Protocol of the Session on May 21, 2003

der Ausgabenseite bei Kommunen gemeint und nicht die Entlastung der Einnahmenseite.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Insofern passt eine Abschaffung der Jagdsteuer nicht in dieses Gesetz und nicht in dieses System.

Wenn wir bei Steuern sind: Ich kann mir nicht vorstellen, dass mit dieser Steuer ein wirtschaftlicher Effekt erzielt wird oder es der Wirtschaft dadurch besser geht. Auch die Behauptung von vielen, dass die Jagdsteuer doch vernachlässigt werden könne und der Verwaltungsaufwand viel zu hoch sei, haben Sie in der Anhörung - Sie waren ja zugegen - mitbekommen. Die Einnahmen der kommunalen Ebene von ca. 400 000 Euro sind effektive Einnahmen. Der Verwaltungsanteil ist dabei schon abgezogen. Wenn wir von Entlastung bei Kommunen reden, wenn wir davon reden, dass wir sozial Schwächere ohne Zweifel in Zukunft stärker belasten müssen, dann passt es nicht in die Landschaft, dass wir gleichzeitig auf Steuereinnahmen von in der Regel sozial besser Gestellten verzichten wollen; das werden wir auch nicht mittragen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Das Entlastungsgesetz entlässt uns allerdings nicht aus der Verantwortung, die Folgewirkungen zu überprüfen. Das Landesverfassungsgericht - da können Sie ja dann wieder klagen -

(Zuruf von der PDS: Das machen wir auch!)

verlangt eine regelmäßige Überprüfung der Stimmigkeit der Finanzierungssysteme zwischen Land und Kommunen. Wir als Gesetzgeber sind damit verpflichtet, spätestens alle drei Jahre zu prüfen, ob die Mittelverteilung noch dem tatsächlichen Bedarf entspricht. Lassen Sie mich eines jetzt bereits anmahnen, und das geht dann in Richtung Regierungsbank, unserer gemeinsamen Regierung:

(Vereinzelt Beifall)

Wer jetzt schon wieder von Kürzungen der Zuweisungen an Kommunen im nächsten Haushaltsjahr spricht, der befindet sich in der Illusion, dass wir an der Stelle noch Spielraum hätten. Wir sind uns bewusst: Wir sind an der Grenze der Verfassungswidrigkeit.

(Zuruf von der PDS)

Es ist im Moment noch nicht einmal erwiesen, wie weit sich die Konsequenzen aus diesem Entlastungsgesetz in finanzieller Hinsicht auswirken; deshalb die Überprüfung nach zwei oder drei Jahren.

(Zuruf des Abgeordneten Domres [PDS])

- Herr Domres, damit liegen wir doch genau bei den bisherigen Urteilen des Verfassungsgerichtes. Ich erinnere Sie an das Urteil zu Neulietzegöricke.

Letztendlich bringt dieses Entlastungsgesetz, so umstritten es ist, aber einen wichtigen Beitrag zur Entlastung. Wir tragen der Landesverfassung Rechnung, indem wir als Gesetzgeber die Maßnahmen ergreifen, zu denen wir verpflichtet sind, und wir

werden unserer Verantwortung gegenüber den Kommunen gerecht. Wer eine andere Alternative hat - alles, was Sie aufgezählt haben, Herr Domres, ist keine Alternative -, um die Entlastung in dieser Größenordnung, wie sie von uns vorgeschlagen ist, zu ermöglichen, der müsste sie heute nennen, da das unsere einzige ist. - Zu diesem Entlastungsgesetz bitte ich um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort geht an die DVU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Claus.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Es soll mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung um eine Entlastung der Kommunen gehen. Diesen sind die Zuweisungen mit dem Haushaltsstrukturgesetz 2003 bekanntlich um rund 140 Millionen Euro gekürzt worden. Es ist für mich nicht erkennbar, dass die Kommunen mit dem vorliegenden Gesetzentwurf auch nur annähernd in dieser Höhe entlastet werden können. Vielmehr geht der Gesetzentwurf eher zulasten der Bürgerinnen und Bürger sowie deren Kindern in den Kommunen Brandenburgs. Auf diese werden nun die finanziellen Lasten abgeschoben, und zwar auch auf solche Kommunen, die mittelbar durch die Gemeindegebietsreform aufgelöst werden.

Kurzum: Das ist kein Sparen, sondern ein Verschiebebahnhof. Die Leidtragenden sind die Bürgerinnen und Bürger. Das wurde im Verlauf der Anhörung im Ausschuss für Inneres auch bestätigt.

Wir als DVU-Fraktion können diesen Gesetzentwurf natürlich nicht mittragen. Deshalb haben wir Ihnen ein Paket an Änderungsanträgen vorgelegt, die wir auch schon im Ausschuss für Inneres zur Abstimmung gestellt hatten.

Das sind nochmals unsere Kritikpunkte:

Erstens: Die im Artikel 1 Ihres Gesetzentwurfes de facto vorgesehene Abschaffung des Kita-Anspruchs für Kinder unter drei Jahren von nicht Erwerbstätigen gehen unseres Erachtens eindeutig zulasten der Kinder. Ihr Gesetzentwurf stellt für diese Kinder die chancengleiche Entwicklung infrage. Es ist ja bekannt, dass gerade Kinder in Familien, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, erhöhten sozialen Spannungen ausgesetzt sind. Außerdem ist bekannt, dass gerade für die Entwicklung von Kindern im Alter bis zu drei Jahren konstante Bezugspersonen vonnöten sind. Wie wollen Sie denn das gewährleisten, meine Damen und Herren von SPD und CDU, wenn die Eltern sozusagen in Intervallen einem befristeten Arbeitsverhältnis nach dem anderen nachgehen und zwischendurch wieder arbeitslos werden? Dann heißt es doch nach Ihrem Gesetzentwurf für die Kinder: Hinein in die Kita, heraus aus der Kita, hinein in die Kita usw. Damit machen Sie die Kinder doch eigentlich nur verrückt.

Zweitens: Mit Artikel 2 Ihres Entwurfs sollen die Schülerfahrtkosten einseitig auf die Kommunen abgewälzt werden. Das kann im Ergebnis doch nur zu einer Mehrbelastung führen, entweder für die Kommunen oder für die Bürger, wenn die Kom

munen die Mehrbelastung an sie weitergeben. Diese tragen im Ergebnis dann auch die Mehrkosten, die durch Ihre Gemeindegebietsreform entstehen, durch längere Schulwege nach Zwangseingemeindungen und deswegen aufgelöste Schulen.

Drittens: Bei Ihrem Artikel 3, der die Weiterbildung betrifft, gilt Entsprechendes. Im Übrigen ist auch nicht klar geworden, auch nicht in der Anhörung, wie viele Träger der Weiterbildung wir benötigen, um hier in Brandenburg eine angemessene flächendeckende Versorgung zu sichern.

Zwischenergebnis, meine Damen und Herren: Die Artikel 1 bis 3 Ihres Gesetzentwurfes sind völlig aufzuheben.

Viertens: Artikel 4 betrifft die Gemeindeordnung. Wir haben in unserem vierten Antrag eine ganze Reihe von Änderungen angeführt. Hier nun die wesentlichen Punkte noch einmal für Sie:

Zu Ziffer 4: Es soll den Kommunen freistehen, Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen, wenn sie dies für erforderlich halten.

Zu Ihrer Ziffer 8: Ihr Ansinnen, in § 57 Abs. 2 den zweiten Satz zu streichen, würde bedeuten, dass Bürgermeisterwahlen nicht mehr öffentlich ausgeschrieben werden müssten. Das führt zu einem Verlust an Demokratie, sprich: Kandidatenvielfalt. Nicht an eine Partei gebundene Personen außerhalb der Gemeinde werden dann von den Bügermeisterwahlen kaum noch Kenntnis erhalten können. Die Folge wäre ein weiterer Schritt in Richtung Parteienstaat.

Zu Ihrer Ziffer 14: Kommunen mit unter 15 000 Einwohnern muss mindestens die Möglichkeit erhalten bleiben, einen Stellvertreter des Bürgermeisters zu wählen, der ihn bei dessen Verhinderung auch vertritt.

Zu Ihren Ziffern 19 und 20: Hier sollen Rechtsgeschäfte von Gemeinden mit einer Genehmigungsfiktion versehen werden, die den Gegenstandswert von 15 % des Haushalts der Gemeinde nicht übersteigen. Das führt zu einem Abbau von Demokratie und entlastet zugleich die Kommunalaufsicht.

Schließlich soll die Gültigkeit des Gesetzes nach Ansicht der DVU-Fraktion auf drei Jahre befristet werden. Rechtzeitig vor dem Ablauf der drei Jahre sind die Einspareffekte und sonstigen Auswirkungen dann einer Prüfung zu unterziehen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an die CDU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Petke.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das heute zur Verabschiedung anstehende Artikelgesetz kann nicht ohne die bereits erfolgte Änderung des kommunalen Finanzausgleichs 2003 - im GFG 2002/2003 - betrachtet werden. Wir haben in der letzten Sitzung des Landtages beschlossen, den Kommunen entgegen unserer ursprünglichen Planung

140 Millionen Euro im kommunalen Finanzausgleich weniger zu überweisen.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Sie haben - nicht wir!)

- Die Mehrheit des Landtages hat in der letzten Sitzung beschlossen, das GFG entsprechend zu ändern; ich bedanke mich ausdrücklich für diesen wertvollen Hinweis.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: So ist es!)

Kollege Schippel hat ausgeführt, dass das eine nicht ohne das andere zu betrachten ist und dass das eine nicht möglich ist, wenn man nicht auch an einer anderen Stelle reagiert.

Ich darf auf den Inhalt des Gesetzes hinweisen, der hier schon hinreichend betrachtet worden ist: auf die Änderung des KitaGesetzes, die Änderung des Weiterbildungsgesetzes, die Änderung bei der Schülerbeförderung, die zahlreichen Änderungen, Vereinfachungen und Entschlackungen bei der Gemeindeordnung, beispielsweise die Aufhebung der kommunalen Aufwandsentschädigungsverordnung.

Wir schaffen damit Spielräume, die vor Ort angenommen werden müssen.

(Zuruf von der PDS: Woher wissen Sie denn das?)

Wir wissen, dass diese Annahme gelegentlich schwer fallen wird. Wir wissen, dass in den Gemeindevertretungen, den Stadtverordnetenversammlungen und den Kreistagen wenige Monate vor der Komunalwahl am 26. Oktober Entscheidungen schwer fallen werden, die in die Richtung gehen, möglicherweise Elternbeiträge zu erhöhen. Es wird schwer fallen, Satzungen zu verabschieden, wenn diese zum Beispiel beinhalten, Eltern stärker zu beteiligen oder den Leistungsumfang einzuschränken. All das wissen wir und ich glaube, es ist ehrlich, wenn auch im Plenum darüber gesprochen wird. All das lässt sich aber nicht erklären und rechtfertigen, ohne einen Blick auf die allgemeine Finanzsituation von Bund, Ländern und Kommunen zu werfen.

Wir haben heute Morgen die Situation nach der jüngsten Steuerschätzung diskutiert. Bund, Ländern und Kommunen werden in den nächsten Jahren 127 Milliarden Euro fehlen, die fest eingeplant waren.

Diese Entwicklung fällt nicht vom Himmel; denn in den letzten Jahren hatten wir bereits einen Rückgang der Steuereinnahmen in unserem Land zu verzeichnen. Wir haben hier mittels Nachtragshaushalt reagiert. Bestandteil des Nachtragshaushaltes war die Verringerung des kommunalen Finanzausgleichs. Es wird immer gesagt, Kommunen und Land sitzen im selben Boot. Das ist richtig. Trotzdem haben wir eine besondere Verantwortung gerade für unsere Kommunen in Brandenburg, die als ostdeutsche Kommunen natürlich in einer ganz speziellen Situation arbeiten müssen.

Die Kommunen waren nach der Steuerreform und nach den revidierten Wachstumsprognosen für die wirtschaftliche Entwicklung Brandenburgs und Deutschlands insgesamt in einer schwierigen Situation. Durch die ebenfalls wegbrechenden Steuereinnahmen aufgrund der Erhöhung der Gewerbesteuerumlage hat ein weiterer Rückgang stattgefunden. Die Kommu

nen in Brandenburg haben - wir konnten dies dieser Tage anhand neuer Zahlen feststellen - mit höheren Sozialausgaben zu kämpfen. Die sehr hohe Arbeitslosigkeit von fast 270 000 Menschen in Brandenburg, davon 105 000 langzeitarbeitslos, macht sich natürlich auch auf kommunaler Ebene bemerkbar.

Die Kommunen haben des Weiteren erhöhte Aufwendungen aufgrund des Grundsicherungsgesetzes. Sie haben wie das Land mit dem Einwohnerrückgang zu kämpfen. Es gibt in den ostdeutschen Kommunen einen Investitionsstau. Gerade an Sie von der PDS gerichtet sei gesagt: Dieser Investitionsstau hat nichts mit dem kommunalen Agieren der letzten zehn, zwölf Jahre zu tun, sondern in der überwiegenden Zahl der Fälle mit den Versäumnissen in der DDR.

(Zurufe von der PDS)