Wir hatten - auch das muss man einmal all denjenigen, die sich damit nicht befasst haben, vor Augen führen - nur ein Zeitfenster von einer Wahlperiode. Man muss diese Gemeindegebietsreform im Gesamtkontext der Strukturierung des Landes Brandenburg sehen. In der 1. Wahlperiode war sie nicht möglich; da war nur Kraft für die Amtsordnung und die Kreisneugliederung. In der 2. Wahlperiode sollte das Thema angefasst werden; da konnte man sich im Landtag nicht einigen. Nun war die Situation nicht mehr haltbar; wir mussten die Gemeindegebietsreform anpacken. Dafür bleibt nun einmal nur das Zeitfenster einer Wahl, weil die Wahlergebnisse und die Konstellationen immer volatiler werden, was doch auch allen klar ist.
Wenn man in die Betrachtung einbezieht, dass die Freiwilligkeitsphase seit 1996 lief, kann man hier nicht allen Ernstes sagen, es sei nicht genug Zeit gewesen, miteinander zu reden.
Ich glaube, die Gemeindegebietsreform ist ein Meilenstein in unserer Geschichte, aber sie ist keine Sternstunde. Sie ist ein Meilenstein, weil wir eine sehr schwierige Aufgabe angefasst und erledigt haben, aber sie ist keine Sternstunde, weil diesem Wein leider die Blume fehlt oder weil es trockenes Brot ist. Frisches Brot schmeckt und hat Leben. Trockenes Brot nährt zwar auch,
füllt auch den Magen, aber es hat nicht den Geruch des Lebens. Warum fehlt der Geruch des Lebens? Weil sich einige dieser Aufgabe, die von uns allen erledigt werden muss - es geht hier nämlich nicht um parteipolitische Dinge -, dieses Land zu strukturieren, verweigert haben. Das beklage ich, obwohl es an verschiedenen Stellen immer wieder Angebote und auch Ansatzpunkte gab.
Deshalb bin ich auch so irritiert über die heutige Diskussion, die ein Zerrbild dessen ist, was im Innenausschuss stattgefunden hat. Wir Abgeordnete haben uns dort in Tages- und Nachtsitzungen stets in höchster Friedfertigkeit, Einmütigkeit und Übereinstimmung über die Dinge verständigt. Das trifft auch auf die Gespräche mit den Anzuhörenden zu. Wir haben den Anzuhörenden Zeit eingeräumt, haben ihnen niemals das Wort abgeschnitten, haben die Redezeit nicht begrenzt. Es gab Vertreter von Gemeinden, die zwei Stunden am Stück geredet haben weil dies ein freies Land ist, und das ist auch gut so.
Ich hätte mir jedoch gewünscht - auch das wäre für dieses Land diesmal so wichtig gewesen, wie es bei der Kreisneugliederung war -, dass einige hinter sich selbst zurückgetreten wären und gesagt hätten: Es geht hier um das Land Brandenburg, um Strukturen und Zukunftsfragen.
liebe Kollegen, wer immer das gesagt hat -, dem sei gesagt: Ich habe mir das Protokoll vom 29.11.2001 über die Diskussion zur Polizeireform auf Wiedervorlage gelegt, um zu prüfen, ob all die vorausgesagten Dinge - nämlich der Untergang des Abendlandes - eintreten. Bis heute habe ich dies nicht erkennen können. Ich glaube, es werden sich alle die heute von Ihnen gesagten Dinge vorhalten lassen müssen; denn hier werden bestimmte Ängste kultiviert und auch prolongiert. Die Aufgabe, diese Dinge zu bewerten, wird künftig beim Verfassungsgericht liegen.
Wir haben im Innenausschuss 140 Stunden miteinander gerungen, haben gehört und haben gearbeitet. Ein Bruchteil dieser Zeit sollte auch der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, um all das, was dort - für viele nicht erkennbar - gelaufen ist, noch einmal transparent zu machen.
Kollege Homeyer hat vorhin gesagt, der Innenausschuss habe sich größte Mühe gegeben. Da erinnere ich nur an den Spruch von Frau Sommer: Mühe allein genügt nicht. - Wir haben uns nicht nur Mühe gegeben, sondern auch Sachverstand herangezogen, haben auch unsere Intelligenz und Erfahrungen bemüht, haben die Menschen bemüht. Deshalb ist das Ergebnis auch sachgerecht. Man kann sich darüber streiten, ob jede Lösung wirklich der Weisheit letzter Schluss ist. Aber es ist am Ende ein Gesamtpaket und das kann niemand negieren.
Ich möchte noch einen Hinweis geben - der Herr Präsident bedeutet mir, dass ich Schluss machen muss -: Wir haben im Innenausschuss nicht nur dagesessen und uns die Statements angehört, sondern auch mit den Anzuhörenden kommuniziert. Es gab allerdings auch Ironie, gepaart mit Selbstkritik und Kritik vonseiten der Anzuhörenden. Die Kolleginnen und Kollegen des Innenausschusses wissen, dass es nicht nur eine trockene Reformdiskussion gab, sondern dass des Öfteren auch einmal ein Scherz gemacht wurde. Sie wissen, dass ich einen Hang dazu habe, etwas aufzuzeichnen und Kritik und Selbstkritik in Bilder zu fassen. Das wird nachher als kleines Andenken an die Gemeindegebietsreform an Sie verteilt.
Ich möchte noch eine Botschaft an Sie weitergeben: Wir sollten nicht versprechen, Differenzen auszugleichen, die nicht auszugleichen sind. Es gibt Widersprüche, zu denen ein Ausgleich nicht gefunden werden kann und zu denen eine Entscheidung getroffen werden muss. Solche Widersprüche dürfen nicht konserviert werden; denn dies würde einen Keim des dauerhaften Unfriedens bedeuten. Wir sollten Frieden stiften, statt Zwietracht zu säen.
Wer glaubt, damit seien alle Facetten offen gelegt, die den Vorsitzenden des Innenausschusses kennzeichnen, der irrt sich. Ein wenig von dem, was er Ihnen angekündigt hat, ist durch seine außerordentlich humorvolle Art bereits in seinem Redebeitrag deutlich geworden. Ich wollte jedoch vermeiden, dass Ihre Aufmerksamkeit durch eine kleine Gabe so stark absorbiert wird, dass Sie der Plenarsitzung nicht mehr folgen. Ich bitte Sie daher um Verständnis, dass diese später überreicht wird.
Im Übrigen wollte ich nicht, dass Sie vergessen, worüber wir noch abzustimmen haben; es steht noch eine Abstimmung aus.
Da wir am Ende der Rednerliste sind, lasse ich zunächst über den Änderungsantrag der DVU-Fraktion in der Drucksachen 3/5587 abstimmen. Der Änderungsantrag bezieht sich auf Kapitel 2 Abschnitt 1 und hat die Änderung von § 36 Abs. 1 zum Ziel. Wer dem Änderungsantrag folgt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Damit ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über das Gesetz zur landesweiten Gemeindegebietsreform betreffend die Landkreise DahmeSpreewald, Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz, Oder-Spree, Spree-Neiße sowie zur Auflösung der Gemeinden Diepensee und Haidemühl und zur Änderung des Gesetzes zur Auflösung der Gemeinde Horno und zur Eingliederung ihres Gemeindegebietes in die Gemeinde Jänschwalde sowie zur Änderung der Amtsordnung in der Drucksache 3/5550 einschließlich zweier Korrekturblätter. Wer dem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dem Gesetz in 2. Lesung zugestimmt und es ist verabschiedet worden.
Es liegt noch ein Entschließungsantrag der PDS-Fraktion in der Drucksache 3/5593 vor. Wer dem Entschließungsantrag folgt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist der Entschließungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Bevor wir in eine Pause eintreten, behandeln wir noch zwei Tagesordnungspunkte, zu denen keine Debatte vorgesehen ist. Deshalb rufe ich Tagesordnungspunkt 3 auf:
2. Lesung des Gesetzes zu dem Abkommen vom 2. Oktober 2002 zwischen dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg und dem Ministerium für Nationale Bildung und Sport der Republik Polen über das Collegium Polonicum in Slubice
Wir kommen sofort zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung folgt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei wenigen Stimmenthaltungen ist der Beschlussempfehlung einstimmig gefolgt worden. Ich schließe Tagesordnungspunkt 3.
2. Lesung des Gesetzes zur Zusammenführung der Liegenschafts- und Bauverwaltung und zur Änderung des Landesorganisationsgesetzes
Es wurde auch zu diesem Tagesordnungspunkt vereinbart, auf eine Debatte zu verzichten. Wer der Beschlussempfehlung folgt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Damit ist der Beschlussempfehlung einstimmig gefolgt worden.
Bevor ich Tagesordnungspunkt 5 aufrufe, legen wir eine Pause von 25 Minuten ein. Wir treffen uns schon um 15 Uhr wieder, weil die CDU-Fraktion darum gebeten hat, heute pünktlich zu schließen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie zum Nachmittagsteil unserer heutigen Plenarsitzung. Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:
2. Lesung des Gesetzes zur Herstellung von Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen im Land Brandenburg