Meine Damen und Herren! In den zahlreichen Diskussionsveranstaltungen mit Wirtschaftsverbänden zeigt sich, dass das Interesse an den Chancen der Osterweiterung geweckt ist. Die Risiken werden nicht mehr übertrieben, sondern in realistischen Dimensionen gesehen. Das ermutigt mich zu der Aussage: Die Landesregierung ist auf dem richtigen Weg, die große Mehrheit der Brandenburger davon zu überzeugen, welche Vorteile die EU-Erweiterung für sie mit sich bringt und im Vorfeld schon mit sich gebracht hat. Lassen Sie uns gemeinsam mit Entschlossenheit und Zuversicht an dieser wichtigen Aufgabe weiterarbeiten! - Vielen Dank.
Vertreterinnen und Vertreter des Volkshochschulbildungswerkes aus der Landesgartenschaustadt Eberswalde als Gäste im Landtag. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass der erste Bericht zur EU-Osterweiterung wie versprochen fortgeschrieben wurde, ist für die im Landtag laufenden Entscheidungsprozesse eine wertvolle Hilfestellung. Namens der PDS-Fraktion danke ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ministerien, die daran beteiligt waren, herzlich.
Wir stimmen vielen Aussagen in dem Bericht zu. Dem Minister der Justiz und für Europaangelegenheiten ist vor allem dann zuzustimmen, wenn er fordert, dass sich die Chancen der EUOsterweiterung in Frankfurt (Oder) niederschlagen, nicht in Frankfurt am Main.
Zugleich sieht sich die PDS in ihrer vor einem Jahr geäußerten Kritik am ersten Bericht zur EU-Osterweiterung bestätigt. Das betrifft zum einen unsere Befürchtungen hinsichtlich des Grenzlandprogramms der EU, das trotz aller Mitwirkung der Landesregierung und auch der Brandenburger Europaabgeordneten Glante, Glase und Markov an erreichten Nachbesserungen qualitativ und quantitativ nicht den Erfordernissen der Entwicklung der Grenzregionen entspricht. Das kam auch jüngst im Europäischen Parlament bei der Behandlung des Berichts zu den Grenzregionen klar zum Ausdruck.
Der andere Teil unserer Kritik betraf und betrifft die Bundesebene. Bei der Lageanalyse in der Grenzregion und der Bestimmung der erforderlichen Handlungsschritte sind wir in Brandenburg ein gewaltiges Stück vorangekommen. Allerdings ist eine solche Analyse nur die Voraussetzung für die Lösung, nicht die Lösung selbst.
Damit bin ich bei jenem Punkt des Berichts, der heftig zu kritisieren ist: der fehlenden Ausfinanzierung der Vorschläge. Darauf ist bereits eingegangen worden.
Das ist kein neues Problem. Ich erinnere daran, dass die Vorsitzende des Europaausschusses, Frau Stobrawa, im Juni 2001 in der Debatte zum ersten Bericht zur EU-Ostererweiterung auf den Haushaltsvorbehalt, unter dem der Bericht stand, hingewiesen hat. Insoweit ist es begrüßenswert, dass sich die Landesregierung trotz offensichtlicher Widerstände dazu durchgerungen hat, klar zu benennen, welche Vorschläge bisher nicht mit Haushaltsmitteln des Landes untersetzt sind. Das erkennen wir an.
Gleichzeitig stellen wir fest: Die Bemühungen der Bundesrepublik um Nachbesserungen des EU-Grenzlandprogramms sind gerechtfertigt, aber die Bundesrepublik kann nicht permanent die angeblich zu hohen Ausgaben der EU, die unbestritten eine Belastung für den Bundeshaushalt darstellen, kritisieren und gleichzeitig von Brüssel millionenschwere Leistungen für die deutschen Grenzregionen einfordern.
Für die Grenzregionen hätten die deutschen Bundesregierungen seit dem Aufnahmeantrag Polens im Jahre 1994 Vorsorge treffen müssen. Das aber erleben wir in regelmäßigen Abständen. Jetzt in Wahlkampfzeiten scheint dieses „Spiel” noch an Reiz zu gewinnen. Je nach politischer Ausrichtung schieben die großen Parteien die Verantwortung entweder ausschließlich auf Brüssel oder ausschließlich auf Berlin. Das ist allzu durchschaubar, meine Damen und Herren von SPD und CDU.
Die PDS denkt darüber nach, einen ihrer eigenen Anträge erneut auf die Tagesordnung zu setzen. Wir werden Sie, die Abgeordneten der großen Koalition, erneut dazu auffordern, sich für ein Sonderprogramm des Bundes für die deutsch-polnische und die deutsch-tschechische Grenzregion einzusetzen.
Die Bundesregierung hat ein solches Sonderprogramm abgelehnt. Nabeln Sie sich, werte Abgeordnete der SPD, von Ihrer Bundespartei ab! Bekennen Sie sich zu den Brandenburger Grenzregionen und kommen Sie uns bitte nicht mit der Konsolidierung des Bundeshaushaltes! In dieser Republik ist genug Geld da. Der private Reichtum muss nur stärker für die Allgemeinheit nutzbar gemacht werden, ganz im Sinne des Grundgesetzes, wonach Eigentum verpflichtet.
Noch eine Bemerkung, nicht ganz am Rande. Auch in Wahlkampfzeiten heiligt der Zweck nicht alle Mittel. Politiker sollten sich nicht dafür hergeben, mit ihren Erklärungen antieuropäische Ressentiments zu bedienen, so wie wir das gegenwärtig in Bezug auf die Verweigerung von EU-Agrarhilfen für die neuen Mitgliedsstaaten erleben. Hauptargument für den Kanzler ist die angebliche Überbelastung des Bundeshaushaltes. Aber auch er weiß, dass die Mittelzuführungen aus den gegenwärtigen Mitgliedsstaaten an den EU-Haushalt unter der verbindlichen Obergrenze von 1,27 % des Bruttosozialprodukts der Mitgliedsländer liegen, nämlich bei 1,14 %.
Die EU-Finanzkommissarin Schreyer nannte beim Ostforum der SPD noch eine weitere interessante Zahl. Bis zum Jahre 2006 werden weniger als 0,1 % des Bruttosozialproduktes der EULänder für die Erweiterung eingesetzt. Die Mittel sind bekanntermaßen in der Agenda 2000 festgeschrieben.
... der bedient vorhandene Ängste in Deutschland und trägt dazu bei, dass das unter Mitwirkung Brandenburgs auch in Polen mühsam aufgebaute Vertrauen in die Osterweiterung Schaden nimmt. Für die PDS ist dieser Preis auch in einem Bundestagswahlkampf ein zu hoher. Detaillierte Fragen werden wir in einer Großen Anfrage stellen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem die Landesregierung im Juli des letzten Jahres den ersten Bericht zur Vorbereitung des Landes Brandenburg auf die Erweiterung der Europäischen Union vorgestellt hat, liegt nun die Fortsetzung auf dem Tisch. Dieser Bericht ist aber nicht nur eine Fortschreibung, nein, er stellt schon eine neue Qualität dar. Die zeitgleich mit dem ersten Bericht durch die Landesregierung eingesetzte ministerielle Arbeitsgruppe hat ihre Aufgabe, die für die Vorbereitung des Landes Brandenburg auf die EU-Osterweiterung notwendigen Maßnahmen zu konkretisieren, aus Sicht der SPDFraktion sehr exakt und titelscharf umgesetzt.
Nun geht es in den nächsten Monaten darum, die als notwendig angesehenen Maßnahmen finanziell zu untersetzen bzw. Fördermöglichkeiten aufzuzeigen. Unsere Aufgabe ist es, diese Schritte in den Fachausschüssen aktiv zu begleiten und bewusst abzuwägen, wie und ob eventuell Finanzbedarfe dargestellt werden können.
Einig sind wir uns sicher in diesem Haus darin, dass eventuell notwendige Haushaltsmittel nur durch haushaltsinterne Umschichtungen dargestellt werden können.
Meine Damen und Herren, der im Bericht dargestellte Handlungsbedarf in den fünf Kernbereichen ist sehr umfassend untergliedert und zeigt gleichzeitig Maßnahmen zur Umsetzung auf. Dabei finde ich gut, dass hier nicht nur Machbares dargestellt wird, sondern auch noch notwendige, aber derzeit nicht untersetzte Maßnahmen aufgezeigt werden.
Dabei muss an dieser Stelle aber noch einmal deutlich gesagt werden, dass viele Maßnahmen auch ohne EU-Osterweiterung für eine zukunftsorientierte Entwicklung Brandenburgs notwendig wären.
Nun ein Wort zur Infrastruktur: Obwohl sich in diesem Bereich in den letzten Jahren viel geändert hat - ich nenne hier nur den Ausbau der Oder-Lausitz-Trasse und den begonnenen Brückenbau bei Forst -, fehlen aber weiterhin Brücken und ausgebaute Wege nach Polen. Hier sind die Anstrengungen der Landesregierung zur Erreichung einer Verbesserung weiter zu forcieren. Wichtig ist aber auch - die Diskussionen der letzten Wochen zum Thema Grenzübergang Guben haben es gezeigt -, mit der polnischen Seite zur besseren Auslastung der Grenzkontrollpunkte im Gespräch zu bleiben.
Ein weiterer Schwerpunkt sind die in Bundeshoheit bzw. in Verantwortung der Deutschen Bahn AG liegenden Schienennetze, die an fast allen Punkten nicht mehr europäischen Standard erreichen. Wer einmal mit mehrmaligem Umsteigen in langsamen Zügen von Berlin nach Stettin gereist ist, weiß, wovon ich rede.
Ein breiter Komplex im Bericht ist das Thema Stadtentwicklung und Raumplanung. Die im Ergebnis eines europapolitischen Forums zwischen den Bundesländern Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern gebildete parlamentarische Arbeitsgruppe zur EU-Osterweiterung hat im Rahmen ihrer Beratungen mit den Fachministerien feststellen können, dass gerade im Bereich der Raumordnung eine gute Zusammenarbeit mit Polen besteht.
Bei der Stadtentwicklung sind sicherlich die geteilten Städte Frankfurt und Guben neben der Leerstandsproblematik von Schwedt und Eisenhüttenstadt eine Herausforderung für die Stadtplaner. Zur Entwicklung des Standortes Frankfurt (Oder)/ Slubice 2003 ist eine separate Anlage in diesem Bericht vorhanden.
Ich erwähne in diesem Zusammenhang auch das Projekt Europark 2003 - von der EU gefördert - zur gemeinsamen Entwicklung dieses Standortes Frankfurt (Oder)/Slubice.
Nun könnte ich diesen Bericht noch Punkt für Punkt durchgehen, aber dafür wird meine Redezeit nicht reichen. Der Europaausschuss wird sich nach der Sommerpause mit diesem Bericht, den wir ja kaum eine Woche zur Verfügung haben, befassen.
Wichtig ist auch zukünftig der öffentliche Diskussionsprozess im gesamten Land Brandenburg, damit bestehende Wissensdefizite über unsere Nachbarn, Sprachbarrieren und Vorbehalte abgebaut werden können. Die im Bericht angedachten fünf bis sechs öffentlichen Veranstaltungen im zweiten Halbjahr werden diesen Meinungsbildungsprozess unterstützen. Hierbei sind gerade die jungen Brandenburger einzubeziehen, denn junge Menschen sind die Zukunft in diesem erweiterten Haus Europa.
In diesem Komplex darf die Hochschullandschaft nicht fehlen. Gerade der Europa-Universität in Frankfurt (Oder) fällt in dem Prozess der EU-Osterweiterung eine wichtige Brückenfunktion zu. Deshalb ist es der SPD-Fraktion sehr wichtig, dass der vorliegende Bericht in diesem Teil besonders viele Ansätze für einen Ausbau als Europastandort zeigt.
Der Bericht zeigt wieder einmal, dass wir im Bereich der Brandenburger Europapolitik auf dem richtigen Weg sind. Neben dem für den Herbst angekündigten dritten Bericht sollte das zuständige Ministerium jährlich einmal dem Landtag über die weitere Entwicklung im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung berichten. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung beklagt sich in ihrem Bericht darüber, dass viele Brandenburger noch wenig über die bevorstehende EU-Erweiterung wissen. Die Landesregierung spricht von Desinteresse und Informationsdefiziten, von Skepsis und Unsicherheit der Bürger den Fremden gegenüber. Die Einstellung zur EU-Erweiterung sei gleichgültig bis skeptisch.
Wer den Bericht der Landesregierung liest, wird dagegen hinsichtlich der Empfindungen der meisten Bürger unseres Landes noch bestärkt. Nun soll die Ablehnungsfront gegen eine EU-Erweiterung durch Verstärkung der Öffentlichkeitsarbeit, also für Propaganda, in Höhe von 150 Millionen Euro aufgebrochen werden.
Meine Damen und Herren, es gibt viele Gründe, die unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger skeptisch stimmen. Ich stelle zunächst die Frage, ob die Landesregierung überhaupt weiß, wie viele Verordnungen, Richtlinien, Erlasse und andere Rechtsakte der EWG, der EG oder EU überhaupt existieren.
Als ich zu diesem Thema vor einiger Zeit eine Kleine Anfrage an die Landesregierung stellte, verwies diese auf die mehrbändigen Gesetzessammlungen. Die Landesregierung hat offenbar selbst den Überblick über die Zahl der europäischen Rechtsakte und -normen verloren. Dies ist kein Wunder: 1973 gab es 1 726 Verordnungen und Richtlinien, 1990 bereits 8 996, 1996 13 108, und die Zahl schwillt weiter an.
In der EU gibt es allein 424 Komitees, die Politik machen, von der Außenpolitik über Verkehr und Transport, Umwelt, Zollfragen und indirekte Besteuerung bis zu Landwirtschaft, Fischerei usw. In Brüssel gibt es ein Beziehungsgeflecht von 21 000 Bürokraten und 20 000 Lobbyisten. Das Europa der Kommissare und Bürokraten Brüsseler Prägung schwebt in unerreichbaren Höhen über den Bürgerinnen und Bürgern.
Ich will Ihnen aber einen weiteren Grund aufzeigen, den Sie, meine Damen und Herren der Landesregierung, offenbar überhaupt nicht erfassen. Gerade im Zusammenhang mit der anstehenden Erweiterung der EU, von Estland bis Slowenien oder gar Bulgarien, muss nachdrücklich das völkerpsychologische Moment der Identität genannt werden. Viele Völker des Ostens sind durch den Zusammenbruch des verbrecherischen Kommunismus von jahrzehntelanger Fremdbestimmung befreit worden. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass es eine grundlegende Sehnsucht nach lebendiger Betätigung nationaler Identität gerade in den ehemals unterdrückten Staaten des Ostens gibt.
Was Sie gar nicht erwähnen, sind die vielen ethnischen Minderheiten bzw. Sprachgruppen in den Beitrittsstaaten. Die DVUFraktion fordert die Landesregierung nachdrücklich auf, sich auch der Minderheitenprobleme in Osteuropa anzunehmen. Wir wollen keine Krisenherde wie in Nordirland oder im Baskenland. Bedenken Sie, dass die Deutschen in Südtirol Jahrzehnte gebraucht haben, ihre Autonomierechte zu erkämpfen. Auch im erweiterten Europa muss es Autonomierechte für die Minderheiten geben. So haben gerade wir Deutschen Erfahrungen gesammelt bezüglich der Sorben in der Lausitz und der Dänen in Südschleswig.
Die Landesregierung verharmlost die Probleme der Zuwanderung, die sich ab 2004 noch verstärken werden. Offenbar ist ihr entgangen, dass sich bereits massenweise Schwarzarbeiter aus Osteuropa auf unseren Baustellen tummeln und Deutsche gezwungen sind, sich der Lohndrückerei zu beugen.
Die DVU-Fraktion vermisst in Ihrem Bericht eine knallharte Finanzkalkulation. Was kostet den deutschen Steuerzahler der Beitritt von acht osteuropäischen Staaten per anno bis zum Jahre 2010? Ist die Finanzierung angesichts der Wirtschaftsflaute und der Firmenzusammenbrüche in Deutschland überhaupt gesichert? Welche konkret zu beziffernden Vorteile haben die Bundesrepublik Deutschland bzw. Brandenburg? Wenn man auf das Experiment einer Osterweiterung eingeht, hat der Bürger auch das Recht zu erfahren, wie viele Steuergelder für das Projekt ausgegeben bzw. welche Einnahmen erzielt werden. Aber diese einfache Ausgaben- und Einnahmerechnung beherrscht die Landesregierung offenbar nicht.
Ja. - Sie sollten Ihren Bericht entweder überarbeiten oder so ehrlich sein zu erklären, dass Sie die Materie nicht beherrschen. - Ich danke Ihnen.