Zweitens, die Chipfabrik: Kollege Trunschke, dieser Hinweis war richtig; wenn dort etwas schief gehen sollte, was ich nicht hoffe, wird zu fragen sein, woran es lag. Aber der Versuch, dort Wissenschaft und Forschung und exklusive Ergebnisse aus Brandenburg zu verwerten und zu vermarkten, ist nicht falsch, sondern muss gerade deswegen weiterhin betrieben werden; denn unsere Bilanz der Jahre 1998 bis 2001, was Ausgründungen und Arbeitsplätze, die daraus folgen, betrifft, ist zwar schon beachtlich, aber noch nicht riesig. Es gab etwa elf Ausgründungen aus Brandenburger Instituten und es sind daraus unmittelbar 153 Arbeitsplätze entstanden. Aber das ist höchstens die Hälfte der Wegstrecke.
Aus unserer Erfahrung von vor 1989 wissen wir doch auch Folgendes: Wir hatten in Dresden auf dem Weißen Hirsch ein von Prof. von Ardenne geleitetes Institut. Etwa 90 % der dort hervorgebrachten Patente wurden überall in der Welt verwertet und vermarktet, nur nicht in der DDR. Das darf uns mit unserem Know-how, mit dem Brandenburger Humankapital nicht passieren. Deswegen ist das solch ein Schwerpunkt. - Herzlichen Dank.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne den Nachmittagsteil der 70. Sitzung des Landtages Brandenburg und rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:
1. Lesung des Gesetzes zu dem Abkommen vom 2. Oktober 2002 zwischen dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg und dem Minister für Nationale Bildung und Sport der Republik Polen über das Collegium Polonicum in Slubice
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung. Frau Ministerin, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Beim Besuch des Ministerpräsidenten im Oktober 2002 wurde das Abkommen zwischen dem Wissenschaftsministerium des Landes Brandenburg und dem Minister für Nationale Bildung und Sport der Republik Polen über das Collegium Polonicum unterzeichnet. Damit wird jetzt die völkerrechtliche Grundlage für das Collegium Polonicum geschaffen, welches gemeinsam von der Viadrina, der Europa-Universität in Frankfurt (Oder), und der AdamMickiewicz-Universität in Posen getragen wird.
Es ist nötig, dass wir einen solchen Gesetzentwurf einbringen; denn das Brandenburgische Hochschulgesetz erhält keine Ermächtigung für grenzüberschreitende Kooperationen mit Hochschulen anderer Länder in diesem ausgeprägten Sinn. Wir hielten es auch gerade aufgrund der politischen Bedeutung für zwingend notwendig, das völkerrechtlich in einem Vertrag abzusichern.
Das Collegium Polonicum ist ein Novum in Europa, weil damit erstmals eine grenzübergreifende systematische institutionelle Zusammenarbeit zwischen zwei Hochschulen zweier Länder in Lehre und Forschung begründet wird. Die Abschlüsse werden international ausgerichtet sein, sie werden natürlich gegenseitig anerkannt. Dieses Beispiel dafür, wie man so etwas organisieren kann, wird von anderen Grenzregionen mit Interesse aufgenommen. Es gibt schon Überlegungen in Polen, in Richtung Kaliningrad etwas Ähnliches durchzuführen.
In das Collegium Polonicum bringt das Land Brandenburg über die Viadrina fünf Professoren und sieben wissenschaftliche Mitarbeiter, die Erstausstattung und natürlich die laufenden Mittel für diese Professoren ein. Das alles ist im Haushalt der Viadrina enthalten, sodass keine neuen Verpflichtungen entstehen.
Im Jahr 1998 wurde der Lehrbetrieb im Collegium Polonicum aufgenommen. Die feierliche Eröffnung erfolgte im Februar 2001, nachdem die Einrichtung baulich komplett fertiggestellt war. Derzeit gibt es am Collegium Polonicum 900 Studenten, und zwar unter anderem in den Studiengängen Politologie, Umweltschutz, Raumwirtschaft, in den Masterstudiengängen „Vergleichende Mitteleuropastudien“ und „Schutz europäischer Kulturgüter“ und im MBA-Programm „Management für Zentral- und Osteuropa“.
Auch der polnische Teil der deutsch-polnischen Juristenausbildung wird im Collegium Polonicum angeboten. Ich darf gleich vorgreifen, weil es darauf möglicherweise Reaktionen geben wird: Es gab eine ORB-Berichterstattung über irgendwelche Gefährdungen. - Das war kompletter Unsinn. Daran ist gar nichts, es gibt gar nichts, es funktioniert und es gab nie eine Intention, dort etwas zu ändern.
Ich möchte Sie sehr bitten, dem Gesetzentwurf, dessen Erarbeitung sehr lange gedauert hat - sechs Jahre, hat man mir erzählt; es war äußerst kompliziert -, Ihre Zustimmung zu geben. Schönen Dank.
Ich danke auch. - Wir sind damit bei der PDS-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Dr. Trunschke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die PDS-Fraktion hält das Collegium Polonicum für eine sehr wichtige Einrichtung und ist froh, dass jetzt ein Staatsvertrag darüber geschlossen wird. Wir fragen uns nur, warum das so lange gedauert hat. Wir jedenfalls sind dafür nicht verantwortlich. Aber es sei, wie es ist. Wir unterstützen dieses Vorhaben. Wir glauben, dass der Staatsvertrag sowohl den Beziehungen zu Polen als auch der Entwicklung der Viadrina förderlich ist.
Da ich nichts davon halte, Reden doppelt zu halten, und weil ich auch nichts davon halte, das, was hinsichtlich des Staatsvertrages vielleicht kritisch anzumerken wäre, dazu zu benutzen, etwas, was gut ist, zu zerreden, möchte ich einfach sagen, Frau Ministerin, wenn Sie mir das nicht übel nehmen: Ich schließe mich Ihrer Rede an.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich meine, wir Parlamentarier aus allen Fraktionen können heute der Ministerin
Der Gesetzentwurf hat eine sehr lange Geschichte. Bereits am 06.09.1991 gab der damalige Minister Enderlein mit dem damaligen Minister für Nationale Bildung und Sport der Republik Polen eine gemeinsame Erklärung zur Zusammenarbeit mit der Europa-Universität ab. Am 17.10.1992 legten der damalige Rektor der Adam-Mickiewicz-Universität Poznan und Prof. Ipsen, Gründungsrektor der Europa-Universität, den Grundstein für den Bau des Collegium Polonicum. Frau Ministerin wies bereits darauf hin, dass am 10.06.1998 von Minister Reiche das erste akademische Jahr im neuen Gebäude des Collegium Polonicum eröffnet wurde. Jetzt ist Frau Ministerin Wanka zur Vertragsunterzeichnung nach Warschau gefahren. Es war also ein sehr langer Weg, was nicht nur an Brandenburg gelegen hat, sondern vor allen Dingen an den verschiedenen politischen Wirrungen in der Republik Polen.
Das Collegium Polonicum ist ein sehr gutes Beispiel für grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Gerade im Hinblick auf die EU-Osterweiterung finden am Collegium Polonicum sehr viele Lehrgänge, zum Beispiel für polnische Beamte statt. Frau Ministerin Richstein war auch bereits einige Male am Collegium Polonicum.
Das Collegium Polonicum ist eine Einrichtung, die sich jeder von Ihnen einmal ansehen sollte. So funktioniert grenzüberschreitende Zusammenarbeit. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Uns allen ist klar, dass durch dieses Gesetz die Voraussetzungen für die Transformation des Abkommens in Landesrecht und für dessen InKraft-Treten geschaffen werden sollen. Ziel ist es, einer der bedeutendsten Aufgaben der internationalen grenzübergreifenden Zusammenarbeit zu entsprechen. Wichtiger Punkt ist eine langfristige haushaltsrechtliche Sicherung des brandenburgischen Beitrages hierzu.
Wegen des Fehlens einer gesetzlichen Ermächtigung für grenzüberschreitende Kooperationen mit Hochschulen anderer Staaten im brandenburgischen Hochschulrecht sowie im Hinblick auf die politische Bedeutung der Zusammenarbeit ist eine Regelung durch völkerrechtlichen Vertrag erforderlich.
Die Hochschulen des Landes Brandenburg können zwar nach § 76 Abs. 2 des Brandenburgischen Hochschulgesetzes mit anderen Hochschulen gemeinsame Einrichtungen schaffen, sie sind jedoch an den Geltungsbereich des Gesetzes nach § 1 gebunden. Internationale Abkommen mit dauerhafter Bindung von Haushaltsmitteln über den Zeitraum der Haushaltsgesetzgebung hinaus können sie nicht aus eigenem Recht abschließen. Dazu bedarf es eines völkerrechtlichen Vertrages, der der Zustimmung des Gesetzgebers bedarf. Diesbezüglich sind Planungssicherheit und Finanzierung der wunde Punkt.
In die Haushalte der Viadrina für 2002 und 2003 sind bereits fünf Stellen für Professoren sowie für sieben wissenschaftliche Mitarbeiter und 40 000 Euro Sachkosten für das Collegium Polonicum eingestellt. Die Beschäftigung von weiterem wissenschaftlichen Personal - Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeitern - hat nach Artikel 4 Abs. 4 des Abkommens in Übereinstimmung mit den dienst- und haushaltsrechtlichen Vorschriften im Land Brandenburg zu erfolgen. Bis zum Ende dieses Jahres wäre eventuell die finanzielle Absicherung gegeben, wenn nicht auch hier die so genannte Giftliste von Frau Ministerin Ziegler zur Anwendung kommt.
Aber wie geht es weiter? Unsere DVU-Fraktion ist sich sicher, dass bei einem Haushaltsloch von über 800 Millionen Euro auch vor den Hochschulen nicht Halt gemacht wird. Ohne Moos nichts los, heißt es, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank. - Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte um Zustimmung werben für den Entwurf eines Gesetzes zum Abkommen zwischen dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg und dem Minister für Nationale Bildung und Sport der Republik Polen über das Collegium Polonicum in Slubice am östlichen Ufer der Oder, die ja Deutschland und Polen miteinander verbindet. Die Ministerin hat bereits darauf hingewiesen, dass wir zur Schaffung der Grundlage für diese Zusammenarbeit zwischen der EuropaUniversität Viadrina und dem Collegium Polonicum keinen isolierten Brandenburger oder deutschen Weg gehen können, sondern einen internationalen Rechtsweg beschreiten müssen und dass wir deswegen einen Vertrag brauchen, der eine völkerrechtliche Grundlage hat.
Das Abkommen setzt sozusagen den Punkt nach einem langen Weg und nach einem lange in Aufbau befindlichen grenzüberschreitenden Projekt des Collegium Polonicum. Zwischen der Idee von einer gemeinsamen wissenschaftlichen Einrichtung der Europa-Universität und der Adam-Mickiewicz-Universität in Posen auf der einen und der Fertigstellung und Inbetriebnahme im vorigen Jahr ist eine sehr lange Zeit vergangen, aber es war ein schöner Anlass - viele werden sich noch daran erinnern -, als wir vor einem reichlichen Jahr zur Sommerzeit über die Oderbrücke gingen und auf der polnischen Seite gemeinsam die Einweihung feierten.
Mittlerweile ist das Collegium Polonicum zu einem Bild des erweiterten Europa geworden. Seine Hauptaufgabe ist die wissenschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit zwischen Polen und Deutschland. Ich bin sicher: Das Collegium Polonicum wird zu einer wissenschaftlichen Begegnungsstätte von Studierenden und Lehrenden aus ganz Europa werden.
Meine Damen und Herren, das Collegium Polonicum orientiert sich an Studiengängen und Forschungsprogrammen der EuropaUniversität und der Adam-Mickiewicz-Universität. Zunächst
sind Lehr- und Forschungsprogramme in folgenden Bereichen geplant - es ist sehr anschaulich, wenn man weiß, auf welchen Gebieten dort geforscht, gelehrt und studiert wird -: Es geht um den Vergleich zwischen dem Rechts- und Verfassungssystem West- und Mitteleuropas, die polnische Sprache und Kultur, die Transformationsprozesse in der mitteleuropäischen Gesellschaft, die wir Ende der 80er und frühen 90er Jahre gemeinsam durchgemacht haben und immer noch durchmachen, um interkulturelle Kommunikationsprozesse zwischen West- und Mitteleuropa - für uns Politiker sehr interessant -, um wirtschaftliche, rechtliche, kulturelle und ökonomische Aspekte der Entwicklung der Grenzregion zwischen Polen und Deutschland im Zusammenhang mit der Osterweiterung der Europäischen Union, um die Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen und - das wird den Ministerpräsidenten sicherlich besonders interessieren - um Untersuchungen zu Naturschutz- und Landschaftsgestaltung im Oderflussgebiet.
Ich bin mir sicher - wenn es noch nicht erfolgt ist -, dass man Sie, Herr Ministerpräsident, gelegentlich einmal als Zeitzeugen und Referenten in ein Seminar oder ein Kolleg hierzu einladen wird. Meine Damen und Herren, das habe ich nicht ironisch gemeint; denn hier ist ein wirklich großer Erfahrungsschatz vorhanden, der im Collegium Polonicum einmal referiert und dargestellt werden kann. Es wird verschiedene Konferenzen, Seminare, Ausstellungen und populärwissenschaftliche Veranstaltungen geben und das wird die deutsch-polnischen Beziehungen auf vielfältige Weise stärken und unterstützen.
Seit 1992 sind fast 70 Millionen DM allein für die Errichtung des Gebäudekomplexes in Slubice ausgegeben worden. Das ist ein sehr schöner moderner grün-weißer Bau - von der Oderbrücke aus gut zu sehen. Finanziert wurde er vor allen Dingen aus Investitionsmitteln der Republik Polen, aus EU-Mitteln, vom Land Brandenburg natürlich reichlich kofinanziert.
Das Land Brandenburg stellt darüber hinaus und gesichert durch dieses Abkommen fünf Professoren und sieben wissenschaftliche Mitarbeiter einschließlich Sachmittel für das Collegium Polonicum zur Verfügung.
Ich bin sicher, meine Damen und Herren, dass mit dem Abschluss dieses Abkommens die Republik Polen und das Land Brandenburg die besten Voraussetzungen für das Gelingen eines grenzüberschreitenden Projektes haben. Ich bin froh darüber, heute bereits das zweite Mal über ein Thema sprechen zu können, das nicht nur von nationaler, sondern auch von europäischer und internationaler Bedeutung ist. - Vielen herzlichen Dank.
Wir kommen zur Abstimmung. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfes in der Drucksache 3/5178 an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur. Wer diesem Überweisungsansinnen folgt, möge die Hand aufheben. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Überweisung einstimmig beschlossen.