Der Ministerpräsident hat heute einige Beispiele von größeren Unternehmensansiedlungen und -gründungen genannt, die für das Land einen riesigen Erfolg darstellen. International bekannte Unternehmen - Global Player - haben Brandenburg zum Standort ihrer Produktion gewählt. Wir haben Kompetenzen in Wachstumsbereichen. Berlin-Brandenburg ist die Biotechnologieregion Nummer 1 in Deutschland.
Im Bereich der Schienenfahrzeugtechnik müssen wir den Vergleich nicht scheuen und sind dem Wettbewerb gewachsen. Mit Babelsberg haben wir einen Filmproduktionsstandort von internationalem Ruf. MTU - ein erfolgreiches Unternehmen der Luftfahrtindustrie - ist ein Unternehmen im Land Brandenburg.
Dies wird jedoch nicht reichen, die Probleme Brandenburgs zu lösen und ein angemessenes Image zu erarbeiten. Es muss uns besser gelingen, unsere Erfolge über die Grenzen einzelner Regionen hinaus darzustellen und zu vermarkten.
Die Studie von Bertelsmann und andere Ländervergleiche - sosehr auch einige Aussagen relativiert oder richtig gestellt werden müssen - machen Brandenburgs Probleme deutlich.
Die hohe Arbeitslosigkeit, die seit Jahren schrumpfende Wirtschaft, die Abwanderung, die problematische Finanzlage, die schlechten Bildungsergebnisse, die ins Stocken geratende OstWest-Angleichung der Lebensverhältnisse - das sind unsere Probleme.
Wir wissen, dass die schlechten Wachstumsraten Brandenburgs neben der allgemeinen Wachstumsschwäche der deutschen Volkswirtschaft vor allem daraus resultieren, dass die Bauwirtschaft einen größeren Anteil unserer Wirtschaftskraft ausmachte, als dies in anderen neuen Bundesländern der Fall ist. Wir hatten in der Phase des Baubooms dadurch höhere Wachstumsraten und jetzt schwächere als andere neue Bundesländer.
Diese Analyse - so richtig sie ist - schafft jedoch keinen einzigen Arbeitsplatz und hilft auch nicht, die Lebensverhältnisse in
Brandenburg denen der alten Länder anzugleichen. Genau das wollen wir jedoch, das will meine Fraktion, das ist politische Zielsetzung der Koalition. Wir sehen die Zukunft nicht schwarz, legen die Hände nicht in den Schoß oder warten auf den allgemeinen Aufschwung, in der Hoffnung, dass unser Bundesland schon davon profitieren wird.
Für uns gilt nach wie vor: Wirtschaft schafft Arbeit. Wettbewerbsfähige und innovative Arbeitsplätze im Land werden nicht durch Staatsunternehmen geschaffen oder dadurch, dass wir uns Standards leisten, die in Deutschland einmalig sind. Unsere Bemühungen müssen deshalb darauf gerichtet sein, noch mehr Brandenburger für unternehmerische Initiativen zu gewinnen.
Des Weiteren müssen wir unsere Unternehmen dabei unterstützen, ihre Positionierung auf internationalen Märkten zu verbessern und ihre Wettbewerbsposition zu stärken. Unternehmensförderung und die Schaffung einer attraktiven Infrastruktur sind prioritäre Aufgaben. Dem Mittelstand, den kleinen und mittelständischen Unternehmern - den Hauptarbeitgebern unserer Region - gilt unsere besondere Aufmerksamkeit.
Ich sage es, wie es ist: Die CDU sieht es kritisch, dass es uns nicht gelungen ist, im Landeshaushalt 2004 die vollständige Kofinanzierung der GA-Mittel für die Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur sicherzustellen. Wir sind dem Ziel näher als bei der Einbringung des Haushaltes, die vollständige Kofinanzierung konnte jedoch nicht erreicht werden. Mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen, der am morgigen Freitag hier debattiert wird und für den ich heute schon um Ihre Zustimmung werbe, fordern wir, dass die Landesregierung ein Konzept vorlegt, wie sie die Kofinanzierung der GA-Mittel sowie eine hohe Investitionsquote langfristig sichern will.
Wirtschaftspolitik ist nicht nur Unternehmensförderung. Die Standortbedingungen Brandenburgs und die Situation unserer Unternehmen gestatten es jedoch nicht, dass auf vom Bund bereitgestellte Wirtschaftsfördermittel verzichtet wird.
Die CDU-Fraktion hat sich dafür ausgesprochen, die EUStrukturfonds in stärkerem Maße als bisher zur Stärkung der gewerblichen Wirtschaft sowie zur Verbesserung der Infrastruktur einzusetzen. Der Kabinettsbeschluss zur Aufteilung der Effizienzreserve kommt unserer Forderung und der Empfehlung der Gutachter für die Halbzeitbewertung nach. Nicht nur wünschenswert, sondern notwendig - so unsere Überzeugung - wäre eine stärkere Umverteilung zwischen den EU-Fördertöpfen entsprechend dem Vorbild erfolgreicherer neuer Bundesländer gewesen.
Wir müssen und wollen die Kraft aufbringen - der Ministerpräsident hat es gesagt -, konsumtive Ausgaben weiter zurückzuführen, um den finanziellen Spielraum für die Stärkung der Infrastruktur und die Unterstützung der Innovationsfähigkeit unserer Wirtschaft zu erweitern.
Die Notwendigkeit eines Solidarpakts II wurde von den neuen Ländern mit der großen Infrastrukturlücke und der geringen finanziellen Leistungsfähigkeit unserer Kommunen begründet. Ein Gutachten des IWH spricht nun davon, dass die neuen Länder - außer Sachsen - die Solidarpaktmittel nicht vollständig für die Ausgaben verwenden, für die sie sie erhalten haben. Der Vorwurf wiegt schwer. Wir wissen: Mit einer falschen Ausga
benpolitik, mit der Zweckentfremdung der Mittel setzen wir die Solidarität der alten Länder aufs Spiel - Solidarität, auf die wir angewiesen sind, um den Aufbau Ost voranzutreiben.
Die Gefahr, dass wir in eine Defensivrolle geraten, ist groß. Aus einer solchen Rolle heraus die Interessen unseres Bundeslandes gegenüber Begehrlichkeiten anderer zu vertreten wird nicht einfacher. Auch angesichts der hohen Investitionserfordernisse in unsere Infrastruktur - Herr Lunacek hat gestern beispielhaft die Zahlen für den Landesstraßenbereich genannt und der Endlichkeit der Solidarpakttransfers können wir uns Fehlausgaben nicht leisten.
Meine Damen und Herren, neben den Investitionen in Wirtschaft und Infrastruktur gewinnen die Investitionen in die Köpfe immer größere Bedeutung. In der Wissensgesellschaft und dem damit einhergehenden Wettbewerb werden wir nur bestehen, wenn sich das geistige Potenzial, das in unseren Kindern und Jugendlichen steckt, optimal entfalten kann. Dass es hier in der Vergangenheit schwere Versäumnisse gab, wird von niemandem mehr bestritten. Deshalb haben wir bereits in der Koalitionsvereinbarung unsere Bildungsoffensive verabredet, die mit der Novellierung des Schulgesetzes vor zwei Jahren umgesetzt wurde.
- Das hatte ich vorhin erklärt. Hätten Sie aufmerksam zugehört, hätten Sie es mitbekommen. Sie können es gern im Protokoll nachlesen.
Da Bildungspolitik immer langfristig wirksam ist, kann man nicht kurzfristig bessere Ergebnisse erwarten. Trotzdem müssen wir uns vor dem Hintergrund der Ergebnisse von PISA, IGLU und nicht zuletzt der zentralen Abschlussprüfungen fragen, ob die eingeleiteten Verbesserungen ausreichen. Es ist nicht hinnehmbar, dass trotz Mangel an Lehrstellen viele Ausbildungsplätze nicht besetzt werden können, weil keine geeigneten Bewerber zur Verfügung stehen. Dass fast 75 % der Schüler, die den Grundkurs einer Gesamtschule besuchen, eine 5 oder 6 in Mathematik geschrieben haben, spiegelt den akuten Handlungsbedarf überdeutlich wider.
Leider gibt es in der Koalition unterschiedliche Vorstellungen davon, was eine gute Schule ausmacht. Auch die PISA-Studie lässt hier unterschiedliche Interpretationen zu. Während wir nach Sachsen oder Bayern schauen - Bayern liegt immerhin gleichauf mit Schweden - verweist die SPD auf Finnland, obwohl dort gänzlich andere gesellschaftliche Rahmenbedingungen vorliegen. Das erinnert mich ein wenig an den DDR-Slogan: Überholen ohne einzuholen! Das Ergebnis kennen Sie.
Es gibt natürlich auch Gemeinsamkeiten in der Koalition. Wir sind uns darin einig, dass das Bildungs- und Entwicklungspotenzial der Kinder im Vorschulalter zu wenig genutzt wird.
Wir sind uns darin einig, dass die Grundlagen für einen erfolgreichen Schulabschluss in der Grundschule gelegt werden; denn auf den Anfang kommt es an.
Wir sind uns darin einig, dass die Lehrerfortbildung reformiert werden und die Weiterbildung im Beruf höheren Stellenwert erhalten muss.
Wir sind uns darin einig, dass die Schulen mehr Gestaltungsspielraum bekommen müssen und Wettbewerb zwischen den Schulen wichtig ist.
Wir sind uns darin einig, dass die Motivation für schulisches Engagement im Elternhaus gelegt wird und dass wir das den Eltern stärker bewusst machen müssen. Das hat nicht direkt etwas mit der Chipfabrik, aber sehr viel mit dem Standort Brandenburg zu tun.
Die Liste der Gemeinsamkeiten ließe sich fortsetzen. Falls wir irgendwann noch die schulformbezogenen Ergebnisse bekommen - bis jetzt kennen wir nur die der Gymnasien -, können wir weitere Schlussfolgerungen für die Bildungspolitik in Brandenburg ableiten.
Meine Damen und Herren! Innovation ist die Voraussetzung für zukunftsfähige Arbeitsplätze. In einem Land, das über keine nennenswerten Bodenschätze oder Rohstoffe verfügt, gehören die Ausbildung und das Wissen der Menschen sowie die Umsetzung ihrer wissenschaftlichen Erkenntnisse in marktfähige Produkte zu den bedeutendsten Potenzialen für die wirtschaftliche Entwicklung. Daher ist es gut und richtig, dass wir trotz der schwierigen Haushaltslage beschlossen haben, die Anzahl der Studienplätze bis zum Jahre 2008 weiter auszubauen
In der neuen Bertelsmann-Studie wird Brandenburg eine ausgeprägte Innovationsschwäche unterstellt. Diese Schwäche kann auf der einen Seite nur durch eine qualitativ bessere Bildung bekämpft werden.
Auf der anderen Seite muss die Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft verbessert werden. Dabei bietet die im Land Brandenburg vorhandene leistungsfähige Wissenschafts- und Forschungslandschaft hervorragende Voraussetzungen. Allein im Zeitraum von 1999 bis 2001 sind an unseren Hochschulen mehr als 50 Ausgründungen - verbunden mit der Schaffung von Hunderten von Arbeitsplätzen - erfolgt. Von der Triebwerksherstellung bis hin zur Suche nach neuen Medikamenten ist „Know-how made in Brandenburg“ international konkurrenzfähig.
Bei international operierenden Unternehmen funktioniert die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft bereits gut. Rolls-Royce, SAP am Uni-Standort Potsdam oder die BASF sind gelungene Beispiele dafür. Nennen möchte ich an dieser Stelle auch den Bau eines neuen Technologiezentrums am Wissenschaftsstandort Golm bis zum Frühjahr 2005 mit Investitionen in Höhe von 13 Millionen Euro. Mit der leistungsbezogenen Finanzierung der Hochschulen werden weitere Impulse gesetzt, um Innovationen zu fördern.
Meine Damen und Herren! Welche Herausforderungen hinsichtlich der notwendigen politischen Entscheidungen anstehen, kann man nicht in einer halbstündigen Rede zusammenfassen. Es ist mir aber wichtig, deutlich zu machen, dass wir nicht nur die Probleme Brandenburgs, sondern auch die Chancen unseres Bundeslandes kennen, Chancen, die wir gemeinsam mit den Menschen ergreifen wollen, um die Probleme zu lösen. Wir wollen starker Teil einer innovativen Bundesrepublik sein. Dafür gilt es zu arbeiten, dafür sind die notwendigen Entscheidungen zu treffen und die Prioritäten zu setzen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.