Protocol of the Session on June 25, 2003

Ich danke dem Abgeordneten Bischoff und gebe das Wort an die Fraktion der DVU. Frau Abgeordnete Hesselbarth, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Vermögensteuer ist unternehmerfeindlich und konjunkturgefährdend, denn sie erhöht unabhängig vom Ertrag die Gesamtsteuerbelastung der Bürger und der Betriebe. Das ist angesichts der aktuellen Rezession besonders hervorzuheben. Alle Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen in den kommenden Monaten sogar mit einer weiteren Konjunkturabschwächung. Die Wiedererhebung einer Vermögensteuer würde diese Konjunkturabschwächung zusätzlich beschleunigen und gerade die Wirtschaft in Brandenburg und den anderen neuen Bundesländern endgültig in den Ruin treiben.

(Frau Osten [PDS]: Von denen will doch niemand eine Vermögensteuer!)

- Vielleicht hören Sie erst einmal zu, Frau Osten, ich lasse Sie doch auch ausreden.

(Frau Osten [PDS]: Wenn Sie etwas Falsches erzählen, muss ich doch dazwischenrufen!)

Daher erklärte der Vizepräsident des Steuerberaterverbandes Berlin-Brandenburg, Herr Wawro, bei der Anhörung am 27. März 2003 zur vorliegenden Thematik:

„Man darf daher den Gedanken an eine Wiedereinführung der Vermögensteuer nicht mehr fortführen, zumal ein Eingriff in die Vermögenssubstanz auch verfassungsrechtlich bedenklich ist.“

Ähnlich äußerten sich bei der genannten Anhörung sämtliche - ich betone: sämtliche - anzuhörende Experten. Ich verstehe

nicht, meine Damen und Herren von der PDS-Fraktion, insbesondere diejenigen von Ihnen, die noch einen Rest an wirtschaftspolitischem Sachverstand besitzen, dass Sie diesen Antrag heute noch einmal zur Abstimmung bringen wollen. An Ihrer Stelle hätte ich diesen Neidantrag zurückgezogen.

(Beifall bei der DVU)

Wissen Sie wirklich nicht, dass die große Anzahl der Betriebe in der Bundesrepublik Deutschland und insbesondere in Brandenburg aus solchen kleinen und mittelständischen Betrieben besteht, welche zwei Drittel der Arbeitsplätze und drei Viertel der Lehrstellen bereitstellen? Die Wiedereinführung einer Vermögensteuer wäre für diese Unternehmen geradezu katastrophal, weil diese Steuer eine ertragsunabhängige, periodisch wiederkehrende Belastung darstellt, die aus dem Ertrag bzw. dem Gewinn nicht immer zu begleichen sein dürfte.

Insbesondere in der Baubranche, aber auch in anderen Branchen im Land Brandenburg - es werden immer mehr, welche keinen Gewinn, sondern nur noch Verluste erzielen - liegt eine echte Substanzbesteuerung vor. Das widerspricht im Übrigen den Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts. Das Bundesverfassungsgericht - wenn wir schon bei diesem Thema sind hatte die Vermögensteuer bekanntlich für verfassungswidrig erklärt, wenn sie über den so genannten Halbteilungssatz hinausgeht, das Vermögen mit Beträgen erfasst, die nicht den tatsächlichen Werten entsprechen, oder Vermögen, das der persönlichen Lebensführung dient, belastet.

Bei der derzeitigen Höhe des Spitzensteuersatzes zuzüglich des Solidaritätszuschlags ist für eine Erhebung der Vermögensteuer überhaupt kein Spielraum mehr. Eine den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Bewertung wäre darüber hinaus äußerst schwierig und würde 5 000 bis 6 000 weitere Steuerbeamte mit damit im Zusammenhang stehenden Personalkosten in Höhe von ca. 350 Millionen Euro erfordern.

Bereits als es die Vermögensteuer gab, lagen die Verwaltungsund Erhebungskosten bei deutlich über 30 %. Bei einer Wiedereinführung der Vermögensteuer dürften diese Kosten bei deutlich über 50 % liegen. Schließlich würde eine Wiedereinführung - sofern man es bei den bisherigen Freibeträgen beließe - eine unzumutbare Belastung für fast alle Eigenheimbesitzer in Brandenburg und Deutschland zur Folge haben, denn diese würden kräftig zur Kasse gebeten. Damit wäre diese Steuer äußerst unsozial.

Wirkliche Eigentümer von hohem Vermögen verstanden und verstehen es dagegen, sich der Vermögensteuerbelastung mit entsprechenden Anlagemöglichkeiten oder der Verlagerung des Vermögens ins Ausland zu entziehen. So sank die Belastung für höhere Vermögen über 5 Millionen Euro zu der Zeit, als es die Vermögensteuer noch gab, sogar deutlich ab. Eine Rückführung von im Ausland angelegtem Kapital würde komplett verunmöglicht.

Das Fazit ist: Die DVU-Fraktion schließt sich der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen an. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen, Frau Hesselbarth. - Für die Fraktion der CDU spricht jetzt der Abgeordnete von Arnim.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der PDS-Fraktion ist in der Tat nicht neu. Die Wiedereinführung der Vermögensteuer beschäftigt die Gemüter seit Abschaffung dieser Steuer im Jahre 1997, zugegeben in unterschiedlicher Intensität, wie wir auch gerade hier wieder gemerkt haben.

Im Haushaltsausschuss haben wir uns mit diesem Thema bzw. mit dem Antrag befasst. Mir ist dabei klar geworden, dass über diesen Weg das Ziel der politischen Handlungsfähigkeit, die Sie damit wiederherzustellen versuchen wollen, nicht zu erreichen ist.

Ich möchte nun nicht die in der Anhörung gemachten Ausführungen wiederholen. Frau Osten, Sie haben darauf hingewiesen, dass einige der Eingeladenen nicht anwesend waren, und gesagt, dass sich daraus in Ihren Augen eine gewisse Schieflage ergibt. In der Tat haben auch einige der Anzuhörenden erklärt, dass das deutsche Steuerrecht verbesserungswürdig sei. Für mich ist aber das Entscheidende, dass die Mehrheit der Anzuhörenden von einer Einführung dieser Steuer abgeraten hat. Sie haben mehrere Gründe genannt. Ich möchte zwei Gründe aufgreifen.

Das ist zunächst einmal der Grund, der auch zur Abschaffung dieser Steuer geführt hat. Es gibt meines Erachtens bis heute noch keine zu einer gleichmäßigen Besteuerung führenden Bemessungsgrundlagen, die vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand hätten.

Der zweite Grund ist auch schon erwähnt worden. Ich bezweifle, dass wir mit der Einführung der Vermögensteuer tatsächlich das erreichen, was wir wollen. Ich glaube, Sie meinen einige Reiche, treffen aber im Endeffekt viele aus dem Mittelstand.

Herr Bischoff, Ihnen möchte ich sagen, dass wir mit unseren Standpunkten gar nicht so weit auseinander sind. Aber ich möchte für den Fall einer Wiedereinführung der Vermögensteuer schon gewährleistet wissen, dass diese Steuer gerecht ist und unserer Wirtschaft nicht schadet. - Danke schön.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem Abgeordneten von Arnim und gebe das Wort an die Landesregierung. Frau Ministerin Ziegler, bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit drei Jahren wird auch hier im Landtag heftig über das Für und Wider der Wiedereinführung der Vermögensteuer gestritten. Es gibt natürlich sehr gute Gründe dafür, dass man sie wiederbelebt.

Um es gleich zu Beginn richtig zu stellen: Sie sprachen vorhin von einem Aufkommen von 9 Milliarden im Jahre 1997. Damals waren es aber noch D-Mark, damit die Größenordnung richtig verstanden wird.

Gerade diese Steuer hat bei der Bevölkerung eine hohe Akzeptanz, da sie schlichtweg als gerecht empfunden wird. Eine Lastenverteilung nach der Leistungsfähigkeit drängt einem geradezu den Gedanken an eine Besteuerung von großem Vermögen auf. Tatsächlich hat sich die ungleiche Verteilung von Vermögen in Deutschland noch verstärkt. Die Wiedereinführung einer maßvollen Vermögensteuer kann einen Beitrag zur Herstellung der sozialen und materiellen Gerechtigkeit leisten. Ebenso kann sie zu einer Konsolidierung der Landeshaushalte hinzugezogen werden. Insofern wird der theoretische Ansatz in dem betreffenden Vorschlag geteilt.

Gestatten Sie mir ein paar grundlegende Bemerkungen. Die Vermögensteuer wurde in den neuen Bundesländern bisher überhaupt noch nicht erhoben, da es kaum Vermögen gab und gibt - das wurde bereits ausgeführt -, das sich zu besteuern lohnen würde. Seit dem Jahre 1997 wird die Vermögensteuer auch in den alten Bundesländern nicht mehr erhoben. Das geht auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zurück. In diesem Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht definiert, dass die steuerliche Gesamtbelastung in der Nähe einer hälftigen Teilung der Erträge zwischen privater und öffentlicher Hand verbleiben müsse. Über den Inhalt und die Aussage dieses Beschlusses wird seitdem leidenschaftlich und intensiv gestritten. Eines hat das Bundesverfassungsgericht aber ausdrücklich nicht beschlossen, nämlich dass die Erhebung von Vermögensteuer per se verfassungswidrig wäre. Sie muss nur gerecht ausgestaltet sein. Genau das war sie in der damaligen Form jedenfalls nicht.

Zum teilweisen Ausgleich des ausgefallenen Vermögensteueraufkommens wurde damals die Erbschaft- und Schenkungsteuer ertragreicher ausgestaltet. Außerdem wurde die Grunderwerbsteuer von 2 auf 3,5 % erhöht, also nahezu verdoppelt. Diese Kompensationsmaßnahmen waren allerdings nicht ausreichend, um den Wegfall der Vermögensteuer auszugleichen. Es verblieb, fiskalisch betrachtet, ein Handlungsbedarf zum Ausgleich des doch erheblichen Negativsaldos.

Es sprechen aber auch Gründe gegen die Einführung einer Vermögensteuer. Es sind dieselben Gründe, die den Landtag bereits vor drei Jahren bewogen haben, einem ähnlich begründeten Vorschlag der PDS-Fraktion nicht zu folgen. Einige von Ihnen werden sich daran erinnern. Die zu erwartenden Kosten der Einführung einer Vermögensteuer - das wurde von Herrn Bischoff noch einmal deutlich gemacht - sind insbesondere in den neuen Bundesländern so hoch, dass sich die Frage der Wirtschaftlichkeit einer neu gestalteten Vermögensteuer im Hinblick auf den personellen und technischen Aufwand stellt.

Erstmalig müsste im Übrigen eine Bewertung des gesamten Betriebsvermögens vorgenommen werden, ein Unterfangen, an dessen Umfang schon die Einführung der Gewerbekapitalsteuer letztendlich gescheitert ist. Zudem müssten sämtliche Einheiten des Grundvermögens sowie des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens erstmalig für Zwecke der Vermögensteuer bewertet werden. Es würde neuer Wertfindungsmethoden bedürfen; sowohl Einheitsbewertung als auch Bedarfsbewertung wären als Bemessungsgrundlage für Grundbesitz nicht geeignet. Insbesondere rechtfertigt das zu erwartende Aufkommen wegen der leider immer noch niedrigen Vermögen der Bürger in den neuen Ländern nicht den hohen administrativen Aufwand.

Wir würden eine immense Personalzuführung benötigen. Wir haben gerade heute Morgen beschlossen, dass wir insbesondere das Personal in der Landesverwaltung zurückführen wollen. Selbst mit dem in der Steuerverwaltung etablierten Personal wäre das aber nicht zu leisten. Dann muss tatsächlich eine Kosten-Nutzen-Abwägung vorgenommen werden, auch wenn man dabei den Gerechtigkeitsaspekt nicht unberücksichtigt lassen darf.

Zurzeit kommt dies für Brandenburg also nicht infrage. Wir sehen es ähnlich wie die im Haushalts- und Finanzausschuss zur Anhörung geladenen Sachverständigen, die zu der Problematik gesprochen haben. Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat - das wurde heute auch schon gesagt - wäre ein entsprechender Antrag von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Ich will noch einen weiteren Aspekt nennen, der das Ganze schwierig gestalten würde, nämlich dass wir uns gerade jetzt bemühen, Kapital, das sich im Ausland befindet, nach Deutschland zurückzuholen. Das Ansinnen der Wiedereinführung einer Vermögensteuer wäre völlig konträr dazu; denn die Aussicht, im Inland Vermögensteuer zahlen zu müssen, ermuntert sicherlich niemanden, sein Kapital aus dem Ausland zurückzuführen.

Aus den genannten Gründen muss ich Sie bitten, den Antrag der PDS-Fraktion abzulehnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke Ihnen, Frau Ministerin Ziegler. - Wir sind am Ende der Aussprache zu dem Tagesordnungspunkt 15.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen in der Drucksache 3/5980. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Beschlussempfehlung mehrheitlich angenommen worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 15 und rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Bundesratsinitiative zur Umgestaltung des Insolvenzgeldes

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 3/5990

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der einreichenden Fraktion. Frau Abgeordnete Hesselbarth, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Insolvent durch Insolvenzgeld - dieses Phänomen beobachtet man im Bereich kleiner und mittelständischer Unternehmen in zunehmendem Maße. Damit muss einfach Schluss sein.

Das Insolvenzgeld wird bekanntlich von den Arbeitsämtern an Mitarbeiter von Unternehmen gezahlt, die sich in Insolvenzverfahren befinden. Es wird für rückständige Lohn- und Gehaltsansprüche der letzten drei Monate vor der Insolvenz in Höhe von 100 % der letzten Nettobezüge gezahlt. Derzeit wird das Insolvenzgeld allein durch Zwangsbeiträge der Unternehmen über eine Umlage finanziert, die die Berufsgenossenschaften zusammen mit den Beiträgen zur gesetzlichen Unfallversicherung für die Bundesanstalt für Arbeit einziehen und an diese weiterleiten.

Aufgrund der explosionsartig gestiegenen Belastung der Unternehmen durch die Insolvenzumlage ist diese zunehmend in die Kritik geraten, und zwar deshalb, weil in den Beitragsbescheiden der Berufsgenossenschaften diese Insolvenzumlage sogar zum Teil die Höhe des Beitrags zur Unfallversicherung übersteigt. Die Häufigkeit und die Gesamthöhe der Zahlungen ist dabei absolut konjunkturabhängig und wird von dem massiven Anstieg der Unternehmensinsolvenzen in den letzten zwei Jahren extrem in die Höhe getrieben. Die enorme Höhe der Insolvenzumlage belastet die Unternehmen schwer, da sie ihnen in erheblichem Umfang Kapital entzieht. Dadurch besteht die Gefahr, dass Unternehmen, die bisher noch zahlungskräftig sind, selbst insolvent werden.

Vor diesem Hintergrund müssen die Berechtigung und die Art der Finanzierung des Insolvenzgeldes kritisch hinterfragt werden. Die derzeitige Finanzierung und Bemessung des Insolvenzgeldes und die daraus resultierende Belastung der Unternehmen sind inzwischen unzumutbar geworden. Deshalb muss das System schleunigst geändert werden. Es ist den meisten Unternehmen nicht zu vermitteln, warum sie in konjunkturell schlechten Zeiten mit einer drastisch steigenden Anzahl von Insolvenzen als noch zahlungsfähige Unternehmen für die Folgen von Insolvenzen anderer Unternehmen mittels einer Zwangsabgabe allein geradestehen sollen.

Die Unternehmen durch eine Abschaffung bzw. Änderung der Finanzierung des Insolvenzgeldes von dieser erheblichen Belastung zu befreien ist ein nicht zu unterschätzender Beitrag dazu, die Lohnnebenkosten deutlich zu reduzieren und die Zahlungsfähigkeit der Unternehmen zu sichern.