Protocol of the Session on November 21, 2001

Eines ist uns mit der Großen Anfrage gelungen: Die Landesregierung musste sich mit dem Thema „Nachhaltige Entwicklung in der Region Berlin-Brandenburg” befassen. Das ist nach unserer Auffassung ein großer Fortschritt; denn ich erinnere mich noch an die Debatte im Zusammenhang mit dem PDSAntrag zur Einsetzung einer Enquetekommission Berlin-Brandenburg zur nachhaltigen Entwicklung. Dem hatte sich die Landesregierung völlig verweigert; sie beteiligte sich gar nicht an der Debatte um die Zukunft dieser Region. Auch Sie, Herr Dombrowski und meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, haben unser Angebot abgelehnt, eine Enquetekommission von Parlamentariern und Experten einzusetzen, um die die Zukunft betreffenden Fragen gemeinsam zu beantworten. Das wollte ich nur noch einmal in Erinnerung rufen, weil Sie uns so herzhaft ermunterten, mitzutun.

Meine Damen und Herren, über eines sind wir uns sicherlich alle einig - da gibt es keinen Streitpunkt -: Die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg muss auf allen Ebenen wachsen und intensiviert werden. Damit meine ich die kommunale Ebene ebenso wie die landespolitische Ebene, die Exekutive und die Legislative. Diese Zusammenarbeit - auch das dürfte unstrittig sein, obwohl es in einigen Reden nicht erkennbar war - braucht in Anbetracht der in den letzten Jahren eingetretenen Entwicklung geradezu neue Impulse und neue Zielstellungen.

Berlin wird im Dezember möglicherweise eine neue Regierung haben. Es ist schon sehr spannend, welche Ampelschaltungen für die Entwicklung der Region Berlin-Brandenburg davon ausgehen werden.

Nachhaltige Entwicklung der Region Berlin-Brandenburg ist die Aufgabenstellung, bei der Antworten zur Zukunftsgestaltung des Landes und der Region Berlin-Brandenburg zu geben sind. Dazu reicht es unseres Erachtens nicht aus, dass sich die Landesregierung in theoretischen Erklärungen zum Begriff der Nachhaltigkeit ergeht und auf Einzelbeispiele verweist.

Es ist heute schon angeklungen - mein Kollege Vietze ist darauf eingegangen -, dass die brennenden Fragen in dieser Region

lauten: Wie sind die wachsenden Disparitäten zwischen dem engeren Verflechtungsraum, dem Berliner Speckgürtel, und dem äußeren Entwicklungsraum abzubauen? Wie sind die Abwanderungsprozesse in den ländlichen Räumen zu stoppen? Wie sind die Überalterungsprozesse bei der ländlichen Bevölkerung aufzuhalten? Wie sind räumliche Schrumpfungs- und Entleerungsprozesse aufzuhalten oder gar umzukehren?

Das sind doch die Fragen der Zeit, auf die wir alle gemeinsam nach Antworten suchen müssen. Wir behaupten von uns nicht, auf alles eine Antwort zu haben. Aber wir fordern die Regierung auf, nach Alternativvorschlägen zu suchen, diesen der Entwicklung der Region nicht zuträglichen und nicht zukunftsfähigen Prozessen entgegenzuwirken.

Gerade diese Fragestellungen bestätigen uns, dass es im Land und in der Region solche gravierenden Probleme gibt, dass es ausschließlich - wie manche Antwort auf unsere Fragestellungen seitens der Landesregierung vermuten lässt - ein „Weiter so!” wie in den vergangenen zehn Jahren nicht geben darf, dass das die falsche Antwort ist.

Das Leitbild der dezentralen Konzentration, ein viel gescholtenes Thema, als eine räumliche Entwicklungsstrategie für die Region Berlin-Brandenburg haben wir immer unterstützt und haben gesagt, dass es dies sein könnte. Ich erinnere nur daran ich denke, die Debatte zum Haushalt und die Haushaltsberatungen haben das deutlich gemacht -, dass die Regierung dieses Leitbild oft missachtet und immer wieder kontraproduktive Haushaltsentscheidungen getroffen hat.

Die Landesregierung - das ist richtig so - preist die gemeinsame Landesentwicklungsplanung mit Berlin. Nur, meine Damen und Herren, was ist daraus geworden? Jetzt wollen Sie - das halten wir für richtig - einen „integrierten Landesentwicklungsplan Gesamtraum” erarbeiten lassen. Das ist gut, nur weckt dieser Begriff eine völlig falsche Vorstellung; denn Sie machen nichts anderes, als einen ergänzenden Plan für die ländliche Region vorzulegen, einen ergänzenden Plan zum „Landesentwicklungsplan enger Verflechtungsraum”.

Aber der „Landesentwicklungsplan enger Verflechtungsraum” ist durch unsolide Beteiligungsverfahren - ich erinnere hier nur an Planfeststellungsverfahren zum BBI - in Misskredit geraten. Das Oberverwaltungsgericht hat schon angekündigt, dass es eine ähnliche Entscheidung zum „Landesentwicklungsplan Sicherung Flughafen” geben wird. Auch zum „Gemeinsamen Landesentwicklungsprogramm Berlin-Brandenburg” wurden verfassungsrechtliche Bedenken geäußert.

Genau dieser Zeitpunkt und diese Tatsachen, die ich gerade benannt habe - viele Probleme stehen damit im Zusammenhang -, sollten uns gemeinsam, sollten in erster Linie die Regierung auffordern, jetzt die Initiative zu ergreifen und die Planungsunterlagen unter Berücksichtigung der in der Region BerlinBrandenburg eingetretenen Entwicklung zu überarbeiten. Eine ehrliche Analyse muss auf den Tisch und eine neue Etappe der gemeinsamen Landesplanung von Berlin und Brandenburg muss begonnen werden. Auch hier - darauf kann ich leider nicht weiter eingehen - können die gewählten Gremien wie Planungskonferenz und Planungsrat ihre Rolle spielen.

Starke Regionen gewinnen an Bedeutung in einer Zeit immer

weiter um sich greifender Globalisierung und von Veränderungen der Handlungsspielräume. Wir hatten dazu heute gerade eine Aktuelle Stunde. Die Region Berlin-Brandenburg mit der deutschen Bundeshauptstadt in der Mitte braucht - das ist unsere feste Überzeugung - für sich selbst und auch für ihre Rolle im Osten und in Europa einen intellektuellen und einen ökonomisch-sozialen Entwicklungsschub.

Ein hervorragender Schlusssatz, Frau Abgeordnete Tack.

Das wäre unser Angebot auf die Aufforderung des Ministerpräsidenten, wir sollten mittun. Unser Angebot steht. Wir haben unsere Vorschläge unterbreitet und wir können gemeinsam einen Schritt weiter gehen, wenn es die anderen Parteien wollen. - Schönen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Tack. - Damit beende ich die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und stelle fest, dass wir die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 25 - Drucksache 3/3382 - zur Kenntnis genommen haben.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 5 und rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Beschäftigungswirksamkeit von Wirtschafts- und Arbeitsförderung

Große Anfrage 27 der Fraktion der PDS

Drucksache 3/2959

Antwort der Landesregierung

Drucksache 3/3443

Des Weiteren liegt Ihnen hierzu der Entschließungsantrag der Fraktion der PDS in der Drucksache 3/3558 vor. Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der einreichenden Fraktion. Herr Abgeordneter Christoffers, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung, bevor ich dann einige Ausführungen zu der politischen und sozialen Wirklichkeit machen werde, auf die diese Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage gestoßen ist. Ich möchte mich erst einmal bei den beiden beteiligten Ministerien bedanken für den Versuch einer dezidierten Beantwortung einer Reihe von auch aufgrund von Abgrenzungskriterien von Statistiken und Ähnlichem schwierig aufzunehmenden und zu bewertenden Fragen. Dafür ein Dankeschön!

Ich gehe davon aus, dass die Große Anfrage uns noch sehr lange beschäftigen wird. Sie macht aus meiner Sicht neben dem Zahlenwerk und neben einer Reihe von Einschätzungen deutlich, dass wir im Bereich Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik vor gravierenden Veränderungen stehen und dass wir uns als Land Brandenburg dazu auch eine Position erarbeiten müssen. Ich möchte versuchen, das an einigen Beispielen deutlich zu machen.

Erstens: Die Verzahnung von Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik ist - das ist von allen Parteien hier im Hohen Haus immer wieder angesprochen worden - ein gemeinsames Politikziel. Die Frage, die wir uns zu stellen haben, ist: Auf welchen realen Umsetzungsgrad ist diese Forderung bisher gestoßen? Ich glaube, aus der Antwort der Landesregierung wird deutlich, dass ein gewisser Paradigmenwechsel stattgefunden hat, ein Paradigmenwechsel, der sich im Prinzip darauf bezieht, dass Fragen der Arbeitsmarktförderung in der politischen Wertung ein Stück weit herunter gefahren werden und damit auch kein ausreichender Mittelansatz für diesen Bereich mehr bereitgestellt wird.

Das hat nichts damit zu tun, dass die Arbeitsintensität der Mitarbeiter sowohl der LASA als auch anderer Einrichtungen auf kommunaler und regionaler Ebene bei der Entwicklung von Vorhaben und Projekten größer geworden ist; es hat damit zu tun, dass die vom Land gesetzten Rahmenbedingungen für diesen Bereich jetzt schlechter werden und mit dem Doppelhaushalt weiter verschlechtert werden.

Damit wird aber ein Grundsatz infrage gestellt. Wenn ich Wirtschafts- und Arbeitspolitik verzahnen will, dann muss ich Strukturen und Mittel bereitstellen, die das auch ermöglichen.

(Beifall des Abgeordneten Prof. Dr. Bisky [PDS])

Wenn das nicht gewährleistet ist, dann wird dieser Anspruch aufgegeben. Wir stehen vor der Frage: Wohin mit der Arbeitsmarktpolitik? Bevor der Vorwurf kommt, wir wollten zu sozialistischen Zeiten zurück, darf ich Sie daran erinnern, dass nicht das Land Brandenburg, sondern das Bundesland Sachsen bei dem Einsatz von Mitteln für ABM und SAM pro Tausend Arbeitslose einsame Spitze ist, um auch das gleich klarzustellen.

Ich möchte deutlich machen, was aus unserer Sicht notwendig ist, um Arbeitsmarktpolitik tatsächlich zu qualifizieren.

Qualifizierung, eine der Hauptsäulen gegenwärtigen arbeitsmarktpolitischen Handelns, ist richtig. Wenn aber die Situation so ist, dass die industrielle Substanz des Landes Brandenburg nicht ausreicht - auch auf lange Zeit nicht ausreicht -, Wertschöpfung und Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt flächendeckend sicherzustellen, dann muss die Frage gestellt werden: Mit welcher Zielrichtung wird Qualifizierung dann vorgenommen, um zu verhindern, dass a) Qualifikationspotenziale geschaffen werden, die niemandem nutzen, und b) eine Situation geschaffen wird, in der Menschen aufgrund guter Qualifizierung auch noch massenhaft das Land Brandenburg verlassen?

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Wenn wir Arbeitsmarktpolitik stärker mit regionalen Vorhaben, mit regionalen Projekten verbinden, wenn wir also dahin kommen, Arbeitsmarktpolitik stärker mit regionaler Entwicklung zu

verzahnen, dann haben wir eine Möglichkeit, zu qualifizieren, und dann haben wir eine Möglichkeit, ein investitions- und beschäftigungspolitisches Verständnis durchzusetzen, das auf harte und weiche Standortfaktoren in den Regionen setzt. Ich zeige Ihnen dazu ein paar Beispiele auf.

Der InnoRegio-Wettbewerb ist vom Ministerpräsidenten beim vorigen Tagesordnungspunkt angesprochen worden. Im Rahmen des InnoRegio-Wettbewerbs gab es mehr als 90 Projekte in diesem Land, bei denen jeweils mehr als Dutzende von Einzelakteuren aus den Regionen von Unternehmen, Verwaltungen bis hin zu Beschäftigungsgesellschaften für die Regionen Wertschöpfungspotenziale identifiziert haben und bereit waren, sie umzusetzen. Diese benötigen eine Anschubfinanzierung. Diese Anschubfinanzierung ist unter anderem auch durch Mittel der Arbeitsmarktförderung möglich. Ich darf daran erinnern, dass zum Beispiel im Landkreis Oberhavel mit dem Projekt „Pflanze als nachwachsender Rohstoff” eine flächendeckende Identitätsfindung einer Region stattgefunden hätte, wenn es tatsächlich umgesetzt worden wäre.

Das wären Mittel, die aus meiner Sicht Arbeitsmarktpolitik, Beschäftigungsentwicklung, Regionalentwicklung und Wertschöpfung sinnvoll ergänzen würden. Denn dann weiß ich, in welche Richtung ich qualifizieren muss. Dann weiß ich, wohin die Entwicklung gehen muss. Dann kann ich Perspektiven in Lebensräumen schaffen, die letztlich dazu führen, dass Menschen hier bleiben und hier ihren Lebensmittelpunkt behalten.

(Beifall bei der PDS)

Ich darf Sie auf einen weiteren Punkt aufmerksam machen. Wir sind in einer Situation, in der durch das Ausdünnen der Finanzierung für beschäftigungspolitische Strukturen die Arbeit dieser Strukturen selbst infrage gestellt wird. Es geht nicht darum, dass die Arbeit dieser Strukturen nicht effizienter gestaltet werden kann - das ist überhaupt nicht das Thema -, sondern es geht darum, dass ich bei einem Wegbrechen der Strukturen natürlich auch die Inhalte eines arbeitsmarktpolitischen Verständnisses nicht mehr umsetzen kann.

Wenn diese Strukturen wegbrechen, dann brechen natürlich auch Vorhaben weg, die aus meiner Sicht durchaus eine positive Entwicklung genommen haben. Ich denke dabei an einige Vorhaben, die sicherstellen, dass bis zu 80 % der Teilnehmer von Maßnahmen tatsächlich wieder eingegliedert werden. Das ist doch etwas, was wir wollen, und das sollte man unterstützen. Das sollte man ausbauen und nicht durch eine ständige Kürzung im Bereich Arbeitsmarktpolitik gefährden. Man sollte durch einen Paradigmenwechsel Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik als gemeinsames Vorhaben ausgestalten.

Der zweite Punkt, den ich benennen möchte und der aus der Großen Anfrage auch ganz deutlich wird: Wir werden in Gesamtdeutschland und auch speziell im Osten eine Kriteriendiskussion darüber führen müssen, mit welcher Effizienz und mit welchen Zielen Mittel im Land Brandenburg tatsächlich eingesetzt werden. Ich glaube, wir stehen vor grundlegenden Veränderungen, die wir als Land Brandenburg massiv unterstützen sollten.

Die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur” ist eines der Hauptinstrumente der Wirtschafts

förderung. Darüber besteht völlige Einigkeit. Wir wissen aber auch, dass die Gemeinschaftsaufgabe und die EU-Strukturfonds in ihren Inhalten und ihren Zeitabläufen, in denen sie umgesetzt werden müssen, nicht identisch sind. Wir könnten ein hohes Maß an Flexibilität gewinnen, wenn wir uns in der Bundesrepublik Deutschland entschließen würden, Förderdauer, Förderkriterien und Förderinhalte denen der Europäischen Union anzugleichen, statt zum Beispiel bei der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur” jedes Jahr einen monatelangen Abstimmungsprozess zwischen Bund und Ländern herbeizuführen, was gefördert werden kann und was gefördert werden darf, was gefördert werden soll, der dann auf einen Kompromiss der politischen Beteiligten hinausläuft und nicht in jedem Fall der tatsächlichen Situation im Osten wie im Westen entspricht. Es geht auch aus der Antwort auf die Große Anfrage hervor, dass wir diese Diskussion bundesweit unterstützen sollten und auch hier im Land Brandenburg führen wollen.

Ich bin in diesem Zusammenhang sehr froh darüber, dass der Wirtschaftsminister im Wirtschaftsausschuss angekündigt hat, dass wir dieses Jahr sehr intensiv über die Umsetzung der gemeinsamen Richtlinie zur Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur” sprechen werden. Wir sind uns doch über eines alle im Klaren: Es wird perspektivisch weniger Geld geben, aber der Aufwand, dieses Geld zu verteilen, wird immer größer. Wir müssen ein gesundes Mittelmaß finden, mit dem es uns gelingt, die Gelder in die Vorhaben und Projekte zu lenken, die für uns wichtig sind, und durch das zugleich sichergestellt wird, dass öffentliche Mittel nicht verschwendet werden bzw. dass man überhaupt noch handeln kann. Wenn sich das Handeln darauf reduziert, dass man monatelang abwägen muss, ob man es noch kann oder darf, dann, glaube ich, wird es sehr schwierig, mit den uns zur Verfügung stehenden finanziellen Fonds einen entsprechenden Mitteleinsatz zu erreichen.

Ich bin sehr froh darüber, dass eine langjährige Forderung der PDS in diesem und im nächsten Jahr umgesetzt wird. Bei der Gemeinschaftsaufgabe wird das Kriterium der Beschäftigungswirksamkeit stärker definiert werden. Das heißt, es werden stärker als in der Vergangenheit zusätzliche Arbeitsplätze und weniger Rationalisierungsinvestitionen gefördert. Das ist etwas, was in der gemeinsamen Debatte aller Parteien erreicht werden konnte. Ich hoffe sehr, dass es gelingt, diese Zielstellung tatsächlich umzusetzen.

Ich möchte auf einen weiteren Fakt aufmerksam machen, der sich aus der Debatte um die Kriterien ergeben wird. Es ist hier schon sehr oft über Wirtschafts- und Mittelstandspolitik debattiert worden. Wir alle wissen, dass mehr als 90 % aller Unternehmen diesem Sektor angehören. Jede Partei trägt wie eine Fahne vor sich her: Mittelstandspolitik ist der Eckwert jeglichen wirtschaftspolitischen Verständnisses. Dann stellt sich natürlich die Frage, warum zehn Jahre nach der Wende eine Reihe von spezifischen Nachteilen im Osten noch nicht beseitigt sind. Ich denke an Betriebsgröße, Eigenkapitalausstattung, Marktzugang usw. Dann stellt sich für uns auch die Frage: Haben wir als Land Brandenburg genug getan, um diese Defizite mit den Mitteln, die wir zur Verfügung haben, zu überwinden? Meiner Ansicht nach haben wir nicht genug getan.

Tausende von Unternehmen haben sich in den letzten Jahren im

Land Brandenburg eine Marktposition erobert. Sie stehen jetzt vor der Aufgabe, eine zweite Investitionsschwelle zu überspringen. Sie können es nicht, weil bankübliche Sicherheiten nicht vorhanden sind, die Eigenkapitalquote nicht gewährleistet ist und eine Reihe von anderen bekannten Sachverhalten zutrifft. Wenn es uns nicht gelingt, für unsere Förderstruktur Kriterien zu entwickeln, die genau auf diese zweite Investitionsschwelle abzielen, dann werden wir im Land Brandenburg einen Substanzverlust erleben, der gravierend sein wird. Meine Damen und Herren, es ist doch uns allen bekannt, dass wir, wenn noch etwa 50 000 bis 60 000 hoch qualifizierte Leute aus Brandenburg abwandern, einen Substanzverlust erleiden, der es mit sich bringt, dass wir vor einer völlig veränderten Situation stehen. Wir haben dann nicht mehr das Qualifikations- und Beschäftigungspotenzial, um unsere eigene Zielsetzung, Technologieentwicklung, Regionalentwicklung und Wertschöpfung, hier im Land Brandenburg wirklich sicherzustellen.