Protocol of the Session on October 25, 2001

Sollen spezielle weiter gehende Vereinbarungen oder Regelungen für bestimmte Flächen in Schutzgebieten getroffen werden, so ist das nur im Wege der freiwilligen vertraglichen Vereinbarung zwischen den Beteiligten oder über einen gesonderten Verwaltungsakt möglich. Im ersten Fall muss also mit den Adressaten ein Vertrag ausgehandelt und abgeschlossen werden; im anderen Fall werden die Rechte der Betroffenen durch die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes, insbesondere durch die vorherige Anhörung, sowie durch die bundesgesetzlichen Rechtsschutzmöglichkeiten gegen belastende Verwaltungsakte umfassend gewahrt.

In der Sache können Behandlungsrichtlinien und Pflegepläne für die Bürgerinnen und Bürger durchaus von Interesse sein, und zwar schon deshalb, weil es sich um Zielvorstellungen und

Absichten für ihren Lebens- und Wirtschaftsraum, also ihre Heimat, handelt. Dem tragen die Naturschutzbehörden aber bereits Rechnung.

Um durch Transparenz Akzeptanz zu fördern, werden zu Pflege- und Entwicklungsplänen öffentliche Informationsveranstaltungen mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern, den Kommunen und sonstigen Trägern öffentlicher Belange durchgeführt. In den Großschutzgebieten - darauf hat Kollege Dellmann hingewiesen - befassen sich selbstverständlich die Kuratorien, in denen die gesellschaftlichen Gruppen vertreten sind, bereits mit den Entwürfen der Pflege- und Entwicklungspläne. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Naturschutzbehörden halten sich an diese Vorgaben. Verbesserungsvorschläge werden durch dienstliche Vorgaben und Zielvorgaben für die Verwaltung unbürokratisch umgesetzt.

Auch vor diesem Hintergrund halte ich eine Änderung des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes für nicht geboten. Ich möchte im Übrigen daran erinnern, dass selbst bei umfangreichster Beteiligung nicht zu erwarten ist, dass jedes Einzelinteresse von der Entscheidung berücksichtigt werden kann und allseitige Zustimmung erfolgt. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn die im Brandenburgischen Naturschutzgesetz vorgesehenen Beteiligungsverfahren im Sinne des vorliegenden Antrages erweitert würden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Ich danke Herrn Minister Birthler. - Das Wort geht noch einmal an die Fraktion der PDS, an Frau Abgeordnete Wehlan.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Claus, es erübrigt sich, auf Ihren Redebeitrag zu antworten. Bitte lesen Sie die Debattenbeiträge aller Fraktionen sowie den des Ministers. Dann werden Sie hoffentlich wahrnehmen, worum es eigentlich geht.

(Beifall bei der PDS)

Verehrte Herren Dombrowski und Dellmann, die Logik Ihrer heutigen Ausführungen erschließt sich mir nicht. Nicht nur, dass, wie dieser Tage bekannt wurde, von Ihren Fraktionen die Beteiligungsrechte der anerkannten Naturschutzverbände durch Streichung von Zuschüssen eingeschränkt werden sollen; sie sind auch nicht bereit, dem Fachausschuss eine Chance zu geben, eine Sachdebatte über die Ausgestaltung von Mitwirkungsund Beteiligungsrechten von betroffenen Bürgerinnen und Bürgern an den Schutzgebieten zu führen. Einen dadurch geschaffenen Vorlauf könnte man für eine von den Koalitionsfraktionen für den Beginn des I. Quartals 2002 avisierte Anhörung nutzen.

Auf der einen Seite befördern Sie also das Wegbrechen von notwendigen Strukturen im Bereich der anerkannten Umweltund Naturschutzverbände, die, beauftragt durch das Brandenburgische Naturschutzgesetz, hier eine Aufgabe wahrnehmen, wobei aber eben nur die Verbände die in den §§ 63 bis 65 geregelten weitgehenden Mitwirkungs- und Klagerechte haben, die nach der Intention unseres Antrages auch betroffenen Bürgerinnen und Bürgern gewährt werden sollen.

Herr Dombrowski, wenn Sie unserem Antrag nicht einmal die Chance geben, im Ausschuss diskutiert zu werden, ist daraus zu schließen, dass Sie generell gegen Beteiligungsrechte bei Planungen in Schutzgebieten sind.

(Widerspruch bei der CDU)

Deutlicher können unterschiedliche Politikansätze kaum zutage treten. Während die Koalitionsfraktionen bemüht sind, Beteiligungsrechten die materielle Basis zu entziehen, wünschen wir uns für alle Betroffenen das Recht auf Einbeziehung in transparente Planungs- und Entscheidungsprozesse.

Übrigens haben die Naturschutzverbände erklärt, dass sie ihre Mitwirkungsrechte gern mit den Bürgerinnen und Bürgern teilen würden.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Wehlan. - Ich schließe damit die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, den Antrag der Fraktion der PDS in der Drucksache 3/3426 an den Ausschuss für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung zu überweisen. Wer diesem Überweisungsantrag folgen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist der Überweisungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag in der Drucksache 3/3426 als solchen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 9.

Meine Damen und Herren, ich muss noch einmal auf den Tagesordnungspunkt 8 zurückkommen, um das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Antrag der Fraktion der DVU auf Drucksache 3/3393 zu korrigieren. Für diesen Antrag stimmten 5 Abgeordnete, gegen diesen Antrag stimmten 56 Abgeordnete und nicht 66, wie es vorhin gesagt wurde.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 10 auf:

Schulen im ländlichen Raum

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 3/3427

Ich eröffne die Aussprache und erteile der Fraktion der PDS das Wort. Frau Abgeordnete Große, bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Plenum ist inzwischen schon so ausgedünnt, wie es die Schullandschaft ab

dem Jahr 2003 wahrscheinlich sein wird. Nichtsdestotrotz möchten wir dieses wichtige Thema noch einmal aufrufen.

Das Nichtzustandekommen einer Jahrgangsstufe 11 in der Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe in Storkow und die Nichteinrichtung einer Jahrgangsstufe 7 in Lenzen sind traurige und zugleich alarmierende Vorboten dessen, was uns aufgrund des Schülerrückgangs um etwa die Hälfte ab 2003 bis 2009 in besonderem Maße bildungspolitische Verantwortung auferlegt. Die gegenwärtig angewendeten Instrumente und Mechanismen der Schulorganisation sind offensichtlich nicht mehr dazu geeignet, flächendeckend eine bedarfsgerechte und die Chancengleichheit sichernde Bildung für alle Kinder in allen Landesteilen zu sichern. Damit wird die Landesverfassung verletzt, in deren Artikel 44 die Gewährleistung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Landesteilen durch Strukturförderung als Pflicht des Landes verankert ist.

Den letzten Bericht zur Schulstandortentwicklung legte die Landesregierung im Januar 1999 vor. Der Bericht basierte auf Planungsgrundlagen aus den Jahren 1997/98. Zu diesem Zeitpunkt wurden noch 443 Schulen der Sekundarstufe I, davon 130 im engeren Verflechtungsraum und 313 im äußeren Entwicklungsraum, ausgewiesen. Die Landesregierung ging in diesem Bericht noch von einer langsamen Abnahme und schließlich einer Umkehr der Verluste durch Abwanderung in die alten Bundesländer aus. Dennoch prognostizierte schon dieser Bericht, dass die Fortführung von etwa 89 Gesamtschulen, 18 Gymnasien und 26 Realschulen ab 2004 gefährdet sein wird. Spätestens seit diesem Zeitpunkt ist der Landesregierung die dramatische Entwicklung beim Rückgang der Schülerzahlen also bekannt. Die Handlungsstrategien zur Lösung der sich schon damals abzeichnenden strukturellen schulpolitischen und pädagogischen Probleme bleiben aber bis heute noch weit hinter dem Stand der Analyse zurück.

Immerhin richtete die Landesregierung eine Kommission ein, deren Aufgabe es war, unterschiedliche Varianten zur Lösung der Probleme zu untersuchen und Vorschläge zu deren Umsetzung zu unterbreiten. Dabei sollten der Qualität des Bildungsangebots und der Chancengleichheit für Schülerinnen und Schüler im ländlichen Raum oberste Priorität eingeräumt werden. Die im Weiteren als „Wunder-Kommission” bekannt gewordene Regierungskommission legte im April 2000 den in Auftrag gegebenen Bericht zur Entwicklung der Schulen der Sekundarstufe I im ländlichen Raum des Landes Brandenburg vor. Bis heute fehlt eine Stellungnahme der Regierung zu diesem 43Seiten-Papier. Abgesehen davon, dass das für die aus 21 Mitgliedern bestehende Kommission nicht gerade ein positives Signal der Anerkennung ihrer Arbeit ist, drängt natürlich die Zeit. Uns ist durchaus klar, dass das vorhandene starke Konfliktpotenzial zwischen den Koalitionspartnern, was die Empfehlungen der Wunder-Kommission betrifft, zu Schwierigkeiten führt. Eine gegenseitige Blockade sollte allerdings nicht passieren. Abzuwarten, bis sich die Probleme von selbst lösen, oder gar ein Sich-Auskämpfen der Probleme zu befördern ginge zulasten aller von Bildung betroffenen Menschen und wäre eine Bankrotterklärung von Politik.

Inzwischen liegt die Novelle des Brandenburgischen Schulgesetzes vor, die die PDS-Fraktion vor allem deshalb ablehnt, weil sie keinerlei Lösungsansätze für die Probleme bei der Entwicklung der Schulen im ländlichen Raum anbietet. Darüber hinaus

werden mit der Novelle Festlegungen getroffen, die deutlich im Widerspruch zu den Empfehlungen der Wunder-Kommission stehen. Ich denke hierbei zum Beispiel an die Leistungsprofilbzw. Schnellläuferklassen.

Nach der Veröffentlichung des Berichts der Wunder-Kommission musste die Prognose der Entwicklung der Schülerzahlen weiter deutlich nach unten korrigiert werden. Auch hiervon ist der ländliche Raum besonders betroffen. Die Entwicklung der Arbeitsmarktsituation im äußeren Entwicklungsraum ist weiterhin besorgnis erregend, die Bevölkerungsabwanderung noch nicht gestoppt. Mobilitätsprämien sind auch für die Entwicklung der Schullandschaft im ländlichen Raum die falsche Antwort. Die Wunder-Kommission hat mehrere Vorschläge unterbreitet, deren Berücksichtigung die schon heute vielerorts vorhandene Unruhe bezogen auf den Erhalt des Standorts hätte verhindern können. Ich denke hierbei insbesondere an die Empfehlung Nr. 4, nach der die Zweizügigkeit von Schulen der Sekundarstufe I bei einer Mindestfrequenz von 15 Schülerinnen und Schülern zugelassen werden sollte. Dies bedeutete zum Beispiel für den Standort Lenzen eine Chance.

Die Mitglieder der PDS-Fraktion in dieser Regierungskommission haben damals nicht allen Empfehlungen zustimmen können. Umso mehr interessiert uns die Haltung der Landesregierung zu den uns in immerhin zwei Jahren akut betreffenden Problemen.

Neben den schon genannten Gründen für eine unverzügliche Stellungnahme der Landesregierung einschließlich der vorbereitenden untergesetzlichen oder auch gesetzlichen Initiativen gibt es eine Reihe von damit in Zusammenhang stehenden Problemfeldern, für die die künftigen Entscheidungen der Landesregierung von erheblicher Bedeutung sind.

Erstens: Die Landkreise sind angewiesen, zum Jahr 2002 die Fortschreibung der Schulentwicklungsplanung beim MBJS vorzulegen, in der möglichst schulscharf Entscheidungen zum Erhalt von Standorten getroffen werden. Wie sollen das die Landkreise leisten, ohne zu wissen, ob es nun doch zu einer zweigliedrigen Schulstruktur mit einer wie auch immer bezeichneten weiterführenden Schule - Regel-, Mittel- oder Sekundarschule - kommt? Wie sollen die Landkreise planen, ohne zu wissen, ob nicht doch übergangsweise einzügige weiterführende Schulen gestattet werden? Wie sollen die Landkreise planen, ohne zu wissen, ob nicht doch der Übergang von mehr als 30 % der Schüler der Jahrgangsstufe 7 an Gymnasien angestrebt wird? Wie sollen die Landkreise planen, ohne zu wissen, ob es zu den im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Senkungen der Klassenfrequenzen kommt? Wie soll es bei alldem zur Planungssicherheit für die Kreise als Träger des ÖPNV kommen? In meinem Kreis beispielsweise besteht dieser Verkehr zu 80 % aus dem Schülerverkehr.

(Vogelsänger [SPD]: Das ist korrekt!)

Zweitens: Die Schulämter sind für eine langfristige qualitätssichernde Personalpolitik verantwortlich. Um das zu gewährleisten, wurden unter anderem die Regionalschulämter gebildet. Wie sollen diese ihre Aufgaben erfüllen, ohne zu wissen, welche Standorte in der Region als gesichert gelten können? Die im Schulgesetz verankerten Regelungen zur Qualitätssicherung werden zu reiner Gesetzeslyrik verkommen, wenn die Stand

ortsicherheit nicht gegeben ist. Ich denke hierbei an die Regelungen zum Schulprofil und zum Schulprogramm oder an die Regelungen zur Evaluation. Mit welcher Motivation sollen Lehrerinnen und Lehrer dies denn umsetzen, wenn bekannt wird, dass der Standort gefährdet ist?

Drittens: Weiterführende Schulen sind in Brandenburg noch zu einem hohen Anteil in der Trägerschaft der Städte und Gemeinden. Wie sollen diese Schulträger bei sinkenden GFG-Mitteln im Bereich der Investitionspauschalen Planungssicherheit für die in ihrer Trägerschaft befindlichen Schulen erhalten? Was sollen Bürgermeister künftigen Investoren sagen, wenn die Frage nach den so genannten weichen Standortfaktoren gestellt wird?

Viertens: Die zentralörtliche Gliederung weist 42 Grundzentren aus, die eine weiterführende Schule, an der alle Abschlüsse erlangt werden können, bekanntlich vorzuhalten haben. Nur in 15 der 42 Grundzentren können nach dem bisherigen Stand Gesamtschulen stabil zweizügig fortgeführt werden. Zwei der fünf Gymnasien und alle drei Realschulen in Grundzentren gelten als gefährdet.

Auch auf diesem Gebiet bedarf es also neuer Überlegungen zu der in den Regionalplänen der regionalen Planungsgemeinschaft festgelegten Zentralstruktur. Ohne die Entscheidungen zum Bericht der Wunder-Kommission wird dies nicht möglich sein.

Fünftens: Auch Eltern haben das Recht auf gesicherte Angaben zu Schulstandorten, da Familien- und Wohnortplanung unter anderem davon abhängen.

Sechstens: Auch Kindern im ländlichen Raum sollte die Möglichkeit, sich für eine weiterführende Schule, die alle Abschlüsse anbietet, zu entscheiden, erhalten bleiben. Diese Entscheidung sollte ohne die Angst vor weiten Wegen, vor stressigen Busfahrten und vor völlig unbekannten Bedingungen in einer möglicherweise fremden Umgebung getroffen werden können. Auch diesen Kindern muss das Recht gewährt werden, Angebote außerunterrichtlicher Art wahrzunehmen.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, Sie alle begleiten in Ihren Kreisen in unterschiedlicher Verantwortung die schwierigen Planungsprozesse im Bereich der Schulstruktur. Diese Prozesse werden ohne eine klare Haltung der Landesregierung zu den vorgeschlagenen Empfehlungen und zu eventuell darüber hinausgehenden Vorschlägen künftig nicht möglich sein. Storkow und Lenzen sind demnächst überall. Daher müsste es für den Landtag selbstverständlich sein, unserem Antrag zuzustimmen. - Danke.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Große. - Das Wort geht an die Abgeordnete Siebke von der Fraktion der SPD.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich fand es schon erstaunlich, was man in einem Antrag, in dem es eigentlich um einen Termin geht, alles unterbringen kann. Ich war auch

sehr erstaunt, zu erfahren - ich selbst war Mitglied der Kommission -, was in dieser Kommission alles geklärt worden sein soll. Mich haben außerdem die Hinweise auf all das erstaunt, was nicht gemacht werden könne, weil keine Stellungnahme der Landesregierung vorliege.

Offensichtlich war ich Mitglied einer anderen Kommission; denn es hat nun wirklich keine Antwort auf all diese Fragen gegeben. Diese Kommission hat getagt und sie ist zu Ergebnissen gekommen. Im Mittelpunkt standen dabei die Aufrechterhaltung der Qualität der Schulen im ländlichen Raum sowie Aussagen zur Schulstruktur. Da Sie eben auf Storkow abgehoben haben: In dieser Kommission wurde keine Antwort auf damit verbundene Fragen gegeben. Damit war sie überhaupt nicht befasst. Es ging diesbezüglich allein um die Sekundarstufe I. Ich bitte also um eine sachliche Wiedergabe.