(Schippel [SPD]: Das kannst du nicht toppen! - Klein [SPD]: Das ist wahrscheinlich nicht zu toppen!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das war eine Rede, die mich an Zeiten erinnert, die vor etwa drei Wochen vorübergegangen sind. Aschermittwoch ist längst vorbei. Herr Schuldt, ich gebe zu, dass es sicherlich Ihre beste Rede hier war, es war aber leider nur eine Büttenrede.
Da aber der Name “Preußen” mit einer Idee, die von diesem Landtag ja auch einmal getragen worden ist, verbunden ist, tut es mir wirklich Leid, dass ich mich auf dieses Niveau nicht herabbegeben kann.
Aber wie es der Zufall will, die zugegebenermaßen bedeutende Zeitung in der Region, in der ich zu Hause bin, nämlich der “Ruppiner Anzeiger”, schreibt - natürlich in Person des bedeutenden Journalisten Rainer Düsterhöff - unter dem Titel “Aus 16 mach’ 8", Untertitel “Preußenfan Erhard Boedeker will Zahl der Bundesländer reduzieren”:
mit Vorschlägen zu einer deutschlandweiten Gebietsreform an die Öffentlichkeit getreten. Boedeker fordert, die Anzahl der Bundesländer von derzeit 16 auf 8 zu halbieren.”
Damit könne der Verwaltungsaufwand um 20 % gesenkt werden. Das brächte jährliche Einsparungen in Höhe von 82 Milliarden Euro - was ich jetzt nicht überprüfe. Dann wieder Zitat von Herrn Boedeker:
Ich sage: Da irrt Herr Boedeker; denn wir sprechen sehr wohl darüber, und zwar nicht deshalb, weil Herr Schuldt hier seine Büttenrede hielt, sondern deshalb, weil sich dieser Landtag, dieses Hohe Haus, wie in den Jahren zuvor - ich erinnere an 1994, 1995 und 1996 - ernsthaft damit beschäftigt hat, diese beiden Ländern zu vereinigen, weil dies für den Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland von großem Vorteil gewesen wäre.
Wir sind uns auch darüber im Klaren, dass die Vereinigung dieser beiden Länder ein Beispiel dafür gewesen wäre, dem andere Länder - vielleicht nicht willig, aber der Vernunft gehorchend - gefolgt wären. Das Vorhaben ist leider misslungen. Wie wir alle wissen, hat uns die Brandenburger Bevölkerung seinerzeit eine Absage erteilt - allerdings nicht deshalb, weil wir nicht den richtigen Namen für dieses Land gefunden hätten, sondern aus ganz anderen Gründen, die ich nicht im Einzelnen aufzähle, weil sie allen, die hier sitzen und die Sache ernsthaft betrachten, ohnehin geläufig sind.
Dass der Sozialminister dieses Landes den Namen "Preußen" ins Gespräch gebracht hat, hat einen gewaltigen Effekt. Wir beschäftigen uns - so wie es sich Herr Boedeker aus Wustrau, der offensichtlich Preußenfan ist, gewünscht hat - allerdings nicht damit, welchen Namen dieses Land tragen soll, sondern damit, wie wir diese beiden Länder zu einer Region vereinigen und zu einem starken Land in der Bundesrepublik Deutschland machen und damit eine Reform des Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland erreichen können.
Ich komme zum Schluss: Der Name dieses gemeinsamen Landes ist von untergeordneter Bedeutung. Niemand wird seine Entscheidung über eine Vereinigung davon abhängig machen, wie dieses Land heißen soll. “Preußen” wäre vielleicht geeignet; ich wage es nicht zu sagen.
Ich denke, wir werden den Antrag der DVU heute ablehnen. Vielleicht wäre “Schlaraffenland” ein Name, den wir uns aussuchen könnten. - Nun habe ich mich zum Schluss doch noch ein wenig auf das Niveau von Herrn Schuldt begeben. - Vielen Dank.
Herr Abgeordneter Klein, Sie hätten noch eine Chance, wenn Sie eine Frage beantworteten, die während Ihres letzten Satzes angemeldet worden ist. - Herr Dr. Niekisch, bitte.
“Preußen” ist ein großer Name und hatte bis 1871 sogar eine “nationale Sendung”. Aber nach alldem, was im 20. Jahrhundert geschehen ist, erhebt sich schon die Frage: Sind Berlin und Brandenburg nicht ein wenig zu klein für diesen großen Namen und diese Tradition?
Herr Niekisch, Sie haben ja gehört, dass ich sagte: Die Vereinigung dieser beiden Länder wäre ein Signal gewesen. Die Überlegungen bezüglich der Frage, wie die neue Form des Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland aussehen könnte, müssten dann natürlich diejenigen anstellen, die dafür die Verantwortung zu tragen haben. - Vielen Dank.
Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Klein, und gebe das Wort an die Fraktion der PDS. Bitte, Herr Abgeordneter Vietze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit der “Morgenpost” beginnen, die eine ganze Seite zu dem Thema “Ich bin ein Preuße oder kein Preuße und ich will ein Preuße sein oder kein Preuße sein” enthält. - Ich finde es zumindest bemerkenswert, dass diese Seite der DVU nicht verborgen geblieben ist; denn sie hat aus dem Text einen Antrag erstellt, der einen gewissen Unterhaltungswert hat, Herr Schuldt. Es gab also einen Initiator für die Debatte.
Ich meine allerdings: Wir hatten im letzten Jahr das Jubliläum “300 Jahre Preußen”. Ich möchte zumindest anerkennend sagen, dass dieses Jahr deshalb so erfolgreich war, weil Sie darauf verzichteten, in dem Zusammenhang einen solchen Antrag einzubringen. Deshalb war das Jubiläum “300 Jahre Preußen” tolerant, weltoffen und - wie ich finde - inhaltlich viel souveräner, kulturvoller und - ich kann mich noch steigern - auch politisch übergreifend, solider. Ich finde, wir sollten es dabei belassen.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, Ihnen zu sagen, dass das, was Sie zu Beginn Ihres Beitrages sagten, eines besonders deutlich macht: Auf Ihre Ratschläge haben wir in diesem Parlament noch gewartet. Denn wenn im Hinterkopf des Antragstellers Preußen in seinen historischen Grenzen herumspukt, dann ist das nicht nur eine Verunsicherung für unsere östlichen Nachbarn. Auch manch einer im Westen würde dann Sorgen und Probleme bekommen.
Vielleicht nehmen Sie einmal - weil Sie so emotional auf die Preußen, die so stolz sind, abgehoben haben - einen Preußen
zur Kenntnis, der sich dem Lande Preußen in dieser Situation möglicherweise stärker verpflichtet fühlt als Sie. Ich beziehe mich auf ein Zitat von Franz Friedrich Prinz von Preußen, der sagte:
“Man kann nicht aus einer Laune heraus Berlin-Brandenburg auf ‘Preußen’ umtaufen. Zum einen hatte Preußen eine viel größere Dimension. Zum anderen würde die Umbenennung den uralten Namen ‘Brandenburg’ verdrängen, das Urland, aus dem sich der preußische Staat entwickelt hat.”
Seien wir doch stolz auf das Urland, also auf Brandenburg! Ich finde, damit kann jeder Preuße leben. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Kommunisten der ehemaligen DDR war immer daran gelegen, eine patriotische Haltung der Bevölkerung zu ihrem Heimatland herzustellen. Warum machen es die heutigen PDS-Genossen nicht genauso? Wir wollen uns nicht irremachen lassen von ewiggestrigen Preußenhassern in Deutschland.
Herr Klein, Herr Vietze, Ihnen sei empfohlen, Ihr Gehirn wegen unterlassener Hilfeleistung zu verklagen.
Fair urteilenden Ausländern in Ost und West war und ist bewusst: Preußen war von allen europäischen Mächten am friedfertigsten; es hat die wenigsten Kriege geführt. Es waren anerkannte US-amerikanische Historiker und Kriegsforscher wie die Professoren Wright und Sorokin, die das unwiderlegbar nachwiesen.
Was geschichtskundige Russen betrifft: Sie wissen um die heldenhafte Waffenbrüderschaft mit den Preußen - nicht zu DDRZeiten, sondern von 1813 bis 1815. Es war ein gemeinsamer Befreiungskrieg zur Abschüttelung des napoleonischen Jochs, das beide Länder, ja ganz Europa in die Sklaverei zu drücken drohte. Andererseits war Preußen jahrhundertelang einer der Motoren des Wirtschaftslebens und von Handel und Wandel in Kontinentaleuropa.
Preußische Kolonisten zogen unter der Regentschaft der preußischen Generalstochter aus Zerbst und russischen Regentin Katharina der Großen ebenso nach Russland, wie Kaufleute und Techniker aus den Niederlanden und Flandern oder französische Hugenotten das Leben Preußens bereicherten.
Der Merkantilismus und die damit einhergehende Entwicklung des Manufakturwesens als Vorstufe der Industrialisierung im 18. Jahrhundert wurden in Preußen enorm vorangetrieben. Der enorme wirtschaftlich-technische und soziale Aufschwung des Deutschen Bundes und des Deutschen Reiches ab 1871 wäre ohne den Motor Preußen so nicht möglich gewesen.
Wenn wir an diese Traditionen anknüpfen und vor allem wirtschaftliche, wissenschaftliche und technische Errungenschaften rasch weiterentwickeln, dann kann auch heute wieder ein unter dem Namen Preußen vereinigtes Bundesland Berlin-Brandenburg zu einem Motor der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland und zu einem - wie von Ihnen, Herr Minister Dr. Fürniß, gewünscht - wirklichen Silicon Valley auf märkischem Boden werden. Dazu bedarf es allerdings ebenso wie im Bereich des Tourismus nicht nur einer Zukunftsagentur, sondern vor allem einer für Investoren berechenbaren Wirtschafts-, Finanz-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, die sich an preußischen Tugenden wie Sparsamkeit, Fleiß, harter Arbeit und einem auf höchstem Niveau angesiedelten Bildungs- und Wissenschaftssystem orientieren.
Übrigens hat sich nach 1945 niemand mehr für die Ehrenrettung Preußens und dessen Wiederbelebung eingesetzt als der 1980 verstorbene Prof. Hans-Joachim Schoeps. Als seinen größten Wunsch nannte er es, im Zeichen Preußens wieder durch Potsdams Straßen gehen oder auf der Marienburg stehen zu können. Zumindest den ersten Teil des Vermächtnisses des großen deutsch-jüdischen Philosophen und Patrioten alsbald zu erfüllen sollten wir uns jetzt und hier anschicken.
Meine Damen und Herren! Wir sind am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und kommen zur Abstimmung. Die Fraktion der DVU hat zu diesem Antrag namentliche Abstimmung beantragt.
Sie kennen das Procedere. Ich möchte Sie nur noch einmal bitten, so laut zu sprechen, dass die Schriftführer hier oben Ihr Abstimmungsvotum deutlich hören können.
Gibt es hier einen Abgeordneten, der keine Gelegenheit hatte, seine Stimme abzugeben? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte Sie um etwas Geduld.