarianten. Das ist ganz entscheidend, um diesem Gefühl des Ausgeliefertseins, das viele beim Denkmalschutz haben, zu begegnen.