Protocol of the Session on December 18, 2002

(Beifall bei der PDS)

Warum aber haben wir trotz einer erhöhten Zahl von Studienplätzen überfüllte Hörsäle?

Ein Grund liegt darin, dass die Prognose über die Studierendenzahlen, von der die Landesregierung ausgegangen ist, falsch war. Wir haben mehr Studierende an den Hochschulen als vermutet, und die Studenten schließen das Studium nicht so schnell ab, wie unterstellt worden war. Das können sie auch nicht siehe Erlebnisbericht! Wäre es nicht an der Zeit, die Hochschulplanung an der Realität zu messen und zu überarbeiten? - Ich frage nur.

Zu allem Überfluss will die Junge Union, unterstützt durch einige CDU-Minister, Studiengebühren einführen. Das erinnert mich an Günther Jauch, der in seiner Millionärsshow einem seiner Gäste, einem Studenten, einfach nicht glauben wollte, dass jener tatsächlich mit 500 Euro im Monat auskommen müsse - und dabei sogar noch zu den Besserverdienenden zähle.

Jetzt beißt sich die Katze endgültig in den Schwanz. Die Hochschulfinanzierung soll sich künftig unter anderem an den Absolventenzahlen orientieren. Ich begrüße es durchaus, dass die Hochschulen damit erstmals ein finanzielles Interesse an ihren Studierenden haben sollen. Wie aber soll ein Studiengang, der schon heute zu viele Studierende bei zu wenig Personal und zu wenig Räumen hat, ohne Veränderung der Situation seine Studenten schneller zum Abschluss führen? Mehr Geld erhielte der Studiengang erst, wenn er die Studenten schneller zum Abschluss führte. Glauben Sie daran, dass sich die Hochschulen wie Münchhausen am eigenen Zopf aus dem Sumpf ziehen?

Leistungsorientierte Mittelvergabe und Wettbewerb unter den

Hochschulen mögen gute Instrumente sein; laufen aber ins Leere, wenn die Haushaltssituation so bleibt, wie sie gegenwärtig ist, und nicht einmal die Grundfinanzierung gesichert werden kann. Wo zu wenig ist, können Sie nichts wegnehmen.

Damit bin ich bei dem wichtigsten Problem für die Hochschulen, dem Haushalt. Die CDU-Fraktion hat zu Beginn der Legislaturperiode die Verdopplung der Hochschulhaushalte gefordert; Herr Niekisch wird sich sicherlich erinnern. Gemessen an dieser Forderung aus Ihrer eigenen Partei, Frau Ministerin, ist Ihre Bilanz allerdings so dürftig, dass ich das selbst aus der Oppositionsrolle heraus nicht anführen möchte.

Ich verweise stattdessen auf eine Aussage, die Sie zu Beginn Ihrer Amtszeit in einer von der PDS-Fraktion beantragten Aktuellen Stunde getätigt haben. Sie sagten damals:

„Die Hochschulen erbringen ihre Leistungen mit einem im Vergleich zu anderen Ländern niedrigeren Mitteleinsatz. Sie dürfen nicht glauben, dass eine weitere Reduzierung möglich ist und weitere Effektivitätssteigerungen durch Mittelreduktion denkbar sind.“

Die Hochschulen sollten nicht nur neue Studiengänge und mehr Studienplätze bekommen, sondern auch das nötige Geld dafür. Jetzt allerdings, nach der globalen Minderausgabe und den Haushaltssperren, bleiben den Hochschulen nur noch die neuen Studiengänge; Geld steht ihnen jedoch weniger zur Verfügung. Frau Ministerin, Sie sollten Ihren eigenen Anspruch, den Sie damals formulierten, nicht aufgeben!

(Beifall bei der PDS)

Sonst bleibt den Hochschulen nur der Ausweg, an ihrer Zukunft zu sparen. Sie arbeiten heute schon mit veralteten Computern, schreiben Tische und Bänke nicht mehr ab und verzichten auf moderne Geräte. Zu allem Übel streicht die Landesregierung jetzt noch die Kofinanzierung für die Großgeräte. Willkommen in der Wissensgesellschaft!

Zahlreiche Beteiligte fragen, woher das Geld kommen soll, wenn die Kasse leer ist. Auch ich meine, dass der Anspruch von Herrn Niekisch, so richtig er ist, gegenwärtig nicht zu realisieren ist, obwohl wir selbst nach der von ihm geforderten Verdopplung der Hochschulhaushalte noch immer einen der letzten Plätze unter allen Bundesländern einnähmen.

Ich erinnere Sie aber daran, dass Sie in der Regierung immer Geld gefunden haben, wenn es Ihnen wirklich wichtig war: für den Lausitzring, den Flughafen, die Chipfabrik usw. Deshalb frage ich Sie - Sie alle, die Sie hier vorn sitzen -: Sind Sie sicher, dass Ihnen gemeinsam die Hochschulen wichtig sind?

Ich erinnere Sie daran, dass die 15 übrigen Bundesländer - gemessen am prozentualen Anteil am Landeshaushalt - mehr Geld für die Hochschulen ausgeben. Was ist in Brandenburg so anders - außer der Regierung natürlich -,

(Heiterkeit und vereinzelt Beifall bei der PDS)

dass wir nicht vermögen, was alle anderen können?

Ich erinnere Sie daran, dass der größte Teil des aktuellen Haushaltslochs seine Ursache in der Steuerreform hat. Diese Steuer

reform gäbe es aber nicht, wenn Sie im Bundesrat nicht zugestimmt hätten.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Ich bitte Sie, die Hochschulen nicht vor ein Loch zu schieben, das nicht die Hochschulen, sondern Sie gebuddelt haben!

(Beifall bei der PDS)

Ich erinnere Sie daran, dass die CDU - neuerdings auch die SPD - ganz locker darauf verzichten will, die wirklich Reichen in der Bundesrepublik mittels Vermögensteuer zur Finanzierung der Bildung heranzuziehen, obwohl die dabei wirklich nicht ärmer würden, sondern höchstens etwas weniger schnell noch reicher im Gegensatz zu den Studierenden, denen Sie mit Studiengebühren tatsächlich etwas wegnähmen.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Ich müsste jetzt noch etwas zu dem Antrag unserer Fraktion sagen; er steht heute Abend zur Debatte. Sie können dann zeigen, ob Sie tatsächlich etwas für die Hochschulen tun wollen. Ich müsste etwas zur Juniorprofessur, zur Studienreform usw. sagen. Stattdessen will ich aber auf die Regierungserklärung zurückkommen. Herr Platzeck, Sie haben vor einem Monat gesagt:

(Unruhe im Saal)

Herr Abgeordneter, ich bitte um einen kleinen Moment Geduld. Die Unruhe hat offensichtlich mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu tun. - Die Landesregierung hat bereits reagiert, sodass die Konsequenzen für unsere Tagesordnung sicherlich gleich formuliert werden. Ich bitte Sie, wieder den Rednern in der Aktuellen Stunde zuzuhören. - Danke schön.

Herr Präsident, ich komme auf die Regierungserklärung von vor einem Monat zurück; denn das ist immer noch aktuell. Der Ministerpräsident hat darin ausgeführt:

„Bildung ist der kostbare Rohstoff, von dem im 21. Jahrhundert fast alles andere abhängen wird. Die Zukunft des modernen Brandenburg steht und fällt mit unserer Fähigkeit, dieser fundamentalen Einsicht politische Taten folgen zu lassen.“

Herr Ministerpräsident, das sehe ich genauso. Ich verstehe Ihre Ausführungen vor allem als Selbstverpflichtung, die Sie sich auferlegt haben. Sie sind an der Regierung, Sie müssen entscheiden. Sie können die Gelegenheit, die sich heute mit der Aktuellen Stunde bietet, beim Schopfe packen und uns mitteilen, was Sie konkret tun wollen. Sie haben jederzeit die Möglichkeit, an das Rednerpult zu treten und Ihre Vorstellungen zu artikulieren.

Oder ist es eher so, dass Sie auch vier Wochen nach der Regierungserklärung nichts zu sagen haben? Das will selbst ich aus der Opposition nicht glauben.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Für sie spricht die Abgeordnete Uta Müller.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hochschulen und Bildung im umfassenden Sinne genießen einen hohen Stellenwert in der Brandenburger Politik. - Dies wurde nicht zuletzt in der vom Ministerpräsidenten vorgetragenen Regierungserklärung mehrfach hervorgehoben. Ich will es Ihnen ersparen, daraus ausführliche Passagen zu zitieren. Ich stelle nur fest: Die SPD-Fraktion teilt die in der Regierungserklärung dargelegten Auffassungen. Sie hatte schon im letzten Jahr die Initiative ergriffen, um mit einem in den Landtag eingebrachten Antrag zur Stabilisierung und Weiterentwicklung der Hochschulen beizutragen. Darin sind die Aufgaben der Gegenwart und der Zukunft klar umrissen sowie ein jährlicher Bericht gefordert worden.

Die heutige Aktuelle Stunde kann deshalb nur dazu dienen, angesichts knapper Haushaltsmittel und der aktuellen Wirtschaftslage eindringlich an das hohe Haus zu appellieren, den eingeschlagenen Kurs, langfristig zu planen und das Land durch Sparmaßnahmen und Einschnitte in den Hochschulhaushalt nicht um seine geistigen Ressourcen zu bringen, beizubehalten. Ich gehe davon aus, dass die geschätzten Kollegen der CDUFraktion dieses Thema zum Jahresende auf die Tagesordnung gesetzt haben, um eine Signalwirkung auszulösen. Das begrüße ich. Ich hoffe zugleich, dass das Interesse an diesem wichtigen Zukunftsbereich parteiübergreifend ist.

Welches sind die Aufgaben der unmittelbaren Zukunft und die Ziele für die weitere Zukunft? - Erstens die Einführung der leistungsorientierten Mittelzuweisung, zweitens das Konzept zur Literatur- und Medienversorgung, drittens die Sicherstellung der Reinvestitionsmaßnahmen, viertens die Erhöhung der Attraktivität der Hochschulen für brandenburgische, aber auch für ausländische Studierende, fünftens die Verstärkung der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft, sechstens die stärkere Orientierung am Sachverstand von Experten, zum Beispiel an den Empfehlungen des Wissenschaftsrates.

Was die Einführung der leistungsorientierten Mittelzuweisung angeht, so freue ich mich, dass es dem Wissenschaftsministerium gelungen ist, mit allen Brandenburger Hochschulen ein Modell der leistungsorientierten Mittelzuweisung zu erarbeiten, das bereits mit dem Haushalt 2004 eingeführt werden kann.

Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass wir Parlamentarier während der Entstehung dieses Modells mehr Möglichkeiten der politischen Einflussnahme gehabt hätten, das heißt den Prozess aktiver hätten begleiten können, anstatt nur informiert zu werden.

Fünf unserer Hochschulen arbeiten bereits mit globalisierten Haushalten, die nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten aufgestellt wurden. Bestandteile dieser Haushalte sind unter anderem die Kosten- und Leistungsrechnung als internes Steuerungsinstrument sowie eine Produkt- und Leistungsbeschreibung. Wenn die Hochschulen weiterhin konsequent den Weg der Outputsteuerung, der dezentralen Ressourcenverantwortung, der internen Zielvereinbarungen und der betriebswirtschaftli

chen Buchführung gehen sollen und damit geradezu beispielgebend für die gesamte Landes- und Kommunalverwaltung sind, dann dürfen wir als Haushaltsgesetzgeber künftige globale Minderausgaben nicht mehr von den Rücklagen der Hochschulen abzweigen.

An dieser Stelle betone ich noch einmal: Die leistungsorientierte Mittelzuweisung an die Hochschulen ist keine Zauberformel, die uns von der Pflicht entbinden würde, die Hochschulen mit einem angemessenen Budget auszustatten.

(Beifall bei der PDS)

Wir können schon während der in den kommenden Monaten anstehenden Haushaltsberatungen zeigen, ob wir dieser Verantwortung gerecht werden.

(Zuruf von der PDS)

Zu Punkt 2, dem Konzept zur Literatur- und Medienversorgung: Mir ist bekannt, dass das Konzept zur Literatur- und Medienversorgung bereits im Kabinett besprochen wurde. Demnach sollen für das Jahr 2003 der Universität Potsdam, der BTU Cottbus und der Hochschule für Film und Fernsehen einmalig zusätzliche 1,3 Millionen Euro für ihre Bibliotheken bereitgestellt werden. Wenn ich dann aber höre, dass die Mittel im Rahmen der Diskussion zum Nachtragshaushalt 2003 oder gegebenenfalls durch Umschichtung sichergestellt werden sollen, läuten bei mir die Alarmglocken.

Bei der Ausstattung der Hochschulbibliotheken sind natürlich auch noch andere Dimensionen zu bewältigen. Wir stehen mitten in einer Medienrevolution. Die Veränderungen am Informationsmarkt, die Möglichkeiten des Publizierens und die multimediale Durchdringung von Lehre und Studium sind Tatsachen, auf die die Hochschulen und in besonderem Maße die Hochschulbibliotheken reagieren müssen. Vor diesem Hintergrund sind sie gezwungen, ihre Dienstleistungs- und Servicekonzepte grundlegend zu überprüfen und das System der Informationsversorgung generell zu überdenken. Auch dies ist nicht zum Nulltarif zu haben.

Zu Punkt 3, der Sicherstellung der Reinvestitionsmaßnahmen: In den nächsten Jahren werden die Hochschulen umfangreiche Ersatzinvestitionen vornehmen müssen, da viele Geräte und manche Grundausstattungen in den Laboren nach über zehn Jahren Betrieb verbraucht und veraltet sind. Zur Absicherung dieser Reinvestitionsmaßnahmen wurde von uns keine Vorsorge getroffen.

Hierzu liegt uns ein Antrag der PDS vor, in dem eine Konzeption der Landesregierung zur Sicherung der Ersatzinvestitionen gefordert wird. Allerdings brauchen wir im Moment keine Konzeption, meine Damen und Herren; wir müssen nur schlicht und ergreifend die nötigen Finanzmittel in den Haushalt einstellen. Die im Ausschuss anstehenden Haushaltsberatungen bieten die beste Gelegenheit, uns über die erforderlichen Mittel zu verständigen und hoffentlich einvernehmlich eine Prioritätenliste zu erstellen. Deswegen werden wir den Antrag der PDS ablehnen, obwohl es in inhaltlicher Hinsicht große Übereinstimmung gibt. Es kostet einfach zu viel Zeit, eine Konzeption der Landesregierung abzuwarten.

(Zurufe von der PDS)