Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der SPD- und der CDU-Fraktion signalisiert: Brandenburg will Lösungen und Projekte unterstützen, die eine nachhaltige, sozialverträgliche und ökologische Abwasserentsorgung im Lande gewährleisten. Das ist ein entscheidendes politisches Signal, geboren aus den Entwicklungen der zurückliegenden Jahre. Ich begrüße das ganz eindeutig.
Der Antrag enthält richtige Schlussfolgerungen aus der öffentlichen Anhörung, den langjährigen landesweit organisierten Bürgerinitiativen und den Erfahrungen und Erkenntnissen von Experten. Gleichzeitig werte ich den Antrag auch als ein Bekenntnis zu mehr Vernunft im Umgang mit dem Naturgut Wasser und im Umgang mit dem zweckmäßigen Einsatz von Fördermitteln, einer längst überfälligen Forderung zu mehr Sparsamkeit und zur Durchsetzung einer höheren Effizienz von Haushaltsmitteln.
Es war ein langer Weg, der letztlich zu dieser Einsicht führte. Er hat Spuren hinterlassen, die von Kommunen und Bürgern teuer zu bezahlen sind. Die schnelle Umsetzung ehrgeiziger Entsorgungskonzepte und der ungehemmte Größenwahn zu mehr Konzentration in der Abwasserentsorgung haben in der Vergangenheit auch in Brandenburg viele warnende und sachliche Diskussionen unterbunden. Die betroffenen Bürgerinnen und Bürger wurden nur unzureichend in die unmittelbare Vorbereitung von Entscheidungen mit weitreichenden Eingriffen in ihre persönlichen Lebensverhältnisse einbezogen - eine teure und nachhaltig wirkende Erfahrung.
welche Reaktion die Ausübung von Zwang und Druck bei den Bürgerinnen und Bürgern hinterlassen hat. Nur zu deutlich sind Bilder von Bürgerprotesten in Erinnerung. Ich denke, sie werden auch künftig nicht ausbleiben. Es darf aber niemanden wundern, dass als Folge undemokratischer Handlungsweisen Vertrauen und Glaubwürdigkeit verloren gehen und das Misstrauen gegenüber politischen Entscheidungen wächst. Wir haben damit eine schlechte Ausgangslage für glaubwürdige Darstellungen und überzeugende Absichtserklärungen zu veränderten Positionen zum Problem Abwasser.
Die Bürgerinnen und Bürger haben sehr schnell gelernt, Rechte einzufordern. Schaffen Sie im Interesse der Bürger den Spielraum für freie Entscheidungsmöglichkeiten und selbstbestimmtes Handeln! Zeigen Sie der Bevölkerung Ihre Lernfortschritte und sichern Sie, dass die Landesregierung in ihrer Verantwortung nicht noch mehr in die Rolle einer Reparaturbrigade gerät! Deshalb meine Forderung, mit dem Antrag nicht auf halbem Wege stehen zu bleiben, sondern eindeutige Gesetzesgrundlagen für unbürokratisches Handeln und kontrollfähige Tatbestände zu schaffen. Es genügt nicht, nur Erwartungshaltungen gegenüber den betriebsführenden Unternehmen kommunaler Aufsichtsbehörden und Bürger zu definieren. Es gibt genügend Möglichkeiten - auf Beispiele kann ich verzichten -, wie die Landesregierung unmissverständlich ihre Forderungen gegenüber den kommunalen Aufgabenträgern durchzusetzen vermag, wenn es der politische Wille ist.
Um die Abwasserpolitik des Landes in neue Bahnen zu lenken, sollten diese Möglichkeiten noch ausgeschöpft werden. Es gilt, die neuen Denkansätze in konkrete Handlungsgrundlagen einzupassen und mit ihrer Einordnung in Gesetze eindeutige rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Es ist daher mehr als halbherzig, wenn die Landesregierung in der Vorlage nur aufgefordert wird, zu prüfen, inwieweit bestimmte innovative Projektlösungen, die in besonderer Weise den ökologischen Anforderungen der Nachhaltigkeit entsprechen bzw. den Wirtschaftsstandort Brandenburg stärken, unterstützt werden können.
Der Änderungsantrag meiner Fraktion ergänzt daher den Antrag mit präzisen Vorgaben für die Landesregierung zur Überarbeitung der Förderrichtlinien, mit eindeutigen Forderungen zur Anpassung der Gemeindeordnung und der Brandenburgischen Bauordnung, diese Forderungen an die Landesregierung auch verbindlich zu formulieren und in der Umsetzung kontrollfähig zu gestalten. Damit sind wir nicht, Herr Dellmann, gegen die kommunale Selbstverwaltung, sondern wir sind vielmehr der Meinung, dass wir die kommunale Selbstverwaltung fördern.
(Beifall bei der PDS - Schippel [SPD]: Wir sollen ihnen aber schon sagen, wie sie es machen sollen!)
- Nein, Herr Schippel. - Dazu ist es erforderlich, dass wir nicht hinterherhinken in der Bundesrepublik Deutschland, wo die Landesbauordnungen Bayerns, Bremens, Berlins, MecklenburgVorpommerns und andere das schon seit Jahren vorexerzieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Koalitionsfraktionen trägt die Überschrift „Schwerpunkte zur Durchsetzung einer nachhaltigen, sozialverträglichen und ökologischen Abwasserentsorgung in Brandenburg”. Der Name ist in diesem Fall auch Programm. Der Anschlussgrad an das öffentliche Abwasserentsorgungsnetz ist von ehemals 53 % mittlerweile auf 72 % gesteigert worden. Nicht in allen Fällen ist hier die wirtschaftlich günstigste und nicht immer die technisch beste Lösung gewählt worden. Dies ist bekannt.
Nach Meinung der CDU-Fraktion ist es unabdingbar notwendig, für alle weiteren Anschlusslösungen sicherzustellen, dass vor einer Entscheidung über eine zentrale oder dezentrale Lösung ein tatsächlicher, objektiver und nachhaltiger Variantenvergleich durchgeführt wird. Nur die nachweislich wirtschaftlichste und damit für alle Beteiligten kostengünstigste Lösung darf aus unserer Sicht realisiert werden. Der Kollege Dellmann hat dies auch gesagt.
Mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen wird der Fördermittelgeber in die Lage versetzt und vielleicht auch im positiven Sinne ein wenig gezwungen, seine Entscheidung über eine öffentliche Förderung nachdrücklich von der Dokumentation über den Variantenvergleich abhängig zu machen. Es gibt aus unserer Sicht keinen Königsweg bei der Abwasserentsorgung. Es steht für die CDU-Fraktion auch außer Frage, dass der Anschlussund Benutzungszwang im Rahmen der Daseinsvorsorge seine Berechtigung hat. Auch hier hat mein Kollege Dellmann sich deutlich geäußert.
Wenn im Antrag der PDS unter anderem gefordert wird, dass Kleinkläranlagen zukünftig auch dann genehmigt werden sollten, wenn vor der Haustür schon ein Kanal liegt, oder aber, dass Kleinkläranlagen ohne Baugenehmigung errichtet werden können, dann werden wir dem nicht zustimmen. Wenn der Kollege Dobberstein hier von einem unbürokratischen Weg gesprochen hat, dann ist dies ja so weit richtig und hört sich gut an, aber Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge unterliegen aus gutem Grund ganz bestimmten Restriktionen und Regularien. Wenn unbürokratisch so verstanden werden soll, Herr Dobberstein, dass es Bürgern, Kommunen und Abwasserzweckverbänden leichter gemacht werden soll, zu dezentralen Lösungen ermutigt zu werden, dann bin ich mit Ihnen einer Meinung. Aber die öffentliche Daseinsvorsorge, aus gutem Grund zum Schutz der Umwelt und auch zum Schutz der Menschen, ist weiterhin notwendig. Von daher kommt für uns eine Abschaffung z. B. des Anschluss- und Benutzungszwanges nicht infrage.
sorgungslösung realisiert wird, muss immer eine individuelle und eine nachvollziehbare sein. Es wäre jetzt ebenso falsch, die Parole auszugeben, die dezentrale Lösung sei das Beste, wie es falsch war, in den ersten Jahren des Aufbaus die zentrale Lösung als die allein selig machende zu favorisieren. Die Aufhebung der Begrenzung bei der Gewährung von Finanzhilfen für Kleinkläranlagen in Siedlungen mit weniger als 200 Einwohnern ist ebenso in die individuellen Entscheidungskategorien einzuordnen wie der Wegfall der Minderung der Förderung von Abwassersammlern in Bereichen, in denen der Anteil nicht dauerhaft genutzter Grundstücke mehr als 20 % beträgt. Dies ist insbesondere in einer Reihe von Gemeinden im Umland von Berlin der Fall.
Im Ergebnis erwarten wir, dass künftig ausschließlich die auf den Einzelfall angewandte nachweisbare Wirtschaftlichkeit zum Entscheidungskriterium wird. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass dabei die Auflagen der Ökologie- und der Baugesetze beachtet werden. Aber die Wirtschaftlichkeit hat zum Wohle aller im Vordergrund zu stehen.
Der Koalitionsantrag soll Entsorgungsträgern, Kommunen, aber auch einzelnen Bürgern Mut machen, sich für kleinteilige Abwasserentsorgungslösungen zu entscheiden. Der Ausschuss für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung wird sich durch die Landesregierung nicht nur über die Umsetzung des Beschlusses informieren lassen, sondern auch weiterhin in den Diskussions- und Meinungsbildungsprozess konstruktiv eingreifen. - Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Nun doch die dezentrale Abwasserentsorgung! Das Ergebnis der öffentlichen Anhörung am 25. April brachte es ans Tageslicht: Eine zentrale Abwasserentsorgung ist nicht effektiver, denn die Kosten sind für die Bürgerinnen und Bürger zu hoch. Damit sind natürlich die Gebühren und Beiträge gemeint.
Wir als DVU-Fraktion haben von Anfang an gesagt, dass die zentrale Abwasserentsorgung nicht zu halten ist, und sprachen uns schon immer für die dezentrale Abwasserentsorgung aus, wo sie sinnvoller und effektiver ist.
Die Landesregierung hat bis zum heutigen Tag die zentrale Abwasserentsorgung favorisiert. Sie brauchte also über zehn Jahre, um die begangenen Fehler einzusehen, und musste sich nun vom Gegenteil überzeugen lassen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Ausschuss hat sehr oft über das Thema zentrale oder dezentrale Abwasserentsorgung gesprochen. Das Ergebnis unserer Gespräche sehen wir mit dem heute vorliegenden Antrag der Fraktionen von SPD und CDU. Mit diesem Antrag kann die DVU-Fraktion auch mitgehen. Ich möchte dies kurz begründen. Auch wir sind der Meinung, dass
die Begrenzung von Finanzhilfen für Kleinkläranlagen in Dörfern bis zu 200 Einwohnern aufzuheben ist.
Meine Damen, meine Herren, wenn Sie durch kleine Ortschaften fahren, in denen sich solche Kleinkläranlagen mit Teich und Schilfbeet befinden, dann sehen Sie selbst, dass diese besser in das Dorfbild passen als Hebe- oder Hubstationen, die für die zentrale Abwasserentsorgung an den Straßenrändern überall herumstehen, von der Kosten sparenden Abwasserbehandlung gegenüber der zentralen Entsorgung ganz zu schweigen.
Der Antragsteller hat aber auch an den berlinnahen Raum gedacht, denn viele Berliner haben dort ihren Garten, den sie nur wenige Monate im Jahr nutzen. Hier kommen die Abwasserverbände leicht über einen Anteil von 20 % nicht dauerhaft genutzter Grundstücke hinaus. Wenn diese Regelung jetzt durchbrochen wird, können die Abwasserverbände noch preisund kostengünstiger für die dortigen Anwohner ihre Dienstleistungen anbieten. Die Folge wäre ein Sinken sowohl der Anschlussgebühren als auch der Abwasserpreise.
Unsere Fraktion hat diesbezüglich noch einen Änderungsantrag eingebracht, den Sie heute früh alle auf dem Tisch hatten. Er würde im Falle seiner Annahme zur Liberalisierung des Baus von Kleinkläranlagen führen und wäre zum Vorteil der Bürger im Land Brandenburg. Ich hoffe, Sie werden diesem Änderungsantrag im Interesse der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land zustimmen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag von CDU und SPD gibt mir die Möglichkeit, auf den Stand der Umsetzung des Landtagsbeschlusses vom 13. Juli 2000 einzugehen. Ich sehe den vorliegenden Antrag als Bestätigung der vielfältigen Bemühungen meines Hauses, für eine umweltgerechte und kostengünstige Abwasserbeseitigung zu sorgen. Auch für künftige Generationen ist die ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung eine wesentliche Voraussetzung für die Bewirtschaftung und Nutzung unserer Grund- und Oberflächengewässer. Zielstellung ist das Erreichen bzw. Erhalten einer Fließgewässerqualität mindestens der Güteklasse 2 - mäßig belastet. Das sind zurzeit etwa 32 % unserer Gewässer.
Die Arbeit meines Hauses bei der Ausgestaltung der Fach- und Rechtsgrundlagen für die Abwasserbeseitigung, der Förderung von Abwasserbeseitigungsanlagen und der Gewährung von Finanzhilfen zur wirtschaftlichen Stabilisierung verschuldeter Aufgabenträger dient dieser Zielstellung. Aus der Abwasserbilanz für das Jahr 2000 ist der Entwicklungsstand des Anschlussgrades an öffentliche Abwasserbeseitigungsanlagen
Neben der leitungsgebundenen Abwasserentsorgung haben die meisten Aufgabenträger durch eine geordnete mobile Entsorgung von Fäkalien aus Sammelgruben oder von Klärschlamm aus Kleinkläranlagen für die ordnungsgemäße Abwasserbehandlung gesorgt.
Schwerpunkt der Investitionstätigkeit im Abwasserbereich bis zum Jahr 2005 wird entsprechend der EU-Richtlinie der Bau von Abwasserableitungsanlagen in gemeindlichen Gebieten ab 2 000 Einwohner sowie die Errichtung von Abwasserbehandlungsanlagen für diese entsprechend den gesetzlichen Anforderungen sein. Daneben sind Sanierungsmaßnahmen an schadhaften Abwasseranlagen notwendig.
In den Orten mit weniger als 2 000 Einwohnern muss allein aus Kostengründen die Abwasserbeseitigung über biologische Kläranlagen entsprechend dem Stand der Technik stärker berücksichtigt werden. Das setzt voraus, dass die Abwasserzweckverbände ihre Abwasserbeseitigungskonzepte überprüfen und gegebenenfalls ändern. Mein Haus hat die unteren Wasserbehörden im September 2000 aufgefordert, alle Aufgabenträger zur Überprüfung ihrer Konzepte zu veranlassen. Diese Überarbeitung bzw. Aktualisierung ist zurzeit noch nicht abgeschlossen. Es geht darum, dass die Möglichkeiten des Einsatzes von dezentralen Abwasseranlagen, insbesondere von Kleinkläranlagen, im Interesse der Kostensenkung noch stärker als bisher genutzt werden.
Der vorliegende Antrag sieht in der Gestaltung der Förderung von Abwasseranlagen das entscheidende Instrument für die Gestaltung der künftigen Abwasserpolitik für die ländlichen Räume in Brandenburg.
Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich für die konstruktive Zusammenarbeit besonders mit dem Ausschuss für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung bedanken. Die vielfältigen Gespräche zur Umsetzung des Landtagsbeschlusses, die erfolgte Anhörung dazu, der offene Meinungsaustausch mit engagierten und betroffenen Bürgern sowie die Einbeziehung des Sachverstandes von Experten und Verbänden haben zu einem Erkenntniszuwachs und entsprechenden Schlussfolgerungen in meinem Haus und bei den zuständigen Behörden und Aufgabenträgern geführt.
So wird künftig den Abwasserbeseitigungskonzepten als Voraussetzung für eine Förderung von Abwassermaßnahmen die entscheidende Bedeutung zukommen. Deswegen habe ich auch, wie von mir bereits dargestellt, alle Aufgabenträger zur Aktualisierung veranlasst.
Im Abwasserbeseitigungskonzept legen die Aufgabenträger den Wasserbehörden eine Übersicht über den Stand der öffentlichen Abwasserbeseitigung sowie über die zeitliche Abfolge und die geschätzten Kosten der noch erforderlichen Maßnahmen vor. Ein solches aktuelles flächendeckendes Konzept muss verstärkt dezentrale Lösungen berücksichtigen. Mein Haus hat dazu Hinweise an die unteren Wasserbehörden herausgegeben und wird weiterhin entsprechende Richtlinien und Verwaltungsvorschriften erarbeiten.
Wesentlichen den Forderungen in dem vorgelegten Antrag und den Anforderungen des Landtagsbeschlusses vom 13. Juli 2000.
Selbstverständlich werde ich dem Ausschuss für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung bis zum 31.10. dieses Jahres über die eingeleiteten Maßnahmen zur Umsetzung des Landtagsbeschlusses berichten. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.