Protocol of the Session on April 9, 2003

Ihre Antwort auf die Frage 37, so ausführlich sie an diesem Punkt diesmal auch ausgefallen ist, kann nicht befriedigen und lässt die Eltern von behinderten Kindern und Jugendlichen, die

während der Schulzeit der Behandlungspflege - Kathetern, Spritzen und anderes - bedürfen, wieder allein. Das Problem, dass die Krankenkassen den Begriff der Häuslichkeit laut § 37 SGB V absolut engstirnig auslegen, ist schon lange bekannt. Deshalb sollte das Land Brandenburg im Bundesrat endlich eine Neufassung des § 37 SGB V vorschlagen und einen diesbezüglichen Gesetzentwurf vorlegen.

Ich komme zum Schluss, meine sehr geehrten Damen und Herren. Es bleibt von uns ausdrücklich festzuhalten: Die Beantwortung unserer Großen Anfrage ist ein typisches Beispiel dafür, dass Sie mit Ihrem so genannten Gleichstellungsgesetz wieder eine Chance verpasst haben, das Brandenburgische Schulgesetz so anzugleichen, dass es behindertengerecht wird. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Wir sind am Ende der Rednerliste. Ich beende die Aussprache. Damit ist die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 54, Drucksache 3/5657, zur Kenntnis genommen.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 9, um Tagesordnungspunkt 10 aufzurufen:

Bericht der Landesregierung zu den Ergebnissen der Prüfung von Bauvorhaben im Abwasserbereich durch den Landesrechnungshof (Drucksache 3/2887)

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 3/3276

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung

Drucksache 3/5692

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der PDS-Fraktion. Frau Dr. Enkelmann, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Landesrechnungshofs, auf den sich unser Antrag bezieht, offenbarte im Detail, wie die Landesregierung mit Fördermitteln im Abwasserbereich umgegangen ist und zum Teil nach wie vor umgeht. Dabei hat es der Landesrechnungshof allerdings nicht belassen. Vielmehr hat er umfänglich dargestellt, welche Auswirkungen sich aus zielgerichteten falschen politischen Vorgaben und zum Teil deren krimineller Umsetzung ergeben haben.

So wurden zahlreiche systematische Fehler bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen dokumentiert. Diese gipfelten unter anderem darin - das hat der Landesrechnungshof aufgelistet -, dass in mehreren Fällen Vorstandsmitglieder des Zweckverbandes gleichzeitig in leitenden Funktionen begünstigter Unternehmen waren. Das hat der Landesrechnungshof dankenswer

terweise aufgedeckt und wir waren der Auffassung, dass es hierzu einen Bericht der Landesregierung auch vor diesem Parlament geben müsste.

Der Haushaltskontrollausschuss hat beschlossen, sich im September 2003 von der Landesregierung noch einmal über den Stand unterrichten zu lassen. Sicherlich ist eine ganze Reihe untergeordneter Probleme, die der Landesrechnungshof aufgelistet hat, teilweise erledigt. Aber wir sind im Land Brandenburg aus unserer Sicht noch Lichtjahre davon entfernt, in die richtige Richtung zu marschieren. Die für die Anfang der 90er Jahre verursachten Fehlentwicklungen verantwortlichen Strukturen funktionieren eben weiter und jede Veränderung in diesem Bereich bedeutet einen Kraftakt der Legislative gegenüber der Exekutive. Umso nachvollziehbarer ist schon, dass die Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU im Ausschuss für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung einen Bericht der Landesregierung über die Bewältigung der Probleme abgelehnt haben. Es hätte möglicherweise auch nicht allzu viel zu berichten gegeben.

Aus unserer Sicht gibt es aber nach wie vor eine ganze Reihe ungelöster Probleme. So geriet zum Beispiel die Überarbeitung der Förderrichtlinie zu einem Versuch des Umweltministeriums, die Förderung zentraler Abwasserleitungen im ländlichen Raum auch weiterhin einseitig zu begünstigen. Der lange geforderte Variantenvergleich wurde schlichtweg manipuliert und musste schließlich nach einer Anhörung in unserem Ausschuss und nach erheblichem öffentlichem Druck zurückgezogen werden.

Zu Rückforderungen von Fördermitteln ist es im Ergebnis der festgestellten Verstöße in keinem Fall gekommen. Strafverfolgungsbehörden wurden nicht eingeschaltet.

Bis zum heutigen Tag verweigert die Landesregierung die Auskunft über die Auslastung von Kläranlagen in Brandenburg. Mehrere Kleine Anfragen der PDS-Fraktion liegen dazu vor, sind aber bis heute nicht beantwortet.

Die Investitions- und Landesbank fungiert gleichzeitig als Kreditgeber, als Fördermittelgeber und als Berater für das Schuldenmanagement. Dass hier Interessenkollisionen vorprogrammiert sind, liegt auf der Hand.

Der jüngste Skandal ist die Unterschrift von Umweltminister Wolfgang Birthler unter die Kleinkläranlagenrichtlinie am 28. März dieses Jahres. Die Unterschrift erfolgte im vollen Bewusstsein dessen, dass sich der Umweltausschuss die abschließende Beratung der Richtlinie für den 2. April, das heißt wenige Tage danach, vorbehalten hatte. Herr Kollege Dellmann, Sie wissen genau, dass der Ausschuss gefordert hatte, über die Richtlinie im Ausschuss zu beraten. Wenige Tage vor der abschließenden Beratung setzte jedoch der Minister seine Unterschrift unter die Richtlinie. Wir haben im Ausschuss darüber debattiert und zahlreiche Mängel festgestellt; aber unterschrieben war nun einmal unterschrieben.

Frau Abgeordnete, sind Sie bereit, eine Frage zu beantworten?

Ich kann es mit Herrn Dellmann noch einmal probieren.

(Heiterkeit)

Frau Kollegin Dr. Enkelmann, Sie behaupten, es gäbe Straftatbestände, die nicht verfolgt worden seien. Daraus ergeben sich zwei Fragen an Sie:

Erstens: Sind Ihnen Straftatbestände bekannt, die von der Landesregierung oder anderen Institutionen nicht verfolgt worden sind?

Zweitens: Wenn Ihnen solche Tatbestände bekannt sind, ist Ihnen dann bewusst, dass Sie sich gegebenenfalls strafbar machen, wenn Sie die entsprechenden Schritte nicht einleiten?

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Über Letzteres ist sicherlich weiterhin nachzudenken.

Was die erste Frage angeht, so gehe ich davon aus, dass Sie den Bericht des Landesrechnungshofes kennen. Darin finden sich zahlreiche Ansatzpunkte, um die Strafverfolgungsbehörden tätig werden zu lassen. Das wissen Sie.

Meine Damen und Herren! Solange sich der Staatssekretär im Umweltministerium von seiner Verwaltung vorschreiben lässt, was er zu tun hat, und solange sich Minister Wolfgang Birthler in seinem Hause der Thematik nicht annimmt, wird das Päckchen, das der Ministerpräsident zum Thema „Abwasser“ zu tragen hat, nicht leichter. Ich gehe davon aus, dass uns das Thema weiterhin beschäftigen wird. Der einzige Lichtblick ist, dass mit dem Nachtragshaushalt massive Kürzungen von Finanzmitteln im Bereich zentraler Abwasseranlagen vorgenommen werden. Es ist aber geradezu eine Unverschämtheit, dies als „Wende in der Abwasserpolitik“ zu verkaufen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Gemmel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Dr. Enkelmann, falsche politische Vorgaben, Lichtjahre von einer vernünftigen Abwasserpolitik entfernt, Skandale, Manipulationen - diese Einschätzungen spiegeln nicht die Wahrheit wider.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Sie wissen es doch besser, Herr Gemmel!)

Es hat keinen Sinn, die Anstrengungen, die alle in diesem hohen

Hause unternehmen, um aus den schmerzlichen Erfahrungen die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen, so zu bewerten. Das ist nicht korrekt.

Natürlich gibt es Manipulationen, wenn es um viel Geld geht. Das ist völlig klar. Sie dürfen aber die Ebenen nicht verwechseln. Wir sind für die Setzung politischer Rahmenbedingungen zuständig. Insoweit haben wir umfangreiche Korrekturen vorgenommen.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Die Rahmensetzungen waren falsch!)

Dennoch wird es immer wieder Versuche zur Manipulation geben, um an Fördermittel zu kommen. Wenn Ihnen entsprechende Fälle vor Ort bekannt sind oder wenn Sie entsprechende Vermutungen haben, dann erstatten Sie bitte Anzeige!

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Es hat Suspendierungen gegeben! Das wissen Sie aber!)

- Frau Dr. Enkelmann, es hat keinen Sinn, solche pauschalen Urteile zu fällen. Man muss konkret am Fall argumentieren. Ihre Vorwürfe treffen auch all diejenigen, die sich bemühen, eine vernünftige Politik zu machen, auch die Verbände vor Ort.

Der Antrag der PDS-Fraktion geht auf die Prüfung von Bauvorhaben in den Jahren 1997 und 1999 zurück. Bei der Einbringung des Antrages im Jahre 2001 habe ich namens meiner Fraktion für die Befassung im Ausschuss plädiert; wir haben dies getan. Ich habe bereits damals darauf hingewiesen, dass ein sparsamer Umgang mit Steuermitteln, insbesondere im Abwasserbereich, unbedingt erreicht werden muss. Überteuerte Kanäle und Kläranlagen bedeuten nicht nur eine Geldverschwendung; auch die Bürger werden belastet und die Wirtschaft wird behindert. Wir haben insoweit schmerzhafte Erfahrungen gesammelt.

Im Rahmen der Einbringung habe ich ferner darauf hingewiesen, dass bei der anstehenden Überarbeitung der Förderrichtlinien Schlussfolgerungen zu ziehen sind. Die neuen Förderrichtlinien sind nunmehr seit Januar 2001 in Kraft. Die Absenkung der Förderfähigkeitsgrenze war der wesentliche Punkt, an dem wir steuernd eingreifen wollten. Dies ist geschehen. In der Folge konnten in Größenordnungen Fehlinvestitionen verhindert werden.

Daraufhin mussten zahlreiche Verbände ihre Abwasserbeseitigungskonzepte überarbeiten. Eine Ursache bestand darin, dass keine Fördermittel mehr fließen können. Dies ist genau der richtige Weg, den wir gemeinsam beraten und durchgesetzt haben.

In 20 Dörfern des Landkreises, in dem ich zu Hause bin, sind die Abwasserbeseitigungskonzepte von zentralen Lösungen in Richtung auf dezentrale Lösungen geändert worden, um kostengünstiger arbeiten zu können. Die Steuerung funktioniert also, auch wenn ich mir weitergehende Schritte vorstellen könnte.

Bei der Suche nach der kostengünstigsten Variante wird sicherlich hier und da versucht, zu manipulieren, Kosten zu verstecken usw. Dies passiert allerdings nicht in diesem Hause, auch nicht in dieser Verwaltung, sondern bei den Auftraggebern

und den Planungsbüros. Es ist entscheidend, ob uns die Instrumente zur Verfügung stehen, Missstände zu verhindern bzw. aufzudecken.

In der Fachwelt ist unbestritten, dass die Errichtungskosten für Kleinkläranlagen - in der Regel zwischen 500 und 1 000 Euro unter der Förderfähigkeitsgrenze für zentrale Anlagen im ländlichen Raum liegen. Damit ist klar, dass dies in den Dörfern stets die günstigste Variante ist. Darauf zielen die Förderrichtlinien ab.

Das heißt im Klartext: Die Abwasserbehandlung in der Kleinkläranlage ist in noch nicht zentral erschlossenen Dörfern in dezentrale Lösungen zu ändern, um die Steuerzahler insgesamt und speziell die Bürger der Gemeinden zu entlasten.