Protocol of the Session on June 27, 2002

vorn 18. und 21.06., vorn 05.07. und vom 13.08.1953. Das „Neue Deutschland" ist doch auch jetzt noch das Parteiorgan Ihrer Partei.

(Zurufe von der PDS)

Der Aufstand gegen die Normenschinderei begann eigentlich am 16. Juni in der Stalinallee in Ostberlin. Wie ein Lauffeuer breitete sich der Arbeiterstreik am 17. Juni in über 300 Orten, darunter 13 Bezirkshauptstädten und 97 Kreisstädten, aus. Spontan legten Hunderttausende Menschen ihre Arbeit nieder und gingen auf die Straße. In Ostberlin streikten spontan 24 Großbetriebe und der Streik dehnte sich aus: Hennigsdorf. Ludwigsfelde. Potsdam und Teltow schlossen sich genauso an wie Bitterfeld, Halle, Leipzi g, Mersehurg oder Magdeburg. Jena, Gera, Brandenburg, Görlitz - von Rostock bis Chemnitz war die Republik erschüttert und das SED-Regime schwer angeschlagen.

Ulbricht. Grotewohl und Pieck riefen die Sowjets zu Hilfe, weil sie genau wussten, dass sie wegen ihrer Schwerverbrechen im Zuchthaus landen würden. Auch wenn ein Karl Eduard von Schnitzter. der größte Hetzer des SED-Systems, oder der ExSozialdemokrat Otto Grotewohl den 17. Juni als Werk faschistischer Agenten ausländischer Mächte und ihrer Helfershelfer aus kapitalistischen Monopolen darzustellen versuchten, änderte dies nichts an der Tatsache, dass der 17. Juni ein spontaner Volksaufstand gegen die Obrigkeit war.

Walter Ulbricht wandte sich Hilfe suchend an die immer noch zögerliche sowjetische Besatzungsmacht. Schließlich kamen sie doch, die russischen Panzer. Auf Befehl des Mil itärkom

mandanten des sowjetischen Sektors von Berlin wurde am 17. Juni ab 13 Uhr der Ausnahmezustand über den Ostteil der deutschen Hauptstadt verhängt. Sofort schlugen sowjetische Truppen mit T-34-Panzern, unterstützt von Postenketten der Kasernierten Volkspolizei. die Hauptdemonstrationsgruppe vor dem Regierungsgebäude in der Leipziger Straße. Sie eröffneten aus Maschinengewehren und Karabinern das Feuer auf friedliche Demonstranten, deren Zahl auf über 100 000 geschätzt wurde.

Die angebliche Arbeiterpartei konnte sich nur mit Waffengewalt gegen die Abwehr zur Wehr setzen. Die Niederschlagung des Volksaufstandes wurde übrigens auch von den Blockflöten der Ost-CDU begrüßt.

(Unruhe hei der CDU)

- Zur damaligen Zeit.

Zur 25. Wiederkehr des 17„luni 1953 erklärte der damalige Bundespräsident Walter Scheel im Bundestag:

„Der 17. Juni gehört zum sozialen Bestandteil des arbeitenden Menschen."

Zur 35. Wiederkehr des 17. Juni 1953 erklärte die Ministerin für Innerdeutsehe Beziehungen Dorothee Wilms:

„Freiheit und Recht, das wollen auch die Menschen, die am 17. Juni 1953, vor 35 Jahren also, in Ostberlin und in den Städten der DDR demonstrierten. Sie wollten selbst über das politische System bestimmen, in dem sie leben, und sie wollen wieder in einem Deutschland leben."

Wenn Sie, meine Damen und Herren der Regierung und der Koalition, Respekt vor diesem denkwürdigen Jahrestag zeigen, dann unterstützen Sie den Antrag der Deutschen Volksunion!

Auch an Sie, meine verehrten Damen und Herren von der PDS und Nachfolger der Partei, die das eigentlich damals zu verantworten hatte: Es gibt vielleicht in Ihren Reihen eini ge, die das wieder gutmachen wollen. und die möchte ich ansprechen. Stimmen Sie wenigstens unserem Antrag zu! - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke dem Abgeordneten Schuldt. - Wir sind am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und kommen zur Abstimmung. Die Fraktion der DVU beantragte die Überweisung des Antrages in der Drucksache 3/4495 an den Hauptausschuss. Wer dieser Überweisungsempfehlung folgen möchte. den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Überweisungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe jetzt den Antrag als solchen auf. Er liegt Ihnen in Drucksache 3/4495 vor. Wer dem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen?

Stimmenthaltun gen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich schließe den Ta gesordnungspunkt 16 und rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:

Bundesratsinitiative zur Streichung der „Mobilitätshilfen"

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 3/4496

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der einreichenden Fraktion. Frau Abgeordnete Hesselbarth, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Brandenburg verliert seine Bevölkerung. Die Landesregierung bekommt es trotz Anstrengungen, die ich durchaus hin und wieder sehe, nicht in den Griff, die Rahmenbedingungen für ein Aufblühen unserer Wirtschaft so zu gestalten. dass die betriebliche Ausbildung auch für die Betriebe wieder attraktiv und vor allem bezahlbar wird. Denn genau dort liegen der Ansatzpunkt und der Grund für die zu hohe Abwanderung. Sie, meine Damen und Herren von der Landesregierung, unterstützen das auch noch mit Wegzugsprämien.

Brandenburg wies laut Jahresbericht 2001 des Landesbetriebes für Datenverarbeitun g und Statistik erstmals ein demographisches Minus aus. Besonders betroffen sind hierbei die Gebiete des äußeren Entwicklungsraumes, welche bereits seit Jahren von einer zunehmenden demographischen Ausdünnung bedroht sind. Auch gut ausgebildete Menschen verlassen zunehmend das Land. Das wirkt sich wiederuni negativ auf die wirtschaftliche und soziale Entwicklung im Land aus.

Nach der Bevölkerungsprognose des Landesbetriebes für Datenverarbeitung und Statistik wird sich dadurch die Bevölkerungszusammensetzun g wesentlich verändern, das heißt es wird zunehmend ältere Bürger im Land geben. Der relative und absolute Rückgang des Bevölkerungsanteils junger Menschen wird zu gravierenden Veränderungen in der sozialen Infrastruktur. im Bildun gssystem und auf dem Arbeitsmarkt führen. Schulen, Jugendeinrichtungen und Unternehmen sind davon gleichermaßen betroffen.

Junge Menschen verlassen Brandenburg. um anderswo berufliche Chancen wahrzunehmen, die das Land nicht bieten kann. Die Fortzüge von jungen Menschen zwischen 18 und 25 Jahren sind seit 1994 kontinuierlich angestiegen, wobei insbesondere auch junge Frauen in großem Ausmaß den Wunsch haben, auszuwandern. Dies wird auch bestätigt durch eine vor zwei Jahren durch die Landesregierung in Auftrag gegebene Studie über Lebenslagen und Perspektiven junger Menschen in ländlichen Regionen dieses Landes. Danach sprechen sich zwischen 40 und 60 % der Jugendlichen für eine Abwanderung aus, wobei die Arbeitsmarktbedingungen der entscheidende Faktor sind.

Das. meine Damen und Herren - ich thematisierte das bereits während einer Aktuellen Stunde im Mai - ist die traurige Realität und der soziale sowie bevülkerungs- und arbeitsmarktpolitisehe Offenbarungseid Ihrer Politik.

Doch statt diese „Abstimmung mit den Füßen", wie Frau Dr. Schröder dies nannte, endlich zu stoppen und Arbeitsplätze, Ausbildungsplätze und Zukunftsperspektiven zu schaffen, bezahlen die Arbeitsämter des Landes allen arbeitslosen bzw. Ausbildungsplatz suchenden Brandenburgerinnen und Brandenburgern, die dies wünschen, 2 500 Euro Wegzugsprämie, wie die so genannte Mobilitätshilfe von der Mehrheit unserer Bevölkerung genannt wird, damit sie nur schleunigst Brandenburg verlassen und zu einer Bereinigung der hiesigen Arheitsiosenstatistik beitragen.

(Schippe) 'SPD]: So ein Quatsch! Das muss man sich anhören!)

- Herr Schippet. Sie können doch rausgehen. Sie müssen doch nicht hier sitzen. Anscheinend ist es doch sehr interessant.

Wenn wir uns die aktuellen Arbeitsmarktdaten vom Mai ansehen, stellen wir fest, dass bei einer offiziell zugegebenen Arbeitslosenquote von 18.6 % mit Spitzenwerten von deutlich über 20 % in Cottbus und Eherswalde die Zahl der Arbeitslosen gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres wiederum anstieg.

Sehen wir uns die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter 25 Jahren an, so stellen wir dagegen fest, dass in dieser Gruppe die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Vorjahresmonat uni 12 der Gesamtzahl der Arbeitslosen in Brandenburg anstieg. Ihr Anteil an den abhängigen zivilen Erwerbspersonen der gleichen Altersgruppe lag hei über 19 %.

Meine Damen und Herren, die DV U-Fraktion ist der Meinung: Arbeitsmarktpolitik durch Wegzugsprämien darf es nicht geben; denn dies führt zum Ausbluten unseres Landes. Aus diesem Grunde fordern wir die Landesregierung mit dem vorliegenden Antrag auf, auf Bundesebene eine Änderung des Sozialgesetzbuches III sowie des Jugendsoforthilfeprogrammes JUMP Plus der Bundesregierung mit dem Ziel zu erreichen, die von den Arbeitsämtern geübte Praxis der Zahlung so genannter Mobilitätshilfen in Zukunft unmöglich zu machen. Dazu müsste § 10 Abs. 1 in Verbindun g mit den H 217 bis 224 des Sozialgesetzbuches III dergestalt geändert bzw. durch eine Rechtsverordnung konkretisiert werden, dass Mobilitätshilfen als freie Förderung im Rahmen der Eingliederungstitel nicht mehr infrage kommen. Darüber hinaus müsste das Jugendsoforthilfeprogramm entsprechend geändert bzw. hei einer Neuauflage die Gewährung dieser so genannten Mobilitätshilfe ausgeschlossen werden.

Wir befinden uns übrigens mit unserer Forderung in bester Gesellschaft mit Ihnen. Herr Dr. Stolpe. sowie mit Ihnen, Frau Blechinger, sowie auch mit dem stellvertretenden Vorsitzenden der CDU-Bundestagsfraktion, Herrn Nooke, der kürzlich erklärte, es sei unerträglich, dass mit den Prämien die Abwanderung von vor allein jungen Menschen aus den neuen Bundesländern durch die Arbeitsämter gefördert werde. Auch auf die

Zustimmung von Frau Dr. Schröder von der PDS-Fraktion können wir hoffentlich angesichts ihrer Presseerklärung vom 12, Juni zu diesem Thema hauen.

Doch wenn Sie. Herr Homeyer oder Herr Klein - ich weiß ja noch nicht, wer hier aufstehen wird; ich denke einmal, Herr Homeyer -, mit den Gegenargumenten kommen sollten, die Mohilitätsprämien seien bereits ab 1. Juli oder spätestens ab 1. Januar 2003 ohnehin passe. , so müssten wir Ihnen entgegenhalten, was der Sprecher des Landesarbeitsamtes Berlin-Brandenburg, Herr: Claus Pohl. kürzlich gegenüber der „Lausitzer Rundschau" äußerte:

„Die Zahlung der Mobilitätsbeihilfe ist nicht gestoppt worden, wir zahlen auf jeden Fall bis Jahresende weiter,"

Zum angeblichen Auslaufen zum Jahresende erklärte er weiter:

„Wir gucken immer am Ende des Jahres: Wie sind unsere finanziellen Möglichkeiten, haben wir für diese Beihilfe noch Geld, wie sieht der Arbeitsmarkt aus? Und erst dann entscheiden wir. Wir sind völlig unabhängig. Und im Prinzip kann auch jedes Arbeitsamt vor Ort selbst entscheiden. oh es die Prämien an die über 25-Jährigen weiter zahlen will oder nicht."

Genau uni dem entgegenzuwirken. wurde unser vorliegender Antrag konzipiert, für den wir uni Zustimmung werben. Wir beantragen namentliehe Abstimmung. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall hei der DVU)

Frau Abgeordente Hesselbarth, das war gewissermaßen die kompakte Rede?

(Frau flesselbarth [DVU]: Ja?)

- Sehr gut, danke. - Das Wort geht an die Koalitionsfraktionen. Für sie spricht der Abgeordnete Homeyer.

Herr Präsident? Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag strebt die DVU einen gesetzlichen Eingriff in die Regelung des § 10 SGB 111, die so genannte freie Förderung. an. mit dem den Arbeitsämtern untersagt werden soll, in diesem Rahmen eine Mobilitätshilfe in Höhe von 2 500 Euro an Arbeitslose auszuzahlen, die außerhalb des Tagespendelbereiches einen neuen Job annehmen.

Die Koalitionsfraktionen werden den Antrag ablehnen, und zwar aus folgenden Gründen:

dig. Worüber man durchaus diskutieren kann - die Diskussion ist angestoßen worden ist, oh aus der Mobilitätshilfe ein Mobilitätsdarlehen werden könnte. Aber diese Diskussion muss noch fortgeführt werden,

Zweitens: Ein populistischer Umgang mit den Wanderungsbewegungen ist unverantwortlich.