Protocol of the Session on January 28, 2004

Noch ein Wort zum Kollegen Schönbohm. Er hat gestern offenbar gesagt, er fahre mit seinem Kleinwagen 120 km/h. Ich kann auch mit einem Kleinwagen aufwarten und fahre schneller als Schönbohm, nämlich 130 km/h, mache dabei aber ähnliche Erfahrungen wie Schönbohm und das ist eigentlich auch das Problem: dass wir, wenn wir in anderen Bundesländern unterwegs sind, sehr wohl feststellen, dass dort andere Sitten herrschen. Das mag daher rühren, dass wir Transitland Nr. 1 sind und so viele Kraftfahrer aus anderen Ländern bei uns unterwegs sind, sodass auch wir zur Ruppigkeit neigen.

Wir sollten also gründlich über entsprechende Maßnahmen nachdenken. Erziehung geht aber vor Bestrafung. Deshalb wäre mir sehr daran gelegen, die Prävention auch bei den Maßnahmen, die wir jetzt auf den Weg bringen wollen, in den Vordergrund zu stellen. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Wir sind bei der Landesregierung. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Land Brandenburg hat in den vergangenen Jahren sehr nachhaltig und erfolgreich Verkehrssicherheitsarbeit geleistet. Der Rückgang der Unfallzahlen im Land Brandenburg spricht dafür. Waren 1992 noch 876 Menschen im Straßenverkehr ums Leben gekommen und 8 700 schwer verletzt worden, so hat sich die Anzahl der im Straßenverkehr Getöteten im Jahr 2003 auf 326 Personen reduziert; ca. 3 600 Menschen wurden schwer verletzt. Wir wollen diese Zahlen deutlich senken. Jedes Opfer auf unseren Straßen ist eines zu viel.

Die Zahlen belegen, dass wir nicht, wie Frau Tack eingeschätzt hat, Einzelmaßnahmen als solche auf den Weg gebracht haben, sondern in den letzten Jahren ein abgestimmtes Konzept von Maßnahmen der Repression, der Intervention und der Prävention entwickelt haben. Ich bin schon etwas erstaunt über Ihre Einschätzung unserer Verkehrskampagne „Lieber sicher. Lieber leben.“ Mit dieser Kampagne haben wir gerade versucht, altersspezifische Maßnahmen und verschiedene Formen der Ansprache - vom Zebratheater bis zu Discoschutzengeln - zu entwickeln. Dies erfolgte ganz gezielt auf die jeweiligen Altersgruppen, auch ganz gezielt auf junge Fahranfänger, denn wir wissen, dass bei denen die Unfallzahlen überdurchschnittlich hoch sind. Durch Dialog und Kooperation sollen die Grundsätze von Vorsicht und gegenseitiger Rücksichtnahme gefördert werden. Wir werden auf dieser Kampagne, auf dem Bewährten, aufbauen und sie weiterentwickeln. Die Agentur hat erste Vorstellungen präsentiert. Wir werden diese neuen Ideen auch auf dem Verkehrssicherheitsforum darstellen und sie miteinander abstimmen.

Neben dieser Verkehrssicherheitskampagne gab es selbstverständlich eine Vielzahl von Projekten und Modellversuchen, die ebenfalls zum Rückgang der Unfallzahlen beigetragen haben bzw. beitragen sollen.

So wurden seit 1992 neue Rechtsgrundlagen geschaffen, beispielsweise gemeinsame Erlasse mit dem Innenministerium zur Arbeit der Unfallkommission und zur Bekämpfung von Wildunfällen. Es wurden ferner gezielte Programme zur Unfallbekämpfung oder zur Verkehrsberuhigung ins Leben gerufen. Besonders zu erwähnen wären hierbei die Beschilderung der Alleen, das Schutzplankenprogramm sowie der verstärkte Einsatz von Mittelinseln und Kreisverkehren. Wir wissen, dass gerade der Mensch, sein Umfeld sowie die Technik die entscheidenden Säulen eines Sicherheitsprogramms sind. Wir wissen auch, dass gerade durch bauliche Maßnahmen die Unfallzahlen reduziert werden können.

Außerdem wurde Grundsatzarbeit im Zusammenhang mit der Verbesserung des Straßenraums durch die bundesweit einmalige Einführung eines Sicherheitsaudits bei der Straßenplanung geleistet. Hier waren wir Vorreiter. Andere Bundesländer haben dieses System übernommen, um gleich bei der Planung des Straßenbaus die Sicherheitsaspekte einbeziehen zu können. Das System kann zudem für Evaluierungszwecke genutzt werden, um deutlich sagen zu können, welche Maßnahmen zur Vermeidung von Unfällen führen.

Meine Damen und Herren! Ich könnte noch eine Reihe ähnlicher Initiativen aufzählen. Aber es geht nicht um den Blick zurück, sondern darum, wie wir die Verkehrssicherheitsarbeit in den nächsten Jahren gestalten. Es ist völlig klar, dass eine isolierte, selektive Betrachtung und ein Herausstellen einzelner Bereiche nicht der richtige Weg sind. Gerade deshalb wollen wir die ressortübergreifende Zusammenarbeit weiterentwickeln, um sich bietende Synergien nutzen zu können. Sie wissen, dass vor einigen Jahren die interministerielle Arbeitsgruppe "Verkehrssicherheit" gegründet wurde. Ihnen ist ferner bekannt, dass aus dieser Gruppe heraus Maßnahmen eingeleitet wurden, die zur Bündelung der Ressourcen im Bereich der Verkehrssicherheit geführt haben. Ich unterstreiche, dass wir das fortführen werden. Wir werden für den 11. März zu einem Verkehrssicherheitsforum einladen; die Einladungen sind heute herausgegangen. Gemeinsam mit Vertretern des Parlaments, der Verwaltung, der Wirtschaft, der Wissenschaft und weiterer Institutionen, zum Beispiel des ADAC, der Landesverkehrswacht und des TÜV, sowie mit den verkehrspolitischen Sprechern wollen wir über unseren Entwurf für ein integriertes Verkehrssicherheitsprogramm diskutieren, um es im II. Quartal vorstellen zu können.

Herr Minister, Sie überschreiten die vereinbarte Zeit erheblich.

Ich weise darauf hin, dass wir Informationen zu diesem Arbeitsprozess im Ausschuss darlegen werden. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind am Ende der Rednerliste. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Ich lasse zunächst über den Antrag der PDS-Fraktion, der die Drucksachennummer 3/6942 trägt, abstimmen. Wer diesem Antrag folgt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Koalitionsfraktionen, Drucksachennummer 3/6960. Wer dem Antrag folgt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Stimmenthaltungen ist der Antrag mehrheitlich angenommen worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 14 und rufe Tagesordnungspunkt 15 auf:

Nachsteuerung zum kommunalen Finanzausgleich

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 3/6941

Herr Domres kann es kaum erwarten; aber er hat auch schon das Wort. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist wenige Wochen her, dass dieser Landtag die Debatte zum GFG 2004 geführt hat. Trotz aller Kritik ist es dabei geblieben, dass die Ausgleichssumme um 159 Millionen Euro reduziert worden ist, weil die Abrechnungen des Steuerverbundes für 2002 und des Familienlastenausgleichs für 2001 und 2002 bereits im Jahr 2004 vollständig vorgenommen werden soll. Nicht nur von der oppositionellen PDS, sondern auch aus der Koalition wurde in diesem Zusammenhang die Frage gestellt, ob der kommunale Finanzausgleich dann überhaupt noch verfassungsgemäß sei.

Ich möchte noch einmal betonen, dass das Symmetriegutachten, das dem GFG beigefügt war, von einer Finanzmasse ausgeht, die diese Spitzabrechnung nicht berücksichtigt hat. Prof. Seitz wäre unter Einschluss der Kürzung um 159 Millionen Euro vermutlich nicht zu dem Schluss gekommen, dass dieser Finanzausgleich gerade noch verfassungskonform ist.

Auch das zweite Entlastungsgesetz leistet keinen spürbaren Ausgleich für diese Kürzungen. Das haben die Kommunen eindeutig eingeschätzt. Die Landesregierung konnte dem nicht widersprechen.

Deshalb hatten Sie, Herr Innenminister, sozusagen als Rettungsanker die Summe von bis zu 80 Millionen Euro in Aussicht gestellt, falls die angekündigten Reformvorhaben der Bundesregierung nicht zu einer erheblichen Entlastung führen würden.

Mit dem vorgelegten Antrag möchten wir Sie, meine Damen und Herren von der Regierung, aber auch Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, beim Wort nehmen. Bei der Einbringung des GFG 2004 am 24.09.2003 hat Innenminister Schönbohm zu diesem Problem ausführlich Stellung genommen. Er hat, auf die Kürzung um 159 Millionen Euro Bezug

nehmend, die Erwartung ausgesprochen, dass es zu einer Entlastung durch die Entscheidung des Bundes zugunsten der Kommunen kommt, deren Höhe zu jenem Zeitpunkt noch nicht absehbar war.

„Das Kabinett,“

so Minister Schönbohm im September,

„hat am 26. August 2003 folgenden Beschluss gefasst:

,Das Kabinett bittet den Minister des Innern, die Absicht der Landesregierung, für den kommunalen Finanzausgleich 2004 eine Nachsteuerung in Höhe von bis zu 80 Millionen Euro... vorzunehmen, falls die Kommunen durch die bundesrechtlichen Reformen‘“

- gemeint waren die Gemeindefinanzreform und Hartz IV

,„im Jahr 2004 nicht erheblich entlastet werden, in die Begründung des GFG 2004 einzuarbeiten.‘“

Damit ist allerdings nicht die Frage geklärt, welche Verbindlichkeit dieser Beschluss der Landesregierung hat. Wir haben vorgeschlagen, diese Formulierung nicht in die Begründung, sondern in den Gesetzestext aufzunehmen, um den Kommunen eine Planungsgrundlage zu geben. Die Koalition hat das abgelehnt und stattdessen eine Entschließung verabschiedet - auch hier wieder der Mangel an Verbindlichkeit.

Mittlerweile soll eindeutig feststehen, dass die Reformgesetzgebung des Bundes den Kommunen eine Entlastung von maximal 25 Millionen Euro bringt. Die Koalition hat sich somit offenbar langsam an den Gedanken gewöhnt, dass jetzt gezahlt werden muss. So wurde es mit dem Beschluss der Landesregierung in Aussicht gestellt. Der Antrag der PDS-Fraktion hat offensichtlich die Wirkung eines Katalysators ausgeübt. Sie können gar nicht anders, als unserem Antrag grundsätzlich zuzustimmen. Wir müssen uns nur noch über die Höhe einigen.

Der Kabinettsbeschluss vom 26. August 2003 wirft natürlich Fragen auf. Was sind beispielsweise für die Landesregierung die besagten „erheblichen Entlastungen“ für die Kommunen? Ist das, was im Vermittlungsausschuss herausgekommen ist, diese „erhebliche Entlastung“? Die Reaktionen der kommunalen Spitzenverbände sind eindeutig. Belastbare Zahlen zu den Auswirkungen der Senkung der Gewerbesteuerumlage sind nicht zu bekommen. Die Auswirkungen von Hartz IV lassen Schlimmes befürchten. Zurzeit wächst im Land Brandenburg wie wohl in ganz Ostdeutschland - die Erkenntnis, dass diese Gemeindefinanzreform, verbunden mit Hartz IV, eine schallende Ohrfeige für die ostdeutschen Kommunen ist.

Meine Damen und Herren von der Regierung, Sie haben im Bundesrat zugestimmt. Sie haben - trotz mehrmaliger öffentlicher Beteuerungen - die Interessen der Brandenburger Kommunen wiederholt nicht vertreten. Ihre Zustimmung im Bundesrat ist die Fortsetzung Ihrer kommunalfeindlichen Politik der letzten Jahre. Sie sind es den Kommunen und den Brandenburgerinnen und Brandenburgern schuldig, die Gründe für Ihre Zustimmung im Bundesrat zu erklären. Jetzt hilft kein Klagen, der Bund habe sich verrechnet. Die Risiken und Nebenwirkungen Ihrer Politik haben Sie zu verantworten. Dazu gehört es, nicht nur mit Zahlen zu jonglieren, sondern auch belastbare Berechnungen vorzunehmen.

(Beifall bei der PDS)

In der 1. Lesung zum GFG 2004 teilte der Innenminister mit, dass die Kommunen mit dem genannten Beschluss vom 26. August sozusagen die Garantie hätten, dass das Land, sollten die Leistungen des Bundes nicht kommen, die dann fehlenden Einnahmen ausgleicht.

Die Diskussion der letzten Tage macht einmal mehr deutlich, wie es um die Haltbarkeitsdaten großkoalitionärer Aussagen und Beschlüsse bestellt ist; denn leider mussten wir jetzt ein fragwürdiges Rechenexempel verfolgen. Die Finanzministerin und - in ihrem Gefolge - der Innenminister haben vorgerechnet, dass die 25 Millionen Euro aus der Reduzierung der Gewerbesteuerumlage mit den in Rede stehenden 80 Millionen Euro verrechnet werden müssen. Das ergibt jene 55 Millionen Euro, die über einen Nachtragshaushalt zur Verfügung gestellt werden sollen. Frau Finanzministerin hat vorsorglich die Forderung der PDS, den Kommunen im Jahr 2004 zusätzlich 80 Millionen Euro für ausbleibende Entlastungen aus den im Dezember beschlossenen bundesgesetzlichen Reformen zur Verfügung zu stellen, als überzogen zurückgewiesen.

So nicht, meine Damen und Herren von der Landesregierung! Das Rechenexempel ist ein anderes. Es geht um 159 Millionen Euro, die ausgeglichen werden müssen. Das ist die Bezugsgröße, von der die 25 Millionen Euro abgezogen werden müssen.

(Schippel [SPD]: So ein Quatsch!)

Das heißt für uns, dass die 80 Millionen Euro komplett ausgereicht werden müssen, wenn die Landesregierung ihr Wort halten will. So schief können wir damit nicht liegen, wenn ich an die Erklärung von Herrn Schönbohm bei der 1. Lesung des GFG anknüpfen darf. Er sagte am 24. September 2003 hier im Landtag:

„Das Thema ist kompliziert. - Es geht darum, dass den Kommunen 159 Millionen Euro weniger zugewiesen werden. Sie bekommen vom Land die Garantie: Wenn die Leistungen des Bundes nicht kommen, werden wir mit 80 Millionen Euro die dann fehlenden Einnahmen ausgleichen. 159 Millionen minus 80 Millionen sind 79 Millionen, Frau Enkelmann, damit Sie das schon einmal auf einen Zettel schreiben können.“

(Schippel [SPD]: Aber gelernt hat sie es immer noch nicht!)

Lieber Herr Minister, nicht nur Frau Enkelmann, sondern auch wir haben uns gut gemerkt, wie Sie sich im vergangenen Jahr festgelegt haben.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Sehr richtig!)

Wir fordern Sie jetzt auf, dazu auch zu stehen und nicht im Nachhinein zulasten der Kommunen zu tricksen.

Erinnern wir uns doch bitte an die hier geführten Debatten! Innenminister Schönbohm äußerte sich in der Aktuellen Stunde am 28. August 2003 dahin gehend, dass die Verfassungsmäßigkeit des GFG 2004 mit den angekündigten 80 Millionen Euro gegeben sei. Minister Schönbohm ging seinerzeit aber auch noch von einer Mehreinnahme aus der Gewerbesteuerreform von bis zu 100 Millionen Euro aus.

Es ist schlimm genug, dass wir in der vergangenen Woche vom