Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsere Initiative erfasst natürlich dasselbe Problem wie unser Antrag zur Änderung des Brandenburgischen Beamtengesetzes. Ich fasse zusammen:
Erstens: Unserer DVU-Fraktion geht es in diesem wie auch in dem anderen Antrag nicht um die Benachteiligung religiöser Minderheiten. Es geht uns allein darum, die wertneutrale Amtsausübung des Staatsdienstes im Sinne des Grundgesetzes zu sichern und die Grenzen der religiösen Toleranz im staatlichen Dienstbetrieb zu definieren. Der einzige und wichtige Unterschied ist, dass es sich hierbei um die Angestellten des öffentlichen Dienstes und bei dem vorangegangenen um die Beamten handelt.
Zweitens: Unsere DVU-Fraktion wählt auch hier das mildeste gebotene Mittel, welches sich aus der Abwägung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt. So wie in Ausübung des Amtes das Tragen von politischen Symbolen wie „Atomkraft Nein danke“-Plaketten, Parteiabzeichen und das Aufhängen von „Erich“-Bildern in Klassenzimmern untersagt ist, ist im Dienst auch das kompromisslose Tragen markanter sichtbarer religiöser Kleidungsstücke oder Symbole zu unterbinden, die geeignet sind, über einen Hinweis auf die schlichte Religionszugehörigkeit hinauszugehen und nicht offizielle Amtstracht einer Kirche oder anerkannten Religionsgemeinschaft sind.
Bei Angestellten im öffentlichen Dienst besteht wie bei den Beamten ein dringendes Regelungsbedürfnis. Das ergibt sich bereits aus der Funktion des Staatsdienstes selbst. Er ist dem Grundgesetz verpflichtet und im Übrigen politisch wie religiös neutral.
Deshalb ist auch dem aufgeschlossenen und modernen Staatsbediensteten die Ausübung von Politik, Religion oder Weltanschauung nur zu gewährleisten, wenn sich kein offener Widerspruch und kein Funktionshindernis zu dem allein dem Grundgesetz verpflichteten anschauungsneutralen öffentlichen Dienst ergeben kann.
In Ausübung ihres Amtes nehmen Beamte und Angestellte gleichermaßen an der öffentlichen Gewalt teil. Sie stellen sich mit Eintritt in den Staatsdienst aufgrund einer freien Willensentscheidung auf die Seite des Staates. Sie verkörpern in ihrer
Funktion als Amtsträger sozusagen den Staat in seinem Auftreten gegenüber dem Bürger und dessen Verpflichtung zur gleichmäßigen, gesetzes- und verfassungstreuen Verwaltung. Darauf müssen die Bürgerinnen und Bürger vertrauen können. Auch insoweit ergibt sich für Angestellte und Beamte also kein Unterschied. - Ich bedanke mich erst einmal.
Ich danke dem Abgeordneten Schuldt. - Die Koalitionsfraktionen haben auf ihr Rederecht verzichtet. Ich gebe das Wort an die Fraktion der PDS, Herrn Abgeordneten Vietze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist uns leider nicht möglich, zu diesem wichtigen Thema, „der Kopftuchfrage“, auf den vierten Diskussionsbeitrag zu den Ausführungen des Kollegen Schuldt zu verzichten. Aber ich will mich hier außerordentlich kurz fassen.
Die DVU hat dieses Thema ganz offensichtlich als eine der entscheidenden, im Land Brandenburg am meisten diskutierten Führungsfragen erdacht und auf die Tagesordnung gesetzt, nachdem die eigene Gesetzesinitiative wenig Erfolg versprach. Nachdem Herr Homeyer und Frau Wolff-Molorciuc hier schon richtigerweise deutlich gemacht haben, was hierzu zu sagen ist, bleibt mir nur noch, Folgendes zu ergänzen:
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Länder vor dem Hintergrund ihrer jeweiligen kulturellen Prägungen und Traditionen und der Zusammensetzung der Bevölkerung auf Landesebene eine Entscheidung herbeiführen und diese Frage regeln können, wenn sie dafür Bedarf sehen. Es hat am 10. Oktober eine Kultusministerkonferenz gegeben, auf der einige gesagt haben, dass sie überhaupt keinen Bedarf sehen. Dazu gehören Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen. Andere haben sich noch nicht verbindlich geäußert, ob sie Bedarf sehen. Bremen hat auf seine besondere Regelung im Grundgesetz, die so genannte Bremer Klausel, verwiesen.
Nun muss man ganz einfach fragen, wer denn nun etwas unterstützen soll, zu dem das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dass es in der Kompetenz der Länder liegt. Eine Bundesratsinitiative wäre ja wieder eine Bündelung für eine Bundesgesetzgebung.
Also langweilen Sie uns nicht länger! Verzichten Sie auf Ihren weiteren, noch anstehenden Diskussionsbeitrag! Lassen Sie uns uns den Problemen des Landes widmen! - Danke schön.
Ich danke dem Abgeordneten Vietze. - Die Landesregierung hat mir Redeverzicht angezeigt, sodass ich das Wort noch einmal an die Fraktion der DVU, Herrn Abgeordneten Schuldt, geben kann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ihre Beiträge zu beiden Anträgen unserer DVU-Fraktion gingen - in Stichworten - so vor: Von „Mal sehen, was die anderen machen“ über „Backe, backe, Eierkuchen, alles nicht so schlimm!“ bis zu: „Alles verbieten“ oder „Alles erlauben“.
Dem Antrag des Bundesverfassungsgerichts vom 24. September an den Gesetzgeber wird das alles nicht gerecht, Herr Vietze. Dieser lautet, „die neutrale Ausübung des Staatsdienstes im Sinne des Grundgesetzes zu sichern und die Grenzen der religiösen Toleranz im staatlichen Dienstbetrieb zu definieren“. Genau das tun wir als DVU-Fraktion - mehr nicht!
Nun zu Ihren Einwänden. „Mal sehen, was die anderen machen!“ Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, natürlich nimmt die DVU-Fraktion zur Kenntnis, dass auch in Ihren Reihen Handlungsbedarf erkennbar wird, etwa in Bayern und in Baden-Württemberg.
Aber wir können uns dem nur anschließen, wenn wir sichergehen können, dass die von dort kommenden Vorschläge nicht wieder vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern. Genau diese Gefahr sehen wir. Nach Meinung Ihrer Ministerin Schawan aus Baden-Württemberg soll das Kopftuch-Tragen als politisches Symbol im Staatsdienst unterbunden werden.
Was ist politisch, was ist religiös, wo wollen Sie die Grenzen setzen? - Wenn ich richtig verstehe, geht es beim Kopftuch um eine Koranauslegung.
Denken Sie einmal kurz nach: Wie haben Martin Luther und die katholische Kirche über den Ablasshandel gedacht? War dieser Disput politisch oder religiös? - Ich denke doch, er war religiös, denn es ging um den Inhalt der Bibel.
Mit Ihrer Abgrenzung begeben Sie sich fürchterlich aufs Glatteis. Die von uns gewählte Abgrenzung nach dem äußeren Erscheinungsbild und die über die schlichte Religionszugehörigkeit hinausgehende Aussage sind der sichere Weg. Ich bitte Sie, überdenken Sie das noch einmal!
Damit komme ich, meine Damen und Herren von der SPDFraktion, zu der Aussage: Alles nicht so schlimm! - Schauen Sie einmal nach Nordrhein-Westfalen! Da sehen Sie, wohin „Backe, backe, Eierkuchen“ führt. Ich frage Sie: Lesen Sie auch einmal Zeitung? Dort hat sich mit Sogwirkung auf die Republik die in Bonn befindliche König-Fahd-Akademie als Kaderschmiede islamistischer Extremisten bis hin zu den Anhängern der islamistischen Terroristen von El-Kaida entwickelt. Ideologische Grundlage dieser Schule ist der strenge Wahabitismus, der in seiner reinen Lehre im Afghanistan der Taliban hinreichend zu besichtigen war, meine Damen und Herren.
Gerade deshalb ist das Kopftuch für weite Teile unserer Bevölkerung Ausdruck einer islamistischen Auslegung, die Frauen
Alles verbieten? Etwa die Halskette mit Kreuz oder den Halbmond oder den Davidstern? Das hat als Hinweis auf die Religionszugehörigkeit in keinem Land der Erde eine dem Kopftuch vergleichbare streitige fundamentalistische Aussagekraft. Ein solches generelles Verbot würde das Übermaßverbot des Grundgesetzes verletzen, meine Damen und Herren.
Schließlich: Alles erlaubt? Es ist immer wieder spannend, wie sich die PDS-Fraktion populistisch verbiegt. Wie weit geht denn Toleranz wirklich, Herr Abgeordneter Vietze? Hätte ich, als Sie an der Macht waren, im Klassenraum neben Ihrem „Erich“-Bild meinen Martin Luther, der Abgeordnete Homeyer etwa seinen Adenauer und der Abgeordnete Schulze seinen Kurt Schumacher gehängt, wir alle hätten uns in den Stasi-Katakomben wiedergetroffen - und bestimmt nicht zum Skatspielen, meine Damen und Herren!
(Beifall bei der DVU - Vietze [PDS]: Herr Präsident, das muss man sich nicht gefallen lassen! Das ist unmöglich!)
Spätestens im Wahlkampf werden wir gewahr werden, wie weit Ihre Toleranz wirklich geht, wie wichtig es ist, auch symbolkräftige Sachen abzuschaffen, Herr Vietze. Wenn etwa wieder das erste CDU-Wahlkampfauto umgekippt wird und Wahlplakate meiner Partei zerschlagen oder entwendet werden, sehen wir, wo Ihr Kampf gegen Rechts beginnt.
Meine Damen und Herren! Wir sind am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und kommen zur Abstimmung.
Die Fraktion der DVU beantragt die Überweisung ihres Antrages - Drucksache 3/6528 (Neudruck) - an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Wer diesem Überweisungsantrag folgt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Überweisungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der DVU - Drucksache 3/6528 (Neudruck) - in der Sache. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Kündigung und öffentliche Ausschreibung der Verträge zur Pflege von Außenwirtschaftsbeziehungen des Landes Brandenburg
Außerdem liegt Ihnen in der Drucksache 3/6608 ein Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und der CDU vor. Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der einreichenden Kollegin Dr. Schröder. Sie haben das Wort.
Ehe Sie am Pult sind, habe ich noch Zeit, junge Gäste im Landtag zu begrüßen. Sie kommen von der Europaschule „Pierre und Marie Curie“ Guben. Herzlich willkommen!