Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Blechinger. - Ich gebe das Wort noch einmal der Fraktion der PDS, Herrn Abgeordneten Prof. Dr. Bisky. Bevor Herr Bisky mit seiner Rede beginnt, begrüße ich wiederum Gäste im Landtag Brandenburg. Sie kommen von der WEQUA Lauchhammer. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einige ergänzende Bemerkungen zur Stellungnahme von Herrn Christoffers; ich muss die Ausführungen nicht wiederholen.
Von einer Regierungserklärung erwarten die Menschen mehr als Worte wie „Wir müssen den bitteren Tatsachen ins Auge sehen“ oder „Brandenburg ist besser als sein Ruf, wir müssen einen neuen Anlauf nehmen“. Damit sie hier im Lande weiter eine Zukunft sehen können, wollen die Brandenburgerinnen und Brandenburger auch wissen, wer die bitteren Tatsachen, denen sie ins Auge blicken sollen, verschuldet und zu verantworten hat.
Sie wollen wissen, wie der neue Anlauf, den die Regierung heute proklamieren will, konkret aussehen soll. Die Antwort auf diese und andere Fragen sind Sie schuldig geblieben. Ganz offensichtlich ist diese Regierung mit ihrem Latein am Ende.
Sie haben in den letzten Jahren ein klares Konzept verfolgt: Sie sparen bei den Schwachen der Gesellschaft, kürzen bei der Arbeitsmarktpolitik, bei der gesundheitlichen und sozialen Betreuung, bei Weiterbildung, Schülerbeförderung und vielem anderen mehr.
- Aber Ihre Prestigeprojekte, Herr Petke, haben Sie immer noch finanziert bekommen. Damit kommen wir zurück auf LEG, Lausitzring, CargoLifter, Chipfabrik, Schönefeld - ich könnte es fortsetzen.
haben Sie auch gestern wieder Vorschläge von der Opposition vermisst. Hätten Sie nur unsere alternativen Vorschläge bezüglich der Großprojekte befolgt, dann hätten wir jetzt einen blühenden Mittelstand im Lande; denn dann wäre das ganze Geld dorthin geflossen.
Dabei haben wir noch viele andere Vorschläge gemacht. Es sind aber nicht nur diese wenigen, in den Schlagzeilen aller Zeitungen befindlichen Projekte, die die Bertelsmann-Stiftung in ihrer Studie zu der Schlussfolgerung gebracht hat, Brandenburg habe sich unter allen Bundesländern in den letzten Jahren am schlechtesten entwickelt.
Herr Ministerpräsident, wenn Brandenburg den Ruf hat, den Sie heute beklagt haben, dann ist das nicht mit einer Aufforderung an die Medien - ich zitiere: „Wir brauchen Mutmacher in Brandenburg!“ - zu heilen. Es ist nicht nur ein Vermittlungsproblem, das die brandenburgische Landesregierung hat; es sind erhebliche Defizite und Schwächen im konzeptionell-strategischen Bereich, die diese Landesregierung vor allen anderen auszeichnen. Um diese Schwächen schrittweise zu beheben, bedarf es zunächst vor allem der gründlichen Analyse der eigenen Fehler. Genau das, Herr Ministerpräsident, haben Sie aber nicht gebracht. Auch in Ihrer heutigen Rede blieben Sie uns schuldig, darzulegen, was in der Landesregierung falsch gelau
fen ist. Insoweit lag die PDS ganz richtig, als sie in der vergangenen Woche die Initiative für einen Untersuchungsausschuss zur Verantwortung der Landesregierung bei der Vorbereitung und Realisierung der Chipfabrik Frankfurt (Oder) nicht nur aufgegriffen, sondern auch einen eigenen Antrag in den Landtag eingebracht hat.
Nach der heutigen Regierungserklärung sind bei mir jedoch einige Zweifel entstanden, ob sich die Erwartung des künftigen Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses, dass die Landesregierung ihren eigenen Aufklärungswillen dokumentiert, indem sie dem Ausschuss bis zum 10. Januar alle notwendigen Unterlagen übergibt, erfüllen lässt.
Herr Schönbohm hat sich gestern - wie bei jeder Kritik - ganz außerordentlich über die PDS geärgert. Das steht ihm auch zu.
Wir stimmen - welche Unverfrorenheit! - Ihren Reformen nicht zu. Herr Petke sagt dann: Wer Schönbohm-Reformen kritisiert, ist ein Anti-Reformer!
Der Tonfall, mit dem Sie Andersdenkende attackieren - ich sage: die Erregung; manchmal ist man erregt -, mag einige Ihrer Koalitionspartner beeindrucken; mich beeindruckt das gar nicht!
Sie können schreien, wie Sie wollen. Ihre Reformen sind nicht meine Reformen. Damit könnten wir doch beide leben.
Zu den Tatsachen gehört auch, dass Brandenburg mit zwei CDU-Wirtschaftsministern in einer Wahlperiode vom Wachstumsspitzenplatz auf den letzten Platz unter den Bundesländern gerutscht ist. Dabei war Ihr Versprechen, die Wirtschaft im Lande nunmehr voranzubringen.
Folgen Sie doch Frau Merkel. Sie hat schon vor wenigen Jahren die Bundesregierung heftigst attackiert, weil sie bezüglich Wachstums die rote Laterne in Europa trägt. Im Vergleich der Bundesländer tragen Sie jetzt die rote Laterne. Glauben Sie doch an Ihre Vorsitzende, lesen Sie, was Frau Merkel dazu sagt.
Meine Damen und Herren! „Haushaltskonsolidierung“ gehörte ebenso zu Ihrem Schlachtruf. Dabei haben Sie schnurstracks den katastrophalen Weg in Richtung Berliner Haushalt genommen; von Konsolidierung keine Spur. Im Gegenteil! Das gehört auch dazu, wenn wir den Tatsachen ins Auge sehen wollen.
Auch das gehört zu den Tatsachen: Opfer Ihrer großprojektionalen Verschwendungen sind die kleinen und mittleren Unternehmen, ist die Soziokultur, sind Frauenhäuser und vieles andere mehr, für deren Förderung das anderswo verschwendete Geld eben nicht mehr eingesetzt werden kann.
Und noch eins gehört zu den Tatsachen, denen wir ins Auge blicken müssen. Schließlich steht Ihren Erklärungen zu einem modernen Brandenburg die Aussage der Bertelsmann-Studie entgegen. Ich zitiere:
„So korrespondieren die niedrigsten Ausgaben für Forschung und Entwicklung sämtlicher Bundesländer in Brandenburg mit einem ebenfalls extrem niedrigen Punktwert von lediglich 1,96 bei Patentanmeldungen, Platz 12.“
Zu den Tatsachen, denen wir ins Auge sehen müssen, gehört, dass sich die von der Mitregierung der CDU erwarteten Wirtschaftsimpulse und die Haushaltskonsolidierung ins Gegenteil verkehrt haben.
Ich sage: Das Land ist aus dem Regen der SPD-Alleinregierung in die Traufe der großen Koalition geraten.