Protocol of the Session on January 23, 2002

Von der Cottbuser Arbeitsstelle Bildungsentwicklung - kurz „ABC” genannt - wurde in den letzten Jahren ein wesentlicher Beitrag zur Fort- und Weiterbildung von Sprachlehrern geleistet. Das Gleiche gilt für die Cottbuser Volkshochschule sowie für die Universität Potsdam. Allen diesen Institutionen sei an dieser Stelle gedankt.

Weiterbildungsangebote orientieren sich vernünftigerweise am Bedarf und an den Interessen der angehenden Lehrer und anderer, die Sprache studieren oder lernen wollen. Wenn man sich die Zahl der Teilnehmer an den betreffenden Maßnahmen vor Augen führt, die in den genannten Institutionen übrigens sehr unterschiedlich ist, dann muss man feststellen, dass sie nicht so hoch ist, wie es vielleicht wünschenswert wäre.

Das ABC hat über die Fortbildung hinaus die Aufgabe übernommen, Rahmenlehrpläne zu entwickeln sowie den Schulen Lehr- und Lernmittel für das Niedersorbische zur Verfügung zu stellen. Hier wurde in den letzten Jahren mit drei Lehrerstellen Entlastung geschaffen. Ich erinnere mich noch an die Diskussionen mit dem ABC in den Jahren 1996, 1997 und 1998, in denen es um die Ausstattung des ABC ging. Hier ist es also zu einer Aufstockung gekommen. Wenn das nicht ausreichen sollte, dann sollte noch einmal der direkte Kontakt zu den Bildungspolitikern gesucht werden.

Anlass zu öffentlicher Kritik war die Diskussion um die Schließung des Ergänzungsstudiengangs Sorbisch-Wendisch an der Universität Potsdam. Dies haben wir im vergangenen Jahr als Einzelpunkt diskutiert. Im Jahre 2000 haben, wie Herr Woidke schon ausgeführt hat, an der Universität Potsdam vier Lehrer ein Studium abgeschlossen und es befinden sich gegenwärtig noch elf Studenten in der Ausbildung.

Ich halte den Weg, den uns Frau Ministerin Wanka im letzten Jahr avisiert hat, für richtig. In Zeiten knapper Kassen ist es vernünftig, die Studiengänge in Leipzig und in Potsdam zusammenzuführen. Herr Trunschke, im Übrigen ist es nicht so, dass innerhalb des Studiengangs für Sorabistik in Leipzig - das habe ich zumindest den Antworten auf die Große Anfrage entnommen - nur Obersorbisch studiert werden kann; vielmehr gibt es da auch große Studienanteile von Niedersorbisch, womit dann auch den Bedürfnissen des Niederlausitzer Raumes Rechnung getragen wird. - Schönen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Hartfelder, und gebe das Wort an die Landesregierung. Herr Minister Reiche, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Großen Anfrage 30 und den Antworten der Landesregierung dazu geht es im Wesentlichen um die Vermittlung der sorbischen und wendischen Sprache und Kultur in brandenburgischen Schulen, Kindertagesstätten sowie um das, was damit immer im Zusammenhang steht, nämlich um die Lehreraus- und Weiterbildung.

Die niedersorbische Sprache hat gerade jetzt, in der Zeit vor der EU-Osterweiterung, eine besondere Bedeutung. Diese Sprache gehört zusammen mit dem Polnischen, dem Tschechischen, dem Slowakischen zu der westslawischen Sprachenfamilie und sie weist viele Gemeinsamkeiten mit den anderen genannten Sprachen auf. Die sprachliche Verständigung ist eine wichtige Grundlage für eine engere Verbindung zwischen den Menschen in den Mitgliedsstaaten der EU. Aus diesem Grunde kann durch

unsere sorbische Minderheit in Brandenburg ein wichtiger Beitrag zur EU-Osterweiterung geleistet werden.

Unabhängig von der aktuellen Situation in der Europäischen Union ist es für die Landesregierung und auch für mich ganz persönlich aber auch von ganz besonderer Bedeutung, die Revitalisierung der sorbischen bzw. wendischen Sprache zu unterstützen; denn Sprache ist der Träger der Kultur. Ohne dass Menschen diese Sprache sprechen, werden wir bei unseren Bemühungen zum Erhalt dieser Kultur auf Dauer keinen Erfolg haben.

In den letzten 50 Jahren ist die Verbreitung der sorbischen Sprache in der Niederlausitz leider stark zurückgegangen. Noch bis 1945 wurde in Dörfern rund um Cottbus, zum Beispiel in Burg in Werben, in Heinersbrück oder in Jänschwalde, Sorbisch noch in hohem Maße als Umgangssprache gesprochen. Leider hatten es schon damals einige Familien aufgegeben, die Sprache an ihre Kinder weiterzugeben. Das war insbesondere ein negatives Vermächtnis der Unterdrückung der Sorben und Wenden in der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.

Trotz der völlig anderen Situation in der DDR ist es bedauerlicherweise auch dort nicht dazu gekommen, dass die Sorben und Wenden ihre Sprache wieder an die nächste Generation weitergegeben haben. Die Gründe dafür waren sicherlich vielfältiger Art. Darüber will ich jetzt nicht spekulieren.

Jedenfalls ist die Situation heute so, dass die rund 20 000 sorbischsprachigen Menschen in Brandenburg im Wesentlichen der älteren Generation angehören. Insofern gilt die besondere Unterstützung der Landesregierung den Revitalisierungsprojekten der sorbischen und wendischen Institutionen und Menschen in den Dörfern der Niederlausitz und in und um Cottbus herum.

Ein wesentlicher Teil des Revitalisierungsprozesses vollzieht sich innerhalb des Bildungswesens. Damit ist natürlich nichts gesagt gegen die vielen schönen Bräuche und Traditionen, die, wie das Johannisreiten, das Zampern und vieles andere, wieder ganz intensiv gepflegt werden. Aber bei unseren entsprechenden Bemühungen soll es zentral um die Revitalisierungsprozesse im Bildungswesen gehen. Hierzu haben die sorbischen und wendischen Institutionen konzeptionelle Vorstellungen entwickelt, die in einigen Kindertagesstätten und in der Grundschule Sielow bei Cottbus mit Erfolg derzeit bereits realisiert werden. Dachhausen, wo das Witaj-Projekt beheimatet ist, habe ich schon persönlich besucht und habe von dort einen guten Eindruck mitgenommen.

Die Vorstellungen zielen darauf ab, dem in den letzten Jahren gewachsenen Interesse am Erlernen der sorbischen Sprache und Kultur in den Kindertagesstätten und Schulen entgegenzukommen. Die Vermittlung und Förderung der sorbischen Sprache ist bereits seit Jahren Anliegen der Grundschulen und der Schulen der Sekundarstufen im angestammten Siedlungsgebiet.

Inzwischen gibt es zum Glück auch - darum habe ich mich in den letzten beiden Jahren und auch schon in der Zeit davor mithilfe der Stiftung intensiv bemüht - eine Reihe von Ansätzen für einen bilingualen Unterricht, und zwar insbesondere im niedersorbischen Gymnasium, aber auch - darüber können wir besonders froh und dankbar sein - in Sielow und in Heinersbrück. Kinder, die in den Kindertagesstätten bereits mit sehr

guten Sorbischkenntnissen heranwachsen, werden im Unterricht der Grundschule in Sielow zum Teil weiter in sorbischer bzw. wendischer Sprache unterrichtet und sie werden dann die Möglichkeit finden, im niedersorbischen Gymnasium weiterhin ein entsprechendes Bildungsangebot wahrzunehmen.

Heute haben bei uns die betreffenden Kinder im günstigen Fall die Möglichkeit - das unterscheidet die Gegenwart von der Vergangenheit und ist ein wirklich großer Fortschritt -, über 19 Jahre im Kindergarten und in den Schulen sorbisch zu sprechen. Das alles, Herr Trunschke, geht nicht zum Nulltarif. 30 Millionen in der Sorbenstiftung und das Geld, das wir zusätzlich dafür ausgeben, das alles, Herr Trunschke, ist kein Nulltarif. Das sollte Ihnen genauso deutlich wie mir sein.

Über die Grundschulen und Schulen der Sekundarstufen hinaus gibt es in der Niederlausitz wachsendes Interesse, die sorbische (wendische) Sprache wieder zu lernen. Allein in der Schule für niedersorbische Sprache und Kultur haben im Jahr 1998 1 507, im Jahr 1999 schon 1 854 und im Jahr 2000 sogar 2 284 Personen an Sprachkursen, die nachmittags, abends und am Wochenende stattfanden, teilgenommen. Das ist eine gute Entwicklung, die deutlich macht, dass das Interesse am Sorbischen wächst.

Darüber hinaus hat die Landesregierung im Bereich der in meinem Ministerium angesiedelten Arbeitsstelle Bildungsentwicklung eine Intensivfortbildung für Sorbisch/Wendisch-Lehrkräfte begonnen, in der in den nächsten drei Jahren jeweils zehn Lehrerinnen und Lehrer mit Stundenabminderung in besonders intensiven Kursen auf die Arbeit im bilingualen oder auch einsprachigen (sorbischen) Unterricht vorbereitet werden. Auch das, Herr Kollege Trunschke, nicht zum Nulltarif. Das ist der Fortbildungsbereich, für den wir erhebliche Mittel des Landes zur Verfügung stellen.

Parallel dazu wurde in den letzten Jahren ein Erweiterungsstudium an der Universität Potsdam angeboten, in dem bisher circa 20 Lehrkräfte einen zusätzlichen Abschluss zum Erteilen des Faches Sorbisch in der Sekundarstufe I erworben haben. Dies wird - ich meine, das ist eine tragfähige Entscheidung - in Zukunft an der Universität Leipzig im Zusammenhang mit einem grundständigen Studiengang Sorbisch weitergeführt. Dort sind die Kapazitäten viel umfangreicher. Das heißt, diejenigen, die dann aus der Lausitz nicht nach Potsdam, sondern nach Leipzig fahren, haben ein viel größeres Umfeld, in dem sie auch ringsum das Sorbische studieren können.

Insgesamt kann ich feststellen, dass in den letzten Jahren der nach der Wende begonnene Aufschwung der niedersorbischen Sprache und Kultur im Land Brandenburg fortgesetzt wurde und dass es erhebliche Anstrengungen gegeben hat und weiter geben wird, Personal für die Pflege und Förderung dieser Sprache und Kultur zu qualifizieren, um das Angebot „Sorbisch” in Kindertagesstätten und Schulen weiter auszubauen und attraktiver zu gestalten. Es muss auch festgestellt werden, dass es dazu weiterer Anstrengungen bedarf. Die Landesregierung ist bereit, ihren Anteil dazu zu leisten.

Ein wichtiger Partner bei diesen Anstrengungen sind die Sorben und Wenden selbst; denn nur in dem Umfang, wie die Sorben und Wenden an den angebotenen Maßnahmen und Projekten teilnehmen, kann die Pflege und Förderung der niedersorbischen Sprache und Kultur auch wachsen und gedeihen. Die Landes

regierung wird sich weiterhin dafür einsetzen und das Mögliche tun, um die Entwicklung der niedersorbischen Sprache und Kultur zu fördern und zu unterstützen.

Zekujuse, wšykne dobre wšyknych serbow! - Herzlichen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Schönen Dank, Herr Minister Reiche. Ich hätte jetzt beinahe auf Sorbisch gedankt, aber ich halte mich zurück.

Meine Damen und Herren, es hat sich noch eine Rednerin gemeldet, Frau Abgeordnete Große von der Fraktion der PDS. Ich erteile ihr das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eben weil, wie Herr Minister Reiche noch einmal betont hat, die Sorben selbst der wichtigste Partner in diesem Prozess sind, wäre es schön gewesen, wenn sie auch selbst hätten reden können. Zu anderer Zeit, die vor meiner lag, war das offensichtlich in diesem Hause möglich.

(Beifall bei der PDS)

Welchen Maßstab wählt man, wenn man als Fraktion eine Große Anfrage formuliert und später die Antworten der Landesregierung zu bewerten hat? Die PDS hat den rechtlichen Maßstab gewählt: Verfassung, Sorbengesetz und, wenn es um Bildungsfragen geht, auch Schul- und Kitagesetz. Die Verfassung garantiert dem sorbischen Volk nicht nur das Recht auf Schutz, Erhaltung und Pflege seiner nationalen Identität, sondern sie formuliert konkret ein „Recht auf Bewahrung und Förderung der sorbischen Sprache und Kultur im öffentlichen Leben und ihre Vermittlung in Schulen und Kindertagesstätten”.

Davon ausgehend schreibt das Schulgesetz zweierlei fest, in § 5 die Aufgaben der Schulen im Siedlungsgebiet der Sorben und in § 4 die Vermittlung und Förderung von Kenntnissen und das Verstehen der sorbischen Identität, Kultur und Geschichte als besondere Aufgaben der Schule in ganz Brandenburg. Das KitaGesetz bestimmt als Aufgabe der Kindertagesstätten im angestammten Siedlungsgebiet der Sorben, für sorbische Kinder die Vermittlung und Pflege ihrer Sprache und Kultur zu gewährleisten.

In unserer Großen Anfrage geht es um den erreichten Stand der Umsetzung dieser Gesetzesaufträge und um die Rahmenbedingungen für ihre künftige Umsetzung. Wenn Sie so wollen, werden das Schul- wie das Kita-Gesetz mit dem Stand 2001 evaluiert. So sollten wir auch an die Debatte im Landtag herangehen. Vorwürfe an meine Fraktion dergestalt, dass man sich doch schon zigmal mit diesem Thema beschäftigt habe, sind verzichtbar. Ich wünsche uns eine sachliche Debatte, die Erreichtes ebenso benennt wie noch vorhandene Defizite. Meine Fraktion will ihren Beitrag dazu leisten.

Da ist für den Zeitraum seit 1990 festzuhalten, dass erstens Brandenburg auf eine steigende Zahl von Schulen mit Schülern im Sorbischunterricht verweisen kann, übrigens entgegen den

Unkenrufen des MBJS in einer Sitzung des Bildungsausschusses, dass zweitens die Vermittlung von sorbischer Sprache, Kultur und Tradition in Kitas - Witaj-Projekt - auf großes Interesse bei Eltern trifft, dass es drittens mit Unterstützung des Landes Anfänge beim bilingualem Unterricht gibt und dass diese auf der Grundlage einer Verordnung des MBJS ausgebaut werden, dass viertens Brandenburg, und zwar trotz wiederholter Versuche zur Reduzierung auch innerhalb der verschiedenen Landesregierungen, regelmäßig Zuschüsse zur Stiftung für das sorbische Volk in Höhe von etwa 5 Millionen DM geleistet hat und dass sich fünftens die Vertreter der Landesregierung in der Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat auch im Interesse der Entwicklung des sorbischen Bildungswesens für einen Minderheitenschutzartikel stark gemacht haben.

Wenn wir mehr Zeit hätten, könnte ich dieser Liste noch manches Erfreuliche hinzufügen. Aber Herr Minister Reiche hat schon einiges sehr deutlich gesagt. Das Erreichte, Herr Minister Reiche und Frau Ministerin Wanka, ist aber nicht das Erreichbare, und zwar immer gemessen am geltenden Recht.

Ich möchte vor allem auf folgende noch zu lösende Probleme aufmerksam machen.

Erstens: Die Überarbeitung der Rahmenlehrpläne; das bezieht sich auf die Antwort auf Frage 6. Das Schulgesetz verpflichtet dazu, in allen Schulen Brandenburgs Kenntnisse der sorbischen Kultur und Geschichte zu vermitteln. Schon in der Großen Anfrage von 1998 hatte die Landesregierung angekündigt, diese Aufgabe bei der anstehenden Überarbeitung der Rahmenpläne zu berücksichtigen. Was wir gegenwärtig in Gestalt der Entwürfe der Rahmenpläne wahrnehmen, entspricht diesem Versprechen, geschweige denn dem Gesetzesauftrag, nicht. Ihr Stufenvorwort mit dem Kapitel „Sorbische (wendische) Identität und Kultur” in allen Ehren, auch wenn es inhaltlich kaum mehr bringt, als dass das Anliegen der Vermittlung von sorbischen Inhalten erläutert wird. In den Rahmenlehrplanentwürfen selbst wird das dann aber nicht etwa untersetzt, sondern die Pläne beschränken sich im Wesentlichen auf die Aufnahme des Stichworts „Sorben” nach dem Motto: Es gibt auch Sorben in Brandenburg. Das reicht einfach nicht, um Lehrer bei der Vorbereitung ihres Unterrichts zur Auswahl bestimmter sorbischer Inhalte zu motivieren, die ihnen leider häufig nicht einmal im Studium vermittelt wurden.

Zweitens: Sprach- und Fachunterricht in sorbischer Sprache. Über die quantitative Seite habe ich bereits gesprochen. Wichtiger ist aber die Qualität. Da stellt sich natürlich für den niedersorbischen Sprachunterricht zunächst die Frage nach der Anzahl und der Qualifikation der Lehrkräfte. Hierzu ist heute schon einiges gesagt worden. Auch die Landesregierung kann nicht umhin, zumindest für etwa 2010 einen gewissen Bedarf an Lehrern zu benennen. Ich denke aber, dass dies aktuell ist. Das ergibt sich vor allem aus den Abschlüssen der Sorbischlehrer, die größtenteils - 57 von 76 - nur eine Befähigung für die Klassen 1 bis 6 haben, weil sie im Zeitraum bis 1990 wohl nur das Sorbische Lehrerbildungsinstitut im obersorbischen Bautzen abgeschlossen haben, und zum anderen natürlich aus den stabilen Teilnehmerzahlen im sorbischen Sprachunterricht, was innerhalb der nächsten Zeit Konsequenzen für die Zahl der notwendigen Lehrer in der Sekundarstufe I und II haben wird. 15 Lehrer mit Befähigung für die Sekundarstufe I dürften nicht ausreichen. Die daraus resultierenden Probleme sind nicht durch

Bemühungen im Rahmen der normalen Weiterbildung zu bewältigen, wie das MBJS offensichtlich glaubt, abgesehen davon, dass diese Weiterbildung für das berufliche Fortkommen der Lehrer ohne Bedeutung ist, weil sie nicht staatlich anerkannt wird.

Es stellt sich aber auch die Frage nach den Rahmenbedingungen für die gewollte breitere Einführung des bilingualen Unterrichts. Auch hier steht und fällt vieles mit der Qualität der Lehrkräfte und der Qualität der Lehrpläne. Wer wie die Landesregierung glaubt, diese Aufgabe sei mit ein paar zum Teil von den Lehrkräften selbst konzipierten Weiterbildungsveranstaltungen so ganz nebenbei zu erledigen, der täuscht sich. 4,55, 5,69 oder 4,77 Stunden Weiterbildung pro teilnehmender Sorbischlehrkraft pro Schuljahr bei Einzelkursen sind nicht gerade üppig.

Wie viele Lehrkräfte die Intensivfortbildung für den bilingualen Unterricht angenommen haben, die seit September 2001 laufen sollte, das verschweigt die Antwort unter 15.

Noch ein Wort in diesem Zusammenhang zu den Lehrplänen für den bilingualen Unterricht. Ich trete den Schulen, die bereits heute bilingual unterrichten bzw. sich darauf vorbereiten, sicherlich nicht zu nahe, wenn ich feststelle, dass diese Schulen die Unterstützung des Landes und eine wissenschaftliche Begleitung brauchen; nur auf sich gestellt - wie gegenwärtig können z. B. Lehrpläne nicht die erforderliche Qualität erhalten.

Drittens: die Zukunft der Witaj-Kindergärten. Mit Witaj ist - vor allem durch das Engagement der Sorben selbst - etwas Einzigartiges gelungen, nämlich die Revitalisierung von Sprache und sorbischer Kultur in Aktion. Nicht nur sorbische, sondern auch deutsche Kinder besuchen diese Einrichtungen. Sie erhalten multikulturelle Erziehung im besten Sinne des Wortes. 1998 gab es noch keine Einrichtung. Die erste Witaj-Kita in Trägerschaft des Sorbischen Schulvereins war in Cottbus-Sielow gerade in Vorbereitung. Zum Schuljahr 2000/01 wurden nun erstmals sechs Kinder aus einem Witaj-Projekt in die Grundschule aufgenommen. Eine Reihe weiterer Witaj-Kitas entstand.

Aber es gibt eben auch nicht geringe Probleme, die sich infolge der jüngsten Änderung des Kita-Gesetzes eher noch zugespitzt haben. Diese Probleme verschwinden eben auch nicht dadurch, dass man, wie die Landesregierung, behauptet:

„Der Landesregierung ist nicht bekannt, dass den Kommunen durch Witaj-Projekte im Kita-Bereich erhebliche Mehrbelastungen entstehen.”

Sicher, Herr Minister, man kann sich endlos darüber streiten, was man unter „erheblichem Mehraufwand” versteht. Dass es Mehrbelastungen in Größenordnungen gibt, ist Ihnen aber nicht nur einmal, so auch bei Ihrem Besuch in Drachhausen, von den Akteuren geschildert worden: für die Erstellung von Spiel- und Lehrmaterial, für die Vorbereitung der Erzieherinnen, was das Eineinhalbfache des Aufwandes anderer Erzieherinnen ausmacht, für die Vertretung von Erzieherinnen während der notwendigen Weiterbildungsmaßnahmen, für spezielle Praxisbetreuer und vieles andere mehr, auch dafür, dass kleinere Gruppen eben kostenintensiver sind. Wer nun glaubt, mit einer seit Jahren unveränderten jährlichen Einmalzahlung an die Stiftung könne er auch diese ständig wachsenden Mehraufwendungen abdecken, der handelt unredlich.

Ich würde mir in diesem Zusammenhang wünschen, dass sich der fachlich zuständige Hauptausschuss der Frage der Finanzierung von Aufgaben nach dem Sorben-Gesetz endlich einmal ernsthaft zuwendet. Es kann nicht sein, dass dieses Gesetz für Kindertagesstätten, die durch sorbische Verbände im angestammten Siedlungsgebiet der Sorben betrieben werden, von einer besonderen Förderung und Unterstützung durch das Land spricht, die Regierung aber dann, wenn diese vom Gesetzgeber gewollte Bildungsreform stärker als früher angenommen wird, nur zwei Antworten parat hat: Wir geben schon Geld an die Stiftung. Zuständig sind die Gemeinden. - Aber genau diese bekommen vom Land nicht einen einzigen Cent mehr für diese zusätzliche Aufgabe. So geht es nicht, wenn man den Auftrag des Sorben-Gesetzes wirklich noch ernst nimmt, und das sollten wir tun. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke auch. - Wir sind am Ende der Rednerliste und ich schließe die Aussprache. Damit ist die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 30 - Drucksache 3/3515 - zur Kenntnis genommen.