Es bedarf keiner näheren Erörterung, dass unsere Fraktion dieses auf Bundesebene diskutierte Ansinnen mit aller Entschiedenheit ablehnt. Nicht nur die Persönlichkeitsrechte der von der Überwachungsmaßnahme betroffenen Person sind ein hohes Gut, mit dem man nicht leichtfertig umgehen darf. Für uns wiegt noch viel schwerer, dass das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in ganz erheblicher Weise Schaden nehmen würde, insbesondere bei uns in Brandenburg als einem Land, das mit der erst vor wenigen Jahren zu Ende gegangenen SED-Diktatur gerade in Bezug auf Überwachungsmaßnahmen und Bespitzelungen seine leidvollen Erfahrungen gemacht hat.
Um es ganz klar zu sagen: Wir wollen niemals mehr zurück in diese Zeit, in der jedermann jederzeit befürchten musste, von jedermann im Staatsinteresse ausgehorcht zu werden. StasiZeiten und Stasi-Methoden dürfen sich in unserem Land niemals mehr wiederholen, auch nicht ansatzweise. Das wäre fatal, meine Damen und Herren.
Wir können uns deswegen dem vorliegenden PDS-Antrag eigentlich nicht verschließen. Kein vernünftig denkender Mensch kann sich die Stasi-Zeiten der vergangenen SED-Diktatur zurückwünschen. Kein vernünftig denkender Mensch würde es gutheißen, wenn die Bürgerinnen und Bürger abermals befürchten müssten, von jedermann im Staatsauftrag bespitzelt zu werden. Aber auch kein vernünftig denkender Mensch kann ernsthaft wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger befürchten müssen, dass Personen zwangsweise vom Staat zum heimlichen Installieren von Technik und Überwachungsmitteln verpflichtet werden können, etwa Handwerker, die durch das entgegengebrachte Vertrauen Zugang zur engeren Privatsphäre erhalten. Eigentlich sollte man erwarten, dass gegen dieses Ansinnen ein Aufschrei durch das Land geht, meine Damen und Herren.
Was uns indessen in Erstaunen versetzt, ist Folgendes: Von den etablierten politischen Kräften, die diese Diskussion auf Bundesebene in Gang gesetzt haben, insbesondere von SPD und CDU, ist derlei bezeichnenderweise nicht zu vermelden. Eigentlich sollte man annehmen, dass sich in beiden Parteien genügend Personen befinden, die mit dem Überwachungsapparat der SED-Diktatur leidvolle Erfahrungen gemacht haben. Anscheinend haben diese aber ein deutlich unterentwickeltes Langzeitgedächtnis.
Was uns aber noch mehr in Erstaunen versetzt, meine Damen und Herren, ist, dass mit der PDS-Fraktion ausgerechnet die politische Kraft diesen Antrag zur Abstimmung stellt, die in direkter Nachfolge der SED und damit zum SED-Überwachungsstaat steht. Ein Lichtblick? - Ich befürchte, nein. Wenn ich mir das Personal von der PDS-Fraktion so anschaue: Dort sitzen ja nach wie vor eine ganze Reihe von Personen, die mit den Stasi-Machenschaften der SED-Diktatur allemal verstrickt waren. Ich möchte hier nicht die Frage stellen, wie diese sich verhalten würden, hätten sie heute noch die politische Macht inne.
Unsere DVU-Fraktion geht davon aus, dass die PDS auch diesen Antrag nicht aus innerer Überzeugung, sondern aus bloßem Populismus gestellt hat. Es geht ihr um Wählerfang und sonst nichts. Gleichwohl wäre es aber nicht richtig, diesen Antrag sachlich abzulehnen. Ausnahmsweise ist er auch richtig. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir zunächst ein Zitat aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 1. Juli 2003:
„Großer Lauschangriff oder akustische Wohnraumüberwachung? An der Bezeichnung erkennt man Gegner und Anhänger jener heiß umkämpften Verfassungsänderung vom März 1998.“
Kollegen von der PDS, zeigt, wohin die Richtung geht. Ich würde Sie wirklich darum bitten, in einem Antrag an das hohe Haus wenigstens den juristischen Terminus zu verwenden und nicht Begriffe, die aus der Lufthoheit der Stammtische hergeleitet sind.
Im Übrigen frage ich mich: Wer soll denn hier angegriffen werden? Soll nicht eher ein Angriff auf schutzwürdige Interessen der Bürger und der Gesellschaft abgewehrt werden? Von daher war die Änderung des Grundgesetzes im Jahre 1998 durchaus geboten. Die akustische Wohnraumüberwachung ist nach wie vor ein wirksames Instrument zur Verbrechensbekämpfung gerade im Bereich der organisierten Kriminalität. Der Kollege Kallenbach hat bereits ausgeführt, dass es hohe Hürden für die Anwendung dieser Maßnahmen gibt und ebenso eine rechtsstaatliche Kontrolle. Das verschweigen Sie ja immer geflissentlich. Es gibt also einen sehr restriktiven Umgang.
Wenn Sie sich die Zahlen ansehen, dann stellen Sie fest, dass es seit der Grundgesetzänderung 118 Maßnahmen sind. 118 Maßnahmen in knapp fünf Jahren! Was Sie hier tun, verehrte Kollegin Kaiser-Nicht, ist, eine Verallgemeinerung herbeizureden, dass der Bürger annehmen muss, er sei nun möglicherweise jeden Tag in der Gefahr, dass seine Wohnung abgehört, überwacht, dass in sein Schlafzimmer hineingehört wird. Es ist schlichtweg unseriös, wie Sie hier argumentieren.
Im Übrigen müssen Sie, Frau Kaiser-Nicht, sich gerade aufregen, wenn Sie Erinnerungen an vergangene Zeiten beschwören. Sie sollten einmal Ihre eigenen Erinnerungen und die Erinnerungen Ihrer Vorgängerpartei auffrischen.
Wie war es denn damals? Da gab es weder eine verfassungsrechtliche Regelung noch Kontrollmöglichkeiten. Es ist alles sehr willkürlich passiert.
Das ist heute eben nicht der Fall. Werfen Sie das bitte nicht in einen Topf, sondern erinnern Sie sich bitte daran, wie das Schild und Schwert Ihrer Vorgängerpartei mit diesen Dingen umgegangen ist.
Nun gibt es bei der Anbringung der technischen Überwachungsmittel sicherlich einige Hürden zu überwinden. Man muss es natürlich auch geschickt anstellen. Man kann nicht einfach dahergehen und sagen: Jetzt wollen wir in deine Wohnung, wir wollen dich überwachen! - Sondern das muss natürlich auch auf eine Art und Weise geschehen, dass derjenige, um den es geht, davon nichts mitbekommt. Nun haben einige Bundesländer überlegt, wie man das unauffälliger und wirksamer anstellen kann.
Ich bin der Auffassung, dass man zunächst verfassungsrechtlich prüfen sollte - verfassungsrechtliche Bedenken sind ja noch keine Prüfung -, ob man bestimmte Berufsgruppen tatsächlich zwangsverpflichten kann oder nicht. Ich sage Ihnen meine persönliche Sicht auf die Dinge: Eine gesetzliche Verpflichtung halte ich für problematisch. Aber es sollte wenigstens einmal über die Möglichkeit diskutiert werden, solches tun zu können.
Dann sprechen Sie in Ihrer Begründung von einer weiteren Verschärfung. Ich vermag überhaupt nicht zu erkennen, wieso es um eine weitere Verschärfung gehen soll. Genauso stellen Sie in Ihrer Begründung noch auf weitere Eingriffe in Grundrechte, zum Beispiel das Recht auf Freiheit der Berufsausübung, ab und noch vieles andere mehr, was wirklich sehr überzogen dargestellt ist.
Nach der Umfrage in den Bundesländern und nach der Darlegung der sehr differenzierten Auffassungen der Bundesländer hat die Bundesjustizministerin eine entsprechende Regelung abgelehnt. Schon von daher hat sich Ihr Antrag eigentlich erledigt und Sie hätten ihn gar nicht stellen müssen.
Aber auch Ihre Wortwahl zeigt sehr deutlich - wie ich schon eingangs skizziert habe -, wohin Sie wollen. Sie wollen nämlich keine akustische Wohnraumüberwachung. Dann sagen Sie das auch so deutlich.
Wenn man Ihrem Antrag etwas halbwegs Positives abgewinnen kann, dann ist dieses, dass Sie eine Diskussion, die eigentlich schon erledigt schien, wieder in Gang gebracht haben. Ich denke, wir sollten wirklich das Gespräch führen, wie man technische Wohnraumüberwachung noch besser, noch effizienter gestalten kann, wie man das in der Tat durchführen kann und wie man das, was Sie hier zu dieser Thematik angesprochen haben, auch weiterhin einer verfassungsrechtlichen Prüfung unterziehen kann.
Wenn Sie die Diskussion wollen, dann können wir sie gern führen. Ich stehe gern zur Verfügung, mit Ihnen gemeinsam zu besprechen, welches die wirksamsten Methoden zur Verbrechensbekämpfung - gerade im Bereich der organisierten Kriminalität - sind. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die in dem Antrag angesprochenen Medienberichte beziehen sich ersichtlich auf eine Pressemitteilung des BMJ vom 8. Juli 2003. Darin teilte das BMJ mit, dass Privatpersonen bei der akustischen Wohnraumüberwachung zur Strafverfolgung nicht gesetzlich verpflichtet werden, die Ermittlungsbehörden zu unterstützen. Die Bundesjustizministerin, Frau Zypries, lehne eine entsprechende gesetzliche Regelung ab. Weiter heißt es dort, dass verschiedene Bundesländer das BMJ gebeten hätten, eine entsprechende Änderung der Strafprozessordnung zu erarbeiten. Daraufhin habe das BMJ sämtliche Landesjustizverwaltungen gebeten darzulegen, ob und weshalb eine solche Änderung erforderlich sei. Das Ergebnis dieser Länderumfrage war uneinheitlich. Während einige Bundesländer eine Verpflichtung der Privatpersonen zur Mitwirkung bei der akustischen Wohnraumüberwachung befürworteten, teilten andere die verfassungsrechtlichen Bedenken des BMJ. Aufgrund dieses Ergebnisses gehe
ich davon aus, dass mit einer entsprechenden Gesetzesinitiative des Bundes ohnehin nicht mehr zu rechnen ist.
Aber ungeachtet dessen möchte ich Ihnen als Hintergrund und zum Verständnis noch Folgendes mitteilen: Die in der Pressemitteilung vom 8. Juli 2003 erwähnte Länderumfrage geht auf ein Schreiben des BMJ vom 28. Mai 2002 zurück. Darin war die Auffassung des niedersächsischen Justizministeriums mitgeteilt worden, dass bei der Umsetzung akustischer Wohnraumüberwachungsmaßnahmen die Notwendigkeit bestünde, dritte Personen, nämlich Netzbetreiber, Schlüsseldienste, Alarmanlagenbauer etc., gerade wegen ihrer speziellen Kenntnis - wenn möglich - in Anspruch zu nehmen. Weitere Landesjustizminister - von Bayern, Hessen und Baden-Württemberg hätten ähnliche Ansichten vertreten.
Ferner hat sich auch die Konferenz der Innenminister und -senatoren für eine Unterstützungspflicht geschäftsmäßiger Telekommunikationsanbieter ausgesprochen. Diese Äußerung nahm das BMJ zum Anlass, über das geltende Recht hinaus gehende gesetzliche Mitwirkungspflichten von Dritten beim Einsatz verdeckter strafprozessualer Ermittlungsmaßnahmen zu prüfen. Daher bat das BMJ die Landesjustizverwaltungen um detaillierte Angaben über den Kreis der zu verpflichtenden Dritten und über die Aufgaben, zu denen sie verpflichtet werden sollten.
Des Weiteren wird Stellung genommen, ob und warum diese Aufgaben nicht auf eine andere Art und Weise erfüllt werden können. Unter Beteiligung des Generalstaatsanwalts des Landes Brandenburg und auch des Ministeriums des Innern nahm die Strafvollzugsabteilung meines Hauses gegenüber dem BMJ mit Schreiben vom 9. September 2002 Stellung. In Übereinstimmung mit der Auffassung des Generalstaatsanwaltes und dem Innenressort wurde eine gesetzliche Mitwirkungspflicht Dritter bei verdeckten Ermittlungsmaßnahmen aus rein fachlichen Gründen befürwortet.
Zudem ist aber auch auf die Notwendigkeit hingewiesen worden, die Rechtsposition Dritter zu klären. Eine abschließende verfassungsrechtliche Bewertung einer gesetzlichen Mitwirkungspflicht Privater bei strafprozessualen Maßnahmen der akustischen Wohnraumüberwachung haben bisher weder das Ministerium der Justiz noch die Landesregierung vorgenommen. Dieses war bisher auch nicht veranlasst und wird es auf absehbare Zeit auch nicht sein. Da jedenfalls der Bund zunächst keine dahin gehende Gesetzesinitiative ergreifen wird, halten wir uns zurück.
Frau Kaiser-Nicht, Sie hatten angesprochen, dass beim Bundesverfassungsgericht mehrere Verfassungsbeschwerden anhängig sind, die sich gegen die gesetzlichen Regelungen der akustischen Wohnraumüberwachung als Instrument der Strafverfolgung beim Verdacht besonders schwerer Straftaten richten. Eine erste mündliche Verhandlung dazu hat am 1. Juli 2003 stattgefunden. Die Entscheidungen sind abzuwarten und auszuwerten, bevor hier überhaupt einem gesetzlichen Änderungsbedarf im Interesse einer Strafverfolgung näher getreten werden kann.
Ungeachtet dessen ist nicht zu verkennen, dass eine gesetzliche Mitwirkungspflicht Privater bei strafprozessualen Maßnahmen der akustischen Wohnraumüberwachung intensiver verfassungsrechtlicher Prüfung bedarf. Dabei sind folgende Eck
punkte zu beachten, da nämlich unterschiedliche Grundrechtspositionen berührt werden: Zum einen - das sprachen Sie auch an - geht es um das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung, das als spezielle den elementaren Lebensraum schützende Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts verstanden wird, und zum anderen auch um die Berufsfreiheit der Dritten, die dann verpflichtet würden, wobei man auch noch berücksichtigen muss, dass es hier natürlich um eine originär hoheitliche Aufgabe geht. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine gesetzliche Mitwirkungspflicht Privater bei strafprozessualen Maßnahmen der akustischen Wohnraumüberwachung den verfassungsrechtlichen Maßstäben genügt, muss einer eingehenden Prüfung vorbehalten werden, die wir zum geeigneten Zeitpunkt anstreben werden. - Vielen Dank.
Wir sind am Ende der Rednerliste. Ich schließe die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag der PDSFraktion in Drucksache 3/6258 folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist er mehrheitlich abgelehnt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die PDS-Fraktion hält es für richtig und auch für angemessen, dass sich die Landesregierung zur Ostbahn positioniert. Wir - die Parlamentarier - werden das jetzt in dieser Debatte tun.
Mit der bevorstehenden EU-Osterweiterung werden die Beziehungen zwischen Polen und der Region Berlin-Brandenburg intensiviert. Das wollen wir alle und um diese Entwicklung, die auch im Interesse unseres Landes liegt, aktiv zu unterstützen, ist es unseres Erachtens erforderlich, den Fernverkehr, den Regionalverkehr für Personen und Güter sowie auch den kleinen Grenzverkehr stärker auszubauen und zu fördern.
Der Ostbahn als eine der fünf transnationalen Bahnstrecken nach Osteuropa neben der Stettiner Bahn, der Frankfurter Bahn, der Görlitzer Bahn und auch der Dresdner Bahn kommt in diesem Zusammenhang - so ist unsere Auffassung - eine wachsende Bedeutung zu. Deshalb sollte die Ostbahn neben ihrer bisherigen Rolle im Regionalverkehr gestärkt und zu einer attraktiven Fernbahnachse zwischen Berlin-Brandenburg und Polen entwickelt werden. Ziel sollte sein, die Zweigleisigkeit der Strecke wieder herzustellen, eine Elektrifizierung vorzunehmen und ein angemessenes Geschwindigkeitsniveau zu ermöglichen.
Bisher ist die Ausstattung der Grenzregion mit Schienenverbindungen unzureichend und so meinen wir, meine Damen und Herren, dass die Ostbahn geeignet wäre, die Strecke Berlin - Frankfurt (Oder) mittelfristig zu entlasten. Der Strecke kommt darüber hinaus eine besondere Bedeutung zu, denn mit ihr verbindet sich die Möglichkeit, die Schienenverbindungen in weitere Beitrittsländer der EU, speziell in die baltischen Länder, zu führen und damit die einzige Landverbindung per Fernbahn nach Finnland zu nutzen. Diesem Potenzial der Ostbahn muss jetzt - dieser Auffassung sind wir - mit weit reichenden und zukunftsfähigen Plänen Rechnung getragen und auch entsprechend Vorsorge getroffen werden.
Unsere Auffassung zu diesem Projekt haben wir schon wiederholt zum Ausdruck gebracht. Ich erinnere nur an die Debatten zum Bundesverkehrswegeplan. Auch in der gemeinsamen Sitzung des Berlin-Brandenburg-Ausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses und des Hauptausschusses des Brandenburger Landtages am 11. Juni hier im Haus spielte das Vorhaben Ostbahn eine Rolle. Eine Position der Landesregierung bzw. des Verkehrsministers zu diesem Projekt steht aber bis heute aus.
In der von mir eben erwähnten Ausschusssitzung am 11. Juni hat Verkehrsstaatssekretär Appel, als dieses Thema eine Rolle spielte, auf die Verkehrsstaatssekretärin Krautzberger aus Berlin verwiesen, offensichtlich deshalb, weil er zu diesem Zeitpunkt selbst noch keine Meinung hatte. Das kann ja heute, wenn wir den Verkehrsminister hören, nachgeholt werden.