Unsere Bevölkerung wird angesichts solcher Vorschläge immer mehr zukunftsirre gemacht. Angst geht um bei Jung und Alt, bei Gesunden wie Kranken. Was an medizinischer Leistung bekomme ich zukünftig noch? Bekomme ich noch meine Medikamente? Wie viel muss ich künftig zahlen? Kann ich mir eine angemessene medizinische Versorgung überhaupt noch leisten? Was bekomme ich, wenn ich alt bin? Die Bürgerinnen und Bürger, gerade die älteren und weniger begüterten, erkennen ganz genau: Ein roter Faden zieht sich durch die gesamte Sozialreform dieser Bundesregierung.
Der Sozialabbau trifft in erster Linie die kleinen Leute, die schwachen, die armen und jetzt auch noch die älteren Menschen, die, die sich am wenigsten wehren können. Die haben keine Lobby. Denen kann man ja ruhig nehmen. Die Großen bleiben ungeschoren, die erhöhen sich allenfalls die Diäten.
So ist die gesamte so genannte Gesundheitsreform schlichtweg ein Streichkonzert und sonst gar nichts. Strukturreform? Fehlanzeige. An den ineffektiven Apparaten, die das allgegenwärtige Chaos verwalten, ändert sich nichts. Da müsste man sich ja mit den Lobbyisten und den Pöstcheninhabern aus der eigenen Klientel anlegen. Aber das geschieht wohlweislich nicht. Es bedarf natürlich keiner Erörterung, dass unsere DVUFraktion diesen Weg nicht mitgehen wird.
Meine Damen und Herren, der Fisch stinkt am Kopf und nicht nur am Schwanz. Alles gehört auf den Prüfstand, insbesondere auch die Apparate des Gesundheitswesens; die Leistungen allerdings nur insoweit, als die medizinisch erforderlichen Leistungen für alle und für alle Altersgruppen gleichermaßen unangetastet bleiben. Darauf, meine Damen und Herren, zielt unser Antrag ab. Er soll der Diskussion die Spitzen nehmen und klarstellen, was geht und was ganz und gar nicht geht.
Nach Auffassung unserer DVU-Fraktion ist es nicht nur eine Generationenungerechtigkeit, wenn bestimmte Altersgruppen von der Versorgung mit medizinisch erforderlichen Leistungen ausgeklammert werden. Wenn eine Altersbegrenzung eingeführt wird bei der Implantation von künstlichen Hüftgelenken, bei der Dialyse, bei bestimmten Herz- und Kreislauferkrankungen usw., wird unser auf dem Sozialstaatsprinzip beruhendes Solidarsystem zerstört. Zudem wird der Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt.
Vom ethischen Standpunkt her kann man eine solche Politik nur noch als menschenverachtend bezeichnen. Wir wollen nicht, dass der Spruch aus den späten 80er Jahren Wirklichkeit wird: Weil ich arm bin, muss ich früher sterben. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. - Ich bedanke mich zunächst für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Fechner. - Das Wort geht für die Koalitionsfraktionen an den Abgeordneten Homeyer.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann es verhältnismäßig kurz machen. Wir alle haben es gehört, die DVU-Fraktion rollt die Sommerlochdebatte auf und
arbeitet sie nun Punkt für Punkt mit ihren heutigen Anträgen ab. Es ist doch auch völlig klar, dass Ideenmangel dahinter steckt. Es handelt sich um eine Selbstverständlichkeit, dass in Deutschland die ältere Generation unabhängig vom Lebensalter einen Anspruch auf medizinisch erforderliche Leistungen, und dies unabhängig von den Behandlungskosten im Einzelfall, hat.
Das brauchen wir hier im brandenburgischen Landtag, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht zu beschließen.
Im Übrigen möchte ich an die Adresse der DVU deutlich gerichtet sagen, dass Ihre überflüssigen Anträge unsere Arbeit behindern. Wir haben in Brandenburg genügend Probleme, die wir lösen müssen. Deshalb kann ich Ihnen nur sagen: Lassen Sie das mit diesen Anträgen! Kümmern Sie sich um die Probleme in Brandenburg! Herr Schuldt, Sie haben gestern angemahnt, dass es Kosten verursacht, wenn Gesetzentwürfe eingebracht werden. Es verursacht auch Kosten, wenn Sie überflüssige Anträge einbringen, die wir hier debattieren müssen. Sie stehlen uns nämlich unsere Zeit als Abgeordnete.
Ich danke dem Abgeordneten Homeyer und gebe das Wort an die Fraktion der PDS. Frau Abgeordnete Bednarsky, bitte.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gehört seit langem zu den politischen Grundsätzen der PDS, dass der Zugang zu medizinischen Leistungen keinerlei sozialen Schranken unterliegen darf. Dies schließt selbstverständlich das Alter ein, wie übrigens auch die Herkunft, die Hautfarbe oder die Staatsangehörigkeit. Deswegen schließen wir uns den Worten von Herrn Homeyer an, dass es keinerlei Landtagsbeschlusses bedarf. Wir lehnen diesen Antrag ab. - Danke.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Bednarsky. - Die Landesregierung hat Redeverzicht angezeigt. Frau Abgeordnete Fechner, Sie haben noch einmal das Wort für die Fraktion der DVU.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Homeyer, Sie werfen uns Ideenmangel vor. Wir haben wenigstens noch Ideen und haben die Sommerpause genutzt und uns mit den Problemen in Brandenburg beschäftigt. Dass es auch ein Brandenburger Problem ist, sieht man an Folgendem - Herr Petke ist leider nicht da -: Die Frau von Herrn Petke hat im Land Brandenburg einen Info-Stand eingerichtet. Es sind viele ältere Bürger auf den Info-Stand zugegangen und haben ihre Bedenken geäußert.
für auszusprechen, dass ältere Menschen medizinisch genauso behandelt werden wie jüngere Menschen. Ihre CDU-Kollegen in Nordrhein-Westfalen haben sich nämlich veranlasst gesehen, diesbezüglich eine Gesetzesinitiative in den Landtag einzubringen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich fahre fort. Die Eckpunkte der so genannten Gesundheitsreform wurden bekanntlich von SPD und CDU/CSU auf Bundesebene, also gewissermaßen von einer großen Koalition, ausgehandelt. Innerhalb dieser Parteien ist das Machwerk weiterhin umstritten. Jeder sattelt noch eins drauf. Das Ansinnen des Herrn Mißfelder, alten Menschen die medizinisch erforderliche Behandlung versagen zu wollen, ist nur der Gipfel der Verwerflichkeiten, meine Damen und Herren.
Dieser Gipfel der Verwerflichkeiten, der dann letztlich Anlass genug für unseren heutigen Antrag war, reiht sich in eine umfangreiche Streich- und Zuzahlungsliste ein, die alle Pflichtversicherten treffen soll.
- Ich schlage vor, Herr Homeyer, Sie setzen sich einmal intensiv mit dieser Streichliste auseinander. Dann können auch Sie hier qualifiziert mitreden.
Lesen Sie unseren Antrag noch einmal, auch die Begründung. Ich würde mich freuen, wenn Sie in Zukunft qualifiziertere Beiträge zu unseren Anträgen liefern würden. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Fechner. - Wir sind am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe zur Abstimmung den Antrag der DVU auf. Er liegt Ihnen in Drucksache 3/6264 - Neudruck - vor. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion der PDS. Herr Abgeordneter Domres, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Sommerpause wollte sich die Landesregierung klammheimlich von einem ihrer zentralen Vorhaben in der Kommunalpolitik verabschieden. Das bereits mehrfach verschobene und zuletzt für den 01.01.2004 geplante kommunale Finanzausgleichsgesetz - FAG -, das den Finanzausgleich zwischen den Kommunen neu regeln und planungssicher festschreiben sollte, soll nun auf die nächste Legislaturperiode vertagt werden. So ließ es jedenfalls Innenminister Schönbohm mitteilen. Ministerpräsident Platzeck wiederum teilte ebenfalls in der Sommerpause mit, dass das FAG noch in dieser Legislaturperiode das Licht der Welt erblicken wird. Die Übereinstimmung der Positionen des Ministerpräsidenten und seines Stellvertreters in dieser Frage ist schon beeindruckend. Vielleicht kann ja im Verlauf der heutigen Debatte endlich Klarheit geschaffen werden, ob und wann das FAG dem Landtag vorgelegt wird. Als Entscheidungshilfe unsererseits liegt Ihnen heute erneut ein Antrag vor, den ich im Folgenden begründen werde.
Gestatten Sie mir zunächst einen kurzen Rückblick in die Historie des FAG. Angefangen hat alles mit Ihrer Koalitionsvereinbarung im Jahr 1999. Darin heißt es:
„Um allen Regionen des Landes vergleichbare Entwicklungschancen zu gewährleisten, sind die Grundlagen der Gemeindefinanzierung auf der Basis eines Finanzausgleichs bis 2001 neu zu gestalten.“
Im März 2001 gab es dann den Antrag meiner Fraktion zur Bildung einer Gemeindefinanzkommission zur Vorbereitung eines kommunalen Finanzausgleichsgesetzes. Dieser Antrag wurde von SPD und CDU abgelehnt.
Immer wieder hat die PDS-Fraktion darauf gedrungen, die Erarbeitung des FAG endlich in Angriff zu nehmen. Immer wieder haben wir hinhaltende Antworten bekommen. Die Landesregierung hat alle Sorgen der Opposition und der Kommunen energisch abgewiesen und sich stets als Gralshüterin der Kommunalfinanzen präsentiert. Anfragen unserer Fraktion wurden namens der Landesregierung von Innenminister Schönbohm mehrfach lautstark zurückgewiesen. Tenor der Antworten: Man solle der Landesregierung vertrauen, das Finanzausgleichsgesetz sei auf einem guten Wege. - Die Kommunen und die Opposition wissen nun nach der diesjährigen Sommerpause, was sie von den Erklärungen und Versprechungen der großen Koalition in Bezug auf die Kommunalfinanzen in Brandenburg zu halten haben, nämlich nichts.
Es ist schon ziemlich unverfroren, wie SPD und CDU jetzt versuchen, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Ich sage noch einmal in aller Deutlichkeit: SPD und CDU lassen die Brandenburger Kommunen im Regen stehen. Anträge der PDS zu Fragen der Kommunalfinanzen wurden von SPD und CDU in schöner Einmütigkeit abgelehnt - so auch der Antrag auf Einbringung eines Entwurfs für ein kommunales Finanzausgleichsgesetz im Januar 2003.
Kollege Schippel nannte seinerzeit die Einbringung unseres Antrages auf Vorlage eines FAG unanständig. Nun frage ich
Sie: Was ist denn aus der Einigung geworden, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, das FAG am 01.01.2004 in Kraft treten zu lassen?