Protocol of the Session on January 23, 2002

Wenn Sie sich einmal im Einzelnen mit der Gemeindeordnung befassen, werden Sie sehen, wie schwierig es auch für den Gesetzgeber ist, im Rahmen eines Gesetzgebungsaktes Gemeinden zusammenzuführen. Dafür muss zuvor eine Vielzahl von Fragen beantwortet werden. Dies geht nicht aus der Hüfte. Darum ist Ihr Ansatz im Grunde genommen falsch.

Es geht um die Abwägung, was für das Gemeinwohl am besten ist. Dazu kann man unterschiedlicher Auffassung sein. Die Bürger, die sich in dieser Frage entschieden haben, haben ihren Willen kundgetan. Das ist ein wichtiger, aber nicht der alleinige Punkt der Entscheidung. Aus diesem Grunde bin ich auch überrascht, dass Sie sich - man merkt doch, dass Sie sehr auf Potsdam fixiert sind - auf die Gemeinden Golm und Töplitz und das Amt Neuhausen beziehen. Es gibt noch viele andere Beispiele in Brandenburg. Sie nennen aber nur diejenigen, von denen Sie glauben, dass sie im Wahlkampf noch eine Rolle spielen. Ich sage Ihnen: Im Bürgermeisterwahlkampf wird das keine Rolle spielen. Es geht darum, wie wir zu sachgerechten Entscheidungen kommen, und daran können Sie ja mitwirken.

Im Zusammenhang mit den Gemeinden Golm und Töplitz sowie dem Amt Neuhausen (Spree) rufe ich noch einmal die Leitlinien in Erinnerung, damit Sie die Schwierigkeiten erkennen, die mit dem Abwägungsprozess auftreten. Es heißt darin:

„Die Gemeindestrukturreform soll auch einen Beitrag zur Lösung oder zumindest Milderung der Stadtumlandprobleme im Umfeld kreisfreier und großer amtsfreier Städte und Gemeinden leisten.”

Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass wir uns damit auseinander setzen. Weiter heißt es:

„Eine Eingliederung von Umlandgemeinden kommt in Betracht, wenn die anzustrebende Entwicklung einer Stadt die Erweiterung des Gebiets erfordert oder die gemeinsame Erledigung einer Mehrzahl wichtiger Verwaltungsaufgaben erforderlich ist oder wird. Daneben steht das

Ziel, eine Neugliederung möglichst in den Grenzen der bestehenden Ämter durchzuführen.”

Hieran erkennen Sie das Spannungsverhältnis, mit dem wir uns auseinander zu setzen haben.

Ich möchte noch auf einen letzten Punkt eingehen.

Herr Minister, Sie überschreiten jetzt die vereinbarte Redezeit.

Dann verzichte ich darauf, einen letzten Punkt vorzutragen, und werde schriftlich mitteilen, wie Bürger darüber denken, nämlich anders als Sie von der PDS. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind am Ende der Rednerliste. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung.

(Dr. Hackel [CDU]: Ist namentliche Abstimmung bean- tragt?)

- Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Wünschen Sie dazu das Wort?

Herr Präsident, ich bitte angesichts der Tatsache, dass hier namentliche Abstimmung beantragt worden ist, darum, über die Punkte 1 und 2 getrennt abstimmen zu lassen.

Wir sind jetzt insofern in einer etwas unübersichtlichen Situation, als namentliche Abstimmung bereits beantragt worden ist. Sie muss bis zum Ende der Aussprache schriftlich beantragt sein. Wenn die Abstimmung jetzt geteilt würde, hätten wir zwei Abstimmungen, und ich bin unsicher, ob dann zum Punkt 1 oder zum Punkt 2 namentlich abgestimmt werden soll. Wäre es im Sinne der Fraktionen, auf eine namentliche Abstimmung zu verzichten und dafür über die Punkte 1 und 2 getrennt abzustimmen?

(Fritsch [SPD]: Zusammen abstimmen!)

- Der Antrag auf Teilung der Abstimmung ist absolut zulässig. Insofern werde ich getrennt abstimmen lassen. Meine Frage an Sie lautet, worüber dann namentlich abgestimmt werden soll.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Beide Punkte namentlich!)

- Ich kann nur einmal namentlich abstimmen lassen.

Wir sind hier in einer etwas unglücklichen Geschäftsordnungssituation, weil die namentliche Abstimmung bis zum Ende der Aussprache beantragt werden muss, andererseits vor der Ab

stimmung eine Teilung beantragt werden kann. Damit sind beide Anträge nicht zu synchronisieren.

(Zuruf von der CDU: Das Verfahren ist nicht leitlinienge- recht! - Heiterkeit bei CDU und SPD)

Ich frage noch einmal: Würden Sie auch auf eine namentliche Abstimmung verzichten?

(Dr. Hackel [CDU] meldet sich zur Geschäftsordnung.)

- Herr Abgeordneter Dr. Hackel.

Herr Präsident, ich mache einen Vorschlag zur Güte. Wir stimmen nicht über beide Punkte getrennt ab, aber ich erlaube mir die Ankündigung, nach der Abstimmung eine persönliche Erklärung abzugeben.

Das ist geschäftsordnungsgemäß und dagegen gibt es keine Einwände. Ich glaube, damit kommen wir am ehesten zu einem Konsens. Das entspricht absolut dem Ansinnen, wie es die beantragende Fraktion vorgetragen hat. - Ich bedanke mich.

Ich bitte die Schriftführer, die Namenslisten vorzubereiten. Sie, verehrte Abgeordnete, bitte ich um Ruhe und Disziplin und darum, dass Sie nach Ihrem Namensaufruf klar und deutlich votieren, sodass wir Ihr Votum korrekt notieren können. - Bitte sehr.

(Namentliche Abstimmung)

Hat jemand der anwesenden Abgeordneten noch keine Gelegenheit gehabt zu votieren? - Dies scheint nicht der Fall zu sein. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte um einen Moment Geduld für die Auszählung.

Ich gebe Ihnen das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu der Drucksache 3/3781 bekannt: Für den Antrag stimmten 18 Abgeordnete, dagegen 41; es gab 7 Stimmenthaltungen. Das bedeutet, dass der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden ist.

(Abstimmungslisten siehe Anlage S. 3359)

- Nun erteile ich Herrn Dr. Hackel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist wohl nicht schwer zu erraten, warum ich mich - neben anderen Kolleginnen und Kollegen - bei der Abstimmung zu diesem Antrag der Stimme enthalten habe. Der Antrag ist derart, dass im Grunde genommen dem Teil unter Nr. 1 sinnvollerweise nicht zustimmt werden kann, dem Teil unter Nr. 2 sinnvollerweise aber zugestimmt werden muss, wenn man die Verfassung dieses Landes, die Gesetzgebung und das Demokratieverständnis schlechthin nur einigermaßen ernst nehmen will.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS und des Abgeordneten Schuldt [DVU])

Aus diesem Grunde freue ich mich, dass ich diese Erklärung nicht nur in meinem eigenen Namen abgebe, sondern auch im Namen der beiden SPD-Kollegen Freese und Woidke, die mir ausdrücklich gesagt haben, dass ich das erwähnen soll. Das tue ich gern.

Aber ich möchte gern noch eine ganz kurze Begründung dazu geben: Der Innenminister hat eben gesagt, dass unter demokratischen Prinzipien dieses letzten Endes ein Punkt der Entscheidung sei. Das ist richtig. Aber es ist der wichtigste Punkt der Entscheidung dann, wenn alle anderen Punkte der Leitlinien erfüllt sind. Das ist zum Beispiel bei Golm der Fall.

Aus diesem Grunde muss ich mich anders verhalten, als das von anderen verlangt wird. Denn ich bin von den Bürgern dort gewählt worden. Insofern nehme ich das ernst.

Ich möchte noch eine zweite Bemerkung anschließen: Wenn der Landesvorsitzende der SPD der Meinung ist, er müsse in Golm auftreten, er in Golm dann aber, obwohl er mehrmals aufgetreten ist, keine Mehrheiten findet, sich 80 % der Golmer Bürger gegen den Oberbürgermeister von Potsdam aussprechen und sich dann...

Herr Abgeordneter, die Redezeit steht Ihnen zur Verfügung, um Ihr Stimmverhalten zu erklären, aber nicht dafür, Kommentierungen abzugeben über irgendeinen Sachverhalt.

Ja. Aber eine Begründung für mein Stimmverhalten darf ich geben und deswegen möchte ich noch einmal sagen, dass sich auch der Vorsitzende der SPD-Landespartei an die einfachsten Demokratieregeln halten sollte und den Willen der Bürger in Golm zu akzeptieren bereit sein müsste.

(Beifall bei CDU und DVU - Freese [SPD]: Wie der In- nenminister, dann sind wir uns wieder einig!)

Ich schließe Tagesordnungspunkt 7 und rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Bericht über die Anordnung von Landesstatistiken gemäß § 7 Abs. 5 des Brandenburgischen Statistikgesetzes (BbgStatG)

Bericht des Ministers des Innern

Drucksache 3/3756

Da vereinbart worden ist, auf eine Debatte zu verzichten, ist der Bericht des Innenministers damit zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 8 und rufe Tagesordnungspunkt 9 auf: