Protocol of the Session on July 11, 2001

Ich will nur darauf verweisen - Herr Ehler weiß das nicht, aber Herr Lunacek wird sich daran erinnern -, dass die PDS seit 1996 ein Strukturkonzept für die Landesgesellschaften fordert, das auf den Tisch des Hauses kommt, damit wir gemeinsam Entscheidungen treffen, welche Zukunft die Landesgesellschaften haben.

Meine Damen und Herren, die Krise in Berlin - Herr Lunacek, es wird Ihnen offensichtlich nicht entgangen sein -, ausgelöst durch die Milliardenverschuldung der Berliner Bankgesellschaft, zeigt doch ganz deutlich, was passiert, wenn Kontrolle und Transparenz ausfallen und letztendlich Filz und Korruption gedeihen.

(Beifall bei der PDS)

Die Lasten dieser Misswirtschaft haben immer die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu tragen. Sie aber, meine Damen und Herren von der Landesregierung, verletzen haushaltsrechtliche Vorschriften, wie den Umgang mit öffentlichen Geldern nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und die Berücksichtigung einer ausgewogenen Kosten-Nutzen-Relation in der Tätigkeit von Gesellschaften mit Landesbeteiligung, in wachsendem Maße. Dafür tragen Sie die Verantwortung.

Die Landesregierung nimmt ihre Rolle als Gesellschaftervertreterin des Landes nur unzureichend wahr. Wäre es anders, so brauchten wir uns heute mit dieser Thematik in der Aktuellen Stunde nicht zu befassen. Die Finanzministerin mit ihrer Beteiligungsverwaltung und die Ministerien der Fachaufsicht - hier nenne ich das Städtebauministerium und auch das Wirtschaftsministerium - sind inzwischen mit der Aufgabe, die Entwicklung von Landesbeteiligungen zu steuern und zu kontrollieren, anscheinend hoffnungslos überfordert.

Nicht nur die LEG und nicht nur die Brandenburger Bodengesellschaft, sondern auch die Investitionsbank des Landes und alle anderen Gesellschaften, in die als hundertprozentige Töchter finanzielle Zuweisungen des Landes in erheblichem Maße fließen, deren weitere Verwendung sich inzwischen jeglicher Kontrolle des Landtages und des Landesrechnungshofes entzieht, gehören hier auf den Prüfstand.

(Beifall bei der PDS)

Hierzu, meine Damen und Herren, gehören insbesondere auch die Gesellschaften, die in Verbindung mit der geplanten Privatisierung der Flughafenholding und der privaten Errichtung des Großflughafens gegründet worden sind. Sie verschlingen jährlich Millionenbeträge. Es sind gegründet worden die Projektplanungsgesellschaft PPS, die Flughafenprojektgesellschaft FPS und die Flughafenumfeld-Entwicklungsgesellschaft BerlinBrandenburg FEBB.

(Dr. Ehler [CDU]: Nun sind wir wieder beim Flughafen gelandet!)

Die Flughafenholding ist auch eine Gesellschaft mit Landesbeteiligung, Herr Ehler, das wird Ihnen hoffentlich bisher nicht entgangen sein. Die BBF ist ein Fass ohne Boden. Sie hat seit der Gründung 1991 bereits eine Milliarde DM verschlungen, ohne dass ein brauchbares Ergebnis erreicht wurde, und wachsende, unkalkulierbare Risiken fallen auf das Land zurück. 125 Millionen DM - das ist annähernd so viel, wie Sie gestern die Verschuldung bei der LEG nachgewiesen haben. Das musste das Land infolge des Scheiterns der Privatisierung des Flughafenbaus, für das Sie ganz allein die Verantwortung tragen, aus dem Haushalt aufbringen.

Wie viel Haushaltslöcher in Millionenhöhe wollen Sie künftig

noch stopfen und vor allen Dingen, zu wessen Lasten? Es wird schon spannend, welchen Ansatz Sie für den kommenden Doppelhaushalt bringen.

Kommen wir zur LEG mit ihren 14 Tochtergesellschaften, die von ihrem Gründungsauftrag her eigentlich dem Wohle des Landes dienen sollte, nun aber zu einem Klotz am Bein wird und wohl lange Zeit viel Unwohlsein verbreiten wird.

Die PDS - Sie erinnern sich und ich erneuere das heute noch einmal - hat sich immer für eine Landesentwicklungsgesellschaft mit landespolitischem Auftrag ausgesprochen. Wir halten auch künftig eine Strukturentwicklungsgesellschaft für notwendig, die als strukturpolitisches Steuerungsinstrument zur Landesentwicklung im Auftrag des Parlaments und unter seiner Kontrolle arbeitet. Es gibt hier - Sie werden es auch heute wieder bringen - das Beispiel Premnitz, wo eine solche Standortentwicklung vorgenommen wurde. Ansonsten, meine Damen und Herren - ich will Sie daran erinnern -, ist die LEG in den vergangenen Jahren nur in den negativen Schlagzeilen gewesen: überteuerte Grundstücksverkäufe am Flughafen Schönefeld - die Flächen, die keiner braucht -, das „Märkische Haus”, die LEG Wohnen, das Güterverkehrszentrum Großbeeren, das Prestigeobjekt der Landesregierung Wünsdorf - es sollte eine Beamtenstadt werden -, das Konversionsprojekt „Olympisches Dorf” und vieles andere mehr. Zwei Geschäftsführer wurden inzwischen entlassen, der Aufsichtsratsvorsitzende und Staatssekretär ging. Die Posten wurden neu besetzt. Nur, das Entscheidende, meine Damen und Herren, wurde unterlassen: die Offenlegung der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens.

Die von der PDS schon 1999 geforderte Gesamtbilanz für das Gesamtunternehmen blieb bis heute aus. Im Januar dieses Jahres wurde erneut gefordert, dass sich das Kabinett auf der Grundlage eines Berichtes zur Situation mit der LEG befasst und die notwendigen Konsequenzen daraus zieht. Geschäftsfelder und Projekte sollten geprüft, Fragen zur Gewinn- und Verlustrechnung sowie zur Eigenkapitalausstattung beantwortet und die Zukunft der Gesellschaft sollte aufgezeigt werden. Fast nichts davon ist erfolgt. Ganz offensichtlich hat sich die LEG die Finanzspritze aus dem Landeshaushalt aufgrund falscher Zahlen und Halbwahrheiten erschlichen.

Sowohl der Haushalts- und Finanzausschuss als auch der zuständige Fachausschuss für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr sowie der LEG-Beirat sind nicht bereit, sich länger an der Nase herumführen zu lassen.

(Beifall bei der PDS)

Für die PDS ist es nach wie vor unbestritten, dass das Land eine Landesentwicklungsgesellschaft, eine Strukturentwicklungsgesellschaft braucht, nur, meine Damen und Herren, nicht um jeden Preis. Was Sie uns jetzt anbieten, neueste Zahlen des LEG-Skandals, wieder nicht bis zu Ende geprüft, ist erneut eine Zumutung für das Parlament und sieht nach Konkursverschleppung des Unternehmens aus.

Die PDS fordert in diesem Zusammenhang eine objektkonkrete Analyse und Entscheidung darüber, welche Projekte fortzuführen sind, welche finanziellen Aufwendungen zu erbringen sind, wer finanziert, welches Risiko entsteht, welche Projekte zu

beenden bzw. zu verlassen sind und welche Folgen das für die betroffenen Kommunen und Projektträger hat.

Sie haben es alle zur Kenntnis genommen. Die Stadtverordnetenversammlung von Potsdam hat gerade den Theatervertrag mit der Tochter der LEG, mit der Projektentwicklungsgesellschaft, ratifiziert. Was wird daraus?, frage ich Sie. Insbesondere werden es der Oberbürgermeister und die Stadtverordneten ganz genau wissen wollen. Diese Entscheidungsgrundlage zur LEG war dem Kabinett bis zum 30.06. vorzulegen.

Jetzt bieten Sie uns eine Sanierung der LEG an. Über mehrere Jahre wollen Sie den Haushalt belasten. Das wissen wir zumindest aus der Zeitung. Genaueres wissen wir nicht. Aber es gab schon interessante Interpretationen. Wir wollen aber von Ihnen wissen, insbesondere von der Frau Finanzministerin: Welche Problemlösungen gibt es? Warum gibt es kein Insolvenzverfahren mit Neuausgründungen? Welche Chancen und Möglichkeiten bietet ein Konkurs? Welche Notwendigkeiten und Chancen bietet eine Liquidation? Oder gibt es wirklich nur den Weg der Sanierung der LEG, wie Sie es vorgeschlagen haben? Wir wollen dazu klare Aussagen haben, insbesondere auch die Verbindung zur Landesinvestitionsbank, weil die ein Hauptkreditgeber für die LEG ist.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ehler [CDU])

Meine Damen und Herren, ich will die LEG in diesem Zusammenhang verlassen. Der Ministerpräsident hat gestern versprochen, alles schonungslos auf den Tisch zu packen, Regressforderungen und Straftatbestände zu prüfen. Wir fordern ihn heute eindeutig auf, genau dies zu tun.

Ich will in diesem Zusammenhang deutlich sagen, um das Thema abzurunden: Wir fordern erneut, und das - ich wiederhole es - seit 1996, die Reform der Beteiligungspolitik des Landes. Der Landtagsbeschluss vom 25. Januar liegt vor. Erfüllen Sie ihn endlich und gehen Sie nicht, wie Sie beabsichtigen, in eine Einzellösung zum Beispiel mit der BBG!

Ich kann zum Schluss im Namen meiner Fraktion nur das Fazit ziehen: Ihre Beteiligungspolitik, meine Damen und Herren der Regierung, ist gescheitert, und das gründlich. Sie wird mehrere Jahre eine große Belastung für den Landeshaushalt sein.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, all das, was uns hoffentlich am 13.07. im Haushalts- und Finanzausschuss vorgelegt wird, werden wir genau prüfen. Sie können zur Kenntnis nehmen, dass die PDS-Fraktion fest entschlossen ist, weitere parlamentarische Schritte folgen zu lassen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Tack. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der SPD, an Herrn Abgeordneten Bischoff.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Tack, selten

wurde dem Parlament eine so widersprüchliche und polemische Rede zugemutet wie heute Morgen.

(Beifall bei SPD und CDU - Zurufe von der PDS)

Ich werde noch darauf zurückkommen.

Wahr ist, dass die Blütenträume der LEG wie Seifenblasen zerplatzt sind. Was bleibt, ist eine hohe finanzielle Belastung des Landeshaushalts. Aus der Traum von einer Landesentwicklungsgesellschaft, die viel leistet, aber nichts kosten soll. Aus der Traum von Parlamentariern, die jahrelang durch Nebelbänke geschickt wurden, wenn sie nach Fakten fragten. Aus der Traum, bei der LEG Projekte zu bestellen, aber letztlich die Zeche zu prellen. Dank Dagmar Ziegler auch aus der Traum von politisch motivierter Vermögensbewertung und zusammengeflickten Bilanzen.

Ich stelle voran, dass es mit der SPD-Fraktion keine Schönfärberei

(Oh! bei der PDS)

und erst recht kein Zurück geben wird.

(Beifall bei SPD und CDU)

Die Koalition hat im März entschlossen reagiert

(Gelächter bei der PDS)

und schonungslos nachgefasst. Dabei haben wir die völlig fehlende Oppositionsarbeit im Haushalts- und Finanzausschuss gleich miterledigt.

(Beifall bei SPD und CDU - Zurufe von der PDS)

Außer den markigen Sprüchen heute Morgen und vor laufenden Kameras

(Zuruf von der PDS)

war dort leider nichts Konstruktives von Ihnen zu sehen,

(Beifall bei SPD und CDU - Zurufe von der PDS)

geschweige denn zu hören. Das ist Fakt.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das wissen Sie übrigens auch. All Ihre Spekulationen waren und sind falsch. Die Prophezeiung eines Defizits bis zu einer Milliarde DM, das die PDS durchaus mit Voodoo-Zauber in die Welt gesetzt hat, war falsch und unseriös.