Protocol of the Session on November 12, 2003

Die Fraktionen von SPD und CDU beantragen die Überweisung des Antrags - Drucksache 3/6943 - an den Hauptausschuss. Wer dieser Überweisungsempfehlung folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit haben Sie einstimmig so beschlossen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 11 und rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Erhaltung des Landeswappens gemäß § 2 des Gesetzes über die Hoheitszeichen des Landes Brandenburg (Hoheitszeichengesetz - HzG) vom 30. Januar 1991 (GVBl. I S. 26)

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 3/6952

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der einreichenden Fraktion. Herr Abgeordneter Schuldt, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Land Brandenburg hat ein eigenes Landeswappen; darauf ist ein Adler. Dafür gibt es, wie für alle wesentlichen und weniger wesentlichen Dinge in unserem Land, ein Gesetz, das Hoheitszeichengesetz. Darin heißt es in § 2:

„Das Landeswappen Brandenburgs zeigt... einen nach rechts blickenden, mit goldenen Kleestängeln auf den Flügeln gezierten und gold bewehrten roten Adler. Die Urzeichnung dieses Wappens wird im Brandenburgischen Hauptarchiv aufbewahrt.“

Nun ist dieser Adler demnach zwar rot und rot ist ja leider auch so einiges in unserem Lande. Aber ich werde den Eindruck nicht los, dass bei allem Rot hierzulande der Adler leider abhanden gekommen ist. Wenn ich aus einem benachbarten Bundesland nach Brandenburg komme, dann kann ich an den Landesgrenzen keinen Adler mehr entdecken. Bei diversen Publikationen unseres Hauses geht mir das ebenso. Betrachten Sie etwa den täglich verteilten Nachrichtenspiegel oder auch die kürzlich in Umlauf gebrachten Kalender für das laufende Jahr 2004. Erkennen kann ich hier wie dort nur irgendwelche Gebilde. Aber einen Adler? - Fehlanzeige.

(Zuruf von der CDU: Hinter Ihnen!)

Nun habe ich mich natürlich gefragt, woran es liegt, dass der bereits erwähnte § 2 des Hoheitszeichengesetzes für Verfassungsorgane des Landes Brandenburg nicht eingehalten wird. Da habe ich mir dann gesagt: Das kann an zweierlei liegen. Entweder weiß die Landesregierung aufgrund der landestypischen PISA-Defizite nicht, wie ein Adler aussieht, was angesichts der hierzulande betriebenen Bildungspolitik ja nicht unwahrscheinlich wäre, oder die Landesregierung kennt das soeben zitierte Gesetz nicht. Also, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank:

(Der Redner deutet mit einer Hand hinter sich.)

So sieht ein Adler aus.

(Beifall bei der DVU)

Dort oben über mir hängt der Brandenburger Adler. - Was haben Sie daraus gemacht, zum Beispiel hier auf dem Nachrichtenspiegel? Das ist bestenfalls eine schwangere Möwe.

(Beifall bei der DVU)

Herr Ministerpräsident, gehen Sie einmal in eine Grundschulklasse und verkaufen Sie das als Adler. Ich garantiere Ihnen, dass Sie allgemeines Gelächter ernten, weil niemand daraus einen Adler erkennt.

Was ist auf dem Landtagskalender von 2004 zu erkennen? Ich weiß es nicht. Bei mir erweckt das allenfalls Assoziationen der folgenden Art: Landkarte Brandenburgs, 1 Nanosekunde nach dem Urknall oder: Brandenburg nach einer Legislaturperiode rot-roter Regierung.

Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, das Lan

deswappen, also der brandenburgische Adler in seiner gesetzesmäßigen Ausgestaltung gemäß § 2 des Hoheitszeichengesetzes ist sozusagen die Visitenkarte unseres Landes, ganz abgesehen von der dahinter stehenden Tradition. Deswegen haben wir diesen Antrag hier gestellt und ich bitte Sie um Ihre Zustimmung. - Ich bedanke mich erst einmal.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Schuldt, und gebe das Wort jetzt dem Abgeordneten Klein, der für die Koalitionsfraktionen von SPD und CDU sprechen wird. Bitte schön, Herr Klein.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich gefragt, was der Antrag soll. Jetzt ist es mir klar geworden. Es geht darum, zu erklären, dass das Land Brandenburg nichts anderes braucht als mehr Normen und Standards. Es soll nicht mehr ausreichen, dass eine Vielzahl von Einrichtungen das Recht bekommt, Gebäude, in denen sich ihre Diensträume befinden, durch ein Amtsschild kenntlich zu machen, sondern in Zukunft soll es sogar eine Pflicht dazu geben, angefangen beim Landtagspräsidenten über künstlerische Einrichtungen bis hin zu Stiftungen des öffentlichen Rechts.

Etwas eigenartig ist dieses Anliegen schon, wenn es von einer Fraktion formuliert wird, die gestern noch die Gewerbesteuer abschaffen wollte und die sich auch sonst gern als Vorkämpferin für Liberalisierung und gegen Überreglementierung verstehen möchte.

Wenn Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der DVU, in der Begründung Ihres Antrags ausführen, dass das Landeswappen der Identifikation diene, so ist dies sicherlich richtig. Warum Sie daraus schließen, dass es Ihres Antrags bedürfe, ist allerdings nicht ersichtlich.

Befürchten Sie, meine Damen und Herren von der DVU, dass Brandenburgerinnen und Brandenburger plötzlich vergessen haben könnten, in welchem Bundesland Sie leben, dass junge Menschen, wenn sie den roten Adler nicht schon an der Eingangstür ihres Schulgebäudes sehen, mit Desinteresse und Lernverweigerung reagieren? Dies wäre allerdings ein völlig neuer Ansatz in der Bildungsdebatte.

Eine Bedrohung des Landeswappens, das in seinen wesentlichen Teilen, wie Ihnen ja auch aufgefallen ist, über § 2 des Hoheitszeichengesetzes seit dem 30. Januar 1991 gesichert ist, vermögen die Koalitionsfraktionen nicht zu erkennen. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Klein, und gebe der Fraktion der PDS das Wort. Bitte, Herr Abgeordneter Vietze.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Steige hoch, du ro

ter Adler - ich finde, wir haben eine gute Visitenkarte. Wir pflegen damit im Lande Brandenburg außerdem einen sehr schöpferischen Umgang. Ich finde es schön, wie der rote Adler umgesetzt wird, früher beim ORB und jetzt beim RBB. Ich kann damit also sehr gut umgehen. Wir sollten der künstlerischen Freiheit auch nicht das engstirnige Diktat von Herrn Schuldt bzw. von der DVU entgegensetzen.

Ich gehe davon aus, dass der rote Adler in der Bundesrepublik besetzt ist, auch der schwarze Adler, der Pleitegeier. Es gibt nichts, wofür es nicht strenge Normen gäbe. Ich meine, wir haben dabei eine für unser Land angenehme Variante gefunden. Daran sollten wir nicht weiter herummäkeln oder hier regulierend eingreifen.

Herr Klein hat hier eine überzeugende Argumentation geliefert, der ich mich anschließen möchte. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Vietze. - Da die Landesregierung hierzu nicht zu reden wünscht, gebe ich das Wort noch einmal der Fraktion der DVU. Bitte, Herr Abgeordneter Schuldt.

(Vietze [PDS]: Herr Schuldt, nicht alles, was einen Bauch hat, ist unbedingt schwanger!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihre ablehnenden Beiträge werfen folgende Fragen auf: Wissen Sie eigentlich, dass der Brandenburger Adler, wie er in § 2 des Hoheitszeichengesetzes beschrieben ist, für eine lange Tradition steht,

(Frau Siebke [SPD]: Das wissen wir!)

mit der unser Land in Verbindung gebracht wird?

Erkennen Sie, was für fatale Auswirkungen die degenerierte Darstellung unseres Adlers haben kann? Herr Vietze, laut Gutachten der PDS zur Fusion Berlins und Brandenburgs wurde besonders auf die Identifikation der Brandenburger Wert gelegt. Hier ist der Brandenburger Adler, mit dem sich jeder Brandenburger und jede Brandenburgerin identifiziert.

Zunächst zur Tradition: Viele deutsche Landesfürsten führten seit dem Mittelalter den Adler im Wappen. Der Adler wie der Löwe sind seit mehr als 1 000 Jahren Symbole für staatliche Ordnung und Staatsgewalt. Der Adler versinnbildlichte im alten Rom seit dem frühen Mittelalter und im Heiligen Römischen Reich eine Reihe hervorragender Eigenschaften, nämlich Kraft, Mut und Freigebigkeit. Herr Vietze, wahrscheinlich wissen Sie das nicht.

Wie kam denn dieser Adler, wie er im § 2 des Hoheitszeichengesetzes beschrieben wird, zu uns nach Brandenburg? Die askanischen Marktgrafen bekamen die Grenzmark, also auch das heutige Gebiet Brandenburgs, als Reichslehen vom Kaiser übertragen. Man vermutet daher, dass sich der Bran

denburger Adler vom kaiserlichen Adler ableitet. Die früheste bekannte Verwendung des Adlers bei den Askaniern stammte von Otto I., dem Sohn des ersten askanischen Markgrafen Albrecht des Bären. Das datiert von 1170. Es handelte sich damals zwar noch um ein farbloses Siegel, später entstandene Bilder zeigen aber einen roten Adler auf weißem und silbernem Grund.

(Gelächter)

Auch die Siegel der beiden Markgrafen späterer Epochen, Johann I. und Otto III., zeigen den märkischen Adler auf ihren Schilden. Zudem nahmen viele unter den Askaniern gegründete Städte den Adler in ihr Wappen auf, zum Beispiel die Städte Potsdam, Prenzlau und Templin. Wohl insgesamt mehr als 50 brandenburgische Städte verwenden den askanischen Adler. Selbst Berlins ältestes Stadtsiegel zeigte um 1253 noch diesen Adler. Als im frühen 14. Jahrhundert die brandenburgische Linie der Askanier ausstarb, traten erst die bayerischen Wittelsbacher und später die Luxemburger ihr Erbe an. Alle hielten an diesem Adler im Wappen fest.

In dieser Tradition möchte sich die brandenburgische Landesregierung aber offensichtlich nicht sehen. Haben Sie damit Probleme? Kommen Sie mit den durch das Landeswappen symbolisierten Tugenden etwa nicht zurecht oder handelt es sich um vorauseilenden Gehorsam rot-roter Geschichts- und Gesichtslosigkeit? Keine bayerische oder baden-württembergische Landesregierung käme auch nur im Traum auf die Idee, ihren Löwen bzw. ihre Panther als Teddybären darzustellen.

(Gelächter)

Die dort lebenden Menschen ließen sich das mit Sicherheit nicht gefallen und ich bin der festen Überzeugung, dass auch die ganz überwiegende Mehrzahl der Brandenburger ihr Landeswappen, den Adler, ebenso schätzt. Sie möchten auch kein anderes haben, weder eine schwangere Möwe noch irgendwelche undefinierbaren Strichmännchen, Pünktchenmuster oder sonst irgendetwas, was der Landesregierung, ihren Behörden oder auch diesem Landtag als Logo so einfällt.

(Gelächter)

Uns als DVU-Fraktion geht es aber vor allem um die Außenwirkung für unser Land. Es geht uns vor allem darum, dass der Adler auch eine wesentliche Marketingfunktion für die heimische Wirtschaft übernommen hat. Der Adler war und ist Attraktion bei Messen, in Autohäusern, bei Veranstaltungen von Einkaufszentren usw. und ist insoweit auch ein Markenzeichen für die Qualität der Brandenburger Unternehmen geworden. Das ist eine ernste Sache, und ich weiß nicht, warum Sie hier vorn lachen. Wahrscheinlich haben Sie das noch gar nicht begriffen. Denken Sie doch bitte einmal darüber nach, was wir mit diesem Antrag eigentlich erreichen wollen, und gackern Sie nicht so herum!

(Gelächter)