Protocol of the Session on January 17, 2003

(Beifall bei der SPD)

Das Wort geht an die DVU-Fraktion, für die der Abgeordnete Claus spricht.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Zunächst eine Vorbemerkung. Die Finanzministerin, Frau Dagmar Ziegler, hat

der Öffentlichkeit eine Einsparliste mit 190 Positionen vorgelegt. Das sind zusammen 318 Millionen Euro. Das Haushaltsdefizit liegt bereits bei über 1 Milliarde Euro. Gegen die geplanten Sparmaßnahmen laufen Verbände, Vereine und Gewerkschaften Sturm. Das Wort „Giftliste“ macht die Runde und wird vielleicht auch das Unwort des Jahres 2003 werden. Werden die Sparvorschläge umgesetzt, dann ist ein weiterer Anstieg der Arbeitslosigkeit zu erwarten - so der Chef der Gewerkschaft ver.di.

Da sich angesichts der schlechten Konjunkturlage, verursacht durch Kohl und Schröder, der Horizont über Brandenburg noch mehr verdunkelt, muss mit noch höheren Steuerausfällen gerechnet werden. Der Landtag darf der zerstörerischen Haushaltspolitik der Landesregierung nicht tatenlos zusehen, sondern muss jeden Ausgabenposten kritisch unter die Lupe nehmen. Dazu zählt auch der brandenburgische Rettungsdienst.

Zunächst möchte ich festhalten, dass der bodengebundene Rettungsdienst täglich im Einsatz ist, um Menschen aus Not- und Gefahrenlagen zu retten. Diese Einrichtungen sind unverzichtbar und dürfen keinesfalls in die „Giftliste“ der Finanzministerin aufgenommen werden. Die Streichung zum Beispiel bei Feuerwehrverbänden in Höhe von 52 000 Euro haben Sie bereits angekündigt, aber laut Veröffentlichung in der Zeitung soll dies wieder vom Tisch sein.

Ob sich die in der letzten Gesetzesnovelle festgelegte Kostenund Leistungsrechnung bewährt hat, kann noch nicht abschließend bewertet werden. Minister Baaske sagte dies ebenfalls. Die Landesregierung erklärt in ihrem Bericht: Die Feststellung von Fehlentwicklungen und deren Abhilfe wird erst über einen längeren Zeitraum möglich. Wenn wir uns einmal die Kostenentwicklung des bodengebundenen Rettungsdienstes bei den kreisfreien Städten anschauen, dann sehen wir zwischen 1999 und 2000 einen Zuwachs von 6,7 % und zwischen 2000 und 2001 einen Zuwachs von 4 %. Etwas günstiger schneiden die Landkreise ab. Hier liegt die Kostenentwicklung zwischen 1999 und 2000 bei 5,8 % und zwischen 2000 und 2001 bei 3,3 %.

Wir müssen bei jeder Steigerung angesichts des hohen Haushaltsdefizits hinterfragen, wie solche Veränderungen zu erklären sind. Die AOK für das Land Brandenburg weist als Kostenträger für den Zeitraum von 1999 bis 2000 ein Minus von 3,34 % und zwischen 2000 und 2001 ein Minus von 8 % aus. Hier besteht seitens der Landesregierung Klärungsbedarf. Die Landesregierung erklärt, dass sie die Entwicklung der Kosten und Gebühren mit größerer Zurückhaltung bewertet, zumal die Datenlage noch unvollständig sei.

Unterschiedliche Auffassungen über die Wirksamkeit des Brandenburgischen Rettungsdienstgesetzes vertreten die Landkreise und kreisfreien Städte sowie die kommunalen Aufsichtsverbände einerseits und die Krankenkassen als Kostenträger andererseits. Die gesetzlichen Krankenkassen beanstanden, dass das Ziel des Gesetzes, die Kosten zu begrenzen und Rettungsdienstleistungen wirtschaftlicher und sparsamer zu erbringen, nicht erreicht worden ist. Neben der Kostentransparenz müsste auch Effizienz hergestellt werden. Vor allem fordern die Kostenträger ein Mitspracherecht bei ansatzfähigen Kosten und abzurechnenden Leistungen.

Aus Sicht der DVU-Fraktion ist es durchaus verständlich, dass die Krankenkassen, die die Kosten des Rettungsdienstes tragen,

auch den Kreisen und kreisfreien Städten als Verhandlungspartner gegenüberstehen und direkt Einfluss nehmen können. Die Gesetzesnovelle hat ihnen nicht das so genannte Verhandlungsrecht über Kosten und Leistungen eingeräumt.

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Bericht der Landesregierung noch ausbaufähig ist. Aber es muss im Zuge der angespannten Haushaltslage noch geklärt werden, ob weiteres Einsparpotenzial möglich ist, ohne die Leistungen der Rettungsdienste in irgendeiner Weise zu gefährden. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an die CDU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Dr. Wagner.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bericht ist insofern positiv zu bewerten, als er kurz ist. Ich will mich nicht über meine Kollegen erheben, aber in den Redebeiträgen gehen wir am Kern vorbei. Es geht doch nicht um die Feststellung, dass es uns - wenigstens versuchsweise - gelungen ist, Vergleichbarkeit herzustellen, was die Effizienz der Rettungsdienste in den Landkreisen betrifft. Es geht vielmehr darum, den Kostenträger, die Krankenkassen, an die Stelle zu setzen, an die sie gehören. Dies ist in anderen Bereichen, zum Beispiel bei der Ärzteschaft, besonders den niedergelassenen Ärzten, und den Krankenhäusern bereits üblich.

Ich will Klartext reden - das mag dem einen passen, dem anderen nicht -: Das eigentliche Anliegen des Gesetzes haben wir 1999 auf dem Altar des Wahlkampfes geopfert. Das ist eine klare Aussage. Rebscher hat gestern in einer Veranstaltung sinngemäß gesagt - ich bin nicht berechtigt, zu zitieren -, er kenne keinen deutschen Landrat, der nicht zum Teil von der gesetzlichen Krankenversicherung ernährt werde.

Dahinter steckt kein Spaß. Die Kommunen sind aber keine Einzeltäter im Land. Darüber müssen wir uns im Klaren sein.

Ich habe mir erlaubt, Ihnen die Aufstellung - Herr Präsident, wenn es erlaubt ist, würde ich sie den parlamentarischen Geschäftsführern und den Fraktionsvorsitzenden übergeben - der so genannten Verschiebebahnhöfe der gesetzlichen Krankenversicherung zuzuleiten. Sie sollen ein Gespür dafür bekommen, welche Mittel die Parlamentarier im Deutschen Bundestag - sei es unter CDU-Ägide, sei es unter SPD-Ägide - der gesetzlichen Krankenversicherung Jahr für Jahr entziehen. Dann schreien wir auf, dass das Geld nicht reicht!

(von Arnim [CDU]: Dagegen können wir nicht viel ma- chen! Wir sind der Landtag!)

- Wir müssen aber Sachen begreifen, Herr von Arnim.

Herr Minister Baaske, ich gebe Ihnen vollkommen Recht, dass die Kosten- und Leistungsrechnung ein Schritt in die richtige Richtung ist. Sie wird Vergleichbarkeit ermöglichen. Ich will es mit einer Pressemitteilung des Kollegen Schippel

sagen; ich habe die Pressemitteilung sehr aufmerksam gelesen, obwohl sie kryptisch ist. Er schreibt dort unter anderem: Ehrlichkeit und Öffentlichkeit gegenüber den Kommunen sind das Gebot der Stunde. - Aber, meine Damen und Herren, das ist keine Einbahnstraße.

(Zuruf des Abgeordneten Klein [SPD])

- Man darf in diesem Hause über alles reden. Es wird aber auch umgekehrt ein Schuh daraus. Man muss auch den anderen zugestehen, alles ansprechen zu dürfen.

Ich sage es deutlich: Wir müssen die Novellierungsarbeit leisten. Die Kostenträger gehören an den Verhandlungstisch, weil sie die Einzigen sind, die einschätzen können, wie die Mittelverteilung und Mittelverwendung am besten erfolgt.

Es gibt von deren Seite kein Diktat; das wird immer behauptet. Sie verhandeln mit den Trägern des Rettungsdienstes, den Kreisen. Niemand weiß, ob es zum Schluss preisgünstiger wird. Das ist der Witz an der Sache. Vielleicht wird es auch teurer, wenn noch ein paar Leute am Tisch sitzen, die etwas davon verstehen. Ich verstehe nicht, warum wir so große Angst haben.

Geben wir uns einen Stoß. Zeigen wir, dass wir Brandenburger sind. Nehmen wir es - Herr Minister, diese Bitte habe ich langfristig ins Programm. Nehmen wir es uns als Koalition vor. Ich weiß, dass Teile der Opposition mit Sicherheit keinen Widerstand leisten werden. Bringen wir es in Ordnung, damit wir am Ende der Legislaturperiode feststellen können: Wir haben saubere Arbeit hinterlassen und sind nicht ständig wie die Katze um den heißen Brei geschlichen. - Ich bedanke mich sehr herzlich.

(Beifall bei der CDU sowie vereinzelt bei SPD und PDS)

Wir sind am Ende der Rednerliste. Ich schließe die Aussprache. Damit ist der Bericht der Landesregierung in der Drucksachen 3/5294 zur Kenntnis genommen. Ich schließe Tagesordnungspunkt 6.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Bericht an den Landtag über das Konzept zur Literatur- und Medienversorgung für die Hochschulen im Land Brandenburg (gemäß Beschluss des Landtages vom 17.04.2002 - DS 3/4189-B)

Bericht der Landesregierung

Drucksache 3/5295

Das Wort geht an Ministerin Prof. Wanka. Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alle Hochschulbibliotheken in der Bundesrepublik haben ein Problem, und dies nicht erst seit gestern, sondern schon seit vielen Jahren. Wer

sich erinnert, wird feststellen, dass es die letzten großen studentischen Unruhen in der Bundesrepublik 1998 gab. Sie begannen in den alten Bundesländern und hatten ihre Ursache in der mangelnden Bibliotheksversorgung. Daraus resultierte die Unzufriedenheit der Studierenden.

Das Problem besteht darin, dass die wissenschaftlichen Bibliotheken ein gewisses Repertoire an Zeitschriften und Monographien dringend brauchen, dass aber die jährlichen Preissteigerungen gerade in diesem Bereich extrem hoch gewesen sind; sie erreichten zum Teil 25 bis 30 % jährlich. Keine Hochschulbibliothek der Bundesrepublik kann dies leisten. Im Rahmen der Hochschulrektorenkonferenz und der Kultusministerkonferenz wird dieses Problem thematisiert. Man versucht, es mit Zusammenschlüssen und anderen Maßnahmen abzumildern. Aber es bleibt problematisch.

In den neuen Bundesländern war diese Problematik nicht so deutlich sichtbar, weil nach der Wende ein Programm aufgelegt worden ist, nach dem die Hälfte der Bund und die andere Hälfte das Land übernimmt. Dieses auf zwölf Jahre angelegte Programm hatte den Titel „Programm zur Büchergrundausstattung“. Die Finanzströme, die es auf der Grundlage des Programms gab, haben die Problematik der von Jahr zu Jahr steigenden Preise für Periodika, Monographien und die EDV-Ausstattung bzw. die digitalen Medien abgemildert.

Die Büchergrundbestandsförderung läuft in diesem Jahr an den ersten drei Hochschulen des Landes aus. Dadurch wurde das Problem in Brandenburg akut. Das hat dazu geführt, dass sich der Landtag damit beschäftigt hat. Es wurde der Beschluss gefasst - der Präsident hat ihn soeben erwähnt -, einen Bericht über das Konzept zur Literatur- und Medienversorgung zu erbitten.

Die Landesregierung kommt diesem Wunsch mit dem vorgelegten Bericht nach. In den Bau und die Ersteinrichtung der wissenschaftlichen Bibliotheken im Land Brandenburg sind seit der Wende über 88 Millionen Euro investiert worden. Dazu kommt das angesprochene Programm zur Sicherung der Büchergrundbestände. Das bedeutet, dass von 1999 bis 2003 Landesmittel in Höhe von 28 Millionen Euro an die Hochschulbibliotheken geflossen sind.

Es sind beträchtliche Investitionen in EDV-gestützte Geschäftsgänge vorgenommen worden. Das hat zu Entlastungen im Personalbereich geführt. Somit konnten Ressourcen für den Ausbau kundenorientierter Dienstleistungen aktiviert werden. Es ist ein wichtiges Anliegen der Hochschulbibliotheken, dem Leitbild, kundennaher Dienstleister für die Literatur- und Medienversorgung der Studierenden und der Professoren zu sein, möglichst nahe zu kommen.

Die Bibliotheken versuchen - unter Beteiligung des Ministeriums -, mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen effizient umzugehen. Die Bibliotheken wirken zusammen, wenn es um die Beschaffung geht. Durch die größere Bestellmenge können die Preise gedrückt werden.

Es gibt ein Zusammengehen der Bibliotheken im Rahmen des Kooperativen Bibliotheksverbundes Berlin-Brandenburg (KOBV) , der es ermöglicht, dass bei gleich bleibendem Ressourceneinsatz ein hoher Leistungswert für den Nutzer erzielt wird.

Wir haben es geschafft, wie bereits von mir angekündigt, in Brandenburg zum Jahreswechsel die technischen Voraussetzungen für die generelle Online-Fernleihe zu schaffen. Berlin ist noch nicht so weit, will aber in absehbarer Zeit nachziehen.

Die Technologie dieses Verbundes ist von besonderer Art. Es gibt keinen Zentralkatalog, sondern nur einen virtuellen Gesamtkatalog. Damit ist eine effiziente Suche über alle Bibliotheken hinweg möglich. Wir suchen Verbündete, die im Sinne strategischer Allianzen auch in diese Richtung gehen und den KOBV damit leistungsstärker machen. Die öffentlichen Bibliotheken sind in diesen kooperativen Bibliotheksverbund einbezogen.

Ein kleiner Schwenk zum Thema der Aktuellen Stunde: Immer mehr außeruniversitäre Forschungseinrichtungen werden Mitglied des kooperativen Bibliotheksverbundes.

Ich komme zu dem Problem, das zu der Befassung des Landtages führte. Ich habe bereits erwähnt, dass das Programm zur Sicherung der Büchergrundbestände an drei Hochschulen des Landes - Universität Potsdam, BTU Cottbus, Filmhochschule ausgelaufen ist. Es kann nicht angehen, dass man sich auf ein Sonderprogramm verlässt und nach dessen Ende sagt: Die Mittel reichen nicht. Das Land muss die bisherige Finanzierung fortsetzen. - Diese Haltung kann man nicht teilen. Darum geht es an dieser Stelle auch nicht.

Als das Sonderprogramm Anfang der 90er Jahre aufgelegt wurde, hatten alle Bibliotheken einen Etat. Er ist jedoch im Laufe der Jahre nicht gewachsen, zum Teil sogar abgeschmolzen, während die Preise gestiegen sind. Durch die Grundförderung war dies jedoch kaum zu spüren. Wenn nun die Grundförderung entfällt, bleibt nur der reduzierte Etat übrig. Damit können die Hochschulen nicht auskommen, sodass eine Unterstützung der drei betroffenen Hochschulen im Jahr 2003 notwendig ist. Ab 2004 wollen wir die Hochschulfinanzierung generell verändern. Die leistungsorientierten Zuweisungen - leistungsorientiert nach Parametern - enthalten dann auch die Mittel für die Literaturund Medienversorgung.

Das vorliegende Konzept kann die Probleme der Bibliotheken bundesweit nicht lösen; es leistet aber drei Dinge. Erstens wird eine langfristige Entwicklung hin zur Bibliothek der Zukunft skizziert. Dazu läuft ein Diskussionsprozess beispielsweise darüber, wie diese aussehen soll; denn die Anforderungen sind entsprechend den Fächerkulturen sehr unterschiedlich.

Zweitens enthält das Konzept mittelfristige Strukturmaßnahmen, um die Literatur- und Medienversorgung in Brandenburg zu optimieren und dabei geschickt mit dem Geld umzugehen.

Drittens sind darin kurzfristige Maßnahmen für die beschriebene Handlungsnotwendigkeit im Jahre 2003 aufgeführt.