Protocol of the Session on September 4, 2002

- ja, ich komme zum Schluss -, steht derzeit im Mittelpunkt zugespitzter energiepolitischer Auseinandersetzungen. Der Zeitpunkt aber, zu dem beispielsweise die Wirtschaft ihre Ökologieverträglichkeit und nicht die Ökologie ihre Wirtschaftsverträglichkeit nachweisen muss, ist bereits herangekommen.

Der vorliegende energiepolitische Handlungsrahmen für unser Land zeigt in die richtige Richtung. Fehlen lässt er es jedoch an notwendigen und bereits heute möglichen Konsequenzen. Wir werden uns in den Dialog weiterhin einbringen. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Bevor der Abgeordnete Gemmel am Rednerpult ist, darf ich Gäste aus Bad Liebenwerda herzlich begrüßen, die an unserer heutigen Plenarsitzung teilnehmen. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im November 2000 kündigte Minister Fürniß im Parlament an, bis zum März 2001 ein überarbeitetes Energiekonzept vorzulegen. Im Juni 2002 liegt die Energiestrategie 2010 vor. Es ist also kein Konzept mehr, sondern ein Strategiepapier. Zwei Jahre Erarbeitung sind eine lange Zeit, aber möglicherweise akzeptierbar, wenn das Ergebnis stimmt. Sie haben darauf hingewiesen, Herr Minister, dass es ein schwieriger Prozess gewesen ist, zu einer einheitlichen Meinung innerhalb der Landesregierung zu kommen.

Um es vorwegzunehmen: Das vorgelegte Papier ist längst nicht das, was wir erwartet haben. Ich kann den Fraktionen nur empfehlen, sich noch einmal ernsthaft und intensiv damit zu befassen. Es erweckt ein bisschen den Eindruck eines Konsenspapiers. Der verbindliche Handlungsrahmen eines Konzeptes ist nicht so direkt in allen Punkten, wie wir es uns gewünscht hätten, zu erkennen.

(Beifall der Abgeordneten Frau Dr. Enkelmann [PDS])

Warum war die Überarbeitung des Energiekonzeptes aus der 2. Legislaturperiode überhaupt notwendig? Die energiepolitischen Zielstellungen Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit und Versorgungssicherheit waren bereits im alten Konzept eindeutig festgeschrieben. Auch der Energiemix war und ist in diesem Hause zwischen allen Parteien immer Konsens gewesen. Darin sind wir uns, denke ich, auch heute noch alle einig.

Die Gründe für die Fortschreibung der energiepolitischen Ziele des Landes liegen woanders. Die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland haben sich geändert. Die rot-grüne Bundesregierung hat wichtige und richtige Eckpfeiler gesetzt. Ich erwähne nur die Stichworte Liberalisierung, verstärkte Förderung erneuerbarer Energien, Energiesparverordnung, Atomausstieg, Ökosteuer. Für Brandenburg wäre es wichtig in diesem Zusammenhang etwas klarzumachen, weil man im Wahlkampf auch immer so komische Töne hört, wie wir es denn mit dem Atomausstieg halten. Deswegen wäre es gut, sowohl von den Fraktionskollegen aus der Koalition als auch vom Minister selbst einmal zu erfahren, wo wir eigentlich stehen, auch wenn Brandenburg selbst keinen Atomreaktor hat. Ich denke, das ist schon wichtig, denn wir importieren ja auch Energie. Da muss man sich entsprechend verhalten.

Auch der Energiemarkt hat sich entscheidend verändert. Da sind wir noch lange nicht am Ende. Die strukturellen Veränderungen bei der Braunkohlenverstromung in Brandenburg sind auch noch längst nicht voll überschaubar. Es ist also sehr viel in Bewegung. Außerdem zeigen die Hochwasserkatastrophen weltweit, dass eine vernünftige Energiepolitik dringlicher denn je ist.

Auch wenn morgen in der Aktuellen Stunde zum Klimaschutz noch sehr viel Wichtiges und Richtiges gesagt werden wird, so möchte ich heute schon aus innenpolitischer Sicht kurz darüber reden und meine Position darlegen. Meine Damen und Herren, die Hochwasserkatastrophen in den letzten Wochen weltweit lassen sich nicht allein mit ungünstigen Witterungsverhältnissen oder mit Wetterkapriolen begründen. Die deutlichen Zeichen für die globale Klimaveränderung werden, wie es nach Katastrophen oft der Fall ist, auch diesmal von der Politik betroffen zur Kenntnis genommen. Leider wissen wir aber auch, dass die Halbwertszeit solcher Betroffenheit immer begrenzt ist. Dennoch habe ich die Hoffnung, dass wir die Kraft zu klaren, richtungweisenden Entscheidungen diesmal finden werden.

(Beifall des Abgeordneten Hammer [PDS])

Wir müssen sie einfach finden. Das gilt für die Zukunft im Umgang mit unseren Flüssen und einem ökologisch ausgerichteten Landschaftswasserhaushalt, bei dem Hochwasser nicht nur durch Deiche verhindert werden soll, genauso wie für eine Energiepolitik, die sich immer mehr als Problem für den Klimaschutz erweist.

Meine Damen und Herren, der Klimawandel ist da und er beschleunigt sich zusehends. In der gegenwärtigen Diskussion um die Ergebnisse des Klimagipfels in Johannesburg wird vor allem anerkannt, dass die Klimaveränderung und in deren Folge die Katastrophen wesentlich von Menschen mit verursacht werden. Auch die Energiepolitik spielt da eine wesentliche Rolle. Das ist die Basis, auf der wir unsere Diskussion um die energiepolitischen Ziele in Brandenburg führen müssen. Auch wenn es schwer fällt, eine Folgerung kann nur sein, dass die

Nutzung fossiler Energieträger zukünftig weltweit noch stärker zu reduzieren ist. Dazu müssen wir Alternativen haben, auch für die Leute, die in der Kohle arbeiten.

Dass der Verbrauch von Energie konsequent reduziert werden muss, ist eine Binsenweisheit, über die wir an der Stelle schon oft gesprochen haben. Wir müssen aber auch konsequent den Ausbau erneuerbarer Energien forcieren und jede Möglichkeit für neue Technologien, die Energie sparen oder CO2 vermeiden helfen, gezielt unterstützen.

Zurück zum Bericht: Die Bestandsaufnahme über die Potenziale, die Brandenburg hat, sind sehr umfangreich und eine gute Basis, auf der man Entscheidungen treffen kann. Die Bilanz bei der Umsetzung der Projekte aus der Nachwendezeit, die auf den Seiten 8 und 9 beschrieben sind, fällt richtigerweise sehr positiv aus. Über viele dieser abgeschlossenen Projekte habe ich aber auch bei intensivem Lesen des Strategiepapiers nur wenig verwertbare, wirklich neue Projektideen gefunden, die auch umsetzbar sind. Allerdings, muss ich zugeben, die finanzielle Ausstattung des REN-Programms ist alles andere als berauschend. Daran sind wir alle beteiligt. Das ist leider so.

Aber es geht nicht nur um Geld, es gibt auch viele andere Möglichkeiten, Vorbild zu sein. Da ist das Stichwort rationelle Energieverwendung. Nach Aufforderung durch den Landtag hat das Wirtschaftsministerium im Dezember 2001 dem Landtag einen Bericht vorgelegt, der damals in der Debatte von mir und auch von anderen massiv kritisiert wurde. Die Einzelmaßnahmen der Energiestrategie 2010 - dort sind Ansätze beschrieben sind sehr unverbindlich und kaum abrechenbar. Die vom Parlament geforderte Vorbildfunktion der Landeseinrichtungen beim Energiesparen ist noch längst nicht auf dem Stand, den wir erwarten müssten und der auch aus finanzpolitischen Gründen zwingend erforderlich ist.

Die Unterstützung für das kommunale Energiemanagement durch das Land ist gut. Dort gibt es richtig gute Ansätze. Sie haben darauf hingewiesen, die ZukunftsAgentur hat Angebote für Fortbildung gemacht. Das ist der richtige Weg. Aber da müssen natürlich die Partner mitspielen. Das ist ein Angebot, das wir machen können, das aber nicht von alleine funktioniert.

Nun zu der Förderung erneuerbarer Energien: Die SPD-Fraktion hat dem Ausbau der erneuerbaren Energien schon immer einen hohen Stellenwert eingeräumt und für jeden sichtbare Erfolge erzielt. Dennoch sind wir uns einig, dass die Potenziale noch längst nicht ausreichend genutzt werden. Dem Bericht ist zu entnehmen, wo dies geschehen kann. Wie gesagt, die Bestandsaufnahme ist gut.

Zu den Ausbauzielen: Auf Seite 23 steht, dass in Brandenburg bis zum Jahr 2010 ein Anteil an erneuerbaren Energien von 5 % am Energieverbrauch erreicht werden soll. Für die jetzige Bundesregierung ist es erklärtes Ziel, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung bis 2010 auf 12 % zu steigern. Nun muss man das umrechnen, aber dennoch ist es ein deutlich höheres Ziel. Wie passt das zusammen, wenn die einzelnen Bundesländer weit unter diesem Anspruch bleiben?

Herr Minister, Sie haben vorhin darauf hingewiesen, dass es sehr schwierig ist, von diesem Stand aus noch weitere Erfolge zu erzielen. Das ist richtig. Dennoch, denke ich, muss das Ziel einfach höher gesteckt werden. Wir müssen unsere Anstrengun

gen deutlich verdoppeln. Darüber ist noch einmal zu reden. Ich denke, 5 %, das kann so nicht stehen bleiben.

Es gibt Bundesländer, Niedersachsen zum Beispiel, die noch über die erklärten Ziele der Bundesregierung hinausgehen und die auch nicht die Wasserkraftnutzung in dem großen Stil wie andere haben. Die wollen deutlich mehr erreichen.

Festzuhalten bleibt: Die in dem vorliegenden Bericht genannten Potenziale, insbesondere die für die Bioenergie, lassen es eindeutig zu, auch in Brandenburg deutlich höhere Zielmarken zu setzen. Dazu erwarten wir Antworten vom Minister. Aber wir werden auch im Ausschuss Antworten geben müssen, wie wir das umsetzen wollen.

Nächster Punkt, die Liberalisierung des Gasmarktes: Hier stehen bekanntermaßen bedeutende Strukturveränderungen an. Leider steht zu diesem Thema tatsächlich nichts in der Konzeption. Sind wir da Zuschauer und müssen mit den Folgen leben? Das ist nicht beantwortet.

Auch fehlt mir die Positionierung zur Einspeisung von Biogas. Das ist ein ganz wichtiges Thema. Auch hier werden wir in Zukunft klarstellen müssen, wie wir vorankommen wollen.

Das Gleiche gilt für die notwendige Zusammenarbeit mit dem Land Berlin, da wir bekanntermaßen ein Wirtschaftsraum sind. Dazu habe ich im Bericht erstaunlicherweise nichts gefunden.

Auch über die Themen Energieimport und EU-Osterweiterung ist nur am Rande etwas erwähnt, aber es ist nicht klar, wie wir damit in Zukunft umgehen wollen. Darüber müssen wir auch reden.

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Schluss Ihres Beitrages!

Gut an dem Papier ist, dass für die Lausitz und auch für die Kollegen, die dort arbeiten, ein klares Bekenntnis für die Braunkohle abgelegt wird, auch wenn klar ist, dass sich weltweit vieles verändern wird. Das wird auch nicht an Brandenburg vorübergehen. Wir brauchen also auch hier Antworten.

Die SPD-Fraktion wird sich mit der Energiestrategie 2010 weiter befassen. Ich vermute einmal, dass wir hierzu noch Anträge einbringen werden, die dann etwas konkreter gefasst entsprechende Antworten ermöglichen. Die Strategie kann aus unserer Sicht so noch nicht stehen bleiben. Es ist ein Papier, das fortgeschrieben wird. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das Wort geht an die DVU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Claus.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Der Bericht zum

energiepolitischen Handlungsrahmen des Landes Brandenburg bis zum Jahr 2010 hat der Landesregierung mit Sicherheit einige Arbeit gemacht. Immerhin umfasst dieser Bericht fast 50 Seiten.

Betrachtet man die energiepolitischen Zielsetzungen von 1996 da möchte ich hier ausnahmsweise das Kriterium der Arbeitsplatzsicherung und Wertschöpfung ausklammern -, so sehe ich hier eine Menge hehrer Ziele. Mit Sicherheit wurde in puncto Umweltverträglichkeit und Sparsamkeit bei der Bereitstellung und Nutzung von Energie etwas erreicht.

Unterzieht man jedoch die von Ihnen ausgewiesene positive Bilanz einer näheren Untersuchung, so fällt vor allem auf, dass zur Erreichung und Optimierung dieses Zieles noch viel zu tun ist.

Zentraler Punkt energiepolitischer Zielsetzungen muss die Bereitstellung eines flächendeckenden, kostengünstigen und zugleich umweltverträglichen Energieangebotes sein. Dabei sind wir vor allem bei der Art der Erzeugung von Energie auf zukunftsweisende Konzepte angewiesen, die sich nicht nur auf Problemanalysen beschränken, sondern vor allem Lösungen aufzeigen.

Es ist schön und gut, dass Brandenburg Heizkraftwerke und andere Kraftwerke nach dem neuesten Stand der Technik hat, die zu einer Reduzierung der CO2-Emissionen beigetragen haben. Dies reicht jedoch längst nicht aus. Die von Ihnen aufgeführten CO2-Minderungspotenziale können langfristig nur dadurch erreicht werden, dass die Verstromung fossiler Brennstoffe als Form der Energieerzeugung - bei den Kohlekraftwerken liegt nun einmal in Brandenburg der Schwerpunkt der Stromerzeugung - zugunsten alternativer Energieformen zunehmend zurückgenommen wird.

Angesichts des seitens der Bundesregierung beschlossenen Ausstiegs aus der Atomkraft mutet es schon fast lächerlich an, wenn bis zum Jahr 2010 der Anteil erneuerbarer Energieerzeugung bei einem heute noch höchst hypothetischen Wert von 5 % liegen soll.

Ich gebe zu bedenken, dass die CO2-Emissionen nach Ihrem Bericht bis zum Jahr 2010 weiter ansteigen und um 10 Millionen Tonnen über den im Energiekonzept von 1996 durch die Landesregierung angestrebten Zielen liegen werden.

Wir als DVU-Fraktion sind der Ansicht, dass im Bereich der erneuerbaren Energien viel heiße Luft produziert wird, nur kein Strom.

Die Landesregierung stellt in ihrem Bericht großspurig das Motto „Mit Biomassenutzung CO2-Emissionen senken und Arbeitsplätze sichern“ heraus und weist selbst auf ein immenses Potenzial an Biomasse in Brandenburg hin.

Die Landesregierung führt des Weiteren aus, dass Biomasse wegen ihrer vergleichsweise hohen und kontinuierlichen Energieausbeutung, die etwa zweimal so hoch ist wie bei der Windenergie, besonders geeignet ist für eine umweltschonende Energieerzeugung.

Wir als DVU-Fraktion haben nicht umsonst vor vier Monaten beantragt, die Landesregierung möge die Windkraft einer be

sonderen Kosten-Nutzen-Analyse unterziehen, vor allem unter dem Aspekt der Auswirkung auf das Ökosystem.

Es mutet schon lächerlich an, wenn die Landesregierung einerseits die Chancen der Biomassenutzung herausstreicht und andererseits in Brandenburg lediglich zehn Biogasanlagen in Betrieb sind.

Der verschwindend geringe Anteil an Wasserkraft, Solarenergie und Erdwärme muss hier nicht weiter erwähnt werden. Hier wäre es an der Zeit, die Analyse der Landesregierung endlich in einen wirtschaftlichen Erfolg im Bereich der Biogasverstromung umzusetzen. Wir als DVU-Fraktion regen an, sich einmal mehr mit dieser Materie auseinander zu setzen.

Biogas hat eine Sonderstellung aufgrund des hohen Faktors für CO2-Äquivalente. Vermiedene Methanemissionen im Energiemix wirken sich deutlich auf die Verringerung von CO2-Minderungskosten aus. Das Potenzial dieser Energiequelle überzeugt vor allem in seiner Vielseitigkeit.