Die Schaffung von Arbeitsplätzen durch die Wirtschaft und durch Ihre „Leuchtturmprojekte” wiegt die Verluste an Arbeitsplätzen im Zuge des Strukturwandels nach wie vor nicht auf. Im Gegenteil: Wirtschaftsaufschwung und Strukturwandel selbst kommen mehr und mehr zum Stillstand - das sage ich mit Bezug auf den von mir verlangten Realismus - und das Wirtschaftswachstum ist weiterhin marginal. Das Bruttoinlandsprodukt wuchs im Jahr 2000 um 0,3 %. Die Angleichung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse kommt eben nicht voran; Brandenburg bleibt zurück wie andere neue Bundesländer auch.
Die so notwendigen konkreten Vorstellungen zur Angleichung der Lebensverhältnisse im ländlichen Raum erschöpfen sich zumindest nach Ihrem Bericht in zwei Aussagen: Die Agrarpolitik ist darauf gerichtet, die jungen landwirtschaftlichen Unternehmen unabhängig von der Betriebsgröße zu stabilisieren, und der ländliche Raum muss als Wirtschaftsraum weiterentwickelt werden. Beides können Sie übrigens ewig wiederholen.
Bei der Arbeitsmarktpolitik verschweigen Sie geflissentlich, dass Sie Ihre eigenen Anstrengungen in rasantem Tempo gedrosselt haben. Der Einsatz des Landes hat den bisherigen Tief
punkt erreicht. Neben der Beschreibung bestehender Programme verweisen Sie lediglich darauf, dass „Konzepte der systematischen Verknüpfung von Infrastrukturförderung mit Arbeitsmarktförderung erörtert” werden. Mit welchem Ziel, bis zu welchem Zeitpunkt, das bleibt Ihr Geheimnis.
Bei der Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur ist Beachtliches geleistet worden, es gibt Fortschritte beim ÖPNV. Die Frage, ob damit gleichwertige Lebensverhältnisse für alle Bürger entstanden sind oder ob nicht eher die strukturellen Unterschiede gewachsen sind, ist damit natürlich nicht beantwortet. Wenn heute eine vierköpfige Familie in Brandenburg mit einem Familieneinkommen von - gut gerechnet - 80 % gegenüber einer Familie aus Berlin-West für die Nutzung von zwei Umweltkarten und zwei Schülerkarten wie die Westberliner Familie zwischen 4 000 und 5 500 DM im Jahr bezahlt, dann beschreibt dies ein Problem.
Es geht doch nicht um die Angleichung der Löhne und Gehälter an sich. Es geht darum, dass die Kosten, insbesondere die Kosten für öffentliche Leistungen, für die Brandenburger schon lange angeglichen sind, sie aber weniger für die Deckung dieser Kosten zur Verfügung haben. Dies bleibt eine Tatsache.
Meine Damen und Herren, das führt zu einem Kaufkraftverlust und damit zum Ausbleiben wesentlicher Impulse für die Wirtschaftsentwicklung. Das wissen nicht nur Ökonomen aus unserer Umgebung.
Auf der Basis des Beschlusses vom 13. April 2000 sollte die Regierung aber eine konkrete Perspektive zur Angleichung der Löhne und Gehälter der Beschäftigten entwickeln.
„Die im öffentlichen Dienst noch bestehenden Einkommensunterschiede zwischen Ost und West sollen im Einklang mit der Einkommensentwicklung in anderen großen Branchen so zügig wie möglich entwickelt werden.”
So zügig wie möglich! Präziser geht es bei Ihnen, meine Damen und Herren, offensichtlich wirklich nicht.
Man kann diese und andere Ihrer Aussagen drehen und wenden, wie man will, eine konkrete Perspektive zur Angleichung liegt nicht vor.
Ich komme zum Schluss. - Deshalb hat meine Fraktion den Entschließungsantrag eingebracht: damit die Landesregierung bis zum Oktober dieses Jahres konkret sagt, in welchen Zeiteinheiten sie was erreichen will. Das ist das Einzige, was hier zu
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat gemäß Landtagsbeschluss den Bericht zur weiteren Angleichung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse zwischen den ostdeutschen und westdeutschen Ländern am 12. Juni 2001 vorgelegt. Er besteht aus den zwei bekannten Teilen: der Bilanz - das ist das, was Herr Bisky eben mit „Rechenschaftsbericht” benannt hat - und den konkreten Vorstellungen der Landesregierung zur weiteren Angleichung der Lebensverhältnisse. Auch dieser Teil fehlt nicht und darf nicht verschwiegen werden.
Beide Teile des Berichts machen ziemlich deutlich, dass das von Kanzler Schröder geprägte Wort von der halben Wegstrecke, die im Aufbau Ost geschafft wurde, und von der zweiten Hälfte, die natürlich noch vor uns liegt, gerechtfertigt ist und dass wir sowohl auf das Erreichte stolz sein können als auch starke Anstrengungen für die Zukunft unternehmen müssen, um das Ziel der endgültigen Angleichung zu erreichen. Denn von dem Ziel Vollendung der Einheit der Nation durch Angleichung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse trennen uns doch noch einige Wegstrecken und schwierige Aufgaben, hohe Hürden, die es zu überwinden gilt.
Wenn Herr Bisky auf den Parteitagsbeschluss der SPD Bezug nimmt, dann staune ich immer wieder, wie schnell, wenn auch oft unterschwellig, dieser Beschluss zur Angleichung der Einkommen auf den öffentlichen Dienst reduziert wird. Es handelt sich um einen Beschluss, der die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Brandenburg im Auge hat und der selbstverständlich alle Beschäftigten in Brandenburg im Auge hat. Ich denke, es ist schon legitim, auf einem solchen Parteitag Zielstellungen klar und deutlich zu formulieren, auch wenn deren Realisierung nur indirekt in der Hand der Beschlussfassenden liegt.
Die Bevölkerung will wissen, wie unsere Vorstellung von der Zukunft ist und wohin wir wollen. Sie weiß natürlich auch, dass Parteitagsdelegierte, auch Abgeordnete eines Landtages nicht darüber entscheiden können, wie die Tarifpartner ihre Tarifverträge ausgestalten, wohl aber Rahmenbedingungen dafür beeinflussen können. Das wird in dem Bericht, denke ich, auch deutlich. Das wird in der Politik dieser Landesregierung deutlich und es steht auch im Koalitionsvertrag als Basis für diese Wahlperiode, welche Schwerpunkte wir dort setzen wollen.
Über die Erfolge der ersten Weghälfte ist mehrfach in diesem Haus berichtet worden. Wir haben den Teil „Bilanz” zur Kenntnis genommen; wir haben Halbzeit. Lassen Sie uns deshalb von hier aus nach vorn schauen und die Punkte betrachten, die uns in den nächsten Jahren stark beschäftigen werden.
verändert. Mit dem Rückgang der industriellen Produktion, mit der hohen Arbeitslosigkeit und der damit in Verbindung stehenden Verunsicherung breiter Bevölkerungsschichten ist eine abwärts gerichtete Spirale in Gang gekommen. Das heißt, die Schere zur Entwicklung der alten Bundesländer öffnet sich wieder. Das haben wir sehr wohl zur Kenntnis genommen.
Die demographische Entwicklung, vor allem in den peripheren ländlichen Gebieten, hat bedenkliche Ausmaße erreicht, deren Folgen wir zu spüren bekommen und die sich in den nächsten Jahren noch verstärken werden. Mit dem Sinken der Geburtenrate schreitet die Überalterung ganzer Regionen fort. Mit dem Wegzug junger, meist kompetenter Fachleute wird dieser Effekt noch verstärkt. Schwindende Kaufkraft und schwindende Steuerkraft sind die Folgen.
Nun kann Politik sicher nicht die Verteilung der Einwohner in der Landesfläche bestimmen. Eine Wohnortzuweisung haben wir nicht, nicht einmal eine Absolventenvermittlung, wie sie früher hilfreicherweise in manchen Bereichen praktiziert wurde. Aber über die Rahmenbedingungen, denke ich, ist doch zu steuern, ob äußere ländliche Regionen attraktiv bleiben oder nicht. Gott sei Dank empfindet nicht jeder Bürger eine lebenswerte Umgebung gleich. Der eine ist der quasi geborene Städter, der andere wohnt halt lieber im Grünen. Das ist in Ordnung. Damit haben wir einen Verteilungsmechanismus, der genutzt werden kann, um auch in den ländlichen Räumen Ansiedlungen zu ermöglichen.
Wenn wir diese Wirkungen, die im engeren Verflechtungsraum naturgemäß weniger zu spüren sind, im äußeren Raum anschauen, sind sie bereits heute eine schwere Belastung und es stellt sich in der Tat die Frage: Was können wir dagegen tun? Oder, mit Herrn Bisky gesprochen: Wie setzen wir das Geld ein, das wir zur Verfügung haben, um die gewünschte Entwicklung anzustoßen?
Hierzu gibt es zwischen den Parteien sicher unterschiedliche Auffassungen. Auf Dauer ist es sicher nicht hilfreich, einen überwiegenden Teil der Geldmittel konsumtiv auszugeben. Auf Dauer ist es sicher hilfreich, Strukturen zu finden, die sich selbst tragen. Ich denke, wenn wir von sozialer Gerechtigkeit sprechen, ist ein Arbeitsplatz, auf dem ein Mensch sein Einkommen verdient, in der Wirtschaft sozial gerechter als eine ABM-Stelle. Denn sie hat - auch im Selbstbewusstsein derer, die sie innehaben - nicht den Stellenwert wie ein fester wirtschaftlicher Arbeitsplatz.
(Beifall des Abgeordneten Schippel [SPD] Es gilt also, Strukturen zu entwickeln, in denen Arbeitsplätze gedeihen können. Es gilt also, auch da alle Instrumente zu nut- zen, die wir haben. Ich freue mich, dass die große Mehrheit dieses Hauses heute bekundet hat, dass sie auch in der Zukunft an der LEG festhalten will, zu der heute viel Richtiges gesagt worden ist. Eines noch nicht: dass die LEG in den zehn Jahren, die sie besteht, etwa 20 000 Arbeitsplätze neu installiert bzw. Arbeitsplätze in zerfallenden Betrieben gerettet hat - und das bei einem von Frau Ziegler heute prognostizierten Aufwand von 200 Millionen DM in den nächsten zehn Jahren. Wissen Sie, was das heißt? 10 000 DM pro Arbeitsplatz! Was geben wir sonst pro Arbeitsplatz aus? In der Hightechbranche ist schnell eine Million überschritten. Natürlich sind in Bezug auf diese Arbeitsplätze die 10 000 DM nicht das Einzige, was mitfinan- ziert wurde. (Zuruf der Abgeordneten Frau Stobrawa [PDS])
Aber ich denke, in diesem Vergleich - diese Prognose macht 20 Millionen DM pro Jahr aus - liegen wir deutlich preiswerter als die Thüringer und können eine erhebliche Effektivität aufweisen.
Wir haben aber auch andere Möglichkeiten, ohne viel zusätzliches Geld in den ländlichen Regionen eine lebenswerte Umgebung zu schaffen. Wir reden vom Tourismus im ländlichen Raum; wir reden vom Reitwegekonzept im ländlichen Raum. Sie wissen, dass daran gearbeitet wird. Wir reden davon, interessante Berufsfelder neu zu erschließen. Wir haben eine Ausbildungsplatzgarantie für jeden Schulabgänger in Brandenburg abgegeben und der Arbeitskreis hat neulich nicht zu Unrecht über die Fragen diskutiert: Steuern wir das eigentlich in die richtige Richtung? Müssen wir öffentlich geförderte Ausbildungsplätze im Bauwesen oder in der IT-Branche bevorzugen? Wie können wir steuern, dass mehr Bewerbungen in die Zukunftsberufe gehen? Wie können wir aber auch steuern, dass mehr Unternehmen Ausbildungsplätze in den Zukunftsbranchen anbieten? - Hier ist, glaube ich, auch in der Zukunft ein intensiver Diskussionsprozess notwendig. Das wird sich nicht von allein regeln.
Aber schauen wir auf die Baubranche! Sie klagt über mangelnde Aufträge, über zu schlecht bezahlte Aufträge, ihre Betriebe sind aber selbst eifrig bemüht, sich bei allen öffentlichen Ausschreibungen gegenseitig zu unterbieten. Ich sehe hier ein Stück Verantwortung für die Kammern. Solidarität zwischen Unternehmen muss möglich sein. Ich denke, eine Zielstellung muss sein, dass kein Betrieb mehr unter der eigenen Auskömmlichkeit bietet. Damit zerstören sich die Unternehmen gegenseitig.
Was vielleicht auch noch einmal anzusprechen wäre und kein zusätzliches Geld kostet, ist die Arbeitsweise der Ministerien untereinander. Wenn wir gerade im ländlichen Raum Entwicklungsprojekte haben, von der LEG oder wem auch immer geführt, ist sicher eine engere Abstimmung, Koordination der Tätigkeit der Ministerien nötig, um sich bei Planungs- und Genehmigungsvorhaben nicht gegenseitig im Wege zu stehen. Hier wäre eine Abstimmung, glaube ich, außerordentlich wirksam.
Lassen Sie mich, weil mir der Präsident „eine Minute” signalisiert, noch einen anderen Aspekt kurz beleuchten. Wir haben bisher nur von den materiellen Aspekten des Zusammenwachsens Deutschlands geredet, nicht von der Einheit in den Köpfen. Wie bauen wir die Einheit in den Köpfen? Wie reißen wir dort die Mauern ein? Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, das am 17. Juni in Strausberg, was nicht gerade als Stadt der Harmonie gilt, passiert ist. Es ging darum, einen Gedenkstein zum 17. Juni einzuweihen, ein hochpolitisches und emotionales Thema in Ostdeutschland. Trotzdem waren Vertreter aller Parteien anwesend. Trotzdem waren Vertreter aus Ost und West anwesend und haben in einer fairen sachlichen Diskussion diesen feierlichen Akt begangen. Das macht mir Hoffnung. Solche Beispiele brauchen wir mehr.
Vielleicht wird der Brandenburger Weg, den es offenbar immer noch gibt, dann ein Weg ins gesamte Deutschland.
Ich danke dem Abgeordneten Fritsch und gebe das Wort an die Fraktion der DVU, Frau Abgeordnete Fechner.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Uns allen liegt der Bericht der Landesregierung vor. Dieser Bericht sollte konkrete Vorstellungen zur weiteren Angleichung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse zwischen den ostdeutschen und westdeutschen Ländern enthalten. Leider sind nicht in dem Maße konkrete Vorstellungen enthalten, wie es sich nicht nur die Antragsteller gewünscht haben. Vielmehr wird Bilanz gezogen, was alles erreicht wurde und was es zwecks Angleichung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse in Ost und West noch umzusetzen gilt.
Die PDS hat dies auch erkannt und gleich einen Entschließungsantrag eingereicht, der die Landesregierung erneut auffordert, konkrete Vorschläge zur weiteren Angleichung zu unterbreiten. Diesem Antrag werden wir zustimmen.
Meine Damen und Herren! Wir alle wissen, dass eine Angleichung auf allen Gebieten dringend erforderlich ist, denn über zehn Jahre nach der Wende wird es Zeit, dass wir auch wirklich ein einheitliches Deutschland werden. Ich erspare mir die Mühe, alle Unterschiede zwischen Ost und West zu erörtern. Aber auf zwei wesentliche Unterschiede werde ich ausführlicher eingehen, auf Tatsachen, die nicht nur für die Betroffenen sehr ärgerlich sind.
Zum einen ist es der gravierende Unterschied, was die Arbeitslosenquote anbelangt, und zum anderen die unterschiedliche Bezahlung. Das sind Dinge, die elf Jahre nach der Wende so nicht mehr hinnehmbar sind.
Dem vorliegenden Bericht sind keine konkreten Vorstellungen zwecks Beseitigung dieser Ungleichbehandlung zu entnehmen, obwohl dies ja Sinn und Zweck des Berichts sein sollte. Stattdessen wird nur lapidar auf das unterschiedliche Besoldungsund Vergütungsniveau eingegangen. Diese Tatsache führte in der Vergangenheit zu erheblichen Problemen bis hin zur Abwanderung von Lehrkräften.
„Die Leistungsfähigkeit der Schulen hängt längerfristig unter anderem davon ab, dass die Konkurrenzsituation und die Ungleichheit in der Vergütung im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten vermindert werden.”
„Im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten” bedeutet, dass eine 100%ige Angleichung des Vergütungsniveaus aufgrund der desolaten Haushaltslage in weite, weite Ferne rückt.
Erstens: Im März dieses Jahres hat sich eine gemeinsame Bildungskommission gegründet und die Arbeit aufgenommen zwecks Erstellung einer fundierten Analyse der Schulsysteme in Berlin und Brandenburg.