Protocol of the Session on June 26, 2002

Vor drei Jahren waren zum gleichen Zeitpunkt - im Mai 24 000 Menschen in ABM, jetzt sind es knapp 10 000. Vor drei Jahren befanden sich 33 500 Menschen in SAM, jetzt sind es knapp 9 000. Das wirkt sich natürlich auf den Arbeitsmarkt und auf die besonders betroffenen Langzeitarbeitslosen aus.

Auf eine freie Stelle kommen 25 Arbeitslose, was die Situation zusätzlich erschwert. Das ist das Problem. Am Vormittag wurde uns das in der Verfassung des Landes Brandenburg verankerte Staatsziel der Vollbeschäftigung zitiert und am Abend müssen wir feststellen, dass Brandenburg das Schlusslicht bei der Arbeitsmarktförderung ist. Ich stelle meinen Kolleginnen und Kollegen in der SPD schon seit langem die Frage, wie das zusammenzubringen ist.

(Beifall bei der PDS)

Eine schlüssige Antwort habe ich von ihnen bisher nicht bekommen.

(Schippel [SPD]: Wir überlegen noch!)

Ich wollte diesbezüglich auch gern den Abgeordneten Stolpe persönlich ansprechen, weil er mir ebenfalls die Antwort darauf bisher schuldig geblieben ist.

Im Übrigen ist diese Entwicklung ein ganz klarer Bruch des Koalitionsvertrages. Auch das muss deutlich ausgesprochen werden.

(Beifall bei der PDS)

So weit zum Allgemeinen; nun zum Konkreten des Antrages. Ich denke, hier liegt eine Verwechslung vor. Die erste Haushaltssperre ist bereits im April realisiert worden, wodurch 1,68 Millionen Euro im Bereich des Arbeitsmarktes eingespart wurden. Das ist aber bereits geschehen.

(Zuruf von der PDS: Aber ausschließlich dort!)

- Ja. Ich war auch nicht dafür, aber daran können wir nachträglich nicht viel ändern. Sie meinen wahrscheinlich die zweite Haushaltssperre, die jetzt noch einmal mit ungefähr 26 Millionen Euro über dem Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen liegt.

Dazu kann ich nur sagen: Ich werbe dafür, dass dieses Mal der Arbeitsmarkt ausgespart bleibt. Allerdings sind meine Hoffnungen, dass dieses Werben Erfolg hat, relativ gering.

Bei der §-10-Förderung, die Sie ansprechen, wird nicht ganz klar, was Sie damit wollen. Das hätte vielleicht etwas deutlicher ausgeführt werden müssen. Bei § 10 SGB III können die Arbeitsämter im Grunde genommen frei entscheiden. Im Moment wird die Mobilitätshilfe davon gefördert. Das ist sicherlich nicht das, was Sie meinen und wollen.

Zum Punkt 2: Das ist im Grunde geschehen; die Vereinbarung zwischen Landesarbeitsamt und Regierung besteht. Der Vizepräsident des Landesarbeitsamtes konnte uns nicht sagen, warum es im ersten Halbjahr nicht gelungen ist, die 12 000 ABM zu realisieren. Ich muss allerdings auch sagen, dass ich mich etwas darüber wundere, dass Sie als Opposition so bescheiden sind; denn in Thüringen, wo es 35 000 Arbeitslose weniger gibt, besteht dieselbe Vereinbarung, nämlich über 12 000 ABM. Das heißt, für Brandenburg müsste man 18 000 oder 24 000 fordern.

(Beifall bei der PDS)

Zum Schluss will ich sagen: Ich kann der Forderung nach der Aufhebung der Haushaltssperre aus den genannten Gründen durchaus zustimmen. Der Antrag an sich, den ich zuletzt noch einmal konkret benannt habe, ist nicht ganz schlüssig. Die SPD-Fraktion in ihrer Gesamtheit wird den Antrag ablehnen. Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und PDS)

Das Wort geht an die DVU-Fraktion. Für sie spricht die Abgeordnete Fechner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kuhnert, meine Hochachtung!

(Oh! bei der PDS)

Die Landesregierung beteuert immer wieder, dass die Arbeitsförderung eine hohe Priorität besitzt

(Unruhe im Saal - Glocke des Präsidenten)

und dass seitens des Landes für die Kofinanzierung der ABMStellen genügend Mittel bereitgestellt wurden und werden.

Arbeitsminister Ziel erklärte während der letzten Plenarsitzung, dass er die Anzahl der ABM-Stellen drastisch erhöhen werde. All das klingt hoffnungsvoll. Leider lässt der Minister offen, woher er das Geld dafür bekommt, vor allem, nachdem jetzt eine Haushaltssperre verhängt wurde. Aber vielleicht hofft man

auch auf zusätzliche Bundesmittel; im September ist ja Bundestagswahl.

Auch der Vorstandsvorsitzende der Bundesanstalt für Arbeit, Florian Gerster, hat sich für eine kurzfristige Ausweitung des zweiten Arbeitsmarktes in den neuen Ländern ausgesprochen.

Meine Damen und Herren! Zur Arbeitsförderung gehören nicht nur ABM- und SAM-Stellen. Zur Arbeitsförderung zählen unter anderem auch die Förderung der regionalen Mobilität, Maßnahmen zur Arbeitsplatzerhaltung und -schaffung und die Subventionierung der Beschäftigung von Personen, die zu den Problemgruppen des Arbeitsmarktes gehören.

Die Fraktion der Deutschen Volksunion meint, dass es in keinem dieser Teilbereiche zu Kürzungen kommen darf. Sicherlich scheint es gerecht zu sein, wenn in allen Ministerien der Rotstift angesetzt wird, aber im Bereich der Arbeitsförderung lehnen wir Kürzungen ab. Warum, hat bereits die Rednerin der antragstellenden Fraktion gesagt, und um Wiederholungen zu vermeiden, werde ich meinen Redebeitrag beenden. - Ich danke.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an die CDU-Fraktion. Für sie spricht Frau Schulz.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Dr. Schröder, ich möchte nur Stellung zu Ihrer Äußerung bezüglich der Aussagen von Herrn Ministerpräsidenten a. D. Dr. Stolpe beziehen; denn Herr Stolpe hat sich inzwischen vom Gegenteil überzeugt. Wir arbeiten zusammen und bemühen uns, gemeinsam an vernünftigen Lösungen zu arbeiten, um Menschen in Arbeit zu bringen. Das ist unser Hauptthema. Herr Kollege Kuhnert hat seine persönliche Meinung kundgetan, die ich zur Kenntnis nehme.

Was die Ausführungen bezüglich der Begründung der Ablehnung betreffen, sind sie im Wesentlichen identisch mit den Ablehnungsgründen, die auch wir vortragen. Sie haben im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen bereits wesentliche Informationen zu den Einsparungen und zu den Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben, bekommen. Der Vorschlag, das Geld aus der freien Förderung zu nutzen, ist etwas irreführend. Sie sagen auch nicht, welche Ermessensleistungen Sie meinen. Dies ist im Übrigen Angelegenheit der Arbeitsämter. Dem kann ich ohnehin nicht folgen.

Im zweiten Punkt Ihres Antrages fordern Sie, dass im Jahr 2002 12 000 Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen realisiert werden. Dies wurde vom MASGF zugesichert. Die Mittel für die Kofinanzierung wurden den Arbeitsämtern bereits überwiesen - wenn ich es noch richtig im Ohr habe - und 10 000 Anträge sind bereits bewilligt worden. Den äußerst seltsamen Erklärungen, dass es Forderungen nach mehr ABM gibt, kann ich in dem Zusammenhang sowieso nicht folgen.

Ich möchte hier nur noch Folgendes zum Ausdruck bringen: Im Koalitionsvertrag heißt es im Übrigen auch, dass es besser ist,

Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Dazu bekennen wir uns nachdrücklich. Gerade aus diesen Gründen werden wir auch weiterhin für eine intensive Bewertung der Wirkung der Instrumentarien des zweiten Arbeitsmarktes und deren Weiterentwicklung eintreten. Insbesondere die Anpassung und Verzahnung nach den ersten Erfahrungen bezüglich „Job-AQTIV” ist für uns wichtig und auch diskussionswürdig.

Frau Abgeordnete, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Ja, bitte.

Frau Kollegin, haben Sie verstanden, was ich meinte, als ich sagte „Wenn jetzt Gelder nicht für die Kofinanzierung von ABM gebraucht werden, könnte man diese doch zum Beispiel für die Kofinanzierung freier Förderung einsetzen”? - Das ist meine erste Frage.

Die zweite Frage: Im Durchschnitt dieses Jahres sind 12 000 ABM anvisiert. Wie will man dieses Ziel erreichen, wenn man permanent Gelder in der Arbeitsförderung einspart?

Die erste Frage habe ich nicht verstanden. Das haben Herr Kuhnert und ich Ihnen bereits erklärt. Die zweite Frage habe ich jetzt...

(Vietze [PDS]: Sie verstehen die erste schon nicht!)

- Sie sollten jetzt nicht herablassend werden.

(Vietze [PDS]: Ihnen gegenüber nie! Aber es ist nicht nach vollziehbar!)

Frau Schröder, ich habe Ihnen gesagt, was ich für äußerst diskussionswürdig halte. Das ist auf Veranstaltungen auch deutlich geworden. Ich denke, es wäre ganz wichtig, wenn wir uns darauf konzentrierten, dass wir genau an diesem Punkt Menschen in Arbeit bringen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei CDU und SPD)

Das Wort geht an die Landesregierung. Herr Minister Ziel, bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das waren schon sehr bedenkenswerte Worte, die wir hier gehört haben. Man muss natürlich eines sagen: Das Ziel der Haushaltskonsolidierung müssen wir nach wie vor ernst nehmen.

Wir könnten jetzt, wenn wir sagen, dass wir die Arbeitsförderung von der Haushaltssperre ausnehmen wollen, gleich weitere Bereiche aufzählen - so fair will ich wenigstens sein -, die dann auch

erfasst werden müssten, beispielsweise den der Hochschulen und den der Bildung. Damit habe ich bei weitem nicht alles aufgezählt. Am Schluss müssten wir sagen: Die Haushaltskonsolidierung können wir nicht vornehmen. Ich bitte das mit zu bedenken.

Was mich sehr betroffen macht, ist folgende Tatsache - das ist keine falsche Aussage von Ihnen, Frau Kollegin Dr. Schröder, gewesen -: Brandenburg steht im Vergleich der Länder - nicht nur der neuen Länder - am Ende der Arbeitsförderung. Das ist richtig. Aber richtig ist auch, dass wir sehr große Bemühungen auf den Weg gebracht haben. Wenn wir trotzdem eine solch hohe Arbeitslosenquote haben, dann muss man auch den Gesamtzusammenhang sehen, der im Vergleich der neuen Länder nicht so schlecht ist wie das, was Sie da benannt haben. Wir liegen in Brandenburg mit 17,1 % nach Thüringen an zweiter Stelle. Dann kommt Sachsen, danach die anderen. Das ist aber schon über einige Monate so.

Ich will nicht, dass jetzt jeder den Kopf hängen lässt und sagt „Wir können auf diesem Sektor nichts machen”, obwohl ich zugebe, dass wir noch viel zu tun haben.