Protocol of the Session on July 11, 2001

Ich danke auch. - Wir sind damit am Ende der Rednerliste.

Ich schließe die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zuerst über den Änderungsantrag der PDS-Fraktion mit der Drucksachennummer 3/3040 abstimmen. Darin geht es um eine Einfügung bzw. Änderung im Antragstext. Wer diesem Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich lasse weiterhin über den Änderungsantrag der DVU-Fraktion, der die Drucksachennummer 3/3042 trägt, abstimmen. Es geht um Einfügungen in den Antragstext. Wer diesem Antrag zustimmt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Dann ist er mehrheitlich abgelehnt.

Schließlich kommen wir zum Antrag der Koalitionsfraktionen mit der Drucksachennummer 3/2965. Wer dem Antrag zustimmt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist er einstimmig angenommen.

Ich danke und schließe den Tagesordnungspunkt 11.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Erlass einer Anordnung nach § 32 Ausländergesetz zur so genannten Altfallregelung der Innenministerkonferenz vom 18./19.11.1999 (Bleiberecht für Asylbewerbe- rinnen und Asylbewerber mit langjährigem Aufent- halt)

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 3/2986

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der beantragenden Fraktion. Herr Abgeordneter Claus, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Eine Altfallregelung für Asyl- und Vertriebenenbewerber mit langjährigem Aufenthalt ist überfällig. Den vorliegenden Antrag haben wir bekanntlich am Ende des vergangenen Jahres schon einmal eingebracht.

(Zwischenruf des Abgeordneten Homeyer [CDU])

Sie, meine Damen und Herren der Fraktionen von SPD und CDU - auch Herr Homeyer -, lehnten den Antrag bekanntlich mit der Begründung ab, der Antrag der DVU zeige, dass die Landesregierung auf einem guten Weg sei.

Warum stellen wir diesen Antrag vom Ende des Jahres 2000 nahezu wortgleich noch einmal?

Erstens: Zunächst wollen wir betrachten, was in der Zwischenzeit geschehen ist. Sie, Herr Minister Schönbohm - er ist im Moment nicht da - bildeten mit einem Kirchenvertreter und einem Verwaltungsrichter ein „küchenkabinettähnliches” Gremium. Dieses sollte sich im Einzelfall Auslegungsfragen im Altfall annehmen. Sodann mussten wir der „Berliner Zeitung” vom 24. Februar 2001 entnehmen, dass dies offenbar nicht hinreichend funktioniert. Es war davon die Rede, dass kaum ein Fall entschieden worden sei, weiterhin in den Ausländerbehörden rund 400 Fälle auf Entscheidung warteten und in den Behörden verschieden reagiert würde, weil Verunsicherung über die Auslegung herrsche.

Daraufhin haben wir eine Kleine Anfrage an die Landesregierung gerichtet. Die Landesregierung bestätigte in ihrer Antwort vom 2. Mai 2001 im Wesentlichen den Inhalt der Pressemitteilung. Näheres darüber, inwieweit die Auslegung der Altfallregelung durch das Innenministerium mit dem Inhalt unseres Antrages vom Ende des Jahres 2000 übereinstimmt, war nicht in Erfahrung zu bringen. Lediglich für Personen, welche als Minderjährige nach Deutschland eingereist sind oder sich hier aufhalten, teilte die Landesregierung mit, dass für diese selbstverständlich der Einreisestichtag 1. Januar 1990 und nicht derjenige für Familien mit Minderjährigen, der 1. Juli 1993, gelte.

Ansonsten hieß es in der Antwort der Landesregierung mehr oder weniger lapidar, sie orientiere sich strikt an der Altfallregelung der Innenministerkonferenz vom 18./19. November 1999. Dies führte allerdings hier in Brandenburg im Vergleich zu anderen Bundesländern bereits zum Ende des Jahres 2000 zu allenthalben festgestellten Gerechtigkeitslücken.

Angesichts der obigen Pressemitteilung vom 24. Februar 2001 und der Antwort der Landesregierung vom 2. Mai 2001 müssen wir davon ausgehen, dass wir bei den Altfällen hier im Land Brandenburg nach wie vor Regelungsbedarf haben. Die Landesregierung befindet sich also nicht - wie Sie, Herr Homeyer, es sagten - auf einem guten Weg, sondern auf einem Holzweg.

Zweitens: Es ist aus Sicht unserer DVU-Fraktion zudem nach wie vor vonnöten, dass die Anwendung der Altfallregelung in Brandenburg folgenden Anforderungen genügt:

Es muss für jedermann jederzeit klar erkennbar sein, wer wann warum von dieser Altfallregelung begünstigt werden soll und wer wann warum das Land verlassen muss. Hierzu benötigen die rechtsanwendenden Behörden klare und verlässliche Vorgaben, die sie zur Grundlage ihrer Entscheidungen machen können.

Die Entscheidungen über die Einzelfälle selbst gehören in die Ausländerbehörden und nicht in irgendwelche vom Innenminister selbst außerhalb der üblichen Zuständigkeiten geschaffenen Gremien.

Die Altfallregelung muss inhaltlich den grundlegenden Prinzipien der Gerechtigkeit und der Zuordnung von Verantwortung entsprechen.

Für unsere Inlandsbevölkerung muss aus der Regelung heraus Gewissheit herrschen, dass Personen, die hier in Deutschland erheblich kriminell geworden sind, selbstverschuldet Sozialleistungen in Anspruch nehmen müssen, mithin die Allgemeinheit belasten, die sich von vornherein nicht integrationsfähig oder -willig zeigen und die ihre Rückführung ins Heimatland mutwillig vereiteln oder erschweren, nicht durch die Altfallregelung begünstigt werden können.

Der weitere Aufenthalt solcher Personen im Inland ist unserer Bevölkerung nicht zuzumuten. Zudem bestehen insoweit in der Bevölkerung gewisse Ängste vor zunehmender Kriminalität, finanzieller Belastung und Überfremdung.

Konkret muss die Altfallregelung also nach wie vor die von uns vorgeschlagenen Inhalte enthalten, um den obigen Anforderungen gerecht zu werden:

Die abgestuften Stichtagsregelungen in § 1 Abs. 1 und 3 unseres Antrages tragen folgenden Umständen Rechnung: Die vorliegende Verfahrensdauer führt vielfach zu Entwurzelungen der Betroffenen mit einhergehender Teilintegration in das gesellschaftliche Leben Deutschlands. Dies gilt im besonderen Maße für minderjährige Kinder oder im minderjährigen Alter Eingereiste und führt aus Gründen des Kindeswohls zu einer günstigeren Regelung für Familien mit Kindern.

§ 1 Abs. 2 unseres Antrags regelt Folgendes: Hiernach sollen ledige minderjährige Personen aus denselben Gründen - Kindeswohl - unter die günstigere Stichtagsregelung für Familien mit Kindern fallen, wenn deren leibliche Eltern zur Wahrnehmung der Personensorge ausfallen. Unter den gleichermaßen tragenden Wertungskriterien des Kindeswohlinteresses ist hier nicht der mindeste Unterschied zu Familien mit Kindern zu machen.

Für das Merkmal einer bereits erfolgten Teilintegration stellt § 3 klar: Hier muss es stets notwendig sein, dass sich die betroffenen Personen wenigstens auf einfache Art im täglichen Leben in der deutschen Sprache verständigen können. Schulpflichtige Kinder müssen ihre Schulpflicht erfüllen. In der Regel muss der Unterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit gesichert sowie ausreichender eigener Wohnraum vorhanden sein.

In § 2 Abs. 4 und 5 unseres Antrages finden sich folgende Ausschlussgründe: Hat der betroffene Ausländer selbst vorwerfbar zur Verfahrenslänge beigetragen, trifft ihn die Rückführung in sein Heimatland trotz des langen Aufenthalts nicht unverhältnismäßig hart. Zu nennen sind hier insbesondere folgende Fälle: 1. Verschleierung der wahren Identität, 2. mangelnde Mitwirkung bei der Pass- oder Passersatzbeschaffung und 3. wiederholte, offensichtlich unbegründete oder sukzessive Antragstellungen.

In § 2 Abs. 6 gibt es folgende weitere Ausschlussgründe: Zum Schutz der Inlandsbevölkerung und zur Wahrung einheitlicher Lebensverhältnisse muss das bisher gezeigte Verhalten des betroffenen Ausländers die Prognose rechtfertigen, dass die weitere Integration voraussichtlich erfolgreich abgeschlossen werden wird. Eine solche günstige Prognose kann jedenfalls bei erheblich straffällig gewordenen Personen und bei Personen,

welche sich nicht auf dem Boden der Demokratie bewegen, nicht getroffen werden.

In § 4 Buchstaben a) bis c) und in § 7 Abs. 2 sowie § 8 Abs. 2 unseres Antrages finden sich folgende Regelungen: Besonderer Regelungen hinsichtlich der eigenen Erwerbstätigkeit bedarf es bei in der Schul- und Berufsausbildung befindlichen Personen, bei Alleinerziehenden mit Kleinkindern sowie bei arbeitsunfähigen Personen. Der erstgenannte Personenkreis weist vielfach bereits ein hohes Maß an Teilintegration auf. Bei dem zweiten Personenkreis spricht insbesondere das Kindeswohl für eine Ausnahme. Bei dem letztgenannten Personenkreis ist ein Ausschluss von der Altfallregelung auch dann nicht einzusehen, wenn der Lebensunterhalt dauerhaft auf andere Weise als durch staatliche Sozialleistungen gesichert ist. Im Interesse der Allgemeinheit sind allerdings die zeitlichen Befristungen der Aufenthaltsgenehmigungen kürzer zu bemessen als bei vollständiger Eigensicherung des Lebensunterhalts.

Durch die abgestuften Bestimmungen von § 4 Buchstabe d) in Verbindung mit § 7 Abs. 3 und § 8 Abs. 3 unseres Antrages werden Gerechtigkeitslücken im Vergleich zu anderen Bundesländern geschlossen. Jedenfalls bis zum Stichtag, dem 19. November 1999, bestanden angesichts der Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt im Land Brandenburg im Gegensatz zu anderen Bundesländern mit besserer Arbeitsmarktlage für Inhaber von Aufenthaltsgestattung oder -duldung kaum Möglichkeiten, eine lebensunterhaltssichernde Erwerbstätigkeit aufzunehmen.

Zugleich hätte dieser Personenkreis in aller Regel auch nicht die notwendigen Mittel für ausreichenden Wohnraum. Die Betroffenen erhalten durch die Regelungen unseres Antrages Gelegenheit, kurzfristig die Voraussetzungen der Altfallregelung zu erfüllen, also ihre Sozialleistungsbezüge durch entsprechende Arbeitsaufnahme in Brandenburg oder anderswo im Bundesgebiet zu beenden.

Gegenstand der §§ 5 und 6 unseres Antrages ist schließlich Folgendes: Die vorherige Erfüllung der allgemein bestehenden Passpflicht im Rahmen der Zumutbarkeit und die vorherige Rücknahme noch anhängiger Asyl- oder Vertriebenenverfahren sollten eine Selbstverständlichkeit sein. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an die Koalitionsfraktionen. Für sie spricht der Abgeordnete Homeyer.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Claus, ein Antrag wird nicht dadurch besser, indem man ihn immer wieder wortgleich einbringt, sondern einen Antrag bringt man deshalb ein, weil man gute Gründe dafür hat. Man muss sich letztlich auch damit abfinden, wenn die Mehrheit entscheidet, dass dieser Antrag keine Substanz hat.

Die Koalition hat im Dezember Ihren Antrag abgelehnt. Sie bringen ihn im Juli dieses Jahres fast wortgleich wieder ein.

Wenn das der Nachweis für Ihre parlamentarische Daseinsberechtigung sein soll, dann muss ich Ihnen sagen, Herr Claus, ist das wenig innovativ und wenig kreativ.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wenn das allerdings für Ihren Guru in München der Nachweis dafür sein soll, dass Sie hier noch existieren, dann soll es so sein.

Ich halte meine Redezeit kurz und teile Ihnen mit, dass wir bei den Gründen, warum wir Ihren Antrag im Dezember abgelehnt haben, bleiben. Das tun wir auch jetzt. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort geht jetzt an die PDS-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Sarrach.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte eigentlich nicht in die Verlegenheit kommen, einen Beitrag zur Weiterbildung der DVU-Fraktion zu leisten. Aber da Sie den Antrag beinahe wortgleich - wie es bereits gesagt worden ist eingebracht haben, muss ich es wohl tun. Sie sollten nicht darauf setzen, dass wir Ihre Anträge nicht von Anfang bis Ende lesen. Ich mache das schon deswegen, weil Sie im Ausländerund Asylverfahrensrecht und vor allem in der Migrationspolitik kein Mäntelchen über Ihre Ideologie hängen können.

Aus Ihrer Partei wird keine fremdenfreundliche Partei. Das findet sich auch in Ihrem Antrag wieder. Was tun Sie? Sie wiederholen im Grundsatz die Rechtslage des Beschlusses der Innenministerkonferenz vom November 1999 und des Erlasses des brandenburgischen Innenministeriums 147/2000 vom Dezember 2000.

Inhaltlich ist diese Rechtslage aus der Sicht der potenziell Berechtigten problematisch, weil das Bleiberecht Integrationsleistungen voraussetzt, die Asylbewerberinnen und Asylbewerber nicht regelmäßig erbringen konnten. Ich nenne nur die Behinderung durch faktisches Arbeitsverbot, die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften und andere Dinge mehr.

Die PDS-Fraktion hatte hierzu mehrere Initiativen in den Landtag eingebracht, um zu einer großzügigeren Bleiberechtsregelung zu kommen. Eine kleine Verbesserung brachte die Änderung des Landeserlasses im Dezember 2000.