Protocol of the Session on November 6, 2003

(Zuruf von der PDS: Das haben wir!)

Hier liegt der klassische Fall einer Güterabwägung vor. Die Innenpolitiker vertreten die Interessen der Kommunen und sagen: Im Bereich der kommunalen wirtschaftlichen Betätigung müssen wir den Kommunen natürlich Möglichkeiten geben,

Geld zu verdienen, Daseinsvorsorge zu betreiben und einen Beitrag zum Haushalt zu leisten.

(Vietze [PDS]: Das glauben die Innenpolitiker!)

Die Wirtschaftspolitiker fordern zu Recht, der Entwicklung, dass kommunale Unternehmen mit dem Gewährträger Kommune in der Hinterhand den Privaten Konkurrenz machen, Einhalt zu gebieten. Darum geht es. Die viel beschworene Ehrlichkeit und eine „ergebnisoffene Diskussion“ nutzen da gar nichts. Meines Wissens heißt es in der Geschäftsordnung des Landtages, dass auch die Opposition Gesetzesanträge einbringen kann. Tun Sie es doch einmal und langweilen Sie uns nicht immer mit den gleichen Anträgen!

(Zuruf von der PDS)

- Wo sind denn die Gesetzesanträge der PDS-Opposition? Ich kann mich an einen erinnern, dessen Einbringung zweieinhalb Jahre zurückliegt und den man wahrscheinlich nur noch im Archiv findet. Lange müssen wir darüber zu Recht nicht diskutieren.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Wenn wir keine Anträge stellen würden, wäre hier längst Schluss!)

Die PDS lässt hier jede vernünftige Positionierung vermissen.

Herr Kollege Sarrach, Sie haben auf Ihren Redebeitrag verwiesen. Das war ja wohl eine Rede vor der Stadtverordnetenversammlung Fürstenwalde! Die Kommunalaufsicht für die Stadt Fürstenwalde liegt nicht beim Innenminister, sondern beim Landkreis. Alles, was dort stattgefunden hat, war möglicherweise ein Verstoß gegen das geltende Recht. Es wird doch nicht besser, wenn Sie uns dazu auffordern, das geltende Recht zu ändern, weil es Verstöße dagegen gegeben hat. Wenn dort schon heute das bestehende Recht nicht eingehalten wird - wer gibt uns die Garantie, dass eine novellierte Gemeindeordnung eingehalten wird? Wenn gegen Berichtspflichten verstoßen worden ist, darf man die Frage stellen, warum die kommunalen Vertreter - das frage ich insbesondere Sie, Herr Kollege Sarrach - nicht entsprechend tätig geworden sind. Ihr Verweis geht in der Sache vollkommen fehl.

Kollege Schippel hat auf die unterschiedlichen Ausgangspositionen hingewiesen. Ich fasse zusammen: Bei diesem Vorhaben ist keine Gefahr im Verzug. Es besteht nicht die Notwendigkeit, dass wir so schnell wie möglich handeln. Wir haben eine Güterabwägung zu treffen. Es gibt unterschiedliche Positionen und wir müssen zu einem Ergebnis kommen. Das Ergebnis, das wir erzielen werden, wird sowohl den Interessen der Kommunen als auch - das ist uns sehr wichtig - den Interessen der örtlichen Wirtschaft gerecht werden. Von daher lautet die klare Aussage der CDU-Fraktion: Wir lehnen den Antrag ab. Wenn Sie von der PDS sagen, Gesetzentwürfe seien notwendig, dann sollten Sie in Zukunft nicht nur einen Antrag, sondern einen entsprechenden Gesetzentwurf einbringen und sich dazu bekennen, was Sie - außer einer ergebnisoffenen und ehrlichen Diskussion - eigentlich wollen. Ihr Antrag ist für das Thema deutlich zu dünn. - Danke.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Wir sind bei der Landesregierung. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der Novellierung des Gesetzes über die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen geht es um sehr komplexe Sachverhalte; darauf ist zum Teil schon eingegangen worden. Einige wollen die Möglichkeit erhalten, auf diese Weise, das heißt durch wirtschaftliche Betätigung zulasten anderer Betriebe, die Situation der Kommunalfinanzen zu verbessern. Ich will damit deutlich machen, dass es um die Frage geht, wie wir das Spannungsverhältnis zwischen den berechtigten Interessen der Kommunen an der Wahrnehmung ihrer wirtschaftlichen Aufgaben und den Interessen der kleinen und mittelständischen Betriebe des Handwerks, die in jenem Bereich tätig sind, ausgleichen können. Ein Aspekt ist die Lockerung des Örtlichkeitsprinzips. Die Frage, wie weit das gehen soll, ist schon gestellt worden. Wir wissen aus Berlin, dass ein Wasserwerk weltweit im Einsatz war, was große Zahlungsschwierigkeiten zur Folge hatte. Das zeigt, dass es nicht möglich ist, das Problem durch einen Schnellschuss zu lösen. Wir brauchen eine umfassende politische Diskussion, die derzeit weder in Brandenburg noch in den übrigen Bundesländern als abgeschlossen betrachtet werden kann.

Es ist richtig, dass eine Arbeitsgruppe der Innenministerkonferenz unter unserem Vorsitz diese Frage erörtert hat. Ich habe dem Innenausschuss vor ca. zwei Jahren berichtet, dass sich die Bundesländer nicht auf ein gemeinsames Vorgehen verständigen konnten. Daraus mögen Sie ersehen, wie komplex sich der Sachverhalt darstellt.

Es geht auch um die Frage, ob eine weitere Marktöffnung für kommunale Unternehmen gegenüber privaten Wettbewerbern erreicht oder verhindert werden soll. Wir müssen dabei die Auswirkungen der Vorgaben des EU-Wettbewerbsrechts für die Kommunen berücksichtigen. Dieser Aspekt befindet sich noch nicht im Stadium der entscheidenden Diskussion.

Herr Minister, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage zu beantworten? - Bitte sehr.

Herr Minister, da ich Ihre Ausführungen durchaus teile, Sie aber auch als Stratege bekannt sind, frage ich: Warum haben Sie bei Ihrem letzten Besuch in der PDS-Fraktion, der weit länger als ein Jahr zurückliegt, diese Faktoren nicht voraussehen können? Warum haben Sie uns damals versprochen, Sie würden bis zum Ende des vorigen Jahres einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen?

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Es war keine strategische Absicht, Ihnen das nicht mitzuteilen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Die Sachverhalte, die ich soeben genannt habe, hat Herr Kollege Sarrach schon mehrfach erörtert. Der Gegenstand der Diskussion in der Fraktion hat sich mir nicht in allen Einzelheiten eingeprägt.

(Frau Kaiser-Nicht [PDS]: Uns aber schon!)

Aber ich bin dankbar dafür, dass ich bei Ihnen einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen habe, und komme gern noch einmal, um die Dinge zu erörtern.

(Zuruf des Abgeordneten Vietze [PDS])

- Herr Vietze, wenn Sie mich einladen, komme ich; das ist nur eine Terminfrage.

Aber nun zur Sache selbst!

Es gibt noch den Wunsch von Herrn Christoffers, eine Zwischenfrage zu stellen. Lassen Sie auch diese zu? - Bitte sehr.

Herr Minister, meine Frage bezieht sich auf die Nachhaltigkeit. Sie haben ausgeführt, Sie könnten noch nicht überblicken, wie sich das EU-Wettbewerbsrecht auf ein mögliches neues Gesetz auswirkt.

Es muss eine Frage werden, Herr Christoffers!

Da das europäische Wettbewerbsrecht nach meiner Kenntnis vor allen Dingen eine Liberalisierung fordert, frage ich Sie, ob Sie die von Ihnen soeben erwähnten Bedenken genauer untersetzen können.

Es geht um die Frage, ob ein Kommunalbetrieb mit staatlichen Mitteln, die vom Steuerzahler stammen, Privatbetrieben die Aufträge wegnehmen darf, das heißt, ob eine Verzerrung des Wettbewerbs unter Anwendung von staatlichen Mitteln vorliegt. Diese Frage ist nicht ohne weiteres ex cathedra zu beantworten. Den Bundesländern war es noch nicht möglich, einen bundeseinheitlichen Rahmen für die Gesetzesnovellierung zu erarbeiten. Daraus mögen Sie ersehen, wie schwierig das ist. Zum Beispiel Fürstenwalde hat Herr Kollege Petke schon Stellung genommen.

Herr Sarrach, ich empfehle Ihnen, sich mit der Stadt Strausberg näher zu befassen. Wir haben eine kundige Abgeordnete unter uns, die sich mit der dortigen Situation auskennt. Sehen Sie sich insbesondere die Haushaltslage an und prüfen Sie die Frage, warum die Stadt Strausberg die Kreisumlage nicht zahlt, fast pleite ist und wie das alles zusammenhängt! Ich als Innenminister kann das nicht ansprechen, weil es dem Landkreis obliegt. Vielleicht können Sie es auch, zum Beispiel im Kreistag oder in der Stadtverordnetenversammlung, thematisieren.

Es geht jetzt darum, dass wir die Fakten weiter aufbereiten, eine Diskussion führen und ein funktionierendes Gesetz vorlegen. Die Politik muss abschließend entscheiden, welche Zukunftschancen sie den kommunalen Unternehmen im Verhältnis zu den privatwirtschaftlichen Unternehmen einräumen möchte.

Wir müssen also dann ein schlüssiges, EU-kompatibles Gesetz vorlegen, das den Interessen der Gemeinden entspricht und gleichzeitig die Interessen der steuerzahlenden Gewerbetreibenden berücksichtigt. Das ist unsere Aufgabe und die ist außerordentlich schwierig. Darum haben wir das Gesetz bisher noch nicht vorlegen können und weil auch die Erörterungen dazu noch nicht abgeschlossen sind. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Es gab noch einen Wunsch, eine Frage zu stellen und die Antwort dazu zu hören. Die Zeit ließe es noch zu. Sind Sie einverstanden?

Bitte, gerne.

Herr Sarrach! Aber bitte nur eine Frage!

Herr Minister, sehen Sie die Verantwortung für eine funktionierende Kommunalaufsicht auch bei sich selbst als der obersten Kommunalaufsichtsbehörde und nehmen Sie diese Verantwortung auch wahr? Ich hatte das in Sorge um die Kommunalaufsicht in den Landkreisen angesprochen.

Ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, dass Sie sich in Sorge um die Landkreise zerreißen.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Folgendes muss ich dazu sagen: Wir haben eine ganz klare Zuständigkeitsregelung. Die Zuständigkeit liegt bei den Landkreisen als untere Kommunalaufsicht. Wir können nur dann eingreifen, wenn diese sozusagen gegen ihre Verantwortung verstoßen und wir die Möglichkeit des Durchgriffs haben.

Sie wissen doch, dass wir in bestimmten Bereichen große Schwierigkeiten mit den Kommunalfinanzen, mit kommunalen Wohnungsbaugesellschaften haben, wo der Kreis die zuständige Aufsichtsbehörde ist. Wenn der Landkreis nicht mehr weiter weiß, kommt er zu uns und sagt: Würdet ihr uns bitte helfen? In dem Bereich muss die Kommunalaufsicht im Lande Brandenburg insgesamt noch besser werden, aber sie wird nicht dadurch besser, dass man zentralisiert, sondern dadurch, dass man die Aufgabenerfüllung da, wo sie wahrgenommen wird, besser wahrnimmt, indem die Mitarbeiter besser qualifiziert

werden. Da geht Leistung und Effizienz vor allen anderen Dingen, die manchmal hier formuliert werden.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr. - Wir sind damit am Ende der Rednerliste. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag der PDS-Fraktion - Drucksache 3/6587 - folgt, möge die Hand aufheben. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 6 und rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Kulturhauptstadt Europas 2010

Antrag der Fraktion der PDS